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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.07.1990
Aktenzeichen: 334/87
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Da mit der Nichteinhaltung der in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 729/70 vorgesehenen Frist für den Erlaß einer Entscheidung über den Rechnungsabschluß für die vom EAGFL finanzierten Ausgaben durch die Kommission keine Sanktion verbunden ist, kann diese Frist nur als Ordnungsfrist angesehen werden, es sei denn, die Interessen eines Mitgliedstaates wären beeinträchtigt ( siehe Urteil vom 27. Januar 1988 in der Rechtssache 349/85, Dänemark/Kommission, Slg. 1988, 169 ). Folglich darf die Kommission, wenn der Erlaß einer endgültigen Entscheidung über die Finanzierung bestimmter Ausgaben nicht möglich ist, ihre Entscheidung über den Rechnungsabschluß mit entsprechenden Vorbehalten versehen. Hierbei spielt es keine Rolle, daß die Entscheidung Vorbehalte allgemeiner Art, aber keine punktüllen, auf jede Einzelprüfung bezogenen Vorbehalte enthält, da die Mitgliedstaaten am Verfahren des Rechnungsabschlusses eng beteiligt und über eventuell laufende Prüfungsverfahren voll informiert sind.

Es ist zulässig, daß diese Vorbehalte, die lediglich die Wirkungen der Entscheidung verdeutlichen, nur in den Begründungserwägungen der Entscheidung enthalten sind, da diese Teil der Entscheidung sind und damit zur Bestimmung ihres Gegenstands und ihrer Tragweite beitragen können.

2. Verweigert die Kommission die Übernahme bestimmter Ausgaben zu Lasten des EAGFL mit der Begründung, daß diese durch eine mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbare nationale Maßnahme veranlasst wurden, und wurde der Betrag, dessen Übernahme verweigert wird, danach berechnet, in welchem Masse diese nationalen Maßnahmen den Fonds belastet haben, so obliegt dem Mitgliedstaat, der den Betrag der Höhe nach bestreitet, der Beweis, daß diese Maßnahmen eine Erhöhung der Ausgaben des EAGFL nicht oder nur in geringerem Masse, als von der Kommission berechnet, hervorgerufen haben ( siehe Urteil vom 24. März 1988 in der Rechtssache 347/85, Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1988, 1749 ).

3. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Begriff der höheren Gewalt, daß der Nichteintritt der in Rede stehenden Tatsache auf Umstände zurückzuführen ist, die derjenige, der sich darauf beruft, nicht zu vertreten hat, die anomal und unvorhersehbar sind und deren Folgen auch bei aller Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können.

Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat ( siehe Urteil vom 27. Oktober 1987 in der Rechtssache 109/86, Theodorakis/Griechenland, Slg. 1987, 4319 ), kann zwar die Nichterfuellung eines Ausfuhrkaufvertrags durch den Vertragspartner als ein Umstand angesehen werden, den der Inhaber der Ausfuhrlizenz nicht zu vertreten hat, doch ist sie weder anomal noch unvorhersehbar. Ein solches Ereignis stellt nämlich im Rahmen von Handelsgeschäften ein übliches geschäftliches Risiko dar; es ist Sache des Lizenzinhabers, geeignete Vorkehrungen zu treffen, indem er entsprechende Klauseln in den Vertrag aufnimmt oder eine besondere Versicherung abschließt. Der Umstand, daß der Vertragspartner eine Person des öffentlichen Rechts ist, spielt insoweit keine Rolle, auch wenn in anderen Zusammenhängen bei der Auslegung des Begriffs der höheren Gewalt den Besonderheiten der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer und der Verwaltung Rechnung getragen werden muß ( siehe Urteil vom 30. Januar 1974 in der Rechtssache 158/73, Kampffmeyer/Einfuhr - und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel, Slg. 1974, 101 ).

4. Der Umstand, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( siehe Urteil vom 16. Dezember 1970 in der Rechtssache 36/70, Getreide-Import/Einfuhr - und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel, Slg. 1970, 1107 ) die Mitgliedstaaten bei der Anwendung der gemeinsamen Durchführungsvorschriften für Einfuhr - und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse nach der Verordnung Nr. 3183/80 die Möglichkeit haben, bestimmte Umstände als höhere Gewalt anzuerkennen, die die Verlängerung der Gültigkeitsdauer einer Ausfuhrlizenz oder der Frist für die Ausfuhr erlaubt, bedeutet keineswegs, daß die Kommission nicht kontrollieren dürfte, wie die Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Eine solche Befugnis ist vielmehr notwendig, um die ordnungsgemässe Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen, wie sich insbesondere daraus ergibt, daß Artikel 37 Absatz 5 dieser Verordnung die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission über von ihnen festgestellte Fälle höherer Gewalt zu unterrichten.

Diese Kontrolle kann durch die Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 169 EWG-Vertrag oder im Rahmen des Rechnungsabschlusses des EAGFL wahrgenommen werden, da beide Verfahren, obwohl sie unterschiedlichen Zwecken dienen und einer unterschiedlichen Logik folgen, einen kontradiktorischen Charakter haben, der die Wahrung des rechtlichen Gehörs gewährleistet, und zur Anrufung des Gerichtshofes führen können.

5. Die Kommission darf nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht getätigte Ausgaben nicht zu Lasten des EAGFL übernehmen, so daß beim Rechnungsabschluß des Fonds der in anderen Bereichen des Gemeinschaftsrechts anwendbare Grundsatz der Spürbarkeit, wonach nur eine in ihren Auswirkungen spürbare Praxis als dem Gemeinsamen Markt zuwiderlaufend angesehen wird, nicht zum Zuge kommen kann.

6. Zu Lasten des EAGFL sind die finanziellen Folgen, hier die Lagerkosten, zu übernehmen, die dadurch entstanden sind, daß die landwirtschaftlichen Erzeugnisse von einer staatlichen Interventionsstelle verspätet an einen erfolgreichen Bieter geliefert worden sind, wenn diese Verspätung von der Kommission zu vertreten ist, die ein Auskunftsersuchen der staatlichen Stellen, das durch die Unklarheit der Gemeinschaftsregelung gerechtfertigt war, erst nach mehreren Monaten beantwortet hat, ohne auch nur zu versuchen, diese Verspätung zu rechtfertigen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 10. JULI 1990. - REPUBLIK GRIECHENLAND GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - LANDWIRTSCHAFT - EAGFL-RECHNUNGSABSCHLUSS - HAUSHALTSJAHR 1984. - RECHTSSACHE 334/87.

Tenor:

1 ) Die Entscheidung 87/468/EWG der Kommission vom 18. August 1987 über den Rechnungsabschluß der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, im Haushaltsjahr 1984 finanzierten Ausgaben wird für nichtig erklärt, soweit die Kommission den Betrag, der den Kosten der Lagerung einer Partie Tresteröl für die Zeit vom 14. März bis 7. August 1984 entspricht, nicht zu Lasten des EAGFL anerkannt hat.

2 ) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3 ) Die Griechische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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