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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 17.09.1987
Aktenzeichen: 70/86
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

DER BEGRIFF "HÖHERE GEWALT" BEZIEHT SICH, ABGESEHEN VON DEN BESONDERHEITEN DER SPEZIFISCHEN BEREICHE, IN DENEN ER VERWENDET WIRD, IM WESENTLICHEN AUF AUSSERHALB DES EINFLUSSES DES BETROFFENEN LIEGENDE UMSTÄNDE, DIE DIE VORNAHME DER FRAGLICHEN HANDLUNG UNMÖGLICH MACHEN. WENNGLEICH ER KEINE ABSOLUTE UNMÖGLICHKEIT VORAUSSETZT, VERLANGT ER DOCH, DASS ES SICH UM AUSSERGEWÖHNLICHE, VOM WILLEN DES BETROFFENEN UNABHÄNGIGE SCHWIERIGKEITEN HANDELT, DIE SELBST BEI BEACHTUNG ALLER ERFORDERLICHEN SORGFALT UNVERMEIDBAR ERSCHEINEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 17. SEPTEMBER 1987. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN REPUBLIK GRIECHENLAND. - VERTRAGSVERLETZUNG - VERSPAETETE ZAHLUNG VON FINANZBETRAEGEN VERZUGSZINSEN. - RECHTSSACHE 70/86.

Entscheidungsgründe:

1 MIT KLAGESCHRIFT, DIE AM 11. MÄRZ 1986 BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN IST, HAT DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEMÄSS ARTIKEL 169 EWG-VERTRAG KLAGE ERHOBEN AUF FESTSTELLUNG, DASS DIE REPUBLIK GRIECHENLAND DADURCH GEGEN IHRE VERPFLICHTUNGEN AUS DEM GEMEINSCHAFTSRECHT VERSTOSSEN HAT, DASS SIE DIE FINANZBEITRAEGE FÜR DEN MONAT JUNI 1983 DEM KONTO DER KOMMISSION VERSPÄTET GUTGESCHRIEBEN HAT UND DASS SIE SICH GEWEIGERT HAT, WEGEN DIESER VERSPÄTETEN GUTSCHRIFT DIE VORGESEHENEN ZINSEN ZU ZAHLEN.

2 NACH ARTIKEL 10 ABSATZ 3 UNTERABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 2891/77 DES RATES VOM 19. DEZEMBER 1977 ZUR DURCHFÜHRUNG DES BESCHLUSSES VOM 21. APRIL 1970 ÜBER DIE ERSETZUNG DER FINANZBEITRAEGE DER MITGLIEDSTAATEN DURCH EIGENE MITTEL DER GEMEINSCHAFTEN ( ABL. L*336, S.*1 ) ERFOLGT "DIE GUTSCHRIFT DER MWST.-EIGENMITTEL ODER GEGEBENENFALLS DER FINANZBEITRAEGE AUF DER GRUNDLAGE DES BSP (( BRUTTOSOZIALPRODUKT ))... AM ERSTEN WERKTAG JEDEN MONATS, UND ZWAR IN HÖHE EINES ZWÖLFTELS DER SICH IN DIESER HINSICHT AUS DEM HAUSHALTSPLAN ERGEBENDEN BETRAEGE ".

3 ARTIKEL 11 DER VERORDNUNG NR. 2891/77 LAUTET : "BEI VERSPÄTETER GUTSCHRIFT AUF DEM IN ARTIKEL 9 ABSATZ 1 GENANNTEN KONTO HAT DER BETREFFENDE MITGLIEDSTAAT ZINSEN ZU ZAHLEN, DEREN SATZ GLEICH DEM HÖCHSTEN AM FÄLLIGKEITSTAG IN DEN MITGLIEDSTAATEN GELTENDEN DISKONTSATZ IST. DIESER SATZ ERHÖHT SICH UM 0,25 PROZENTPUNKTE FÜR JEDEN VERZUGSMONAT. DER ERHÖHTE SATZ FINDET AUF DIE GESAMTE DAUER DES VERZUGS ANWENDUNG."

