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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 20.01.2005
Aktenzeichen: C-101/04
Rechtsgebiete: Königlichen Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967, Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967, Verordnung (EWG) Nr. 1408/71


Vorschriften:

Königlichen Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 Art. 22
Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967Art. 56
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 4 Abs. 1 Buchst. c
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 45 Abs. 6 VO Nr. 1408/71
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 45 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 71 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 20. Januar 2005. - Roger Noteboom gegen Rijksdienst voor Pensioenen. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Arbeidsrechtbank Gent - Belgien. - Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer - Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 - Leistungen bei Alter - Urlaubsgeld für Empfänger einer Altersrente - Arbeitsloser Grenzgänger, der Leistungsempfänger eines Rentensystems wird. - Rechtssache C-101/04.

Parteien:

In der Rechtssache C-101/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Arbeidsrechtbank Gent (Belgien) mit Entscheidung vom

17. Februar 2004

, beim Gerichtshof eingegangen am

26. Februar 2004

, in dem Verfahren

Roger Noteboom

gegen

Rijksdienst voor Pensioenen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues und E. Levits,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin als Bevollmächtigten,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 (ABl. L 209, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Noteboom und dem Rijksdienst voor Pensioenen (im Folgenden: Rijksdienst), einer belgischen Einrichtung der sozialen Sicherheit, über ein Urlaubsgeld, das Rentenempfängern gewährt wird.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

3. Artikel 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

Für die Anwendung dieser Verordnung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

...

t) Leistungen und Renten : sämtliche Leistungen und Renten einschließlich aller ihrer Teile aus öffentlichen Mitteln, aller Zuschläge, Anpassungsbeträge und Zulagen, soweit Titel III nichts anderes vorsieht; ferner die Kapitalabfindungen, die an die Stelle der Renten treten können, sowie Beitragserstattungen;

...

4. Artikel 4 Absatz 1 dieser Verordnung regelt:

Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die folgende Leistungsarten betreffen:

...

c) Leistungen bei Alter,

...

5. Nach Artikel 45 in Titel III Kapitel 3, Alter und Tod (Renten), der Verordnung Nr. 1408/71 gilt der Grundsatz, dass für den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs die nach den Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten zusammengerechnet werden.

6. Artikel 45 Absätze 1 und 6 bestimmt:

(1) Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Anspruchs auf die Leistungen eines Systems, das kein Sondersystem im Sinne des Absatzes 2 oder 3 ist, davon abhängig, dass Versicherungs oder Wohnzeiten zurückgelegt worden sind, berücksichtigt der zuständige Träger dieses Mitgliedstaats, soweit erforderlich, die nach den Rechtsvorschriften jedes anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten; dabei ist unwesentlich, ob diese in einem allgemeinen oder in einem Sondersystem, in einem System für Arbeitnehmer oder in einem System für Selbständige zurückgelegt worden sind. Zu diesem Zweck berücksichtigt er diese Zeiten, als ob es sich um nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegte Zeiten handelte.

...

(6) Zeiten der Vollarbeitslosigkeit, während deren der Arbeitnehmer Leistungen nach Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a) Ziffer ii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) erster Satz bezieht, werden vom zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet der Arbeitnehmer wohnt, gemäß den von diesem Träger anzuwendenden Rechtsvorschriften berücksichtigt, als ob er während seiner letzten Beschäftigung diesen Rechtsvorschriften unterlegen hätte.

...

Können im Aufenthaltsland des Betreffenden zurückgelegte Zeiten der Vollarbeitslosigkeit nur berücksichtigt werden, wenn dort selbst Beitragszeiten zurückgelegt worden sind, gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn Beitragszeiten in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurden.

7. In Titel III Kapitel 6 Abschnitt 3, Arbeitslose, die während ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat wohnten, der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt Artikel 71 Absatz 1:

Für die Gewährung der Leistungen an einen arbeitslosen Arbeitnehmer, der während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnte, gilt Folgendes:

a)...

ii) Grenzgänger erhalten bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für sie gegolten hätten; diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnorts zu seinen Lasten;

...

