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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.1972
Aktenzeichen: 54-69
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 17/62, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 17/62 Art. 3
VO (EWG) Nr. 17/62 Art. 15 Abs. 2
EWG-Vertrag Art. 85
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DIE KOMMISSION LEGT IHRE HALTUNG GEGENÜBER DEN UNTERNEHMEN, GEGEN DIE SIE EIN VERFAHREN WEGEN ZUWIDERHANDLUNGEN GEGEN DIE WETTBEWERBSREGELN ERÖFFNET, IN DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE FEST.

2. DIE KOMMISSION IST BERECHTIGT UND UNTER UMSTÄNDEN SOGAR VERPFLICHTET, IM LAUFE DES VERWALTUNGSVERFAHRENS NEUE ERMITTLUNGEN ANZUSTELLEN, WENN SICH ZUSÄTZLICHE NACHPRÜFUNGEN ALS NOTWENDIG ERWEISEN. SOLCHE ERMITTLUNGEN WÜRDEN EINE ERGÄNZUNG DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE NUR DANN ERFORDERN, WENN DIE KOMMISSION SICH AUFGRUND DES ERMITTLUNGSERGEBNISSES VERANLASST SÄHE, DEN BETROFFENEN UNTERNEHMEN NEUE TATSACHEN ZUR LAST ZU LEGEN ODER DEN NACHWEIS BESTRITTENER ZUWIDERHANDLUNGEN AUF EINE ERHEBLICH GEÄNDERTE GRUNDLAGE ZU STELLEN.

3. ZUR WAHRUNG DES RECHTLICHEN GEHÖRS IM VERWALTUNGSVERFAHREN REICHT ES AUS, DASS DIE UNTERNEHMEN ÜBER DIE WESENTLICHEN TATSACHEN IN KENNTNIS GESETZT WERDEN, AUF DIE SICH DIE BESCHWERDEPUNKTE STÜTZEN, OHNE DASS DER GESAMTE AKTENINHALT MITGETEILT ZU WERDEN BRAUCHTE. DIESEM ERFORDERNIS IST AUCH DANN GENÜGT, WENN DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG ZUSÄTZLICHE BEWEISMITTEL FÜR DIE ZUR LAST GELEGTEN TATSACHEN AUFFÜHRT SOWIE BERICHTIGUNGEN ENTHÄLT, DIE AUF TATSACHENANGABEN DER BETROFFENEN IM VERWALTUNGSVERFAHREN BERUHEN.

4. BEI DER ANWENDUNG DER WETTBEWERBSREGELN DER GEMEINSCHAFT KANN DIE KOMMISSION DIE ERMITTLUNGSERGEBNISSE NATIONALER BEHÖRDEN HERANZIEHEN.

5. DIE KOMMISSION IST NACH WORTLAUT UND SINN DES ARTIKELS 21 DER VERORDNUNG NR. 17/62 NICHT DARAN GEHINDERT, DIE ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE VON IHR GEGEN UNTERNEHMEN WEGEN ZUWIDERHANDLUNGEN GEGEN DIE WETTBEWERBSREGELN DER GEMEINSCHAFT VERHÄNGTEN GELDBUSSEN ZU VERÖFFENTLICHEN, SOFERN DIE VERÖFFENTLICHUNG KEINE VERBREITUNG VON GESCHÄFTSGEHEIMNISSEN DER UNTERNEHMEN BEDEUTET.

6. EINE VERJÄHRUNGSFRIST MUSS, UM IHRER FUNKTION GERECHT WERDEN ZU KÖNNEN, VOM GESETZGEBER IM VORAUS FESTGELEGT SEIN.

7. WENN AUCH DIE VORSCHRIFTEN, NACH DENEN SICH DIE BEFUGNIS DER KOMMISSION ZUR VERHÄNGUNG VON GELDBUSSEN IM FALLE VON ZUWIDERHANDLUNGEN GEGEN DIE GEMEINSCHAFTSBESTIMMUNGEN RICHTET, KEINE VERJÄHRUNG VORSEHEN, SO IST DIE KOMMISSION DOCH DURCH DAS GRUNDLEGENDE ERFORDERNIS DER RECHTSSICHERHEIT DARAN GEHINDERT, UNBEGRENZT LANGE ZUZUWARTEN, EHE SIE VON IHRER BEFUGNIS GEBRAUCH MACHT.

8. DIE AUFEINANDER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISEN ERFÜLLEN SCHON IHREM WESEN NACH NICHT ALLE TATBESTANDSMERKMALE EINER VEREINBARUNG, SONDERN KÖNNEN SICH INSBESONDERE AUCH AUS EINER IM VERHALTEN DER BETEILIGTEN ZUTAGE TRETENDEN KOORDINIERUNG ERGEBEN.

ZWAR IST EIN PARALLELVERHALTEN FÜR SICH ALLEIN NOCH NICHT EINER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISE GLEICHZUSETZEN, DOCH KANN ES EIN WICHTIGES INDIZ FÜR EINE SOLCHE DARSTELLEN, WENN ES ZU WETTBEWERBSBEDINGUNGEN FÜHRT, DIE IM HINBLICK AUF DIE ART DER WAREN, DIE BEDEUTUNG UND ANZAHL DER BETEILIGTEN UNTERNEHMEN SOWIE DEN UMFANG DES IN BETRACHT KOMMENDEN MARKTES NICHT DEN NORMALEN MARKTBEDINGUNGEN ENTSPRECHEN.

DIES GILT NAMENTLICH DANN, WENN DAS PARALLELVERHALTEN ES DEN BETEILIGTEN UNTERNEHMEN ERMÖGLICHT, EIN PREISGLEICHGEWICHT AUF EINEM ANDEREN ALS DEM NIVEAU ZU ERZIELEN, DAS SICH AUS DEM WETTBEWERB ERGEBEN HÄTTE, UND ERWORBENE MARKTPOSITIONEN ZUM SCHADEN EINES WIRKLICH FREIEN WARENVERKEHRS IM GEMEINSAMEN MARKT UND DER FREIEN LIEFERANTENWAHL DURCH DEN VERBRAUCHER ZU VERFESTIGEN.

9. DER PREISWETTBEWERB SOLL DIE PREISE AUF EINEM MÖGLICHST NIEDRIGEN NIVEAU HALTEN UND DEN WARENVERKEHR ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN ERLEICHTERN, UM SO EINE OPTIMALE, AN DER PRODUKTIVITÄT UND DEM ANPASSUNGSVERMÖGEN DER UNTERNEHMEN AUSGERICHTETE ARBEITSTEILUNG ZU ERMÖGLICHEN.

EIN UNABHÄNGIGES UND NICHT GLEICHFÖRMIGES VERHALTEN DER UNTERNEHMEN IM GEMEINSAMEN MARKT KOMMT EINEM DER WESENTLICHEN ZIELE DES VERTRAGES ENTGEGEN, NÄMLICH DER GEGENSEITIGEN DURCHDRINGUNG DER NATIONALEN MÄRKTE, UND DAMIT AUCH DEM ZIEL, DEN VERBRAUCHERN UNMITTELBAREN ZUGANG ZU DEN PRODUKTIONSQUELLEN DER GANZEN GEMEINSCHAFT ZU VERSCHAFFEN.

10. ZWAR STEHT ES JEDEM HERSTELLER FREI, SEINE PREISE NACH BELIEBEN ZU ÄNDERN UND HIERBEI DEM GEGENWÄRTIGEN ODER VORHERSEHBAREN ZUKÜNFTIGEN VERHALTEN SEINER KONKURRENTEN RECHNUNG ZU TRAGEN, DOCH VERSTÖSST ES GEGEN DIE WETTBEWERBSREGELN DES VERTRAGES, WENN EIN HERSTELLER MIT SEINEN KONKURRENTEN - IN WELCHER ART AUCH IMMER - ZUSAMMENWIRKT, UM FÜR EINE PREISBEWEGUNG EIN KOORDINIERTES VERHALTEN FESTZULEGEN UND DEN ERFOLG DIESER BEWEGUNG DADURCH ZU SICHERN, DASS IM VORAUS HINSICHTLICH DER WESENTLICHEN FAKTOREN DIESES VORGEHENS - WIE PROZENTSATZ, GEGENSTAND, ZEITPUNKT UND ORT DER BEWEGUNG - JEDE UNSICHERHEIT ÜBER DAS WECHSELSEITIGE VERHALTEN BESEITIGT WIRD.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 14. JULI 1972. - SA FRANCAISE DES MATIERES COLORANTES (FRANCOLOR) GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSSACHE 54-69.

