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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.07.1988
Aktenzeichen: 55/87
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 2377/80, VO (EWG) Nr. 1182/71, VO (EWG) Nr. 805/68


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 2377/80 Art. 8a
VO (EWG) Nr. 1182/71 Art. 2
VO (EWG) Nr. 805/68 Art. 15 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Anträge auf Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung Nr. 885/68, die vor einem Zeitraum der Aussetzung der Vorausfestsetzung eingereicht worden sind, über die aber unter Berücksichtigung der in Artikel 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 festgesetzten Frist für die Erteilung während dieses Zeitraums zu entscheiden ist, sind abzulehnen.

2. Die Notwendigkeit einheitlicher Anwendung und damit Auslegung des Gemeinschaftsrechts verbietet es, eine Vorschrift in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, und gebietet vielmehr, sie nach dem wirklichen Willen ihres Urhebers und dem von diesem verfolgten Zweck namentlich im Licht ihrer Fassung in allen Sprachen auszulegen.

3. Der Begriff "Werktag" in der deutschen Fassung des Artikels 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 ist als Synonym des Begriffs "Arbeitstag" in der deutschen Fassung des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1182/71 auszulegen und schließt damit die Sonnabende aus.

4. Die durch Artikel 190 EWG-Vertrag vorgeschriebene Begründung muß der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein. Sie muß die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, klar und unzweideutig erkennen lassen, so daß die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme erfahren können und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann. Es kann jedoch nicht verlangt werden, daß in der Begründung der Verordnungen die verschiedenen, manchmal sehr zahlreichen und komplexen tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten dargelegt werden, die Gegenstand der Verordnungen sind, wenn sie sich im systematischen Rahmen der Gesamtregelung halten, zu der sie gehören.

5. Damit eine Verordnung zur Aussetzung der Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen für Rindfleisch von der Kommission allein statt nach dem Verwaltungsauschußverfahren erlassen werden kann, muß gemäß Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 885/86 ein Fall äusserster Dringlichkeit vorliegen.

Dies ist der Fall, wenn die nach Anhörung des Verwaltungsausschusses erlassene Verordnung in Anbetracht der Marktentwicklung sowie der mit der Einschaltung des Verwaltungsausschusses verbundenen Fristen eine nicht unbedenkliche Rückwirkung hätte entfalten müssen, um der ungewöhnlich hohen Zahl von Vorausfestsetzungsanträgen begegnen zu können.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 7. JULI 1988. - ALEXANDER MOKSEL IMPORT UND EXPORT GMBH UND CO. HANDELS-KG GEGEN BUNDESANSTALT FUER LANDWIRTSCHAFTLICHE MARKTORDNUNG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM VERWALTUNGSGERICHT FRANKFURT AM MAIN. - AUSFUHRERSTATTUNGEN - VORAUSFESTSETZUNG - AUSSETZUNG. - RECHTSSACHE 55/87.

Entscheidungsgründe:

1 Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluç vom 22. Januar 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Februar 1987, gemäç Artikel 177 EWG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung der Verordnung Nr. 885/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Rindfleisch und über die Kriterien für die Festsetzung des Betrages dieser Erstattungen ( ABl. L 156, S. 2 ), nach der Auslegung und der Gültigkeit der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission vom 4. September 1980 über die besonderen Durchführungsvorschriften für Einfuhr - und Ausfuhrlizenzen für Rindfleisch ( ABl. L 241, S. 5 ) sowie nach der Gültigkeit der Verordnung Nr. 387/84 der Kommission vom 15. Februar 1984 zur vorübergehenden Aussetzung der Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen für bestimmte Erzeugnisse des Rindfleischsektors ( ABl. L 46, S. 39 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit, in dem die Alexander Moksel Import und Export GmbH & Co. Handels-KG, Klägerin des Ausgangsverfahrens, ( im folgenden : Firma Moksel ) einen Bescheid der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung, Beklagte des Ausgangsverfahrens, anficht, durch den diese es ablehnte, ihr Lizenzen mit Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen für einige Partien Rindfleisch zu erteilen.

