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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 24.05.1988
Aktenzeichen: 78/87
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Vorbereitende Maßnahmen, wie die gemäß Artikel 59 Absatz 1 des Statuts getroffene Entscheidung, den Fall eines Beamten vor den Invaliditätsausschuß zu bringen, sind nicht im Klagewege anfechtbar. Der Kläger kann nur mit einer Klage, die gegen die das Verfahren abschließende Verfügung gerichtet ist, die Rechtswidrigkeit der dieser Verfügung vorausgehenden und mit ihr in einem engen Zusammenhang stehenden Maßnahmen geltend machen.


BESCHLUSS DER DRITTEN KAMMER VOM 24. MAI 1988. - GIOVANNI SANTARELLI GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - ZULAESSIGKEIT. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 78/87 UND 220/87.

Entscheidungsgründe:

1 Der Kläger, ein Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in der Besoldungsgruppe B 2, hat mit Klageschrift, die am 13. März 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 91 Absatz 4 des Beamtenstatuts ( im folgenden : Statut ) zwei Klagen erhoben auf Aufhebung der Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 27. Oktober 1986, den Invaliditätsausschuß mit seinem Fall zu befassen, sowie auf Aufhebung der sich aus dieser Entscheidung ergebenden Konsequenzen, insbesondere der Verfügung vom 24. Februar 1987, durch die er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurde.

2 Mit Klageschrift, die am 16. Juli 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat der Kläger ferner gemäß Artikel 91 Absatz 2 des Statuts eine Klage erhoben, die ebenfalls auf die Aufhebung der Entscheidung vom 27. Oktober 1986 und der sich aus dieser Entscheidung ergebenden nachfolgenden Maßnahmen gerichtet ist.

3 Aus den Akten ergibt sich, daß die Anstellungsbehörde aufgrund der Feststellung, daß der Kläger zwischen dem 1. Juni 1981 und dem 31. Mai 1984 an insgesamt 390 Tagen aus gesundheitlichen Gründen dem Dienst ferngeblieben war, gemäß Artikel 59 Absatz 1 Unterabsatz 4 des Statuts beschloß, seinen Fall vor den Invaliditätsausschuß zu bringen. Dieser Ausschuß erklärte, daß der Kläger in der Lage sei, seine Aufgaben wahrzunehmen, behielt sich jedoch "für den Fall, daß sich sein Gesundheitszustand nicht endgültig stabilisiert hat", das Recht zu einer erneuten Überprüfung Ende 1985 vor. Seine Stellungnahme wurde dem Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 1984 mitgeteilt.

4 Nachdem die Anstellungsbehörde festgestellt hatte, daß der Kläger in der Zeit zwischen dem 28. September 1984 und dem 27. Oktober 1986 erneut an 211 Tagen aus gesundheitlichen Gründen dem Dienst ferngeblieben war, beschloß sie am 27. Oktober 1986, den Invaliditätsausschuß erneut zu befassen, damit dieser sich endgültig zur Fähigkeit des Klägers, seine Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen, äussern sollte.

5 Mit Schreiben vom 16. Januar 1987 reichte der Kläger gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts eine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 27. Oktober 1986 ein, in der er darlegte, daß die Anstellungsbehörde die in Artikel 59 Absatz 1 des Statuts für die Befassung des Invaliditätsausschusses vorgesehene zwölfmonatige Dauer des Fernbleibens vom Dienst falsch berechnet habe.

6 Unter Hinweis auf die Stellungnahme des am 6. Januar 1987 zusammengetretenen Invaliditätsausschusses, wonach der Kläger dauernd voll dienstunfähig geworden ist und ein Amt seiner Laufbahn nicht wahrnehmen kann, versetzte die Anstellungsbehörde den Kläger durch Verfügung vom 24. Februar 1987 gemäß Artikel 53 des Statuts in den Ruhestand.

7 Mit Schriftsätzen, die am 8. Mai 1987 und am 2. Oktober 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, hat die Kommission gemäß Artikel 91 § 1 der Verfahrensordnung zwei Einreden der Unzulässigkeit erhoben.

