Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.12.1989
Aktenzeichen: 3/88
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 52
EWG-Vertrag Art. 59
EWG-Vertrag Art. 55 Abs. 1
EWG-Vertrag Art. 66
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1.Der Gleichbehandlungsgrundsatz, von dem die Artikel 52 und 59 EWG-Vertrag eine besondere Ausprägung sind, verbietet nicht nur augenfällige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen.

2.Die in Artikel 55 Absatz 1 EWG-Vertrag vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit und die in Artikel 66 EWG-Vertrag vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs sind auf diejenigen in den Artikeln 52 und 59 bezeichneten Tätigkeiten zu beschränken, die für sich genommen eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt mit einschließen. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten im Bereich der Planung, Software und Verwaltung von Datenverarbeitungssystemen für Rechnung der öffentlichen Verwaltung, da es sich dabei um Tätigkeiten handelt, die technischer Natur sind und deshalb nicht zur Ausübung öffentlicher Gewalt gehören.

3.Der Umstand, daß ein Mitgliedstaat den Abschluß von Verträgen über die Einrichtung von Datenverarbeitungssystemen für Rechnung der öffentlichen Verwaltung Unternehmen vorbehält, die unmittelbar oder mittelbar ganz oder mehrheitlich in staatlichem oder öffentlichem Besitz stehen, stellt einen Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EWG-Vertrag und aus der Richtlinie 77/62 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge dar.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 5. DEZEMBER 1989. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN ITALIENISCHE REPUBLIK. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATS - OEFFENTLICHE LIEFERAUFTRAEGE IM EDV-BEREICH - UNTERNEHMEN MIT OEFFENTLICHER BETEILIGUNG - MIT DEN GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN VERPFLICHTUNGEN NICHT IN EINKLANG STEHENDE NATIONALE RECHTSVORSCHRIFTEN. - RECHTSSACHE 3/88.

Entscheidungsgründe:

1Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 6. Januar 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EWG-Vertrag und aus der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge ( ABl. 1977, L 13, S. 1, im folgenden : Richtlinie ) verstossen hat, daß sie Vorschriften erlassen hat, nach denen Verträge mit dem italienischen Staat über die Einrichtung von Datenverarbeitungssystemen für Rechnung der öffentlichen Verwaltung nur mit Unternehmen geschlossen werden dürfen, die unmittelbar oder mittelbar ganz oder mehrheitlich in staatlichem oder öffentlichem Besitz stehen.

2Die Kommission stellte fest, daß der Staat nach italienischem Recht in verschiedenen öffentlichen Tätigkeitsbereichen ( Steuern, Gesundheitswesen, Agrarsektor, Städtebau ) Verträge nur mit Unternehmen schließen darf, die unmittelbar oder mittelbar ganz oder mehrheitlich in staatlichem oder öffentlichem Besitz stehen. Da sie der Auffassung war, daß diese Rechtslage gegen die genannten Gemeinschaftsvorschriften verstosse, übersandte sie der italienischen Regierung am 3. Dezember 1985 ein förmliches Aufforderungsschreiben und leitete so das Verfahren nach Artikel 169 EWG-Vertrag ein.

3Die italienische Regierung äusserte sich nicht. Daraufhin gab die Kommission am 1. Juli 1986 gemäß Artikel 169 Absatz 1 EWG-Vertrag eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab.

4Auf Ersuchen der italienischen Regierung fanden zur Klärung der Lage vom 25. bis 27. Januar 1987 in Rom und am 10. März 1987 in Brüssel zwei Treffen mit Beamten der Kommission statt. Am 5. Mai 1987 antwortete die italienische Regierung auf die mit Gründen versehene Stellungnahme. Die Kommission hielt diese Antwort für unbefriedigend; sie hat die vorliegende Klage erhoben.

5Wegen weiterer Einzelheiten des einschlägigen italienischen Rechts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Rüge der Verletzung der Artikel 52 und 59 EWG-Vertrag

6Die Kommission trägt vor, die fraglichen Gesetze und Gesetzesdekrete seien zwar unterschiedslos auf italienische Unternehmen und auf Unternehmen anderer Mitgliedstaaten anwendbar, aber diskriminierend und beeinträchtigten die in Artikel 52 verankerte Niederlassungsfreiheit und den in Artikel 59 EWG-Vertrag garantierten freien Dienstleistungsverkehr, da nach ihnen Verträge über die Einrichtung von Datenverarbeitungssystemen für Rechnung der öffentlichen Verwaltung nur mit Unternehmen geschlossen werden dürften, die unmittelbar oder mittelbar ganz oder mehrheitlich in staatlichem oder öffentlichem Besitz stuenden.

