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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.06.1990
Aktenzeichen: C-11/89
Rechtsgebiete: EG, EWG


Vorschriften:

EG Art. 234
EWG Art. 177
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Definition des Transaktionswerts in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 über den Zollwert der Waren als "der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis" stellt nicht auf die Niederlassung der Kaufvertragsparteien ab. Der Preis aus einem Kaufvertrag zwischen in der Gemeinschaft ansässigen Personen kann daher als Transaktionswert im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden.

Der Importeur kann, wenn bei aufeinanderfolgenden Verkäufen einer Ware mehrere tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preise den Anforderungen der genannten Bestimmung genügen, unter ihnen den Preis bestimmen, der der Ermittlung des Transaktionswertes zugrunde gelegt werden soll. Hat sich der Importeur in der Zollwertanmeldung auf einen dieser Preise bezogen, so kann er diese Anmeldung nicht mehr nach Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 79/695 zur Harmonisierung der Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr berichtigen, sobald die Waren zollrechtlich freigegeben worden sind.

Demurrage-Kosten ( Schiffsliegegebühren bei Verzögerung der Beladung ) sind Teil der Beförderungskosten im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe e dieser Verordnung und deshalb bei der Ermittlung des Zollwerts dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen.

Eine vom Käufer an den Verkäufer entrichtete "Kaufkommission", die getrennt in Rechnung gestellt wurde, ist Teil des für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises.

Wenn zwischen der gelöschten und der gekauften Menge der Ware eine Differenz festgestellt wird, die sich innerhalb einer zwischen den Parteien vereinbarten Gewichtsfranchise hält und nicht zu einer Minderung des vereinbarten Kaufpreises führt, ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis nicht anteilig zu kürzen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 6. JUNI 1990. - UNIFERT HANDELS GMBH GEGEN HAUPTZOLLAMT MUENSTER. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESFINANZHOF - DEUTSCHLAND. - ZOLLWERT DER WAREN - TRANSAKTIONSWERT - DEMURRAGE-KOSTEN. - RECHTSSACHE C-11/89.

Entscheidungsgründe:

1 Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 6. Dezember 1988, der am 13. Januar 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren ( ABl. L 134, S. 1; Grundverordnung ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Unifert Handels GmbH ( Klägerin ) und dem Hauptzollamt Münster über Steuerbescheide im Zusammenhang mit Düngemittelimporten.

3 Die Ferdis SA, Brüssel, die derselben Gruppe angehört wie die Klägerin, hatte die fraglichen Düngemittel in Drittländern gekauft; sie verkaufte sie vor ihrem Eintreffen im Zollgebiet der Gemeinschaft an die Klägerin weiter, die in ihren Zollwertanmeldungen die Ferdis SA als Verkäuferin angab, wobei sie sich auf deren Rechnungen an sie selbst stützte.

4 Als Zollwert meldete die Klägerin jeweils nicht den tatsächlich zu zahlenden Preis, sondern einen "rekonstruierten" Preis an, der sich aus dem beim Entladen festgestellten Löschgewicht ( das unter dem vertraglich vorgesehenen Gewicht lag ), multipliziert mit dem mit der Ferdis SA vereinbarten Preis pro Tonne, errechnete. Der angegebene Zollwert enthielt weder die Demurrage-Kosten ( Schiffsliegegebühren bei Verzögerung der Beladung ) noch die sogenannte Kaufkommission in Höhe von 6 % des jeweiligen Rechnungsbetrages für die einzelne Sendung, die die Klägerin der Ferdis SA gezahlt hatte.

5 Nach Durchführung einer Aussenprüfung erhob das Hauptzollamt Münster mit einer Reihe von Bescheiden bei der Klägerin Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt 172 099,60 DM nach. In diesen Bescheiden bezog das Hauptzollamt zum einen die Demurrage-Kosten und die sogenannten Kaufkommissionen in den Zollwert ein und lehnte zum anderen den von der Klägerin errechneten rekonstruierten Preis als Grundlage der Zollwertfestsetzung ab. An seine Stelle setzte es den zwischen der Klägerin und der Ferdis SA vereinbarten Gesamtpreis.

6 Die Klägerin klagte gegen diese Nacherhebung beim Finanzgericht, das ihre Klage abwies. Sie legte daraufhin Revision zum Bundesfinanzhof ein, der das Verfahren aussetzte und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat :

"1 ) a ) Kann als Transaktionswert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 auch der Preis aus einem Kaufvertrag zwischen in der Gemeinschaft ansässigen Personen angesehen werden?

b ) Bei Bejahung der Frage a :

Kann der Beteiligte, falls daneben noch Preise aus anderen Kaufverträgen den Anforderungen des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 genügen, den Preis bestimmen, der der Zollwertermittlung zugrunde gelegt werden soll? Ist der Beteiligte an die einmal ausgeuebte Wahl gebunden?

c ) Bei Bejahung der Frage a :

Umfasst dieser Preis auch eine sogenannte Kaufkommission?