Nationale Regelung

8. Artikel 22 der Königlichen Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 über die Alters und Hinterbliebenenrente der Arbeitnehmer ( Moniteur belge vom 27. Oktober 1967, S. 11258) in der durch das Gesetz vom 30. März 1994 ( Moniteur belge vom 31. März 1994, S. 8866) geänderten Fassung (im Folgenden: Königliche Verordnung vom 24. Oktober 1967) bestimmt:

Dem Empfänger einer nach diesem System gewährten Rente können jährlich Urlaubsgeld und ein Zuschlag zum Urlaubsgeld gewährt werden.

...

Die nach diesem Artikel vorgesehenen Geldleistungen werden weder bei der Anwendung der Vorschriften über das Zusammentreffen von Sozialleistungen noch bei der Berechnung der Existenzmittel, die der Gewährung bestimmter Vergünstigungen vorausgeht, berücksichtigt.

9. Artikel 56 § 1 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 zur Festlegung der allgemeinen Regelung für die Alters und Hinterbliebenenrenten der Arbeitnehmer ( Moniteur belge vom 16. Januar 1968, S. 441) in der durch die Königliche Verordnung vom 27. Januar 1998 ( Moniteur belge vom 20. Februar 1998, S. 4793) und durch die Königliche Verordnung vom 4. März 2002 ( Moniteur belge vom 29. März 2002, S. 13236) geänderten Fassung (im Folgenden: Königliche Verordnung vom 21. Dezember 1967) bestimmt:

Der Empfänger einer Alters- und/oder Hinterbliebenenrente erhält jährlich Urlaubsgeld und einen Zuschlag zum Urlaubsgeld.

Das Urlaubsgeld und der Zuschlag zum Urlaubsgeld werden jedoch nicht in dem Jahr gewährt, in dem die Rente erstmals tatsächlich fällig wird. Im darauffolgenden Jahr werden das Urlaubsgeld und der Zuschlag zum Urlaubsgeld entsprechend der Anzahl der Monate gewährt, in denen der Empfänger die Rente in dem Jahr, in dem sie erstmals fällig geworden ist, bezogen hat. Anschließend werden beide Leistungen in vollem Umfang gewährt.

...

Abweichend von Absatz 2... werden das Urlaubsgeld und der Zuschlag zum Urlaubsgeld unbeschadet des § 2 dieses Artikels ab dem Jahr, in dem die Rente tatsächlich erstmals fällig wird, in vollem Umfang gewährt,

a) im Fall der Altersrente: wenn der Empfänger in dem gesamten Kalenderjahr, das dem Jahr, in dem die Altersrente fällig wird, vorausgeht, eine vorgezogene Altersrente bezogen oder Leistungen wegen Krankheit, Invalidität oder unfreiwilliger Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Tätigkeit erhalten hat, für die das Gesetz vom 27. Juni 1969 zur Änderung der Besluitwet [Gesetzesverordnung] vom 28. Dezember 1944 über die Arbeitersozialversicherung, die Besluitwet vom 7. Februar 1945 über die Sozialversicherung für Seeleute der Handelsschifffahrt oder die Besluitwet vom 10. Januar 1945 über die Sozialversicherung für Bergleute und ihnen gleichgestellte Personen gilt;

b)...

Die Leistungen wegen unfreiwilliger Arbeitslosigkeit im Anschluss an eine Tätigkeit im Sinne von Artikel 5 § 7 der Königlichen Verordnung vom 23. Dezember 1996 gelten als Leistungen bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit im Sinne des vorstehenden Absatzes.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

10. Herr Noteboom, ein belgischer Staatsangehöriger, war in den Niederlanden beschäftigt, hatte jedoch seinen Wohnsitz in Belgien beibehalten.

11. Kurz vor seinem Eintritt in den Ruhestand wurde er arbeitslos. In dem Jahr, das dem Jahr vorausging, in dem sein Anspruch auf Zahlung einer Altersrente entstand, erhielt er ununterbrochen Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Gemäß Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 wurden diese Leistungen nach der einschlägigen belgischen Regelung festgestellt und gewährt.