Entscheidungsgründe:

1/6 VON JANUAR 1964 BIS OKTOBER 1967 KAM ES IN DER GEMEINSCHAFT UNSTREITIG ZU DREI ALLGEMEINEN UND EINHEITLICHEN ERHÖHUNGEN DER FARBSTOFFPREISE. ZWISCHEN DEM 7. UND 20. JANUAR 1964 WURDEN AUSSER BEI EINIGEN SORTEN DIE PREISE DER MEISTEN ANILIN-FARBSTOFFE IN ITALIEN, DEN NIEDERLANDEN, BELGIEN UND LUXEMBURG SOWIE IN EINIGEN DRITTLÄNDERN EINHEITLICH UM 15 PROZENT ERHÖHT. AM 1. JANUAR 1965 TRAT EINE GLEICHE ERHÖHUNG IN DEUTSCHLAND EIN. AM SELBEN TAGE SETZTEN FAST SÄMTLICHE HERSTELLER IN ALLEN LÄNDERN DES GEMEINSAMEN MARKTES MIT AUSNAHME FRANKREICHS DIE PREISE FÜR DIE VON DER PREISERHÖHUNG DES JAHRES 1964 AUSGENOMMEN FARBSTOFFE UND PIGMENTE EINHEITLICH UM 10 PROZENT HERAUF. DA SICH DIE FIRMA ACNA AN DER 1965 AUF DEM ITALIENISCHEN MARKT VORGENOMMENEN PREISERHÖHUNG NICHT BETEILIGTE, ERHIELTEN DIE ÜBRIGEN UNTERNEHMEN DIE ANGEKÜNDIGTE ANHEBUNG IHRER PREISE AUF DIESEM MARKT NICHT AUFRECHT. ETWA MITTE OKTOBER 1967 WURDEN DANN AUSSER IN ITALIEN DIE PREISE FÜR ALLE FARBSTOFFE VON FAST ALLEN HERSTELLERN ERHÖHT, UND ZWAR UM 8 PROZENT IN DEUTSCHLAND, DEN NIEDERLANDEN, BELGIEN UND LUXEMBURG SOWIE UM 12 PROZENT IN FRANKREICH.

7/9 IM HINBLICK AUF DIESE PREISERHÖHUNGEN HAT DIE KOMMISSION DURCH BESCHLUSS VOM 31. MAI 1967 NACH ARTIKEL 3 DER VERORDNUNG NR. 17/62 VON AMTS WEGEN GEGEN SIEBZEHN FARBSTOFFHERSTELLER MIT SITZ IN UND AUSSERHALB DER GEMEINSCHAFT SOWIE GEGEN ZAHLREICHE TOCHTERGESELLSCHAFTEN UND VERTRETER DIESER UNTERNEHMEN EIN VERFAHREN WEGEN MUTMASSLICHER VERLETZUNG VON ARTIKEL 85 ABSATZ 1 EWG-VERTRAG EINGELEITET. SIE HAT DURCH ENTSCHEIDUNG VOM 24. JULI 1969 FESTGESTELLT, DIESE PREISERHÖHUNGEN SEIEN DAS ERGEBNIS VON UNTER VERSTOSS GEGEN ARTIKEL 85 ABSATZ 1 DES VERTRAGES AUFEINANDER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISEN ZWISCHEN DEN UNTERNEHMEN

- BADISCHE ANILIN - UND SODA-FABRIK AG ( BASF ), LUDWIGSHAFEN,

- CASSELLA FARBWERKE MAINKUR AG, FRANKFURT ( MAIN ),

- FARBENFABRIKEN BAYER AG, LEVERKUSEN,

- FARBWERKE HÖCHST AG, FRANKFURT ( MAIN ),

- FRANCAISE DES MATIERES COLORANTES SA, PARIS,

- AZIENDA COLORI NAZIONALI AFFINI SPA ( ACNA ), MAILAND,

- CIBA AG, BASEL,

- J. R. GEIGY AG, BASEL,

- SANDOZ AG, BASEL, UND

- IMPERIAL CHEMICAL INDUSTRIES LTD. ( ICI ), MANCHESTER.

INFOLGEDESSEN HAT SIE GEGEN JEDES DIESER UNTERNEHMEN EINE GELDBUSSE VON 50000 RECHNUNGSEINHEITEN UND GEGEN DIE FIRMA ACNA EINE SOLCHE VON 40000 RECHNUNGSEINHEITEN FESTGESETZT.

10 MIT AM 3. OKTOBER 1969 BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEREICHTER KLAGESCHRIFT HAT DIE FIRMA SA FRANCAISE DES MATIERES COLORANTES, NUNMEHR SA PRODUITS CHIMIQUES UGINE KUHLMANN, GEGEN DIESE ENTSCHEIDUNG KLAGE ERHOBEN.

VERFAHRENS - UND FORMRÜGEN

ZUM VERWALTUNGSVERFAHREN

A ) ZUR EINLEITUNG DES VERWALTUNGSVERFAHRENS

11 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG SEI WEGEN VERLETZUNG WESENTLICHER FORMVORSCHRIFTEN, ERMESSENSMISSBRAUCHS, VERLETZUNG DES VERTRAGES SOWIE DER VERORDNUNG NR. 17/62 DES RATES FEHLERHAFT, DA SIE DIE ARTIKEL 3 UND 15 DER VERORDNUNG NR. 17 GLEICHZEITIG ANWENDE, OBGLEICH DER BESCHLUSS VOM 31. MAI 1967 ÜBER DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS DEN DIE GELDBUSSEN BETREFFENDEN ARTIKEL 15 NICHT ERWÄHNE.

12/13 DIE KOMMISSION LEGT IHRE HALTUNG GEGENÜBER DEN UNTERNEHMEN, GEGEN DIE SIE EIN VERFAHREN WEGEN ZUWIDERHANDLUNGEN GEGEN DIE WETTBEWERBSREGELN ERÖFFNET, NICHT IM BESCHLUSS ÜBER DIE EINLEITUNG DIESES VERFAHRENS FEST, SONDERN ERST IN DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE. DIE DER KLAEGERIN ZUGESTELLTE MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE NAHM ABER AUSDRÜCKLICH AUF ARTIKEL 15 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 17 BEZUG, DER DIE VERHÄNGUNG VON GELDBUSSEN REGELT.

14 DAS VORBRINGEN DER KLAEGERIN IST DAHER NICHT BEGRÜNDET.

B ) ZUR FORTSETZUNG DER ERMITTLUNGEN NACH ZUSTELLUNG DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE

15 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DIE KOMMISSION HABE NOCH NACH ZUSTELLUNG DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE ERMITTLUNGEN VORGENOMMEN. DA SIE IHR DIE DABEI GEWONNENEN ERGEBNISSE NICHT MITGETEILT HABE, SEI DER IN ARTIKEL 19 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 17/62 UND IN DER VERORDNUNG NR. 99/63 VERANKERTE ANSPRUCH AUF RECHTLICHES GEHÖR VERLETZT.