2 ) Sind sogenannte Demurrage-Kosten ( Schiffsliegegebühren bei Verzögerung der Beladung ) Beförderungskosten im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80?

3 ) Ist Transaktionswert im Sinne des Artikels 3 der Verordnung Nr. 1224/80 der volle gezahlte oder zu zahlende Preis, wenn vor dem maßgebenden Zeitpunkt Mindermengen im Vergleich zu den gekauften Mengen festgestellt werden, die sich innerhalb einer vereinbarten Gewichtsfranchise halten und nicht zu einer Minderung des Kaufpreises führen?"

7 Weitere Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen finden sich im Sitzungsbericht, auf den verwiesen wird. Der Inhalt der Akten ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten Frage ( Nr. 1 a )

8 Die erste Frage geht dahin, ob der Preis aus einem Kaufvertrag zwischen in der Gemeinschaft ansässigen Personen als Transaktionswert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Grundverordnung angesehen werden kann.

9 In Artikel 3 Absatz 1 Grundverordnung ist der Transaktionswert definiert als "der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis ". Diese Definition stellt nicht auf die Niederlassung der Kaufvertragsparteien ab.

10 Die Klägerin macht jedoch geltend, nur ein Verkauf durch einen in einem Drittland ansässigen Lieferanten könne als "Verkauf zur Ausfuhr" betrachtet werden; nur der entsprechende Kaufpreis könne daher als Transaktionswert herangezogen werden.

11 Dem ist nicht zu folgen. Das Kriterium des "Verkaufs zur Ausfuhr" bezieht sich auf die Waren, nicht auf die Niederlassung des Verkäufers. Nach seinem Zusammenhang setzt der Ausdruck voraus, daß im Zeitpunkt des Verkaufs feststeht, daß die Waren aus einem Drittland in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden. Nichts steht also dem entgegen, daß die Kaufvertragsparteien beide in der Gemeinschaft ansässig sind.

12 Diese Auslegung findet sich bestätigt durch Artikel 6 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1495/80 der Kommission vom 11. Juni 1980 zur Durchführung einiger Vorschriften der Artikel 1, 3 und 8 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 des Rates ( ABl. L 154, S. 14 ) in der Fassung der Verordnung ( EWG ) Nr. 1580/81 vom 12. Juni 1981 ( ABl. L 154, S. 36 ). Dieser lautet wie folgt :

"Für die Anwendung von Artikel 3 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 wird die Tatsache, daß Waren, die Gegenstand eines Verkaufs sind, zum freien Verkehr in der Gemeinschaft angemeldet werden, als ausreichendes Indiz dafür angesehen, daß sie zum Zweck der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft wurden. Dies gilt auch bei aufeinanderfolgenden Verkäufen vor der Bewertung, wobei vorbehaltlich der Vorschriften der Verordnung ( EWG ) Nr. 1496/80 jeder Preis aus einem solchen Verkauf für die Bewertung herangezogen werden kann..."

13 Nach dieser Bestimmung kann für die Zwecke des Artikels 3 Absatz 1 Grundverordnung nicht nur der Preis aus einem Verkauf, der unmittelbar vor der Ausfuhr aus einem Drittland abgeschlossen wurde, sondern jeder Preis aus einem Verkauf nach der Ausfuhr, aber vor der Abfertigung zum freien Verkehr in der Gemeinschaft verwendet werden kann, und zwar unabhängig von der Niederlassung der Kaufvertragsparteien.

14 Auf die erste Frage ist somit zu antworten, daß der Preis aus einem Kaufvertrag zwischen in der Gemeinschaft ansässigen Personen als Transaktionswert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Grundverordnung angesehen werden kann.

Zur zweiten Frage ( Nr. 1 b )

15 Die zweite Frage geht dahin, ob der Importeur dann, wenn bei aufeinanderfolgenden Verkäufen einer Ware mehrere tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preise den Anforderungen des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 genügen, unter ihnen den Preis bestimmen kann, der der Ermittlung des Transaktionswertes zugrunde gelegt werden soll, und ob er die einmal getroffene Entscheidung berichtigen kann.