3 Das mit diesem Rechtsstreit befaçte Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat beschlossen, dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen :

"1 ) Sind Anträge auf Vorausfestsetzung einer Erstattung gemäç Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung ( EWG ) Nr. 885/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Rindfleisch und über die Kriterien für die Festsetzung des Betrages dieser Erstattungen in der Fassung der Verordnung ( EWG ) Nr. 1504/76 des Rates vom 21. Juni 1976, die vor dem Zeitraum der Aussetzung eingereicht worden sind, über die aber während dieses Zeitraums zu entscheiden ist, abzulehnen?

Wenn die erste Frage zu bejahen ist :

2 ) Ist der Begriff 'Werktag' in Artikel 8 a Absatz 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 2377/80 der Kommission vom 4. September 1980 über die besonderen Durchführungsvorschriften für Einfuhr - und Ausfuhrlizenzen für Rindfleisch in der Fassung der Verordnung ( EWG ) Nr. 2798/81 der Kommission vom 28. September 1981 im Sinne des Begriffs 'Arbeitstag' ( wie in der Verordnung ( EWG ) Nr. 2378/80 der Kommission vom 4. September 1980 über zusätzliche besondere Durchführungsbestimmungen für die Erteilung der Ausfuhrlizenzen für Rindfleisch ) im Sinne der Verordnung ( EWG ) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine, Artikel 2 Absatz 2, auszulegen?

Wenn die zweite Frage zu bejahen ist :

3 ) a ) Genügt die Begründungserwägung der Verordnung ( EWG ) Nr. 387/84 der Kommission vom 15. Februar 1984 zur vorübergehenden Aussetzung der Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen für bestimmte Erzeugnisse des Rindfleischsektors den Erfordernissen des Artikels 190 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft?

Wenn die dritte Frage Buchstabe a zu bejahen ist :

b ) Lagen die Voraussetzungen für den Erlaç der Verordnung Nr. 387/84 gemäç Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 885/68 in der Fassung der Verordnung Nr. 1504/76 vor?

Wenn die erste, zweite oder dritte Frage zu verneinen ist :

4 ) Kann gemäç Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung Nr. 885/68 in der Fassung der Verordnung Nr. 1504/76 eine Ausfuhrlizenz mit im voraus festgesetzter Erstattung für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit rückwirkend erteilt werden, wenn festgestellt wurde, daç die Ablehnung der Lizenzerteilung rechtswidrig war?"

4 Wegen des Sachverhalts, der einschlägigen Rechtsvorschriften sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten Frage ( Schicksal der Anträge auf Lizenzen mit Vorausfestsetzung, die vor einem Zeitraum der Aussetzung der Vorausfestsetzung eingereicht worden sind, über die aber während dieses Zeitraums zu entscheiden ist )

5 Die erste Frage des Verwaltungsgerichts geht dahin, ob Anträge auf Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen, die vor einem Zeitraum der Aussetzung der Vorausfestsetzung eingereicht worden sind, über die aber während dieses Zeitraums zu entscheiden ist, abzulehnen sind.

6 Das Verwaltungsgericht weist darauf hin, daç die Kommission durch Artikel 8 a Absatz 2 der erwähnten Verordnung Nr. 2377/80 in der Fassung der Verordnung Nr. 2798/81 vom 28. September 1981 ( ABl. L 275, S. 24 ) eine allgemeine Wartefrist bis zur Erteilung der Lizenzen mit Vorausfestsetzung eingeführt habe. Diese Vorschrift lautet : "Hinsichtlich der Tarifstelle 02.01 A II des Gemeinsamen Zolltarifs wird die Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung... am fünften Werktag nach dem Tag der Antragstellung erteilt, sofern in dieser Zeit keine besonderen Maçnahmen getroffen werden."