12. Seit dem 1. Januar 1999 hat Herr Noteboom Anspruch auf eine Altersrente im Rahmen des belgischen Systems der Arbeitnehmer. Neben dieser Rente zahlte ihm der Rijksdienst 1999 einen Betrag von 23 069 BEF, also 571,87 Euro, als Urlaubsgeld.

13. Der Rijksdienst meinte später, er habe diesen Betrag zu Unrecht an Herrn Noteboom gezahlt, und verlangte mit am 18. August 1999 zugestelltem Bescheid Rückzahlung.

14. Am 14. September 1999 erhob Herr Noteboom beim vorlegenden Gericht Klage gegen diesen Bescheid.

15. Vor diesem Gericht vertrat Herr Noteboom die Auffassung, er habe Anspruch auf das Urlaubsgeld, weil er in dem Jahr, das dem Jahr vorausgegangen sei, in dem sein Anspruch auf Zahlung einer Altersrente entstanden sei, ununterbrochen Leistungen bei Arbeitslosigkeit erhalten habe.

16. Der Rijksdienst hielt dem entgegen, dass Herr Noteboom nicht die Voraussetzungen des Artikels 56 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 erfülle. Seine Arbeitslosigkeit sei nicht im Anschluss an eine Beschäftigung, aufgrund deren er dem belgischen System der sozialen Sicherheit unterlag, eingetreten. Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit seien zwar vom belgischen Staat gezahlt worden, eigentlicher Schuldner sei aber der Mitgliedstaat, in dem der Betroffene seine Beschäftigung ausgeübt habe und arbeitslos geworden sei, im vorliegenden Fall das Königreich der Niederlande.

17. Der Rijksdienst machte außerdem geltend, dass es sich beim Urlaubsgeld eindeutig nicht um eine Rente, sondern um eine zweckgerichtete Leistung handele, weshalb es nicht in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 falle.

18. Das vorlegende Gericht weist auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes, vor allem auf das Urteil vom 5. Juli 1983 in der Rechtssache 171/82 (Valentini, Slg. 1983, 2157) hin, und führt zur Natur der fraglichen Leistung insbesondere Folgendes aus:

- Der persönliche Geltungsbereich von Artikel 22 der Königlichen Verordnung vom 24. Oktober 1967 falle mit demjenigen des Anspruchs auf Alters oder Hinterbliebenenrente zusammen: Das Urlaubsgeld werde allen Rentnern, aber auch nur den Rentnern gewährt;

- das Urlaubsgeld der Rentner werde aus genau den gleichen Mitteln finanziert wie die Alters- und Hinterbliebenenrenten;

- ebenso wie die Altersrente werde das zu dieser Rente gehörende Urlaubsgeld Personen gewährt, die aufgrund ihres Alters den Arbeitsvermittlungsdiensten nicht mehr zur Verfügung stehen müssten. Die Leistungen ermöglichten es diesen Personen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten;

- allerdings handele es sich beim Urlaubsgeld um einen Pauschalbetrag, der in keiner Weise von der Höhe des erhaltenen Arbeitsentgelts oder den zurückgelegten Versicherungszeiten abhänge.

19. Unter diesen Umständen hat die Arbeidsrechtbank Gent das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Fällt das Urlaubsgeld nach Artikel 22 der Königlichen Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 und Artikel 56 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 in den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71, und, genauer, gehört es zu den Leistungen bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c dieser Verordnung?

2. Ist Artikel 45 Absätze 1 und 6 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen, dass der Rijksdienst voor pensioenen als zuständiger Träger bei der Feststellung des Anspruchs auf Urlaubsgeld die in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigen muss?

3. Falls die zweite Frage verneint wird: Gilt Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71, wonach Leistungen an Grenzgänger nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats festgestellt werden, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für sie gegolten hätten, nur für Leistungen bei Arbeitslosigkeit oder auch für andere Leistungen, wie insbesondere das Urlaubsgeld nach Artikel 22 der Königlichen Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 und Artikel 56 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

20. Mit seiner ersten Frage zum sachlichen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine Leistung wie das Urlaubsgeld nach Artikel 22 der Königlichen Verordnung vom 24. Oktober 1967 und Artikel 56 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 eine Leistung bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 darstellt.

21. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Leistung nur dann eine Leistung der sozialen Sicherheit, wenn sie nicht aufgrund einer auf die persönliche Bedürftigkeit abstellenden Ermessensentscheidung, sondern aufgrund eines gesetzlichen Tatbestands gewährt wird und sich auf eines der in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich aufgezählten Risiken bezieht (vgl. u. a. Urteile vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C78/91, Hughes, Slg. 1992, I4839, Randnr. 15, vom 15. März 2001 in der Rechtssache C85/99, Offermanns, Slg. 2001, I2261, Randnr. 28, und vom 7. November 2002 in der Rechtssache C333/00, Maaheimo, Slg. 2002, I10087, Randnr. 22).

22. Eine Leistung wie das in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende Urlaubsgeld erfüllt diese Voraussetzungen.

23. Zur ersten Voraussetzung ist festzustellen, dass die Vorschriften über die Gewährung dieses Urlaubsgelds, insbesondere Artikel 56 § 1 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967, den Begünstigten ein gesetzlich festgelegtes Recht verleihen und dass dieses Recht demjenigen, der bestimmte objektive Kriterien erfüllt, ohne weiteres und nicht aufgrund einer auf die persönliche Bedürftigkeit abstellenden Ermessensentscheidung gewährt wird.

24. Zur zweiten Voraussetzung ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass die Unterscheidung zwischen Leistungen, die vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 ausgenommen sind, und solchen, die von ihm erfasst werden, im Wesentlichen von den grundlegenden Merkmalen der jeweiligen Leistung abhängt, insbesondere von ihrem Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung, nicht dagegen davon, ob eine Leistung von den nationalen Rechtsvorschriften als eine Leistung der sozialen Sicherheit eingestuft wird (vgl. u. a. Urteile Hughes, Randnr. 14, und vom 10. Oktober 1996 in den Rechtssachen C245/94 und C312/94, Hoever und Zachow, Slg. 1996, I4895, Randnr. 17).

25. Demnach ist, was die Rechtsnatur einer Leistung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen angeht, die Qualifikation als Urlaubsgeld nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der Frage, ob diese Leistung eine Leistung bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 ist.

26. Aus den grundlegenden Merkmalen des in Rede stehenden Urlaubsgelds ergibt sich jedoch, dass dieses als eine Leistung bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 betrachtet werden kann, die als Zulage im Sinne von Artikel 1 Buchstabe t der Verordnung Nr. 1408/71 ausgezahlt wird.

27. Erstens ergibt sich aus den Vorschriften über die Gewährung dieses Urlaubsgelds, dass es ausschließlich den Empfängern einer Alters und/oder Hinterbliebenenrente ausgezahlt wird. Zudem hat das vorlegende Gericht darauf hingewiesen, dass das Urlaubsgeld der Rentner aus genau den gleichen Mitteln wie die Alters- und Hinterbliebenenrenten finanziert werde.

28. Zweitens ermöglicht, wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, das zur Altersrente gehörende Urlaubsgeld den Empfängern, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wie die Kommission bemerkt hat, besteht der Zweck dieser Leistung gerade darin, den Rentnern einen zusätzlichen Betrag zu gewähren, der es ihnen gegebenenfalls erlaubt, Urlaub zu machen.

29. Die vom vorlegenden Gericht angeführte Tatsache, dass das Urlaubsgeld aus einem Pauschalbetrag besteht, der in keiner Weise von der Höhe des erhaltenen Arbeitsentgelts oder den zurückgelegten Versicherungszeiten abhängt, kann seine rechtliche Qualifizierung als Leistung bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 nicht in Frage stellen. Der Gerichtshof hat zwar festgestellt, dass solche Leistungen im Regelfall aufgrund eigener Beiträge der Empfänger finanziert und erworben werden und dass sich ihre Höhe nach der Dauer der Zugehörigkeit dieser Personen zum Versicherungssystem errechnet (vgl. Urteil Valentini, Randnr. 14). Aus den in den Randnummern 27 und 28 des vorliegenden Urteils geprüften Umständen des Falles ergibt sich jedoch, dass es sich um eine Leistung bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 handelt.