16 Nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 1495/80 kann der Importeur bei aufeinanderfolgenden Verkäufen zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft einen der für jeden dieser Verkäufe vereinbarten Preise als Grundlage für den Zollwert bestimmen, sofern er gemäß der Verordnung Nr. 1496/80 der Kommission vom 11. Juni 1980 über die Anmeldung der Angaben für den Zollwert und über vorzulegende Unterlagen ( ABl. L 154, S. 16 ) den Zollbehörden für diesen Preis alle erforderlichen Angaben und Unterlagen vorlegen kann.

17 Nach Artikel 1 dieser Verordnung muß die Zollwertanmeldung die Anmeldung auf Abfertigung zum freien Verkehr der betreffenden Waren begleiten. Diese Anmeldung muß nach Artikel 2 der Richtlinie 79/695/EWG des Rates vom 24. Juli 1979 zur Harmonisierung der Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr ( ABl. L 205, S. 19 ) bei einer Zollstelle abgegeben werden. Nach Artikel 8 Absatz 1 dieser Richtlinie wird dem Anmelder erlaubt, die von der Zollstelle angenommenen Anmeldungen zu berichtigen, allerdings insbesondere unter dem Vorbehalt, daß die Waren noch nicht zollrechtlich freigegeben worden sind.

18 Der Importeur, der bei der Zollwertanmeldung einen Preis als Grundlage für den Zollwert bestimmt hat, kann seine Anmeldung und folglich die Angaben zum Zollwert somit nicht mehr ändern, sobald die Waren zollrechtlich freigegeben worden sind.

19 Diesem Ergebnis steht nicht Artikel 2 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung ( EWG ) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juni 1979 über die Erstattung oder den Erlaß von Eingangs - oder Ausfuhrabgaben ( ABl. L 175, S. 1 ) entgegen, wonach Eingangsabgaben nach der Abfertigung zum freien Verkehr insoweit erstattet oder erlassen werden können, als nachgewiesen wird, daß der erfasste Betrag die gesetzlich zu erhebenden Abgaben aus irgendeinem Grunde übersteigt.

20 Zwar kann es nach der zweiten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1430/79 gerechtfertigt sein, die nicht geschuldeten Beträge zu erstatten oder zu erlassen, wenn unrichtige oder unvollständige Verzollungsgrundlagen bei der Abgabenfestsetzung insbesondere hinsichtlich des Zollwerts berücksichtigt wurden. Hat aber der Anmelder unter mehreren möglichen Verzollungsgrundlagen eine bestimmt, so können die zum Beleg dieser Grundlage vorgelegten Angaben nicht allein deswegen als unrichtig oder unvollständig betrachtet werden, weil eine andere Grundlage zur Erhebung geringerer Eingangsabgaben als der tatsächlich erhobenen geführt hätte.

21 Auf die zweite Frage ist daher wie folgt zu antworten : Der Importeur kann, wenn bei aufeinanderfolgenden Verkäufen einer Ware mehrere tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preise den Anforderungen des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1224/80 genügen, unter ihnen den Preis bestimmen, der der Ermittlung des Transaktionswertes zugrunde gelegt werden soll. Hat sich der Importeur in der Zollwertanmeldung auf einen dieser Preise bezogen, so kann er diese Anmeldung nicht mehr nach Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 79/695/EWG des Rates berichtigen, sobald die Waren zollrechtlich freigegeben worden sind.

Zur dritten Frage ( Nr. 1 c )

22 Die dritte Frage geht dahin, ob eine vom Käufer an den Verkäufer entrichtete sogenannte "Kaufkommission", die gesondert in Rechnung gestellt wurde, Teil des für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Grundverordnung ist.

23 Nach Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a Grundverordnung ist "der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis... die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat ". Folglich umfasst der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis und damit der Transaktionswert alle vom Käufer an den Verkäufer als Gegenleistung im Rahmen des Verkaufsvorgangs erbrachten Zahlungen.

24 Zwar sind nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i Grundverordnung "Einkaufsprovisionen" vom Zollwert ausgeschlossen. Nach Artikel 8 Absatz 4 sind unter dem Begriff "Einkaufsprovisionen" jedoch Beträge zu verstehen, die ein Importeur jemandem dafür zahlt, daß er für ihn beim Kauf der zu bewertenden Waren tätig wird. Unter diesen Begriff sind also Beträge nicht zu fassen, die der Käufer dem Verkäufer zahlt, selbst wenn diese derart berechnet sind, daß der Verkäufer mit ihnen seine Verwaltungs - und sonstigen Gemeinkosten decken kann, die mit dem fraglichen Kauf nicht unmittelbar verbunden sind.