7 Wenn eine Aussetzung der Vorausfestsetzung, wie sie mit der erwähnten Verordnung Nr. 387/84 der Kommission beschlossen worden sei, eine besondere Maçnahme im Sinne der Vorschrift über die Einführung einer allgemeinen Wartefrist darstellte, hätte dies zur Folge, daç die Anträge auf Lizenzen mit Vorausfestsetzung, die vor einem Zeitraum der Aussetzung eingereicht worden seien, über die aber während dieses Zeitraums zu entscheiden sei, abzulehnen seien. Diese Auslegung habe der Gerichtshof im Rahmen einer anderen gemeinsamen Marktorganisation vertreten, bei der es eine Regelung gegeben habe, die mit der vorliegenden vergleichbar sei ( Urteil vom 27. Oktober 1983 in der Rechtssache 276/82, De beste boter, Slg. 1983, 3331 ).

8 In dem genannten Urteil habe der Gerichtshof seine Antwort allerdings nur unter Hinweis auf den Zweck und die erforderliche praktische Wirksamkeit der Aussetzung der Vorausfestsetzung begründet. Er habe nicht geprüft, ob die Vorschrift über die Einführung einer allgemeinen Wartefrist gültig sei.

9 Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, daç Artikel 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission, der eine allgemeine Wartefrist einführe, wegen Verstoçes gegen Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 2 der erwähnten Verordnung Nr. 885/68 des Rates in der Fassung der Verordnung Nr. 1504/76 vom 21. Juni 1976 ( ABl. L 168, S. 7 ) nichtig sei. Nach der letztgenannten Vorschrift könne die Kommission, wenn bei der Prüfung der Marktlage Schwierigkeiten festgestellt würden, die infolge der Anwendung der Bestimmungen über die Vorausfestsetzung der Erstattung eingetreten seien, oder wenn derartige Schwierigkeiten einzutreten drohten, in Fällen äuçerster Dringlichkeit beschlieçen, die Vorausfestsetzung für die Dauer von höchstens drei Arbeitstagen auszusetzen. Artikel 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission verstoçe insbesondere deshalb gegen diese Vorschrift, weil er eine allgemein geltende Wartefrist einführe, während die genannte Vorschrift die Kommission lediglich dazu ermächtige, die Vorausfestsetzung im Einzelfall auszusetzen.

10 Wenn die Vorschrift über die Einführung einer allgemeinen Wartefrist nichtig sei, müsse die Frage, ob die streitigen Lizenzanträge berücksichtigt werden könnten, ausschlieçlich aufgrund von Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates beurteilt werden. Aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift ergebe sich, daç nur Anträge auf Lizenzen mit Vorausfestsetzung, die während eines Zeitraums der Aussetzung der Vorausfestsetzung eingereicht worden seien, nicht berücksichtigt werden könnten. Da die streitigen Anträge vor dem Beginn des Aussetzungszeitraums eingereicht worden seien, habe die Firma Moksel Anspruch auf Erteilung der beantragten Lizenzen.

11 Es ist festzustellen, daç Artikel 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission, der eine allgemeine Wartefrist einführt, unmittelbar auf Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch ( ABl. L 148, S. 24 ) in der Fassung der Verordnung Nr. 425/77 vom 14. Februar 1977 ( ABl. L 61, S. 1 ) gestützt ist, der die Kommission zur Festsetzung einer Wartefrist für die Erteilung der Lizenzen ermächtigt. Die Gültigkeit der Vorschrift über die Einführung einer allgemeinen Wartefrist ist daher nicht anhand von Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates zu beurteilen, auf den sie nicht gestützt ist und der sich auf die Voraussetzungen bezieht, unter denen die Kommission die Vorausfestsetzung aussetzen kann.