7Die italienische Regierung weist zunächst darauf hin, daß die streitigen Gesetze und Gesetzesdekrete nicht nach der Nationalität der Unternehmen unterschieden, die die Verträge, um die es hier gehe, schließen könnten. Soweit nicht nur italienische, sondern auch Unternehmen anderer Mitgliedstaaten ganz oder mehrheitlich im Besitz des italienischen Staates stuenden, könnten sich somit die einen wie die anderen ohne Diskriminierung um die Einrichtung der fraglichen Datenverarbeitungssysteme bewerben.

8Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz, von dem die Artikel 52 und 59 EWG-Vertrag eine besondere Ausprägung sind, nicht nur augenfällige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen ( vgl. insbesondere das Urteil vom 29. Oktober 1980 in der Rechtssache 22/80, Boussac Saint-Frères, Slg. 1980, 3427 ).

9Die streitigen Gesetze und Gesetzesdekrete sind nun zwar unterschiedslos auf alle italienischen und ausländischen Unternehmen anwendbar, begünstigen aber im wesentlichen italienische Unternehmen. Derzeit gibt es nämlich, wie die Kommission unwidersprochen vorgetragen hat, im Bereich der Datenverarbeitung keine Unternehmen anderer Mitgliedstaaten, die sich ganz oder mehrheitlich im Besitz der italienischen öffentlichen Hand befänden.

10Die italienische Regierung will das Erfordernis der öffentlichen Beteiligung damit rechtfertigen, die Behörden müssten die Durchführung der Verträge derart kontrollieren, daß sie sie unvorhersehbaren Entwicklungen anpassen könnten. Ausserdem müsse sich der Staat bei bestimmten Arten von Tätigkeiten, die das Unternehmen - insbesondere in strategischen Bereichen - zu verrichten habe und die, wie es bei den gerügten Bestimmungen der Fall sei, den Umgang mit geheimen Daten umfassten, an ein Unternehmen wenden können, dem er sein volles Vertrauen schenken könne.

11Die italienische Regierung verfügte über die rechtlichen Möglichkeiten, um die Durchführung der Verträge unvorhersehbaren Entwicklungen anzupassen und sicherzustellen, daß sie dem Allgemeininteresse entsprach. Sie konnte zum Schutz der Vertraulichkeit der fraglichen Daten auch Maßnahmen treffen, die die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr weniger einschränken als die fraglichen Bestimmungen, insbesondere das Personal der betroffenen Unternehmen bei Strafe zur Geheimhaltung verpflichten. In den Akten findet sich kein Hinweis darauf, daß das Personal von Unternehmen ohne italienische öffentliche Beteiligung eine solche Verpflichtung nicht ebenso zuverlässig erfuellen würde.

12Die italienische Regierung führt weiter aus, die Tätigkeiten, die mit dem Betrieb der in Rede stehenden Datenverarbeitungssysteme zusammenhingen, gehörten wegen ihres vertraulichen Charakters zur Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne des Artikels 55 EWG-Vertrag.

13Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( vgl. das Urteil vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631 ) sind die in Artikel 55 Absatz 1 EWG-Vertrag vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit und die in Artikel 66 EWG-Vertrag vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs auf diejenigen in den Artikeln 52 und 59 bezeichneten Tätigkeiten zu beschränken, die für sich genommen eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt mit einschließen. Um solche Tätigkeiten geht es bei den fraglichen Bestimmungen nicht; diese - Planung, Software und Verwaltung von Datenverarbeitungssystemen - sind vielmehr technischer Natur und gehören deshalb nicht zur Ausübung öffentlicher Gewalt.

14Schließlich macht die italienische Regierung geltend, die mit dem Betrieb der fraglichen Datenverarbeitungssysteme zusammenhängenden Tätigkeiten gehörten, wenn man ihr Ziel und den vertraulichen Charakter der durch diese Systeme verarbeiteten Daten berücksichtige, zur italienischen öffentlichen Ordnung im Sinne des Artikels 56 Absatz 1 EWG-Vertrag.