4 NACHDEM DIE GENERALDIREKTION "HAUSHALT" DER KOMMISSION FESTGESTELLT HATTE, DASS DIE FINANZBEITRAEGE GRIECHENLANDS FÜR JUNI 1983 NICHT AM ERSTEN WERKTAG DIESES MONATS ( 1.*JUNI ), SONDERN ERST ZWEI TAGE SPÄTER, AM 3.*JUNI, DEM KONTO DER KOMMISSION GUTGESCHRIEBEN WORDEN WAREN, FORDERTE SIE DIE REPUBLIK GRIECHENLAND MIT SCHREIBEN VOM 8.*JULI 1983 AUF, DEM KONTO NR. 242174 "KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN - GAO" BEI DER TRAPEZA TIS ELLADOS 1*265*542,18*DR ZINSEN GEMÄSS ARTIKEL 11 DER VERORDNUNG NR. 2891/77 GUTZUSCHREIBEN.

5 DIE GRIECHISCHEN BEHÖRDEN MACHTEN GELTEND, DIE FRAGLICHEN VERZUGSZINSEN SEIEN NICHT GESCHULDET, DA DIE VERZÖGERUNG DER GUTSCHRIFT AUF EINEN GENERALSTREIK DER BANKANGESTELLTEN AM 1. UND 2.*JUNI ZURÜCKZUFÜHREN SEI, BEI DEM ES SICH UM EINEN FALL VON HÖHERER GEWALT HANDELE. DA DIE KOMMISSION DIESE ANSICHT NICHT TEILTE, ÜBERMITTELTE SIE DER GRIECHISCHEN REGIERUNG ZUNÄCHST EIN SCHREIBEN MIT DER AUFFORDERUNG, SICH ZU ÄUSSERN, UND SODANN EINE MIT GRÜNDEN VERSEHENE STELLUNGNAHME. DIE GRIECHISCHE REGIERUNG ERKLÄRTE, DASS SIE IHREN STANDPUNKT AUFRECHTERHALTE. DARAUFHIN HAT DIE KOMMISSION DIE VORLIEGENDE KLAGE ERHOBEN.

6 WEGEN DES SACHVERHALTS UND DES PARTEIVORBRINGENS WIRD AUF DEN SITZUNGSBERICHT VERWIESEN. DER AKTENINHALT IST IM FOLGENDEN NUR INSOWEIT WIEDERGEGEBEN, ALS DIE BEGRÜNDUNG DES URTEILS DIES ERFORDERT.

7 DIE KOMMISSION RÄUMT EIN, DASS DIE VERSPÄTETE GUTSCHRIFT DER FINANZBEITRAEGE FÜR DEN BETREFFENDEN MITGLIEDSTAAT IM FALLE HÖHERER GEWALT NICHT ZUR FOLGE HAT, DASS ER DIE IN ARTIKEL 11 DER VERORDNUNG NR. 2891/77 VORGESEHENEN VERZUGSZINSEN ZAHLEN MUSS. SIE MACHT JEDOCH GELTEND, IM VORLIEGENDEN FALL HABE ES SICH BEI DEM VON DER GRIECHISCHEN REGIERUNG ANGEFÜHRTEN STREIK NICHT UM EINEN AUSSERHALB VON DEREN EINFLUSS LIEGENDEN UMSTAND GEHANDELT; AUCH SEIEN SEINE FOLGEN NICHT UNVERMEIDBAR GEWESEN, WEIL SEINE AUSLÖSUNG IM VORAUS BEKANNT ODER ZUMINDEST VORHERSEHBAR GEWESEN SEI.

8 NACH STÄNDIGER RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES BEZIEHT SICH DER BEGRIFF "HÖHERE GEWALT", ABGESEHEN VON DEN BESONDERHEITEN DER SPEZIFISCHEN BEREICHE, IN DENEN ER VERWENDET WIRD, IM WESENTLICHEN AUF AUSSERHALB DES EINFLUSSES DES BETROFFENEN LIEGENDE UMSTÄNDE, DIE DIE VORNAHME DER FRAGLICHEN HANDLUNG UNMÖGLICH MACHEN. WENNGLEICH ER KEINE ABSOLUTE UNMÖGLICHKEIT VORAUSSETZT, VERLANGT ER DOCH, DASS ES SICH UM AUSSERGEWÖHNLICHE, VOM WILLEN DES BETROFFENEN UNABHÄNGIGE SCHWIERIGKEITEN HANDELT, DIE SELBST BEI BEACHTUNG ALLER ERFORDERLICHEN SORGFALT UNVERMEIDBAR ERSCHEINEN ( SO ZULETZT URTEIL VOM 12. JULI 1984 IN DER RECHTSSACHE 209/83, SLG. 1984, 3089 ).