12 Die Prüfung der Rechtssache hat sonst nichts ergeben, was eine andere Beurteilung als die rechtfertigen würde, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 27. Oktober 1983 in der Rechtssache 276/82 ( De beste boter, a. a. O.) vorgenommen hat.

13 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daç Anträge auf Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen gemäç Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates, die vor einem Zeitraum der Aussetzung der Vorausfestsetzung eingereicht worden sind, über die aber während dieses Zeitraums zu entscheiden ist, abzulehnen sind.

Zur zweiten Frage ( Auslegung des Begriffs "Werktag ")

14 Die zweite Frage des Verwaltungsgerichts geht dahin, ob der Begriff "Werktag" in der deutschen Fassung des Artikels 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission als Synonym des Begriffs "Arbeitstag" in der deutschen Fassung des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine ( ABl. L 124, S. 1 ) auszulegen ist und damit die Sonnabende ausschlieçt. Diese Klarstellung hält das Gericht für erforderlich, um beurteilen zu können, ob der Tag, an dem über die streitigen Anträge zu entscheiden war ( fünfter Werktag nach dem Tag der Antragstellung ), tatsächlich in den Zeitraum fiel, für den die Vorausfestsetzung ausgesetzt worden ist.

15 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 1969 in der Rechtssache 29/69 ( Stauder/Ulm, Slg. 1969, 419 ) festgestellt hat, "verbietet es die Notwendigkeit einheitlicher Anwendung und damit Auslegung,... (( eine )) Vorschrift in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, und gebietet vielmehr, sie nach dem wirklichen Willen ihres Urhebers und dem von diesem verfolgten Zweck namentlich im Licht ihrer Fassung in allen... Sprachen auszulegen ".

16 Eine vergleichende Untersuchung der verschiedenen sprachlichen Fassungen des Artikels 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission und des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1182/71 des Rates zeigt, daç die meisten Fassungen dieser beiden Vorschriften einen einzigen Begriff verwenden, der dem des "Arbeitstags" in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1182/71, der die Sonnabende ausschlieçt, entspricht.

17 Im übrigen soll die Einführung einer allgemeinen Wartefrist es ermöglichen, daç "die Kommission die Marktlage besser beurteilen und gegebenenfalls hinsichtlich der laufenden Anträge die notwendigen Maçnahmen treffen kann. Diese können bis zur Ablehnung dieser Anträge reichen" ( erste Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2378/80 der Kommission vom 4. September 1980 über zusätzliche besondere Durchführungsbestimmungen für die Erteilung der Ausfuhrlizenzen für Rindfleisch, ABl. L 241, S. 19, die bereits die Vorschrift über die Einführung einer allgemeinen Wartefrist enthielt ). Der Sonnabend ist jedoch ein Tag, an dem die Geschäftstätigkeit eingeschränkt ist und der sich somit nicht zur Marktbeobachtung eignet.

18 Sowohl die Notwendigkeit, das Gemeinschaftsrecht einheitlich anzuwenden, als auch das Bestreben, das mit der Vorschrift über die Einführung einer allgemeinen Wartefrist angestrebte Ziel zu verwirklichen, gebieten es daher, den in dieser Vorschrift verwendeten Begriff "Werktag" so auszulegen, daç er die Sonnabende ausschlieçt.

19 Auf die zweite Frage ist somit zu antworten, daç der Begriff "Werktag" in der deutschen Fassung des Artikels 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission als Synonym des Begriffs "Arbeitstag" in der deutschen Fassung des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1182/71 des Rates auszulegen ist und damit die Sonnabende ausschlieçt.

Zur dritten Frage ( Gültigkeit der Verordnung Nr. 387/84 der Kommission über die Aussetzung der Vorausfestsetzung )

20 Die dritte Frage des Verwaltungsgerichts geht im wesentlichen dahin, ob die Verordnung Nr. 387/84 der Kommission über die Aussetzung der Vorausfestsetzung ausreichend begründet ist und, wenn ja, ob die Voraussetzungen gemäç Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates dafür vorlagen, daç die Kommission die Verordnung Nr. 387/84 wirksam erlassen konnte.