15 Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Zum einen lässt sich nicht sagen, daß allein aufgrund der Natur der mit den fraglichen Datenverarbeitungssystemen verfolgten Ziele die öffentliche Ordnung bedroht wäre, wenn Einrichtung und Betrieb dieser Systeme Unternehmen anderer Mitgliedstaaten anvertraut würden. Zum anderen kann der vertrauliche Charakter der von den Systemen verarbeiteten Daten, wie bereits ausgeführt, durch eine Geheimhaltungspflicht gewahrt werden, ohne daß es notwendig wäre, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr einzuschränken.

16 Aus diesen Gründen greift die Rüge der Verletzung der Artikel 52 und 59 EWG-Vertrag durch.

Zur Rüge der Verletzung der Richtlinie 77/62/EWG

17 Nach Auffassung der Kommission verletzen die streitigen Gesetze und Gesetzesdekrete die Richtlinie, soweit sie den Erwerb der zur Einrichtung der fraglichen Datenverarbeitungssysteme erforderlichen Anlagen durch die Verwaltung betreffen. Da diese Anlagen als Waren im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie anzusehen seien und der Wert der sie betreffenden öffentlichen Lieferaufträge den in Artikel 5 der Richtlinie angegebenen Betrag übersteige, hätten die zuständigen Behörden die in der Richtlinie vorgesehenen Vergabeverfahren einhalten und die Verpflichtung nach Artikel 9 erfuellen müssen, die Bekanntmachungen der Vergabe der entsprechenden Aufträge im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichen.

18 Die italienische Regierung hält dem zunächst entgegen, ein Datenverarbeitungssystem umfasse ausser dem Erwerb der Hardware die Entwicklung der Software, die Planung, Einrichtung, Wartung und technische Leitung und manchmal auch die Verwaltung. Die Interdependenz dieser Tätigkeiten mache es erforderlich, die gesamte Verantwortung für die Einrichtung der in den streitigen Gesetzen und Gesetzesdekreten vorgesehenen Datenverarbeitungssysteme einem einzigen Unternehmen zu übertragen. Die Richtlinie sei darüber hinaus auch deswegen nicht anwendbar, weil die Hardware bei der Einrichtung eines Datenverarbeitungssystems ein akzessorischer Bestandteil sei. Ausserdem bezeichne der Begriff "öffentliche Lieferaufträge" in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie nur Verträge, deren Hauptgegenstand die Lieferung von Waren sei.

19 Dieses Vorbringen vermag nicht zu überzeugen. Der Erwerb der zur Einrichtung eines Datenverarbeitungssystems notwendigen Anlagen kann von der Planung und Verwaltung des Systems getrennt werden. Die italienische Regierung hätte sich an Unternehmen wenden können, die auf die Entwicklung von Software für die Planung der in Rede stehenden Datenverarbeitungssysteme spezialisiert sind, und unter Beachtung der Richtlinie die Anlagen erwerben können, die den von diesen Unternehmen angegebenen technischen Merkmalen entsprachen.

20 Die italienische Regierung trägt weiter vor, der Beschluß 79/783/EWG vom 11. September 1979 zur Festlegung eines Mehrjahresprogramms ( 1979 bis 1983 ) auf dem Gebiet der Datenverarbeitung ( ABl. L 231, S. 23 ) in der Fassung des Beschlusses 84/559/EWG vom 22. November 1984 ( ABl. L 308, S. 49 ) sei dahin auszulegen, daß die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie enthaltene befristete Ausnahme fortgelte, solange dieses Programm nicht verwirklicht sei.

21 Nach dieser Bestimmung können die öffentlichen Auftraggeber von der Anwendung der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verfahren absehen; weiter heisst es : "Bei Aufträgen über die Lieferung von Anlagen für die Datenverarbeitung kann, sofern der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission Beschlüsse fasst, in denen die Materialarten festgelegt werden, für die diese Ausnahme nicht gilt, diese Ausnahme nach dem 1. Januar 1981 nicht mehr in Anspruch genommen werden, es sei denn, daß der Rat auf Vorschlag der Kommission eine Änderung dieses Zeitpunkts beschließt."

22 Die von der italienischen Regierung genannten Beschlüsse sind auf der Grundlage des Artikels 235 EWG-Vertrag und nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie ergangen. Sie haben die Aufstellung eines Programms im Bereich der Datenverarbeitung zum Inhalt und betreffen weder unmittelbar noch mittelbar die Rechtsvorschriften über die Lieferaufträge für Datenverarbeitungsanlagen.