16/18 DIE KOMMISSION IST BERECHTIGT UND UNTER UMSTÄNDEN SOGAR VERPFLICHTET, IM LAUFE DES VERWALTUNGSVERFAHRENS NEUE ERMITTLUNGEN ANZUSTELLEN, WENN SICH ZUSÄTZLICHE NACHPRÜFUNGEN ALS NOTWENDIG ERWEISEN. SOLCHE ERMITTLUNGEN WÜRDEN EINE ERGÄNZUNG DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE NUR DANN ERFORDERN, WENN DIE KOMMISSION SICH AUFGRUND DES ERMITTLUNGSERGEBNISSES VERANLASST SÄHE, DEN BETROFFENEN UNTERNEHMEN NEUE HANDLUNGEN ZUR LAST ZU LEGEN ODER DEN NACHWEIS BESTRITTENER ZUWIDERHANDLUNGEN AUF EINE ERHEBLICH GEÄNDERTE GRUNDLAGE ZU STELLEN. DER ANSPRUCH DER UNTERNEHMEN AUF RECHTLICHES GEHÖR WIRD DURCH SOLCHE ERMITTLUNGEN NICHT VERLETZT, SOFERN DIE DAS VERWALTUNGSVERFAHREN ABSCHLIESSENDE ENTSCHEIDUNG GEGEN DIE BETROFFENEN KEINE ANDEREN ALS DIE IN DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE ANGEFÜHRTEN TATSACHEN IN BETRACHT ZIEHT.

19 DIESE RÜGE DER KLAEGERIN IST SOMIT NICHT BEGRÜNDET.

C ) ZUR UNVOLLSTÄNDIGKEIT DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE

20/21 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG VERLETZE WESENTLICHE FORMVORSCHRIFTEN, DEN ANSPRUCH AUF RECHTLICHES GEHÖR UND ARTIKEL 4 DER VERORDNUNG NR. 99/63, DA DIE MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE DIE FÜR DIE BEGRÜNDUNG DER BESCHWERDEPUNKTE BERÜCKSICHTIGTEN TATSACHEN UND URKUNDEN NICHT HINREICHEND BEZEICHNET HABE. DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG SEI MIT DIESEN MÄNGELN UNTER ANDEREM DESHALB BEHAFTET, WEIL DIE KOMMISSION SICH FÜR DIE BEHAUPTUNG, DASS AUFEINANDER ABGESTIMMTE VERHALTENSWEISEN VORLAEGEN, AUF EINEN BESCHLUSS DES BUNDESKARTELLAMTES STÜTZE, DER IN DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE NICHT ANGEFÜHRT WORDEN SEI.

22/27 ZUR WAHRUNG DES RECHTLICHEN GEHÖRS IM VERWALTUNGSVERFAHREN REICHT ES AUS, DASS DIE UNTERNEHMEN ÜBER DIE WESENTLICHEN TATSACHEN UNTERRICHTET WERDEN, AUF DIE SICH DIE BESCHWERDEPUNKTE STÜTZEN. JEDOCH BRAUCHT NICHT DER GESAMTE AKTENINHALT MITGETEILT ZU WERDEN. DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE SIND DIE DER KLAEGERIN ZUR LAST GELEGTEN TATSACHEN EINDEUTIG ZU ENTNEHMEN. SIE ENTHÄLT ALLE FÜR DIE FESTSTELLUNG, WELCHE BESCHWERDEPUNKTE DER KLAEGERIN ZUR LAST GELEGT WERDEN, ERFORDERLICHEN ANGABEN UND SCHILDERT DIE ART UND WEISE, WIE DIE PREISERHÖHUNGEN VON 1964, 1965 UND 1967 ANGEKÜNDIGT UND DURCHGEFÜHRT WORDEN SIND. EINE VERLETZUNG DES ANSPRUCHS AUF RECHTLICHES GEHÖR KANN AUCH NICHT DARIN ERBLICKT WERDEN, DASS FÜR DIE ZUGRUNDE GELEGTEN TATSACHEN ZUSÄTZLICHE BEWEISMITTEL ANGEFÜHRT SIND UND DIE DARSTELLUNG DES GENAUEN HERGANGS DER EREIGNISSE IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG AUFGRUND DER TATSACHENANGABEN BERICHTIGT IST, WELCHE DIE BETROFFENEN DER KOMMISSION IM VERWALTUNGSVERFAHREN MITZUTEILEN GELEGENHEIT HATTEN. DA ES DEN BETROFFENEN JEDERZEIT FREISTEHT, DIE VON DER KOMMISSION FÜR IHRE BESCHWERDEPUNKTE ANGEFÜHRTEN TATSACHEN ZU BESTREITEN, BESTEHEN AUCH KEINE BEDENKEN DAGEGEN, DASS DIESE BEI DER ANWENDUNG DER WETTBEWERBSREGELN DER GEMEINSCHAFT DIE ERMITTLUNGSERGEBNISSE NATIONALER BEHÖRDEN HERANZIEHT.

28 DIESE RÜGEN SIND DAHER UNBEGRÜNDET.

ZUR VERÖFFENTLICHUNG DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG

29 DIE KLAEGERIN RÜGT, DIE KOMMISSION HABE DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG IM AMTSBLATT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN VERÖFFENTLICHT, OBWOHL DIE ENTSCHEIDUNGEN NACH ARTIKEL 15 DER VERORDNUNG NR. 17/62 NICHT ZU DENEN ZÄHLTEN, DEREN VERÖFFENTLICHUNG ARTIKEL 21 DER VERORDNUNG VORSEHE.

30/31 ARTIKEL 21 DER VERORDNUNG NR. 17/62, DER DIE VERÖFFENTLICHUNG BESTIMMTER ENTSCHEIDUNGEN REGELT, GILT NICHT FÜR DIE GEMÄSS ARTIKEL 15 DER VERORDNUNG ERGANGENEN ENTSCHEIDUNGEN. WENN DIE KOMMISSION SOMIT AUCH NICHT VERPFLICHTET WAR, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG ZU VERÖFFENTLICHEN, SO WAR SIE GLEICHWOHL NACH WORTLAUT UND SINN DES ARTIKELS 21 AN DIESER VERÖFFENTLICHUNG NICHT GEHINDERT, SOFERN DIE VERÖFFENTLICHUNG KEINE VERBREITUNG VON GESCHÄFTSGEHEIMNISSEN DER UNTERNEHMEN BEDEUTETE.

32 DIE RÜGE IST ALSO UNBEGRÜNDET.

ZUR EINREDE DER VERJÄHRUNG

33 DIE KLAEGERIN FÜHRT AUS, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG VERSTOSSE GEGEN DEN VERTRAG UND GEGEN DIE BEI SEINER DURCHFÜHRUNG ANZUWENDENDEN RECHTSNORMEN, WEIL DIE KOMMISSION DADURCH, DASS SIE ERST AM 31. MAI 1967 EIN VERFAHREN WEGEN DER PREISERHÖHUNG VON 1964 UND 1965 EINGELEITET HABE, JEDE VERNÜNFTIGE ZEITLICHE GRENZE ÜBERSCHRITTEN HABE.

34/37 DIE VORSCHRIFTEN ÜBER DIE BEFUGNIS DER KOMMISSION ZUR VERHÄNGUNG VON GELDBUSSEN BEI ZUWIDERHANDLUNGEN GEGEN DIE WETTBEWERBSREGELN SEHEN KEINE VERJÄHRUNG VOR. EINE VERJÄHRUNGSFRIST MUSS, UM IHRER FUNKTION GERECHT WERDEN ZU KÖNNEN, IM VORAUS FESTGELEGT SEIN. DIE FESTLEGUNG EINER SOLCHEN FRIST UND DER EINZELHEITEN IHRER ANWENDUNG FÄLLT IN DIE ZUSTÄNDIGKEIT DES GEMEINSCHAFTSGESETZGEBERS. SOLANGE ENTSPRECHENDE AUSDRÜCKLICHE VORSCHRIFTEN FEHLEN, IST DIE KOMMISSION ZWAR DURCH DAS GRUNDLEGENDE ERFORDERNIS DER RECHTSSICHERHEIT DARAN GEHINDERT, UNBEGRENZT LANGE ZUZUWARTEN, EHE SIE VON IHRER BEFUGNIS ZUR VERHÄNGUNG VON GELDBUSSEN GEBRAUCH MACHT; IM VORLIEGENDEN FALL LÄSST IHR VERHALTEN JEDOCH NICHTS ERKENNEN, DAS DER AUSÜBUNG DIESER BEFUGNIS IM HINBLICK AUF DIE BETEILIGUNG DER KLAEGERIN AN DEN ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISEN IN DEN JAHREN 1964 UND 1965 ENTGEGENSTEHEN KÖNNTE.