9 DIESE VORAUSSETZUNGEN SIND IM VORLIEGENDEN FALL NICHT ERFÜLLT. WIE SICH AUS DEN AKTEN ERGIBT, WURDEN NÄMLICH MINDESTENS SEIT DEM 25. MAI IN DER PRESSE STREIKS VERSCHIEDENER BERUFSGRUPPEN, DARUNTER DER BANKANGESTELLTEN, FÜR DEN 26. UND DEN 27. MAI ANGEKÜNDIGT. AM 29. MAI SAH DIE PRESSE DIE FORTSETZUNG DER MOBILISIERUNG DER ARBEITNEHMER VORHER UND BERICHTETE, DASS DIE GEWERKSCHAFTEN FÜR DEN 1. UND 2.*JUNI ZUM STREIK AUFGERUFEN HÄTTEN. DER STREIK, DER AN DIESEN TAGEN TATSÄCHLICH STATTFAND, WAR SOMIT VORHERSEHBAR, SO DASS DIE VERZÖGERUNG DER GUTSCHRIFT DER FRAGLICHEN FINANZBEITRAEGE HÄTTE VERMIEDEN WERDEN KÖNNEN.

10 OHNE DASS GEPRÜFT ZU WERDEN BRAUCHT, OB DIE MITGLIEDSTAATEN IM FALL HÖHERER GEWALT ZUR ZAHLUNG VON ZINSEN NACH ARTIKEL 11 DER VERORDNUNG NR. 2891/77 VERPFLICHTET SIND, IST SOMIT FESTZUSTELLEN, DASS DER VON DER GRIECHISCHEN REGIERUNG ANGEFÜHRTE STREIK NICHT ALS EIN FALL VON HÖHERER GEWALT ANGESEHEN WERDEN KANN.

11 SOMIT IST FESTZUSTELLEN, DASS DIE REPUBLIK GRIECHENLAND DADURCH GEGEN IHRE VERPFLICHTUNGEN AUS DEM EWG-VERTRAG VERSTOSSEN HAT, DASS SIE DIE FINANZBEITRAEGE FÜR DEN MONAT JUNI 1983 DEM KONTO DER KOMMISSION VERSPÄTET GUTGESCHRIEBEN HAT UND DASS SIE DIE ZAHLUNG DER IN ARTIKEL 11 DER VERORDNUNG NR. 2891/77 FÜR DEN FALL DER VERZÖGERUNG DER GUTSCHRIFT VORGESEHENEN ZINSEN VERWEIGERT HAT.

Kostenentscheidung:

KOSTEN

12 NACH ARTIKEL 69 PAR *2 DER VERFAHRENSORDNUNG SIND DER UNTERLIEGENDEN PARTEI DIE KOSTEN AUFZUERLEGEN. DA DIE REPUBLIK GRIECHENLAND MIT IHREM VORBRINGEN UNTERLEGEN IST, SIND IHR DIE KOSTEN AUFZUERLEGEN.

Tenor:

AUS DIESEN GRÜNDEN

HAT

DER GERICHTSHOF

FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1 ) DIE REPUBLIK GRIECHENLAND HAT DADURCH GEGEN IHRE VERPFLICHTUNGEN AUS DEM EWG-VERTRAG VERSTOSSEN, DASS SIE DIE FINANZBEITRAEGE FÜR DEN MONAT JUNI 1983 DEM KONTO DER KOMMISSION VERSPÄTET GUTGESCHRIEBEN HAT UND DASS SIE DIE ZAHLUNG DER IN ARTIKEL 11 DER VERORDNUNG NR. 2891/77 FÜR DEN FALL DER VERZÖGERUNG DER GUTSCHRIFT VORGESEHENEN ZINSEN VERWEIGERT HAT.

2 ) DIE REPUBLIK GRIECHENLAND TRAEGT DIE KOSTEN DES VERFAHRENS.

Ende der Entscheidung

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