23 Nach dem Vorbringen der italienischen Regierung fallen die fraglichen Lieferaufträge auch unter den Ausnahmetatbestand des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie, der es den öffentlichen Auftraggebern gestattet, die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verfahren nicht anzuwenden, "wenn die Lieferungen gemäß den Rechts - und Verwaltungsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats für geheim erklärt werden oder ihre Ausführung nach diesen Vorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordert oder der Schutz wesentlicher Interessen der Staatssicherheit es gebietet ". Die italienische Regierung weist insoweit auf den geheimen Charakter der fraglichen Daten hin, der für die Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere in den Bereichen Steuern, öffentliche Gesundheit und Landwirtschaft, wesentlich sei.

24 Dieser Einwand betrifft die Vertraulichkeit der Daten, die Gegenstand der Datenverarbeitungssysteme sind. Die Wahrung dieser Vertraulichkeit durch das betroffene Personal hängt jedoch, wie bereits dargelegt, nicht von der öffentlichen Beteiligung an dem unter Vertrag genommenen Unternehmen ab.

25 Die italienische Regierung macht weiter geltend, die Tätigkeiten, die den für die Einrichtung der fraglichen Datenverarbeitungssysteme ausgewählten spezialisierten Unternehmen übertragen worden seien, gehörten zum öffentlichen Dienstleistungsbereich. Deshalb fielen die zwischen dem Staat und den Unternehmen, denen diese Tätigkeiten übertragen worden seien, geschlossenen Verträge nicht unter die Richtlinie, deren Artikel 2 Absatz 3 laute :

"Wenn der Staat, eine Gebietskörperschaft oder eine in Anhang I aufgeführte juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine der gleichwertigen Einrichtungen einer Einrichtung, die kein öffentlicher Auftraggeber ist, ungeachtet ihrer Rechtsstellung Sonder - oder Alleinrechte zur Ausführung einer Tätigkeit des öffentlichen Dienstleistungsbereichs zuerkennt, so muß in dem Rechtsakt über die Zuerkennung dieses Rechts bestimmt sein, daß die betreffende Einrichtung bei der Vergabe von Lieferaufträgen an Dritte im Rahmen dieser Tätigkeit den Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu beachten hat."

26 Dieses Vorbringen greift nicht durch. Die für die Einrichtung eines Datenverarbeitungssystems erforderlichen Lieferungen von Anlagen sowie die Planung und Verwaltung des Systems ermöglichen es der Verwaltung, die ihr übertragenen Aufgaben zu erfuellen, stellen jedoch selbst keine öffentliche Dienstleistung dar.

27 Die italienische Regierung bemerkt abschließend, auf das Datenverarbeitungssystem des Finanzministeriums sei der Ausnahmetatbestand des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie anzuwenden, wonach die öffentlichen Auftraggeber von der Anwendung der in Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verfahren absehen könnten "bei zusätzlichen, vom ursprünglichen Unternehmer durchgeführten Lieferungen, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten Waren oder Einrichtungen zur laufenden Benutzung oder zur Erweiterung von Lieferungen oder bestehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unternehmers dazu führen würde, daß der öffentliche Auftraggeber Betriebsmittel unterschiedlichen technischen Materials kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismässige technische Schwierigkeiten in der Ausführung und Wartung mit sich bringen würde ".

28 Dazu genügt die Feststellung, daß derartige Fälle zusätzlicher Lieferungen nicht eine allgemeine Regel rechtfertigen können, durch die Lieferaufträge Unternehmen mit italienischer öffentlicher Beteiligung vorbehalten werden.

29 Nach alledem greift auch die Rüge der Verletzung der Richtlinie 77/62/EWG durch.

30 Somit ist festzustellen, daß die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EWG-Vertrag und aus der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 verstossen hat, daß sie den Abschluß von Verträgen über die Einrichtung von Datenverarbeitungssystemen für Rechung der öffentlichen Verwaltung Unternehmen vorbehält, die unmittelbar oder mittelbar ganz oder mehrheitlich in staatlichem oder öffentlichem Besitz stehen.

Kostenentscheidung:

Kosten

31Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Beklagte mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1)Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 und 59 EWG-Vertrag und aus der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 verstossen, daß sie den Abschluß von Verträgen über die Einrichtung von Datenverarbeitungssystemen für Rechung der öffentlichen Verwaltung Unternehmen vorbehält, die unmittelbar oder mittelbar ganz oder mehrheitlich in staatlichem oder öffentlichem Besitz stehen.

2)Die Italienische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück