Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: C-10/06 P
Rechtsgebiete: Statut der Beamten


Vorschriften:

Statut der Beamten Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

29. November 2007(*)

"Rechtsmittel - Beamte - Dienstbezüge - Auslandszulage - Voraussetzung gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts - Begriff 'Dienst für einen anderen Staat'"

Parteien:

In der Rechtssache C-10/06 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 5. Januar 2006,

Rafael de Bustamante Tello, Prozessbevollmächtigte: R. García-Gallardo Gil-Fournier, D. Domínguez Pérez und A. Sayagués Torres, abogados,

Rechtsmittelführer,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Simm und D. Canga Fano als Bevollmächtigte,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und T. von Danwitz,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Juni 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr de Bustamante Tello die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005, de Bustamante Tello/Rat (T-368/03, Slg. ÖD 2005, I-A-321 und II-1439, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung des Rates der Europäischen Union vom 28. Juli 2003 über die Versagung der Auslandszulage nach Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) und der damit verbundenen Zulagen (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Nach Art. 69 Satz 1 des Statuts in der zum Zeitpunkt der streitigen Entscheidung geltenden Fassung beträgt die Auslandszulage 16 v. H. des Gesamtbetrags des Grundgehalts sowie der dem Beamten zustehenden Haushaltszulage und der ihm zustehenden Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder.

3 Nach Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts wird die Auslandszulage gewährt:

"a) Beamten, die

- die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, nicht besitzen und nicht besessen haben und

- während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeübt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben. Bei Anwendung dieser Vorschrift bleibt die Lage unberücksichtigt, die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt.

..."

Sachverhalt

4 Das Gericht hat den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt in den Randnrn. 3 bis 9 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammengefasst:

"3 Der Kläger, der die spanische Staatsangehörigkeit besitzt, übte seine Berufstätigkeit vom 2. Dezember 1991 bis zum 31. Juli 1996 in Brüssel im Dienst des 'Instituto de Fomento de la Región de Murcia' (Institut für die Entwicklung der Region Murcia, im Folgenden: INFO) aus, eine Einrichtung des öffentlichen Rechts der Autonomen Gemeinschaft der Region Murcia (Comunidad Autónoma de la Región de Murcia), deren Büro in Brüssel u. a. damit betraut ist, die Gemeinschaftsgesetzgebung und -programme zu verfolgen, die für diese Autonome Gemeinschaft von Interesse sind. Vom 2. Dezember 1991 bis zum 31. Oktober 1993 arbeitete er auf der Grundlage eines Praktikantenvertrags und vom 1. November 1993 bis August 1996 auf der Grundlage eines unbefristeten Arbeitsvertrags für das INFO.

4 Von August 1996 bis Dezember 2002 arbeitete der Kläger weiterhin auf der Grundlage des mit dem INFO geschlossenen unbefristeten Vertrags in Brüssel als Direktor der Oficina de la Comunidad Autónoma de la Región de Murcia ante las Comunidades europeas (Büro der Autonomen Gemeinschaft der Region Murcia bei den Europäischen Gemeinschaften, im Folgenden: ORM), einer Verwaltungseinrichtung der Autonomen Gemeinschaft der Region Murcia, die mit der Wahrnehmung von deren Interessen bei den Gemeinschaftsorganen betraut ist.

5 Der Kläger räumt ein, dass er in der Zeit, in der er für das INFO und die ORM tätig war, aus beruflichen Gründen in Brüssel gewohnt habe. Die Parteien streiten jedoch über den Ort seines ständigen Wohnsitzes und über den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in diesem Zeitraum.

6 Am 1. Januar 2003 trat der Kläger als Beamter in den Dienst des Rates. Der für die Gewährung der Auslandszulage maßgebliche Fünfjahreszeitraum im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts, der sogenannte 'Bezugszeitraum', erstreckte sich in seinem Fall vom 1. Juli 1997 bis zum 30. Juni 2002.

7 Am 24. Januar 2003 übermittelte ihm die Direktion 'Personal und Verwaltung' des Rates seinen zum Dienstantritt angelegten Personalbogen. Darin war vermerkt, dass er weder auf die Auslandszulage noch auf die damit verbundenen Zulagen Anspruch habe.

8 Am 10. April 2003 legte der Kläger Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts gegen diesen Personalbogen ein.

9 Mit Schreiben vom 28. Juli 2003 erließ der Stellvertretende Generalsekretär des Rates eine Entscheidung, mit der die Beschwerde des Klägers ausdrücklich abgelehnt wurde. Darin wird ausgeführt, dass die Auslandszulage und die damit verbundenen Zulagen dem Kläger deshalb versagt worden seien, weil er im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts während des sechs Monate vor seinem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren seinen ständigen Wohnsitz in Brüssel gehabt und dort seine ständige Berufstätigkeit ausgeübt habe. Außerdem war die Anstellungsbehörde der Ansicht, dass die Berufstätigkeit des Klägers für das INFO und die ORM nicht als 'Dienst für einen anderen Staat' im Sinne der in diesem Art. 4 geregelten Ausnahme angesehen werden könne und die betreffenden Zeiträume deshalb nicht neutralisiert werden könnten."

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

5 Mit Klageschrift, die am 4. November 2003 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

6 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die Klage abgewiesen, die der Rechtsmittelführer auf drei Klagegründe - Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs VII des Statuts, fehlerhafte Tatsachenwürdigung und Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz - gestützt hatte.

7 Zum ersten Klagegrund hat das Gericht in Randnr. 27 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass sich die Frage stelle, ob die Tätigkeit des Rechtsmittelführers in Brüssel für die ORM als Dienst für einen anderen Staat im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII zu gelten habe.

8 Zur Begründung der Zurückweisung dieses Klagegrundes hat das Gericht zunächst in Randnr. 30 des angefochtenen Urteils daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus der allgemeinen Systematik des EG-Vertrags und des EAG-Vertrags eindeutig hervorgehe, dass der Begriff des Mitgliedstaats im Sinne der institutionellen Bestimmungen nur die Regierungsbehörden der Mitgliedstaaten erfasse und nicht auf die Regierungen von Regionen oder Autonomen Gemeinschaften erstreckt werden könne, welchen Umfang die ihnen zuerkannten Befugnisse auch haben möchten.

9 In Randnr. 31 des angefochtenen Urteils hat es dann im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bestimmungen des Statuts durch eine präzise Ausdrucksweise gekennzeichnet seien, die ihre analoge Anwendung auf nicht ausdrücklich geregelte Fälle ausschließe. Schließlich hat es in Randnr. 32 des genannten Urteils darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber den Ausdruck "Staat" gewählt habe, obwohl es bereits bei Erlass des Statuts Mitgliedstaaten mit föderaler oder regionaler Struktur wie etwa die Bundesrepublik Deutschland gegeben habe und nicht nur Staaten mit zentralistischer Struktur. Daraus hat es gefolgert, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber, wenn er politische Untereinheiten oder Gebietskörperschaften in den betreffenden Artikel hätte aufnehmen wollen, dies ausdrücklich getan hätte.

10 Das Gericht hat daraus in Randnr. 33 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass der Begriff "Staat" in Art. 4 des Anhangs VII des Statuts nur auf den Staat als juristische Person und einheitliches Völkerrechtssubjekt sowie auf seine Regierungsorgane abstelle.

11 In Randnr. 34 des angefochtenen Urteils hat es daraus abgeleitet, dass die Wendung "Dienst für einen anderen Staat" in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts dahin auszulegen sei, dass sie sich nicht auf den Dienst für Regierungen der politischen Untereinheiten der Staaten beziehe.

12 In den Randnrn. 36 bis 43 des angefochtenen Urteils hat das Gericht auch weitere Argumente des Rechtsmittelführers zurückgewiesen.

13 In Randnr. 36 ist es dem Vorbringen des Rechtsmittelführers nicht gefolgt, dass es im Gemeinschaftsrecht einen autonomen Staatsbegriff gebe, der die dezentralisierten Einheiten umfasse. In den Randnrn. 37 und 38 ist es den Argumenten entgegengetreten, die auf die eigenen Zuständigkeiten der Autonomen Gemeinschaften in der spanischen Rechtsordnung und den Wortlaut einer Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts vom 26. Mai 1994 gestützt waren. In den Randnrn. 39 bis 41 ist es den Argumenten nicht gefolgt, dass der Rechtsmittelführer demselben Krankenversicherungssystem und derselben Besteuerung unterlegen habe wie die Bediensteten der Ständigen Vertretung des Königreichs Spanien bei der Europäischen Union in Brüssel. In den Randnrn. 42 und 43 schließlich hat es das auf die Beteiligung der Vertreter der Autonomen Gemeinschaften an den Beratenden Ausschüssen der Kommission gestützte Vorbringen des Rechtsmittelführers zurückgewiesen.

14 Zur Begründung der Zurückweisung des zweiten, auf eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung des Rates gestützten Klagegrundes hat das Gericht in Randnr. 63 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Rechtsmittelführer im Bezugszeitraum ständig in Brüssel gewohnt und seine hauptberufliche Tätigkeit dort ausgeübt habe.

15 Schließlich hat das Gericht in den Randnrn. 71 bis 74 des angefochtenen Urteils entschieden, dass dem dritten, auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Klagegrund des Rechtsmittelführers kein Erfolg beschieden sein könne, weil ein Verstoß gegen diesen Grundsatz nicht nachgewiesen worden sei.

16 Den Antrag auf Gewährung der mit der Auslandszulage verbundenen Zulagen hat das Gericht in Randnr. 76 des angefochtenen Urteils unter Hinweis auf die zuvor getroffene Feststellung, dass der Rechtsmittelführer keinen Anspruch auf die Auslandszulage habe, zurückgewiesen.

Die Rechtsmittelanträge der Verfahrensbeteiligten

17 Der Rechtsmittelführer beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und

- dem Rat die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

18 Der Rat beantragt,

- das Rechtsmittel als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen und

- dem Rechtsmittelführer die Kosten des vorliegenden Rechtszugs aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

19 Mit seinem einzigen Rechtsmittelgrund rügt der Rechtsmittelführer, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es die Wendung "Lage ..., die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat ... ergibt" in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts falsch ausgelegt habe. Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile.

20 Der Rechtsmittelführer macht erstens geltend, das Gericht habe die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts vorgesehene Ausnahme eng ausgelegt. Damit sei es aber von seiner früheren Rechtsprechung, und zwar konkret von seinem Urteil vom 30. März 1993, Vardakas/Kommission (T-4/92, Slg. 1993, II-357, Randnr. 34), abgewichen, in dem es entschieden habe, dass diese Bestimmung als Ausnahme von einer Ausnahme weit auszulegen sei.

21 Zweitens liege der Grund für diese Ausnahme darin, dass bei den von ihr erfassten Personen aufgrund der zeitlichen Begrenztheit ihrer Abordnung in den Dienststaat nicht angenommen werden könne, dass sie ein dauerhaftes Band zu diesem Staat geknüpft hätten.

22 Durch den Ausschluss des Dienstes für den betreffenden Mitgliedstaat, der über die Autonomen Gemeinschaften geleistet werde, vom Anwendungsbereich dieser Ausnahme werde aber im angefochtenen Urteil der Grund für diese Bestimmung außer Acht gelassen und außerdem eine Diskriminierung eingeführt zwischen denjenigen Beamten, die den Dienst für diesen Staat im Rahmen einer Ständigen Vertretung über die Zentralverwaltung geleistet hätten, denen der Anspruch auf die Auslandszulage zuerkannt werde (Urteil des Gerichts vom 13. September 2005, Hosman-Chevalier/Kommission, T-72/04, Slg. 2005, II-3265, Randnr. 40), und den Beamten, die diesen Dienst über die Verwaltung einer Autonomen Gemeinschaft geleistet hätten. In beiden Fällen habe der Beamte nämlich vor seinem Eintritt in den Dienst der Gemeinschaften aufgrund der zeitlichen Begrenztheit seiner Abordnung in den Dienststaat kein dauerhaftes Band zu diesem Staat geknüpft. Worauf es letztlich ankomme, sei, ob das Band, das der Beamte zu seinem Dienststaat geknüpft habe, dauerhaft sei oder nicht.

23 Diese weite Auslegung führe schließlich entgegen den Ausführungen des Gerichts in Randnr. 33 des angefochtenen Urteils nicht dazu, dass alle öffentlichen Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit als "Staat" angesehen würden. Von einer solchen Auslegung würden nur die Einrichtungen erfasst, die - wie im Fall der Autonomen Gemeinschaften - über Befugnisse auf gemeinschaftlichem Gebiet verfügten, und sie habe den Vorteil, mit anderen Bestimmungen des EG-Vertrags wie denjenigen über die staatlichen Beihilfen oder die öffentlichen Aufträge in Einklang zu stehen.

24 In seiner Rechtsmittelbeantwortung hält der Rat das Rechtsmittel in erster Linie für unzulässig und macht dafür geltend, dass der Rechtsmittelführer die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt werde, und die konkreten rechtlichen Argumente, auf die dieser Antrag gestützt werde, nicht genau bezeichne. Er wiederhole nur die vor dem Gericht formulierten Klagegründe und Argumente und ziele damit auf eine bloße nochmalige Prüfung der erstinstanzlichen Klage ab.

25 Was die Begründetheit betrifft, führt der Rat erstens zu der auf die enge Auslegung der Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts und die Verkennung der Position des Gerichts im Urteil Vardakas/Kommission gestützten Rüge des Rechtsmittelführers aus, dass dieses Urteil losgelöst von seinem Kontext und im Kontrast zu einer ständigen Rechtsprechung geltend gemacht werde, wonach die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, durch die Ansprüche auf Geldleistungen begründet würden, eng auszulegen seien (Urteil des Gerichts vom 30. November 1994, Dornonville de la Cour/Kommission, T-498/93, Slg. ÖD 1994, I-A-257 und II-813, Randnr. 38).

26 Außerdem stehe die vom Rechtsmittelführer vertretene Auslegung der Wendung des Dienstes für einen anderen Staat im Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach der Begriff des Mitgliedstaats im Sinne der institutionellen Bestimmungen nur die Regierungsbehörden der Mitgliedstaaten erfasse und nicht auf die Regierungen von Regionen oder Autonomen Gemeinschaften erstreckt werden könne, welchen Umfang die ihnen zuerkannten Befugnisse auch haben möchten. Andernfalls würde das in den Verträgen vorgesehene institutionelle Gleichgewicht beeinträchtigt.

27 Zweitens macht der Rat in Bezug auf die behauptete Verkennung der ratio legis und des Kontextes von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts geltend, dass die Position des Gerichts völlig mit dem in den Verträgen vorgesehenen institutionellen Gleichgewicht in Einklang stehe. Im Gegensatz dazu würde sich nach der Argumentation des Rechtsmittelführers der Staatsbegriff nicht nur auf die Autonomen Gemeinschaften oder sonstige ähnliche regionale Behörden erstrecken, sondern auch auf die kommunalen oder lokalen Behörden sowie auf öffentliche Unternehmen, und zwar innerhalb schwer absehbarer Grenzen.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zur Zulässigkeit

28 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist ein Rechtsmittel unzulässig, wenn es sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente zu wiederholen oder wörtlich wiederzugeben, aber überhaupt keine Ausführungen speziell zur Bezeichnung des Rechtsfehlers enthält, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll. Jedoch können im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn der Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte nämlich ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, so würde dies dem Rechtsmittelverfahren einen Teil seiner Bedeutung nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C-229/05 P, Slg. 2007, I-439, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29 Im vorliegenden Fall geht aus den Randnrn. 19 bis 23 des vorliegenden Urteils hervor, dass das Rechtsmittel keine bloße wörtliche Wiedergabe der im ersten Rechtszug vorgebrachten Klagegründe und Argumente darstellt und dass der Rechtsmittelführer die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils sowie die Argumente, weshalb er die rechtliche Würdigung durch das Gericht für fehlerhaft hält, genau bezeichnet hat.

30 Mit den beiden Teilen seines einzigen Rechtsmittelgrundes zielt der Rechtsmittelführer nämlich darauf ab, die Würdigung in Frage zu stellen, die das Gericht im Hinblick auf die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts geregelte Ausnahme vorgenommen hat, die es unter Missachtung sowohl ihrer ratio legis als auch ihres Kontextes eng ausgelegt haben soll.

31 Daher greift die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit nicht durch, und die Begründetheit des Rechtsmittels ist zu prüfen.

Zur Begründetheit

32 Die Entscheidung über den vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Rechtsmittelgrund hängt davon ab, ob das Gericht die Wendung "Dienst für einen anderen Staat" in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts rechtsfehlerhaft ausgelegt hat.

