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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.06.1997
Aktenzeichen: C-107/96
Rechtsgebiete: Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 zur Änderung der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, EG-Vertrag


Vorschriften:

Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 zur Änderung der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle Art. 2 Abs. 1
EG-Vertrag Art. 169
EG-Vertrag Art. 5
EG-Vertrag Art. 189
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ein Mitgliedstaat kann sich nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 5. Juni 1997. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Spanien. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 91/156/EWG. - Rechtssache C-107/96.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 3. April 1996 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 zur Änderung der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle (ABl. L 78, S. 32) sowie aus den Artikeln 5 und 189 EG-Vertrag verstossen hat, daß es die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen, nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erlassen, in Kraft gesetzt und mitgeteilt hat.

2 Die Richtlinie 91/156 bezweckt die Beseitigung und die Verwertung der Abfälle sicherzustellen und den Erlaß von Maßnahmen zu fördern, die das Entstehen von Abfällen begrenzen sollen, und zwar insbesondere durch die Förderung sauberer Technologien sowie wiederverwertbarer und wiederverwendbarer Erzeugnisse.

3 Nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 91/156 haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um der Richtlinie spätestens zum 1. April 1993 nachzukommen, und die Kommission unverzueglich davon zu unterrichten. Die Richtlinie 91/156 wurde am 25. März 1991 bekanntgemacht.

4 Da die Kommission von seiten der spanischen Regierung keine Mitteilung über Umsetzungsmaßnahmen erhalten hatte und da sie auch nicht über sonstige Informationen verfügte, aufgrund deren sie hätte annehmen können, daß das Königreich Spanien seiner Verpflichtung nachgekommen war, die erforderlichen Vorschriften in Kraft zu setzen, forderte sie die spanische Regierung am 9. August 1993 auf, sich binnen zwei Monaten zu äussern.

5 Nachdem eine Antwort ausgeblieben war, richtete die Kommission am 19. Juli 1994 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die spanische Regierung, mit der sie diese aufforderte, binnen zwei Monaten die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme nachzukommen.

6 Mit Schreiben vom 8. August und vom 16. September 1994 beantragten die spanischen Behörden bei der Kommission eine Verlängerung der Frist zur Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahme. Die Kommission hat nur dem ersten Antrag entsprochen.

7 Mit Schreiben vom 12. Juni 1995 unterrichtete die spanische Regierung die Kommission über die Ausarbeitung einer vorbereitenden Fassung eines Vorentwurfs des Rahmengesetzes über Abfälle. Bei einer Besprechung am 20. November 1995 gaben die spanischen Behörden an, die Ausarbeitung des Vorentwurfs des Rahmengesetzes über Abfälle sei praktisch abgeschlossen. Mit Schreiben vom 7. Februar 1996 übermittelten die spanischen Behörden der Kommission eine Kopie dieser vorbereitenden Fassung des Gesetzentwurfs mit der Bezeichnung "Anteproyecto de Ley Básica de Residuos" (Vorentwurf eines Rahmengesetzes über Abfälle).

8 Bei der Erhebung der Klage hatte die Kommission jedoch noch keine Mitteilung über die Verabschiedung des Gesetzentwurfs erhalten.

9 Das Königreich Spanien bestreitet die Vertragsverletzung nicht, es trägt aber vor, die Verabschiedung der Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 91/156 habe sich infolge der Auflösung des spanischen Parlaments und der Durchführung der letzten allgemeinen Wahlen, die im März 1996 stattgefunden hätten, verzögert.

10 Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Mitgliedstaat jedoch nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (vgl. u. a. Urteil vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-297/95, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-0000, Randnr. 9).

11 Da die Umsetzung der Richtlinie 91/156 nicht innerhalb der festgesetzten Frist erfolgt ist, ist die in diesem Zusammenhang von der Kommission erhobene Klage begründet.

12 Es ist daher festzustellen, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 91/156 verstossen hat, daß es die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen, nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erlassen und in Kraft gesetzt hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

13 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Die Kommission hat die Verurteilung des Königreichs Spanien beantragt. Da dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 zur Änderung der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle verstossen, daß es die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen, nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erlassen und in Kraft gesetzt hat.

2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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