38 DAS VORBRINGEN DER KLAEGERIN IST DAHER UNBEGRÜNDET.

SACHRÜGEN

ZUM VORLIEGEN AUFEINANDER ABGESTIMMTER VERHALTENSWEISEN

THESEN DER PARTEIEN

39 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DIE KOMMISSION HABE DAS VORLIEGEN AUFEINANDER ABGESTIMMTER VERHALTENSWEISEN IM SINNE VON ARTIKEL 85 ABSATZ 1 EWG-VERTRAG FÜR KEINE DER DREI IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG ANGEFÜHRTEN PREISERHÖHUNGEN NACHGEWIESEN.

40/44 DIE ENTSCHEIDUNG GEHT DAVON AUS, EIN ERSTER BEWEIS FÜR DIE WECHSELSEITIGE ABSTIMMUNG DER PREISERHÖHUNGEN DER JAHRE 1964, 1965 UND 1967 SEI DARIN ZU ERBLICKEN, DASS DIE VON DEN VERSCHIEDENEN HERSTELLERN ANGEWANDTEN STEIGERUNGSSÄTZE DER EINZELNEN PREISERHÖHUNGEN FÜR ALLE LÄNDER GLEICH GEWESEN SEIEN UND DIE PREISERHÖHUNGEN BIS AUF WENIGE AUSNAHMEN FÜR DIESELBEN FARBSTOFFE UND IN SEHR GERINGEM ZEITABSTAND - ODER SOGAR ZUR GLEICHEN ZEIT - VORGENOMMEN WORDEN SEIEN. DIESE ERHÖHUNGEN KÖNNTEN DURCH DIE BLOSSE TATSACHE DER OLIGOPOLISTISCHEN STRUKTUR DES MARKTES NICHT ERKLÄRT WERDEN. ES SEI UNVORSTELLBAR, DASS DIE WICHTIGSTEN DEN GEMEINSAMEN MARKT BELIEFERNDEN HERSTELLER OHNE VORHERIGE ABSTIMMUNG DIE PREISE FÜR DIESELBEN, IN GROSSEN MENGEN HERGESTELLTEN ERZEUGNISSE EINSCHLIESSLICH DER SPEZIALERZEUGNISSE, DEREN AUSTAUSCHBARKEIT SEHR GERING ODER SOGAR GLEICH NULL SEI, WIEDERHOLT UND PRAKTISCH ZUR GLEICHEN ZEIT UM DEN GLEICHEN STEIGERUNGSSATZ ERHÖHT HÄTTEN, UND ZWAR IN MEHREREN LÄNDERN, IN DENEN FÜR FARBSTOFFE UNTERSCHIEDLICHE MARKTBEDINGUNGEN BESTÄNDEN. VOR DEM GERICHTSHOF HAT DIE KOMMISSION DIE AUFFASSUNG VERTRETEN, DIE ABSTIMMUNG SETZE NICHT VORAUS, DASS DIE BETEILIGTEN EINEN GEMEINSAMEN PLAN FÜR EIN BESTIMMTES MARKTVERHALTEN AUFSTELLTEN. ES GENÜGE, DASS SIE SICH UNTEREINANDER VON IHREM BEABSICHTIGTEN VERHALTEN IN KENNTNIS SETZTEN, SO DASS JEDES UNTERNEHMEN SEIN VORGEHEN IN DER ERWARTUNG PLANEN KÖNNE, DASS SEINE KONKURRENTEN SICH PARALLEL VERHALTEN WÜRDEN.

45/50 DIE KLAEGERIN MACHT DEMGEGENÜBER GELTEND, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG BERUHE AUF EINER UNZUREICHENDEN ANALYSE DES MARKTES DER BETROFFENEN ERZEUGNISSE SOWIE AUF EINER IRRIGEN AUFFASSUNG VOM BEGRIFF DER AUFEINANDER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISEN, DA SIE DIESE DEM BEWUSSTEN PARALLELVERHALTEN DER TEILNEHMER AN EINEM OLIGOPOL GLEICHSETZE, UND ZWAR SELBST DANN, WENN DIESES VERHALTEN AUF AUTONOME ENTSCHEIDUNGEN DER EINZELNEN UNTERNEHMEN ZURÜCKGEHE, DIE DURCH OBJEKTIVE WIRTSCHAFTLICHE ERFORDERNISSE UND INSBESONDERE DURCH DIE NOTWENDIGKEIT BESTIMMT SEIEN, DAS UNBEFRIEDIGENDE RENTABILITÄTSNIVEAU DER FARBSTOFFERZEUGUNG ANZUHEBEN. DIE FARBSTOFFPREISE HÄTTEN BESTÄNDIG NACH UNTEN TENDIERT, WEIL DER MARKT FÜR DIESE ERZEUGNISSE DURCH EINEN LEBHAFTEN WETTBEWERB ZWISCHEN DEN HERSTELLERN GEKENNZEICHNET SEI, DER SICH NICHT NUR AUF DIE QUALITÄT DER ERZEUGNISSE UND DEN ANWENDUNGSTECHNISCHEN KUNDENDIENST, SONDERN - NAMENTLICH MITTELS ERHEBLICHER INDIVIDÜLLER RABATTE FÜR DIE HAUPTABNEHMER - AUCH AUF DEN PREIS ERSTRECKE. DIE KLAEGERIN HABE EIN INTERESSE DARAN GEHABT, SICH DEN PREISEN IHRER KONKURRENTEN ANZUPASSEN, UM DIE BETRIEBLICHEN SCHWIERIGKEITEN WETTZUMACHEN, IN DIE SIE DAMALS DURCH DIE VERHÄNGUNG EINES STRIKTEN STOPPS DER ERZEUGERPREISE AUF IHREM EINHEIMISCHEN MARKT GERATEN SEI. DIE GLEICHHEIT DER STEIGERUNGSSÄTZE ERGEBE SICH DARAUS, DASS EIN UNTERNEHMEN ALS PREISFÜHRER AUFTRETE. IN DER LEHRE SEI ANERKANNT, DASS DIE SOGENANNTEN " BAROMETRISCHEN " UNTERNEHMEN, DIE NICHT UNBEDINGT DIE STÄRKSTEN SEIN MÜSSTEN, ES AUF EINEM OLIGOPOLISTISCHEN MARKT WIE DEM FÜR FARBSTOFFE ERREICHTEN, DASS DIE KONKURRENTEN SICH IHREN PREISEN ANPASSTEN, SOWEIT DIESE DIE MARKTBEDINGUNGEN SCHNELL GENUG WIDERSPIEGELTEN. UNTER DIESEN UMSTÄNDEN GEHE ES MANGELS SCHLÜSSIGER BEWEISE FÜR DAS VORLIEGEN EINER WILLENSEINIGUNG NICHT AN, EINE GEMEINSAME HALTUNG ALS ABGESTIMMTE VERHALTENSWEISE ZU WERTEN.