33 Die Auslandszulage nach Art. 69 des Statuts, die nach den Modalitäten des Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts gewährt wird, der die Wendung "Dienst für einen anderen Staat" enthält, soll nach ständiger Rechtsprechung die besonderen Belastungen und Nachteile ausgleichen, die der Dienstantritt bei den Gemeinschaften für die Beamten mit sich bringt, die hierdurch gezwungen sind, von ihrem Wohnstaat in den Dienststaat umzuziehen und sich in eine neue Umgebung zu integrieren. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage vorliegen, hängt auch von der subjektiven Situation des Beamten ab, d. h. vom Grad seiner Integration in die neue Umgebung, wie er sich beispielsweise aus seinem ständigen Wohnsitz oder der Ausübung einer hauptberuflichen Tätigkeit ergibt (vgl. Urteile vom 15. September 1994, Magdalena Fernández/Kommission, C-452/93 P, Slg. 1994, I-4295, Randnr. 20, und vom 21. Juni 2007, Kommission/Hosman-Chevalier, C-424/05 P, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 35).

34 Durch die Gewährung der Auslandszulage sollen somit die faktischen Ungleichheiten ausgeglichen werden, die zwischen Beamten, die in die Gesellschaft des Dienststaats integriert sind, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, bestehen (Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 36).

35 In einer solchen Auslandssituation im Sinne der Auslandszulage befindet sich auch ein Beamter, der zwar während eines sechs Monate vor seinem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren im europäischen Hoheitsgebiet des Staates, in dem sein Dienstort liegt, seinen Wohnsitz gehabt oder eine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat, aber im Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation gestanden hat (Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 37).

36 Der Dienst "für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation" hat nämlich zur Folge, dass das spezifische Band des Betreffenden zu diesem anderen Staat oder dieser internationalen Organisation bestehen bleibt und so verhindert, dass ein dauerhaftes Band zum Dienststaat geknüpft wird und es dadurch zu einer hinreichenden Integration des Betreffenden in die Gesellschaft dieses Staates kommt (Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 38).

37 Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts ist nicht zu entnehmen, dass der Dienst "für einen anderen Staat" zwangsläufig ein Dienst für einen Mitgliedstaat der Europäischen Union sein müsste. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der Praxis die späteren Unionsbeamten ihren Dienst in den meisten Fällen für einen Mitgliedstaat und nicht für einen Drittstaat ausüben.

38 Da es auch um die Drittstaaten geht, ist für die Auslegung des Begriffs "Staat" im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts das Völkerrecht heranzuziehen, das die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten regelt.

39 Auch wenn sich die innerstaatliche Kompetenzverteilung je nach dem institutionellen Aufbau der einzelnen Staaten unterscheidet, ist unter einem Staat im Völkerrecht ein einheitliches Rechtssubjekt zu verstehen. Bei Zugrundelegung dieser Konzeption ist es erforderlich, dass der Staat bei den anderen Staaten und den internationalen Organisationen durch ein einheitliches System der diplomatischen Vertretung vertreten wird, das ein Reflex der Einheitlichkeit des Staates auf internationaler Ebene ist.

40 Der Gerichtshof hat insoweit bereits entschieden, dass zwar nicht nur dann davon ausgegangen werden kann, dass der betreffende Beamte im Dienst für "einen anderen Staat" gestanden hat, wenn er bei der Zentralverwaltung dieses anderen Staates beschäftigt war, dass aber seine funktionelle Eingliederung in die Ständige Vertretung dieses Staates ein entscheidender Gesichtspunkt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Hosman-Chevalier, Randnr. 42).

41 In Randnr. 43 des Urteils Kommission/Hosman-Chevalier hat der Gerichtshof nämlich ausgeführt, dass der besondere Status der betreffenden Person als Mitglied des Personals einer Ständigen Vertretung ihr spezifisches Band zu dem fraglichen Mitgliedstaat begründet habe. Dieser privilegierte Status, der es ihr ermöglicht habe, in den Genuss verschiedener Vorrechte und Befreiungen nach dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen zu gelangen, errichte als solcher ein Hindernis dafür, dass sie ein dauerhaftes Band zum Dienststaat knüpfen und sich damit hinreichend in die Gesellschaft dieses Staates integrieren könne.

42 Die vorstehenden Ausführungen finden im Übrigen Bestätigung in einem damit in Einklang stehenden Argument, das sich aus einem der Aktenstücke ergibt. Das Königreich Spanien hat nämlich auf die im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellte Frage des Gerichts insoweit unwidersprochen erklärt, dass die Beamten aufgrund ihrer Eingliederung in die spanische Ständige Vertretung und ihrer Akkreditierung bei den belgischen Behörden ihren gesetzlichen Wohnsitz in ihrem Herkunftsmitgliedstaat beibehielten und die zuständigen Behörden sie, da sie bei den Gemeinden des Königreichs Belgien nicht gemeldet seien, nicht so behandelten, als hätten sie ihren Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat.