21 Das Verwaltungsgericht hält die Begründung der Verordnung Nr. 387/84 für unzureichend. Es weist darauf hin, daç nach Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates, auf den die Verordnung Nr. 387/84 der Kommission gestützt sei, eine Aussetzung der Vorausfestsetzung nur dann erfolgen könne, wenn "bei der Prüfung der Marktlage Schwierigkeiten festgestellt (( werden )), die infolge der Anwendung der Bestimmungen über die Vorausfestsetzung der Erstattung eingetreten sind, oder... derartige Schwierigkeiten einzutreten (( drohen ))". Die Kommission hätte daher, erforderlichenfalls anhand statistischer Angaben, nachweisen müssen, daç auf dem Markt Schwierigkeiten bestanden oder zu entstehen drohten.

22 Die der Verordnung Nr. 387/84 vorangestellte Begründungserwägung hat folgenden Wortlaut : "Der Rindfleischmarkt ist derzeit durch eine Preisunsicherheit gekennzeichnet. Die Senkung der Erstattungen für frisches oder gekühltes Fleisch ab 11. Februar 1984 kann zu spekulativen Vorausfestsetzungen der Erstattungen führen. Es ist daher angezeigt, die Vorausfestsetzung der Erstattungen vorübergehend auszusetzen."

23 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes, bestätigt unter anderem durch das Urteil vom 22. Januar 1986 in der Rechtssache 250/84 ( Eridania, Slg. 1986, 117 ), "muç die durch Artikel 190 EWG-Vertrag vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepaçt sein. Sie muç die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, klar und unzweideutig erkennen lassen, so daç die Betroffenen die Gründe für die erlassene Maçnahme erfahren können und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann. Aus dieser Rechtsprechung... ergibt sich auçerdem, daç nicht verlangt werden kann, daç in der Begründung der Verordnungen die verschiedenen, manchmal sehr zahlreichen und komplexen tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten dargelegt werden, die Gegenstand der Verordnungen sind, wenn sie sich im systematischen Rahmen der Gesamtregelung halten, zu der sie gehören."

24 Die Verordnung Nr. 387/84 erfuellt diese Anforderungen. Die ihr vorangestellte Begründungserwägung legt nämlich die Art der Schwierigkeiten, die den betreffenden Markt bedrohen, d. h. die spekulative Stellung von Anträgen auf Vorausfestsetzung, sowie die Ursache dieser Schwierigkeiten, die in der Senkung der Ausfuhrerstattungen liegt, klar dar. Diese Angaben unterrichten die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer hinreichend über die Gründe für die fragliche Regelung und ermöglichen dem Gerichtshof die Ausübung seiner Kontrolle.

25 Das Verwaltungsgericht möchte auçerdem wissen, ob die Voraussetzungen gemäç Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates dafür, daç die Kommission eine Verordnung wie diejenige erlassen kann, deren Gültigkeit in Frage steht, im vorliegenden Fall vorlagen. Diese Voraussetzungen sind zum einen das Bestehen einer Marktlage, die durch Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Vorausfestsetzung gekennzeichnet ist oder gekennzeichnet zu werden droht, und zum anderen das Vorliegen eines Falles äuçerster Dringlichkeit.

26 Auf eine Frage des Gerichtshofes hat die Kommission mitgeteilt, daç die Gesamtzahl der Tonnen, auf die sich die in der Zeit vom 10. bis 13. Februar 1984 eingereichten Anträge auf Erteilung von Ausfuhrlizenzen mit Vorausfestsetzung bezogen hätten, erheblich höher gewesen sei ( 17 177 Tonnen, davon allein 15 880 Tonnen am 10. Februar 1984 ) als die Zahl der Tonnen, auf die sich die während der entsprechenden vorhergehenden Zeiträume eingereichten Anträge bezogen hätten ( im Durchschnitt zwischen 1 000 und 2 500 Tonnen ).