ZUM BEGRIFF DER AUFEINANDER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISEN

51/54 ARTIKEL 85 STELLT DEN BEGRIFF " AUFEINANDER ABGESTIMMTE VERHALTENSWEISEN " NEBEN DIE BEGRIFFE " VEREINBARUNGEN ZWISCHEN UNTERNEHMEN " UND " BESCHLÜSSE VON UNTERNEHMENSVEREINIGUNGEN ", UM DURCH SEINE VERBOTSVORSCHRIFT EINE FORM DER KOORDINIERUNG ZWISCHEN UNTERNEHMEN ZU ERFASSEN, DIE ZWAR NOCH NICHT BIS ZUM ABSCHLUSS EINES VERTRAGES IM EIGENTLICHEN SINNE GEDIEHEN IST, JEDOCH BEWUSST EINE PRAKTISCHE ZUSAMMENARBEIT AN DIE STELLE DES MIT RISIKEN VERBUNDENEN WETTBEWERBS TRETEN LÄSST. DIE AUFEINANDER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISEN ERFÜLLEN DAHER SCHON IHREM WESEN NACH NICHT ALLE TATBESTANDSMERKMALE EINER VEREINBARUNG, SONDERN KÖNNEN SICH INSBESONDERE AUCH AUS EINER IM VERHALTEN DER BETEILIGTEN ZUTAGE TRETENDEN KOORDINIERUNG ERGEBEN. ZWAR IST EIN PARALLELVERHALTEN FÜR SICH ALLEIN NOCH NICHT EINER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISE GLEICHZUSETZEN, DOCH KANN ES EIN WICHTIGES INDIZ FÜR EINE SOLCHE DARSTELLEN, WENN ES ZU WETTBEWERBSBEDINGUNGEN FÜHRT, DIE IM HINBLICK AUF DIE ART DER WAREN, DIE BEDEUTUNG UND ANZAHL DER BETEILIGTEN UNTERNEHMEN SOWIE DEN UMFANG DES IN BETRACHT KOMMENDEN MARKTES NICHT DEN NORMALEN MARKTBEDINGUNGEN ENTSPRECHEN. DIES GILT NAMENTLICH DANN, WENN DAS PARALLELVERHALTEN ES DEN BETEILIGTEN UNTERNEHMEN ERMÖGLICHT, EIN PREISGLEICHGEWICHT AUF EINEM ANDEREN ALS DEM NIVEAU ZU ERZIELEN, DAS SICH AUS DEM WETTBEWERB ERGEBEN HÄTTE, UND ERWORBENE MARKTPOSITIONEN ZUM SCHADEN EINES WIRKLICH FREIEN WARENVERKEHRS IM GEMEINSAMEN MARKT UND DER FREIEN LIEFERANTENWAHL DURCH DEN VERBRAUCHER ZU VERFESTIGEN.

55 DIE FRAGE, OB ES IM VORLIEGENDEN FALL ZU EINER ABSTIMMUNG GEKOMMEN IST, LÄSST SICH SOMIT NUR DANN RICHTIG BEANTWORTEN, WENN DIE IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG ANGEFÜHRTEN INDIZIEN NICHT EINZELN, SONDERN IN IHRER GESAMTHEIT UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER BESONDERHEITEN DES FARBSTOFFMARKTES GEWÜRDIGT WERDEN.

ZU DEN BESONDERHEITEN DES FARBSTOFFMARKTES

56/62 DER FARBSTOFFMARKT IST DADURCH GEKENNZEICHNET, DASS 80 PROZENT DES ABSATZES AUF ETWA ZEHN HERTELLERFIRMEN ENTFALLEN, DIE IM ALLGEMEINEN EINE BETRÄCHTLICHE GRÖSSENORDNUNG HABEN UND HÄUFIG AUSSER FARBSTOFFEN AUCH ANDERE CHEMISCHE ERZEUGNISSE ODER PHARMAZEUTISCHE SPEZIALERZEUGNISSE HERSTELLEN. DIESE UNTERNEHMEN HABEN SEHR UNTERSCHIEDLICHE PRODUKTIONS - UND DAMIT AUCH KOSTENSTRUKTUREN. DADURCH WIRD ES FÜR DEN EINZELNEN HERSTELLER SCHWIERIG, SICH KENNTNIS VON DEN KOSTEN DER KONKURRENTEN ZU VERSCHAFFEN. DIE GESAMTZAHL DER FARBSTOFFE IST SEHR HOCH, DENN JEDES EINZELNE UNTERNEHMEN STELLT MEHR ALS TAUSEND ARTIKEL HER. DER DURCHSCHNITTLICHE GRAD DER AUSTAUSCHBARKEIT DIESER ERZEUGNISSE WIRD BEI STANDARDFARBSTOFFEN ALS RELATIV GUT ANGESEHEN, WÄHREND ER FÜR DIE SPEZIALFARBSTOFFE SEHR NIEDRIG ODER SOGAR GLEICH NULL SEIN KANN. BEI DEN SPEZIALERZEUGNISSEN TENDIERT DER MARKT IN GEWISSEN FÄLLEN ZUR OLIGOPOLBILDUNG. WEGEN DER VERHÄLTNISMÄSSIG GERINGEN AUSWIRKUNG DES FARBSTOFFPREISES AUF DEN PREIS DES ENDERZEUGNISSES DES ABNEHMERS IST DIE BEWEGLICHKEIT DER NACHFRAGE BEI FARBSTOFFEN IM GESAMTEN MARKT BESCHRÄNKT, WAS KURZFRISTIG ZU PREISERHÖHUNGEN ANREGT. ANDERERSEITS STEIGT DIE GESAMTNACHFRAGE NACH FARBSTOFFEN BESTÄNDIG, WAS DEN HERSTELLERN EHER EINEN ANREIZ ZU EINER POLITIK GIBT, DIE SIE AN DIESEM WACHSTUM TEILHABEN LÄSST.

63/69 FÜR DEN FARBSTOFFMARKT IN DER GEMEINSCHAFT IST KENNZEICHNEND, DASS ES FÜNF ISOLIERTE NATIONALE MÄRKTE MIT UNTERSCHIEDLICHEM PREISNIVEAU GIBT, OHNE DASS SICH DIES DURCH UNTERSCHIEDE BEI DEN KOSTEN UND BELASTUNGEN ERKLÄREN LÄSST, WELCHE DIE HERSTELLER IN DEN EINZELNEN LÄNDERN ZU TRAGEN HABEN. DIE ERRICHTUNG DES GEMEINSAMEN MARKTES WAR AUF DIESE LAGE ANSCHEINEND OHNE EINFLUSS, DENN DIE UNTERSCHIEDE IM PREISNIVEAU DER EINZELNEN STAATEN HABEN SICH KAUM VERRINGERT. ES STEHT IM GEGENTEIL FEST, DASS JEDER DER NATIONALEN MÄRKTE OLIGOPOLISTISCHE MERKMALE AUFWEIST UND DASS SICH AUF DER MEHRZAHL DIESER MÄRKTE DAS PREISNIVEAU UNTER DEM EINFLUSS EINES PREISFÜHRERS BILDET, DER IN EINIGEN FÄLLEN DER BEDEUTENDSTE INLÄNDISCHE HERSTELLER IST, IN ANDEREN JEDOCH SEINEN SITZ IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT ODER EINEM DRITTLAND HAT UND ÜBER EINE TOCHTERGESELLSCHAFT TÄTIG WIRD. DIESE ABSCHOTTUNG DER MÄRKTE IST NACH MEINUNG DER SACHVERSTÄNDIGEN AUF DIE NOTWENDIGKEIT ZURÜCKZUFÜHREN, DEN VERBRAUCHERN AN ORT UND STELLE EINEN ANWENDUNGSTECHNISCHEN KUNDENDIENST ZUR VERFÜGUNG ZU STELLEN UND SOFORTIGE BELIEFERUNG, IM ALLGEMEINEN IN BEGRENZTEN MENGEN, ZU GEWÄHRLEISTEN, WOBEI DIE HERSTELLER - VON AUSNAHMEN ABGESEHEN - AN IHRE IN DEN EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN ANSÄSSIGEN TOCHTERGESELLSCHAFTEN LIEFERN UND DURCH EIN NETZ VON VERTRETUNGEN UND AUSLIEFERUNGSLAGERN SICHERSTELLEN, DASS DEN BESONDEREN WÜNSCHEN DER ABNEHMER HINSICHTLICH DES KUNDENDIENSTES UND DER BELIEFERUNG RECHNUNG GETRAGEN WIRD. IM LAUFE DES VERFAHRENS HAT SICH ERGEBEN, DASS SICH DIE PREISE SELBST DANN, WENN DER HERSTELLER MIT EINEM BEDEUTENDEN ABNEHMER IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT UNMITTELBAR IN VERBINDUNG TRITT, ÜBLICHERWEISE NACH DER GEOGRAPHISCHEN LAGE DES ABNEHMERBETRIEBES BILDEN UND AM PREISNIVEAU DES NATIONALEN MARKTES ORIENTIEREN. WENN SICH DIE HERSTELLER MIT DIESER HANDHABUNG AUCH IN ERSTER LINIE DEN BESONDERHEITEN DES FARBSTOFFMARKTES UND DEN BEDÜRFNISSEN IHRER KUNDSCHAFT ANGEPASST HABEN, SO IST DOCH DIE DADURCH BEDINGTE ABSCHOTTUNG DES MARKTES GEEIGNET, DEN WETTBEWERB AUFZUSPALTEN UND AUF DIESE WEISE DIE VERBRAUCHER IN IHREM NATIONALEN MARKT ZU ISOLIEREN UND ZU VERHINDERN, DASS SÄMTLICHE HERSTELLER EINANDER AUF DEM GESAMTEN GEBIET DES GEMEINSAMEN MARKTES GEGENÜBERTRETEN. VOR DIESEM DIE FUNKTIONSWEISE DES FARBSTOFFMARKTES KENNZEICHNENDEN HINTERGRUND SIND DIE STREITIGEN VORGÄNGE ZU WÜRDIGEN.