8 Mit Beschluß vom 4. Mai 1988 hat die Dritte Kammer des Gerichtshofes die beiden Rechtssachen verbunden. Da die schriftlichen Stellungnahmen alle Elemente enthalten, die dem Gerichtshof eine Entscheidung über die Zulässigkeit der beiden Klagen ermöglichen, war eine mündliche Anhörung der Parteien nicht erforderlich.

9 Die Kommission bestreitet die Zulässigkeit der beiden Klagen unter Hinweis darauf, daß die in Artikel 59 Absatz 1 des Statuts aufgestellten Voraussetzungen für die Befassung des Invaliditätsausschusses im vorliegenden Fall erfuellt seien und daß diese Maßnahme jedenfalls nur eine die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand vorbereitende Maßnahme sei und folglich keine den Kläger beschwerende Maßnahme darstellen könne, die mit einer Beschwerde und einer Klage angegriffen werden könne, die von den gegen die Hauptentscheidung über die Versetzung in den Ruhestand gegebenen Rechtsbehelfen unabhängig seien.

10 Den Antrag, die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand aufzuheben, hält die Kommission ebenfalls für unzulässig, da der Kläger entgegen Artikel 90 Absatz 2 des Statuts keine vorherige Beschwerde bei der Anstellungsbehörde eingereicht habe. Darüber hinaus enthielten die Klageschriften keinerlei materielles oder formelles Vorbringen zu dieser Entscheidung.

11 In der ersten Rechtssache ( 78/87 ) macht die Kommission ausserdem geltend, die Klage sei unzulässig, da ihr entgegen den Anforderungen des Artikels 91 Absatz 4 des Statuts kein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs des angefochtenen Verwaltungsakts oder der vorläufigen Maßnahmen beigefügt worden sei.

12 Der Kläger trägt vor, daß die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 27. Oktober 1986, den Invaliditätsausschuß mit seinem Fall zu befassen, gegen Artikel 59 Absatz 1 des Statuts verstosse, da die Anstellungsbehörde die zwölfmonatige Dauer seines Krankheitsurlaubs während des Zeitraums von drei Jahren vor der Befassung dieses Ausschusses falsch berechnet habe. Er begründet sein Interesse, gegen diese Entscheidung zu klagen, damit, daß diese, weit davon entfernt, eine rein vorbereitende Maßnahme zu sein, die Ursache des Verfahrens sei, das zu der Versetzung in den Ruhestand geführt habe, und daß ihre Rechtswidrigkeit notwendigerweise auch die Rechtswidrigkeit aller zu ihrer Durchführung ergriffenen Maßnahmen zur Folge habe. Ausserdem unterliege eine vorbereitende Maßnahme nur dann keiner Nachprüfung auf ihre Rechtmässigkeit, wenn sie die Entscheidungsfreiheit über die weitere Sachbehandlung unberührt lasse. Im vorliegenden Fall habe die Anstellungsbehörde aber nur eine Entscheidung im Sinne der Stellungnahmen des Invaliditätsausschusses treffen können.

13 Es ist darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung, den Fall des Klägers vor den Invaliditätsausschuß zu bringen, eine vorbereitende Maßnahme ist, die sich in das Verfahren der Versetzung in den Ruhestand einfügt. Vorbereitende Maßnahmen sind jedoch nicht im Klagewege anfechtbar ( siehe unter anderem den Beschluß des Gerichtshofes vom 18. November 1980 in der Rechtssache 141/80, Macevicius/Europäisches Parlament, Slg. 1980, 3509 ). Der Kläger kann nur mit einer Klage, die gegen die dieses Verfahren abschließende Verfügung gerichtet ist, die Rechtswidrigkeit der dieser Verfügung vorausgehenden und mit ihr in einem engen Zusammenhang stehenden Maßnahmen geltend machen ( siehe das Urteil vom 14. Dezember 1966 in der Rechtssache 3/66, Alfieri/Europäisches Parlament, Slg. 1966, 653 ).

14 Schließlich ist festzustellen, daß der Kläger keine Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts gegen die Verfügung über seine Versetzung in den Ruhestand eingereicht hat.

15 Nach alledem sind die Klagen als unzulässig abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

16 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Dritte Kammer )

beschlossen :

1 ) Die Klagen werden als unzulässig abgewiesen.

2 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 24. Mai 1988.

Ende der Entscheidung

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