27 Aus diesen Zahlen ergibt sich, daç die Lage des Rindfleischmarktes im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 387/84, am 15. Februar 1984, tatsächlich durch Schwierigkeiten infolge der Anwendung der Bestimmungen über die Vorausfestsetzung der Erstattung gekennzeichnet war.

28 Um beurteilen zu können, ob ein Fall äuçerster Dringlichkeit im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates vorlag, der die unterbliebene Anhörung des Verwaltungsausschusses rechtfertigte, ist zu prüfen, ob eine Verordnung, die nach dem Verwaltungsausschuçverfahren erlassen worden wäre, rechtzeitig hätte ergehen können, um den auf dem Markt bestehenden Schwierigkeiten zu begegnen.

29 Hierzu hat die Kommission vorgetragen, um die in der Zeit vom 10. bis zum 13. Februar 1984 in ungewöhnlich hoher Zahl eingereichten Anträge auf Vorausfestsetzung ablehnen zu können, sei es unter Berücksichtigung der Wartefrist von fünf Werktagen bis zur Erteilung der Lizenzen erforderlich gewesen, die Vorausfestsetzung ab 17. Februar 1984 auszusetzen. Eine Verordnung, die nach dem Verwaltungsausschuçverfahren erlassen worden wäre, wäre frühestens am 17. Februar im Amtsblatt veröffentlicht worden. Wenn diese Verordnung die Vorausfestsetzung bereits ab dem Tag ihrer Veröffentlichung ausgesetzt hätte, wie es erforderlich gewesen wäre, wäre dies mit einer nicht unbedenklichen Rückwirkung verbunden gewesen. Demgegenüber sei die Verordnung Nr. 387/84, die die Kommission am 15. Februar nach dem Dringlichkeitsverfahren erlassen habe, am 16. Februar im Amtsblatt veröffentlicht worden und habe die Vorausfestsetzung ab 17. Februar aussetzen können, ohne eine nicht unbedenkliche Rückwirkung zu entfalten.

30 In Anbetracht dieser Erklärungen ist festzustellen, daç die Kommission die Verordnung Nr. 387/84 wirksam erlassen konnte, ohne den Verwaltungsausschuç anzuhören.

31 Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, daç die Prüfung der Rechtssache nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 387/84 der Kommission beeinträchtigen könnte.

Zur vierten Frage ( Möglichkeit der rückwirkenden Erteilung der Lizenzen mit Vorausfestsetzung )

32 Die vierte Frage ist für den Fall gestellt worden, daç sich aus der Antwort auf eine der vorhergehenden Fragen ergibt, daç die Firma Moksel Anspruch auf Erteilung der streitigen Lizenzen hatte. Das Verwaltungsgericht fragt in diesem Zusammenhang, ob diese Lizenzen rückwirkend erteilt werden können.

33 Angesichts der Antworten auf die vorhergehenden Fragen braucht die vierte Frage nicht mehr beantwortet zu werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

34 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Erste Kammer )

auf die ihm vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Beschluç vom 22. Januar 1987 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Anträge auf Vorausfestsetzung der Ausfuhrerstattungen gemäç Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung Nr. 885/68 des Rates, die vor einem Zeitraum der Aussetzung der Vorausfestsetzung eingereicht worden sind, über die aber während dieses Zeitraums zu entscheiden ist, sind abzulehnen.

2 ) Der Begriff "Werktag" in der deutschen Fassung des Artikels 8 a Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/80 der Kommission ist als Synonym des Begriffs "Arbeitstag" in der deutschen Fassung des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1182/71 des Rates auszulegen und schlieçt damit die Sonnabende aus.

3 ) Die Prüfung der Rechtssache hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 387/84 der Kommission beeinträchtigen könnte.

Ende der Entscheidung

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