ZU DEN PREISERHÖHUNGEN VON 1964, 1965 UND 1967

70/74 DIE PREISERHÖHUNGEN VON 1964, 1965 UND 1967, DIE GEGENSTAND DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG SIND, STEHEN MITEINANDER IM ZUSAMMENHANG. DIE AM 1. JANUAR 1965 IN DEUTSCHLAND VORGENOMMENE ERHÖHUNG DER PREISE FÜR DIE MEISTEN ANILIN-FARBSTOFFE UM 15 PROZENT WAR NUR DIE ERSTRECKUNG DER IM JANUAR 1964 IN ITALIEN, DEN NIEDERLANDEN, IN BELGIEN UND LUXEMBURG FESTGESETZTEN PREISERHÖHUNG AUF EINEN WEITEREN NATIONALEN MARKT. DIE PREISERHÖHUNG FÜR BESTIMMTE FARBSTOFFE UND PIGMENTE, DIE AM 1. JANUAR 1965 IN ALLEN MITGLIEDSTAATEN AUSSER IN FRANKREICH STATTFAND, ERSTRECKTE SICH AUF ALLE VON DER ERSTEN PREISERHÖHUNG AUSGENOMMENEN ERZEUGNISSE. WENN DIE IM HERBST 1967 DURCHGEFÜHRTE PREISERHÖHUNG SICH ALLGEMEIN AUF 8 PROZENT, IN FRANKREICH JEDOCH AUF 12 PROZENT BELIEF, SO SOLLTEN DAMIT IN DIESEM LAND DIE ERHÖHUNGEN VON 1964 UND 1965 NACHGEHOLT WERDEN, AN DENEN DER FRANZÖSISCHE MARKT WEGEN DES PREISÜBERWACHUNGSSYSTEMS NICHT TEILGENOMMEN HATTE. INFOLGEDESSEN KÖNNEN DIESE DREI PREISERHÖHUNGEN NICHT VONEINANDER GETRENNT WERDEN, OBWOHL SIE NICHT VÖLLIG IN DER GLEICHEN WEISE VOR SICH GEGANGEN SIND.

75/77 IM JAHRE 1964 HABEN ALLE BETROFFENEN UNTERNEHMEN IHRE PREISERHÖHUNGEN ANGEKÜNDIGT UND DANN SOGLEICH ANGEWANDT. DIE INITIATIVE GING VON DER FIRMA CIBA-ITALIEN AUS, DIE AM 7. JANUAR 1964 AUF WEISUNG DER CIBA-SCHWEIZ EINE PREISERHÖHUNG VON 15 PROZENT ANKÜNDIGTE UND SOGLEICH IN KRAFT SETZTE; DIESEM VORGEHEN SCHLOSSEN SICH DIE ANDEREN HERSTELLER IN DEN FOLGENDEN ZWEI ODER DREI TAGEN AUF DEM ITALIENISCHEN MARKT AN. AM 9. JANUAR 1964 ERGRIFF DIE FIRMA ICI-HOLLAND DIE INITIATIVE ZU EINER GLEICHEN PREISERHÖHUNG FÜR DIE NIEDERLANDE, WÄHREND BAYER AM SELBEN TAGE AUF DEM BELGISCH-LUXEMBURGISCHEN MARKT MIT EINER SOLCHEN ERHÖHUNG VORANGING. MIT GERINGFÜGIGEN ABWEICHUNGEN, NAMENTLICH ZWISCHEN DEN PREISERHÖHUNGEN DER DEUTSCHEN UNTERNEHMEN EINERSEITS UND DENEN DER SCHWEIZERISCHEN UND ENGLISCHEN UNTERNEHMEN ANDERERSEITS, BETRAFEN DIESE ERHÖHUNGEN BEI DEN EINZELNEN HERSTELLERN UND FÜR DIE EINZELNEN MÄRKTE DAS GLEICHE SORTIMENT, UND ZWAR DIE MEISTEN ANILIN-FARBSTOFFE MIT AUSNAHME DER PIGMENTE, FERNER LEBENSMITTEL - UND KOSMETIKFARBSTOFFE.

78/82 WAS DIE PREISERHÖHUNGEN VON 1965 ANBELANGT, SO HATTEN EINIGE UNTERNEHMEN SOLCHE ERHÖHUNGEN ZU VERSCHIEDENEN ZEITPUNKTEN ZWISCHEN DEM 14. OKTOBER 1964 UND DEM 28. DEZEMBER 1964 IM VORAUS ANGEKÜNDIGT; SIE BETRUGEN AUF DEM DEUTSCHEN MARKT 15 PROZENT BEI DEN ERZEUGNISSEN, FÜR DIE AUF DEN ANDEREN MÄRKTEN DIE PREISE BEREITS ENTSPRECHEND ERHÖHT WORDEN WAREN, UND 10 PROZENT BEI DEN ERZEUGNISSEN, DEREN PREIS NOCH NICHT HERAUFGESETZT WORDEN WAR. DIE ERSTE ANKÜNDIGUNG MACHTE BASF AM 14. OKTOBER 1964, IHR FOLGTEN BAYER AM 30. OKTOBER UND CASSELLA AM 5. NOVEMBER. DIESE ERHÖHUNGEN WURDEN AUF ALLEN MÄRKTEN GLEICHZEITIG ZUM 1. JANUAR 1965 IN KRAFT GESETZT; AUSGENOMMEN WAREN DER FRANZÖSISCHE MARKT WEGEN DES PREISSTOPPS IN FRANKREICH SOWIE DER ITALIENISCHE MARKT, AUF DEM SICH DER WICHTIGSTE ITALIENISCHE HERSTELLER, DIE FIRMA ACNA, GEWEIGERT HATTE, EINE ERHÖHUNG VORZUNEHMEN, WAS DIE ÜBRIGEN HERSTELLER GLEICHFALLS ZUM VERZICHT AUF DIE ERHÖHUNG IHRER PREISE VERANLASSTE. ACNA UNTERLIESS AUCH DIE ZEHNPROZENTIGE PREISERHÖHUNG AUF DEM DEUTSCHEN MARKT. IM ÜBRIGEN HANDELTE ES SICH UM EINE ALLGEMEINE PREISERHÖHUNG, DIE VON ALLEN IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG GENANNTEN HERSTELLERN GLEICHZEITIG IN KRAFT GESETZT WURDE UND HINSICHTLICH DES BETROFFENEN WARENSORTIMENTS KEINE ABWEICHUNGEN AUFWIES.