43 Auch solche Umstände sind aber geeignet, zu verhindern, dass sich diese Beamten hinreichend in den Dienstmitgliedstaat integrieren, und können daher dazu beitragen, dass sich die Beamten in einer Auslandssituation im Sinne der Auslandszulage befinden.

44 Der Rechtsmittelführer rügt insoweit, wie in Randnr. 22 des vorliegenden Urteils erwähnt, dass das Gericht eine Diskriminierung einführe zwischen denjenigen Beamten, die den Dienst für den Staat im Rahmen einer Ständigen Vertretung über die Zentralverwaltung geleistet hätten, denen der Anspruch auf die Auslandszulage zuerkannt werde, und den Beamten, die einen solchen Dienst über die Verwaltung einer Autonomen Gemeinschaft geleistet hätten.

45 Die Frage, ob der Dienst für den Staat über dessen Zentralverwaltung oder über die Verwaltung einer Autonomen Gemeinschaft erbracht wurde, ist jedoch entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers nicht das für die Gewährung der Auslandszulage maßgeblich zu berücksichtigende Abgrenzungskriterium.

46 Sowohl bei den Bediensteten, die den Dienst für den Staat über die Zentralverwaltung erbringen, als auch bei denjenigen, die für eine Autonome Gemeinschaft über deren Verwaltung Dienst leisten, ist nämlich davon auszugehen, dass sie sich in einer Auslandssituation im Sinne der Auslandszulage nach Art. 4 Abs. 1 des Anhangs VII des Statuts befinden, vorausgesetzt allerdings, dass die Bediensteten förmlich in die Ständige Vertretung dieses Staates eingegliedert sind.

47 Im vorliegenden Fall steht aber fest, dass der Rechtsmittelführer im Bezugszeitraum nicht im Dienst der spanischen Zentralverwaltung stand und auch nicht förmlich in die Ständige Vertretung des Königreichs Spanien bei der Europäischen Union eingegliedert war.

48 Unter diesen Umständen ist das auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützte Vorbringen des Rechtsmittelführers zurückzuweisen.

49 Außerdem ist beispielsweise darauf hinzuweisen, dass nach der am 9. Dezember 2004 von der spanischen Regierung im Rahmen der Conferencia para Asuntos con las Comunidades Europeas erlassenen Regelung über die Abteilung für Angelegenheiten der Autonomen Gemeinschaften in der Ständigen Vertretung des Königreichs Spanien bei der Europäischen Union und über die Beteiligung der Autonomen Gemeinschaften an den Arbeitsgruppen des Rates der Europäischen Union - auch wenn es diese Regelung in dem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebenden Zeitraum noch nicht gab und sie deshalb auf ihn keine Anwendung findet - in Spanien bei der genannten Ständigen Vertretung mindestens zwei Stellen für Berater in den autonomen Angelegenheiten mit Beamten der Autonomen Gemeinschaften besetzt werden, die auf innerstaatlicher Ebene über Kompetenzen verfügen, aber in die Ständige Vertretung eingegliedert sind.

50 Da also für die Auslegung der Wendung "Dienst für einen anderen Staat" in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich des Anhangs VII des Statuts allein die Tatsache, dass der Dienst bei der Ständigen Vertretung eines Staates ausgeübt wird, relevant ist, hat das Gericht die betreffende Wendung in Randnr. 34 des angefochtenen Urteils somit rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass sie sich nicht auf den Dienst für die Regierungen der politischen Untereinheiten der Staaten bezieht.

51 Aus alledem folgt, dass das Rechtsmittel zurückzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

52 Nach Art. 69 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 70 der Verfahrensordnung tragen in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst. Nach Art. 122 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verfahrensordnung findet jedoch Art. 70 keine Anwendung, wenn das Rechtsmittel von einem Beamten oder sonstigen Bediensteten eines Organs gegen dieses eingelegt worden ist. Da der Rechtsmittelführer mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag des Rates die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Herr de Bustamante Tello trägt die Kosten.

Ende der Entscheidung

Zurück