30. Daher ist auf die erste Frage zu antworten, dass eine Leistung wie das Urlaubsgeld nach Artikel 22 der Königlichen Verordnung vom 24. Oktober 1967 und Artikel 56 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 eine Leistung bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 darstellt.

Zur zweiten Frage

31. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 45 Absätze 1 und 6 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen ist, dass der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats für die Gewährung einer Leistung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, Zeiten der Vollarbeitslosigkeit, während deren der ehemalige Arbeitnehmer Leistungen nach Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii dieser Verordnung bezogen hat, ungeachtet der Tatsache berücksichtigen muss, dass die Arbeitslosigkeit nicht im Anschluss an eine Tätigkeit eingetreten ist, aufgrund deren der Arbeitnehmer den von diesem Träger anzuwendenden Rechtsvorschriften unterlag.

32. Dieses Problem regelt Artikel 45 Absatz 6 der Verordnung Nr. 1408/71, der daher zuerst auszulegen ist.

33. Aus Unterabsatz 1 dieser Bestimmung ergibt sich, dass Zeiten der Vollarbeitslosigkeit, während deren der Arbeitnehmer Leistungen nach Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 bezieht, vom zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet der Arbeitnehmer wohnt, gemäß den von diesem Träger anzuwendenden Rechtsvorschriften berücksichtigt werden, als ob er während seiner letzten Beschäftigung diesen Rechtsvorschriften unterlegen hätte.

34. Demnach ist der Anspruch auf eine Leistung wie die im Ausgangsverfahren fragliche unter Berücksichtigung der Zeiten der Vollarbeitslosigkeit des Grenzgängers, die zur Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 geführt haben, zu bestimmen, als ob er während seiner letzten Beschäftigung den Rechtsvorschriften seines Wohnmitgliedstaats unterlegen hätte.

35. Daraus folgt, dass Artikel 45 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht ausgelegt werden muss.

36. Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Artikel 45 Absatz 6 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen ist, dass der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats für die Gewährung einer Leistung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, Zeiten der Vollarbeitslosigkeit, während deren der ehemalige Arbeitnehmer Leistungen nach Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii dieser Verordnung bezogen hat, berücksichtigen muss, als ob dieser Arbeitnehmer während seiner letzten Beschäftigung den von diesem Träger anzuwendenden Rechtsvorschriften unterlegen hätte.

Zur dritten Frage

37. In Anbetracht der Antwort auf die zweite Frage braucht die dritte Frage nicht mehr beantwortet zu werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

38. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1. Eine Leistung wie das Urlaubsgeld nach Artikel 22 der Königlichen Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 über die Alters und Hinterbliebenenrente der Arbeitnehmer in der durch das Gesetz vom 30. März 1994 geänderten Fassung und Artikel 56 der Königlichen Verordnung vom 21. Dezember 1967 zur Festlegung der allgemeinen Regelung für die Alters und Hinterbliebenenrenten der Arbeitnehmer in der durch die Königliche Verordnung vom 27. Januar 1998 und durch die Königliche Verordnung vom 4. März 2002 geänderten Fassung stellt eine Leistung bei Alter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998, dar.

2. Artikel 45 Absatz 6 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 1606/98, ist dahin auszulegen, dass der zuständige Träger des Wohnmitgliedstaats für die Gewährung einer Leistung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, Zeiten der Vollarbeitslosigkeit, während deren der ehemalige Arbeitnehmer Leistungen nach Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 in dieser Fassung bezogen hat, berücksichtigen muss, als ob dieser Arbeitnehmer während seiner letzten Beschäftigung den von diesem Träger anzuwendenden Rechtsvorschriften unterlegen hätte.

Ende der Entscheidung

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