83/85 WAS DIE PREISERHÖHUNG VON 1967 BETRIFFT, SO GAB DIE FIRMA GEIGY AUF EINER SITZUNG, DIE AM 18. AUGUST 1967 IN BASEL STATTFAND UND AN DER MIT AUSNAHME DER FIRMA ACNA ALLE IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG GENANNTEN HERSTELLER TEILNAHMEN, IHRE ABSICHT BEKANNT, DIE VERKAUFSPREISE MIT WIRKUNG VOM 16. OKTOBER 1967 UM 8 PROZENT HERAUFZUSETZEN. BEI DIESER GELEGENHEIT TEILTEN DIE VERTRETER VON BAYER UND FRANCOLOR MIT, DASS IHRE UNTERNEHMEN GLEICHFALLS EINE PREISERHÖHUNG BEABSICHTIGTEN. BEREITS MITTE SEPTEMBER HABEN DANN ALLE DURCH DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG BETROFFENEN UNTERNEHMEN EINE PREISERHÖHUNG VON 8 PROZENT - IN FRANKREICH VON 12 PROZENT - ANGEKÜNDIGT, DIE IN ALLEN LÄNDERN AM 16. OKTOBER IN KRAFT TRETEN SOLLTE, JEDOCH NICHT IN ITALIEN, WO SICH DIE FIRMA ACNA ERNEUT WEIGERTE, IHRE PREISE HERAUFZUSETZEN, ABER IHRE BEREITSCHAFT ERKLÄRTE, SICH DER PREISBEWEGUNG AUF ZWEI ANDEREN MÄRKTEN, WENN AUCH ZU ANDEREN ZEITPUNKTEN ALS DEM 16. OKTOBER, ANZUSCHLIESSEN.

86/90 IM GANZEN GESEHEN VERRATEN DIESE DREI AUFEINANDERFOLGENDEN PREISERHÖHUNGEN EINE FORTSCHREITENDE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DEN BETROFFENEN UNTERNEHMEN. NACHDEM MAN IM JAHRE 1964, IN DEM ANKÜNDIGUNG UND INKRAFTSETZUNG DER ERHÖHUNGEN ZUSAMMENFIELEN, ABER HINSICHTLICH DES BETROFFENEN WARENSORTIMENTS GERINGFÜGIGE ABWEICHUNGEN BESTANDEN, ERFAHRUNGEN GESAMMELT HATTE, LASSEN DIE ERHÖHUNGEN VON 1965 UND 1967 INSOFERN EIN ANDERES VORGEHEN ERKENNEN, ALS DIE UNTERNEHMEN, VON DENEN DIE INITIATIVE AUSGING ( BASF UND GEIGY ), IHRE ERHÖHUNGSABSICHT JEWEILS EINIGE ZEIT VOR DER VERWIRKLICHUNG ANKÜNDIGTEN UND DAMIT DEN UNTERNEHMEN GELEGENHEIT GABEN, IHRE WECHSELSEITIGEN REAKTIONEN AUF DEN EINZELNEN MÄRKTEN ZU BEOBACHTEN UND SICH DIESEN REAKTIONEN ANZUPASSEN. DURCH DIESE VORANKÜNDIGUNGEN BESEITIGTEN DIE EINZELNEN UNTERNEHMEN UNTEREINANDER JEDE UNGEWISSHEIT ÜBER IHR ZUKÜNFTIGES VERHALTEN UND DAMIT ZUM GROSSEN TEIL AUCH DAS NORMALE RISIKO, DAS MIT JEDER AUTONOMEN ÄNDERUNG DES VERHALTENS AUF EINEM ODER MEHREREN MÄRKTEN VERBUNDEN IST. DIES GALT UM SO MEHR, ALS DIESE ANKÜNDIGUNGEN, DIE ZUR FORTSETZUNG GLOBALER UND EINHEITLICHER PREISERHÖHUNGEN FÜR DIE FARBSTOFFMÄRKTE FÜHRTEN, DIESE MÄRKTE HINSICHTLICH DER STEIGERUNGSSÄTZE TRANSPARENT MACHTEN. SOMIT HABEN DIE BETROFFENEN UNTERNEHMEN DURCH IHRE HANDLUNGSWEISE VORÜBERGEHEND BEI DEN PREISEN EINIGE WETTBEWERBSBEDINGUNGEN DES MARKTES AUSGESCHALTET, DIE EINEM EINHEITLICHEN PARALLELVERHALTEN ENTGEGENSTANDEN.

91/96 DASS SIE IHRE VERHALTENSWEISEN NICHT UNABHÄNGIG VONEINANDER GEWÄHLT HABEN, WIRD DURCH DIE PRÜFUNG WEITERER MARKTFAKTOREN BESTÄTIGT. DER EUROPÄISCHE FARBSTOFFMARKT KANN ANGESICHTS DER ZAHL DER BETEILIGTEN HERSTELLER NICHT ALS EIN OLIGOPOL IM STRENGEN WORTSINN ANGESEHEN WERDEN, IN DEM DER PREISWETTBEWERB KEINE WESENTLICHE ROLLE MEHR SPIELEN KÖNNTE. DIESE HERSTELLER SIND MÄCHTIG UND ZAHLREICH GENUG, UM EIN NICHT UNBEACHTLICHES RISIKO ZU BEGRÜNDEN, DASS BEI ALLGEMEINEN PREISSTEIGERUNGEN EINIGE VON IHNEN DER ALLGEMEINEN BEWEGUNG NICHT FOLGEN, SONDERN VERSUCHEN WERDEN, IHREN MARKTANTEIL DURCH INDIVIDÜLLES VORGEHEN ZU VERGRÖSSERN. AUSSERDEM MACHT DIE ABSCHOTTUNG DES GEMEINSAMEN MARKTES IN FÜNF NATIONALE MÄRKTE MIT UNTERSCHIEDLICHEM PREISNIVEAU UND VERSCHIEDENER STRUKTUR EINE SPONTANE UND ZUGLEICH AUF ALLEN NATIONALEN MÄRKTEN EINHEITLICHE PREISERHÖHUNGEN UNWAHRSCHEINLICH. SELBST WENN EINE ALLGEMEINE UND DENNOCH SPONTANE PREISERHÖHUNG AUF JEDEM EINZELNEN DER NATIONALEN MÄRKTE ALLENFALLS NOCH VORSTELLBAR GEWESEN WÄRE, HÄTTE MAN DOCH ERWARTEN MÜSSEN, DASS DIESE ERHÖHUNGEN JE NACH DEN BESONDEREN GEGEBENHEITEN DER EINZELNEN NATIONALEN MÄRKTE VERSCHIEDEN GROSS GEWESEN WÄRE. NACH ALLEDEM MAG EIN PARALLELES PREISVERHALTEN FÜR DIE BETROFFENEN UNTERNEHMEN ZWAR EIN LOHNENDES UND OHNE RISIKEN ERREICHBARES ZIEL GEWESEN SEIN; ES LÄSST SICH JEDOCH SCHWERLICH ANNEHMEN, DASS EIN SOLCHES PARALLELVERHALTEN HINSICHTLICH DES ZEITPUNKTS DER BETROFFENEN NATIONALEN MÄRKTE UND DES BETROFFENEN WARENSORTIMENTS OHNE VORHERIGE ABSTIMMUNG ZUSTANDE KOMMEN KONNTE.

97/101 EBENSOWENIG ERSCHEINT ES GLAUBHAFT, DASS DIE PREISERHÖHUNGEN VON JANUAR 1964, DIE ZUNÄCHST AUF DEM ITALIENISCHEN MARKT EINGEFÜHRT UND DANN AUF DIE MÄRKTE HOLLANDS UND BELGIEN-LUXEMBURGS AUSGEDEHNT WURDEN, OBWOHL DIESE MÄRKTE HINSICHTLICH DES PREISNIVEAUS UND DER WETTBEWERBSSTRUKTUR KAUM MITEINANDER IN BEZIEHUNG STEHEN, BINNEN EINER FRIST VON ZWEI BIS DREI TAGEN OHNE VORHERIGE ABSTIMMUNG IN KRAFT GESETZT WERDEN KONNTEN. BEI DEN ERHÖHUNGEN VON 1965 UND 1967 WAR DIE ABSTIMMUNG OFFENSICHTLICH, DA DIE GESAMTHEIT DER ABSICHTERKLÄRUNGEN ÜBER DIE VON EINEM BESTIMMTEN ZEITPUNKT AN UND FÜR EIN BESTIMMTES WARENSORTIMENT VORZUNEHMENDE PREISERHÖHUNG DIE HERSTELLER IN DIE LAGE VERSETZTE, IHR JEWEILIGES VERHALTEN FÜR DIE SONDERFÄLLE FRANKREICH UND ITALIEN FESTZULEGEN. DURCH DIESES VORGEHEN HABEN DIE UNTERNEHMEN UNTEREINANDER IM VORAUS DIE UNGEWISSHEIT ÜBER IHR WECHSELSEITIGES VERHALTEN AUF DEN VERSCHIEDENEN MÄRKTEN UND DAMIT ZU EINEM GROSSEN TEIL AUCH DAS RISIKO AUSGERÄUMT, DAS MIT JEDER AUTONOMEN ÄNDERUNG DES MARKTVERHALTENS VERBUNDEN IST. DIE ALLGEMEINE UND EINHEITLICHE PREISERHÖHUNG AUF DIESEN VERSCHIEDENEN MÄRKTEN LÄSST SICH NUR DURCH DIE GLEICHGERICHTETE ABSICHT DIESER UNTERNEHMEN ERKLÄREN, EINERSEITS DAS PREISNIVEAU UND DIE DURCH DEN RABATTWETTBEWERB ENTSTANDENE LAGE ZU VERBESSERN UND ANDERERSEITS DAS MIT JEDER PREISERHÖHUNG VERBUNDENE RISIKO EINER VERÄNDERUNG DER WETTBEWERBSBEDINGUNGEN ZU VERMEIDEN. DASS DIE ANGEKÜNDIGTEN PREISERHÖHUNGEN IN ITALIEN NICHT IN KRAFT GESETZT WORDEN SIND UND DIE FIRMA ACNA SICH DER PREISERHÖHUNG VON 1967 FÜR DIE ANDEREN MÄRKTE NUR TEILWEISE ANGESCHLOSSEN HAT, WIDERLEGT DIESE SCHLUSSFOLGERUNG KEINESWEGS, SONDERN BESTÄTIGT SIE EHER.

102/106 DER PREISWETTBEWERB SOLL DIE PREISE AUF EINEM MÖGLICHST NIEDRIGEN NIVEAU HALTEN UND DEN WARENVERKEHR ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN ERLEICHTERN, UM SO EINE OPTIMALE, AN DER PRODUKTIVITÄT UND DEM ANPASSUNGSVERMÖGEN DER UNTERNEHMEN AUSGERICHTETE ARBEITSTEILUNG ZU ERMÖGLICHEN. UNTERSCHIEDLICHE STEIGERUNGSSÄTZE KOMMEN EINEM DER WESENTLICHEN ZIELE DES VERTRAGES ENTGEGEN, NÄMLICH DER GEGENSEITIGEN DURCHDRINGUNG DER NATIONALEN MÄRKTE, UND DAMIT AUCH DEM ZIEL, DEN VERBRAUCHERN UNMITTELBAREN ZUGANG ZU DEN PRODUKTIONSQUELLEN DER GANZEN GEMEINSCHAFT ZU VERSCHAFFEN. AUF DEM FARBSTOFFMARKT IST ES VON BESONDERER BEDEUTUNG, JEDES VORGEHEN ZU VERHINDERN, DAS DIE MÖGLICHKEITEN DER GEGENSEITIGEN DURCHDRINGUNG DER EINZELNEN NATIONALEN MÄRKTE AUF DER VERBRAUCHEREBENE KÜNSTLICH VERRINGERN KÖNNTE, DENN DIESER MARKT WEIST NUR EINE BEGRENZTE BEWEGLICHKEIT AUF, WAS AUF FAKTOREN ZURÜCKZUFÜHREN IST WIE DIE FEHLENDE PREISTRANSPARENZ, DIE INTERDEPENDENZ DER VERSCHIEDENEN FARBSTOFFE DES EINZELNEN HERSTELLERS IM HINBLICK AUF DIE ZUSAMMENSTELLUNG DER VON JEDEM VERBRAUCHER BENÖTIGTEN PRODUKTPALETTE, DEN VERHÄLTNISMÄSSIG GERINGEN ANTEIL DES PREISES DIESER ERZEUGNISSE AN DEN KOSTEN DES VOM ABNEHMER HERGESTELLTEN ENDERZEUGNISSES, DEN VORTEIL FÜR DEN ABNEHMER, ÜBER EINEN EINHEIMISCHEN LIEFERANTEN ZU VERFÜGEN, UND DIE AUSWIRKUNG DER TRANSPORTKOSTEN. ZWAR STEHT ES JEDEM HERSTELLER FREI, SEINE PREISE NACH BELIEBEN ZU ÄNDERN UND HIERBEI DEM GEGENWÄRTIGEN ODER VORHERSEHBAREN ZUKÜNFTIGEN VERHALTEN SEINER KONKURRENTEN RECHNUNG ZU TRAGEN, DOCH VERSTÖSST ES GEGEN DIE WETTBEWERBSREGELN DES VERTRAGES, WENN EIN HERSTELLER MIT SEINEN KONKURRENTEN - IN WELCHER ART AUCH IMMER - ZUSAMMENWIRKT, UM FÜR EINE PREISERHÖHUNG EIN KOORDINIERTES VORGEHEN FESTZULEGEN UND DEN ERFOLG DIESER ERHÖHUNG DADURCH ZU SICHERN, DASS IM VORAUS HINSICHTLICH DER WESENTLICHEN FAKTOREN DIESES VORGEHENS - WIE STEIGERUNGSSÄTZE, GEGENSTAND, ZEITPUNKT UND ORT DER PREISERHÖHUNGEN - JEDE UNSICHERHEIT ÜBER DAS WECHSELSEITIGE VERHALTEN BESEITIGT WIRD. BEI DIESER SACHLAGE UND UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER BESONDERHEITEN DES FARBSTOFFMARKTES IST DAVON AUSZUGEHEN, DASS DAS VERHALTEN DER KLAEGERIN IM ZUSAMMENWIRKEN MIT ANDEREN AM VERFAHREN BETEILIGTEN UNTERNEHMEN DARAUF ABZIELTE, DIE RISIKEN DES WETTBEWERBS UND DIE UNGEWISSHEIT ÜBER NICHT ABGESTIMMTE REAKTIONEN DER KONKURRENTEN AUSZUSCHALTEN UND STATT DESSEN ZU EINER ZUSAMMENARBEIT ZU GELANGEN, DIE EINE DURCH ARTIKEL 85 ABSATZ 1 DES VERTRAGES VERBOTENE ABGESTIMMTE VERHALTENSWEISE DARSTELLT.

ZUR GELDBUSSE

107 IM HINBLICK AUF DIE ANZAHL UND BEDEUTUNG DER HANDLUNGEN, DURCH WELCHE DIE KLAEGERIN AN DEN UNERLAUBTEN VERHALTENSWEISEN TEILGENOMMEN HAT, SOWIE AUF DEREN FOLGEN FÜR DIE VERWIRKLICHUNG DES GEMEINSAMEN MARKTES BEI DEN FARBSTOFFEN STEHT DIE HÖHE DER GELDBUSSE IN EINEM ANGEMESSENEN VERHÄLTNIS ZUR SCHWERE DES VERSTOSSES GEGEN DIE WETTBEWERBSREGELN DER GEMEINSCHAFT.

Kostenentscheidung:

108/110 NACH ARTIKEL 69 PARAGRAPH 2 DER VERFAHRENSORDNUNG IST DIE UNTERLIEGENDE PARTEI ZUR TRAGUNG DER KOSTEN ZU VERURTEILEN. DIE KLAEGERIN IST MIT IHREM VORBRINGEN UNTERLEGEN. SIE IST DAHER ZU VERURTEILEN, DIE KOSTEN DES VERFAHRENS ZU TRAGEN.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

UNTER ABWEISUNG ALLER WEITERGEHENDEN ODER GEGENTEILIGEN ANTRAEGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1. DIE KLAGE WIRD ABGEWIESEN.

2. DIE KLAEGERIN WIRD VERURTEILT, DIE KOSTEN DES RECHTSSTREITS ZU TRAGEN.

Ende der Entscheidung

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