25 Das Vorbringen der Klägerin, innerhalb der Gemeinschaft aufgelaufene Kosten könnten in keinem Fall für die Bestimmung des Zollwerts herangezogen werden, geht fehl. Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i Grundverordnung ist der Wert bestimmter Gegenstände, die vom Käufer unentgeltlich oder zu ermässigten Preisen für die Verwendung im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Verkauf zur Ausfuhr der eingeführten Waren geliefert wurden, dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis hinzuzurechnen, soweit dieser Wert in diesem Preis nicht enthalten ist. Keine Rolle spielt es dabei, ob die durch die Herstellung der in den eingeführten Waren enthaltenen Materialien, Bestandteile, Teile und dergleichen verursachten Kosten innerhalb oder ausserhalb der Gemeinschaft angefallen sind.

26 Die Klägerin macht weiter geltend, die Einbeziehung der sogenannten Kaufkommission in den Zollwert verstosse gegen die Neutralität der Regelung über die Zollwertfestsetzung, da sie Unternehmen, die direkt importierten, anders behandele als solche, die einer Gruppe mit zentralisiertem Einkauf angehörten. Auch dem ist nicht zu folgen. Jedes Unternehmen, das sich in der Lage der Klägerin befindet, kann nämlich seine Zollwertanmeldung auf den vom Einkaufsbeauftragten der Gruppe für die eingeführten Waren tatsächlich an den Lieferanten im Drittland gezahlten Preis stützen. Eine allfällige Ungleichheit auf diesem Gebiet ist somit nicht Folge der Grundverordnung, sondern der Entscheidung des Importeurs.

27 Auf die dritte Frage ist somit zu antworten, daß eine vom Käufer an den Verkäufer entrichtete "Kaufkommission", die getrennt in Rechnung gestellt wurde, Teil des für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Grundverordnung ist.

Zur vierten Frage ( Nr. 2 )

28 Die vierte Frage geht dahin, ob Demurrage-Kosten ( Schiffsliegegebühren bei Verzögerung der Beladung ) Teil der Beförderungskosten im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe e Grundverordnung sind.

29 Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i Grundverordnung werden bei der Ermittlung des Zollwerts dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis die Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Gemeinschaft hinzugerechnet.

30 Der Ausdruck "Beförderungskosten" umfasst alle Haupt - und Nebenkosten, die mit der Beförderung der Waren in Richtung auf das Zollgebiet der Gemeinschaft verbunden sind. Demurrage-Kosten, also Entschädigungen für den Reeder, die im Beförderungsvertrag vorgesehen sind und die Verzögerungen bei der Beladung des Schiffs ausgleichen sollen, sind somit als "Beförderungskosten" zu betrachten.

31 Auf die vierte Frage des Bundesfinanzhofs ist somit zu antworten, daß Demurrage-Kosten ( Schiffsliegegebühren bei Verzögerung der Beladung ) Teil der Beförderungskosten im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe e Grundverordnung sind.

Zur fünften Frage ( Nr. 3 )

32 Die fünfte Frage geht dahin, ob bei der Ermittlung des Transaktionswerts im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Grundverordnung der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis anteilig zu kürzen ist, wenn zwischen der gelöschten und der gekauften Menge eine Differenz festgestellt wird, die sich innerhalb einer zwischen den Parteien vereinbarten Gewichtsfranchise hält und nicht zu einer Minderung des Kaufpreises führt.

33 Die Klägerin trägt vor, auf den in der Frage angesprochenen Fall sei Artikel 4 der Verordnung Nr. 1495/80 in der Fassung der Verordnung Nr. 1580/81 anzuwenden, wonach im Falle eines Teilverlustes oder einer Beschädigung vor der Abfertigung zum freien Verkehr eine verhältnismässige Aufteilung des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises erfolgt. So habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 12. Juni 1986 in der Rechtssache 183/85 ( Repenning, Slg. 1986, 1873 ) entschieden.

34 Die Kommission hält dem entgegen, Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung entscheide die Frage klar, da er nur den tatsächlich vom Importeur gezahlten Preis erwähne, so daß es keine Rolle spiele, ob ein anderer Betrag vertraglich vereinbart sei oder ob der Käufer rechtlich zur Zahlung dieses Preises verpflichtet gewesen sei.

35 Nach der sechsten Begründungserwägung der Grundverordnung ist es Ziel der gemeinschaftlichen Zollwertregelung, ein gerechtes, einheitliches und neutrales System zu errichten, das die Anwendung von willkürlichen oder fiktiven Zollwerten ausschließt. Aus diesem Grunde müssen unvorhersehbare Minderungen des Handelswertes der Waren nach ihrem Kauf, aber vor ihrer Abfertigung zum freien Verkehr zu einer anteiligen Kürzung des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises führen. Diesen Fall betrifft Artikel 4 der Verordnung Nr. 1495/80 ebenso wie das Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juni 1986.

36 Ganz anders verhält es sich, wenn die Möglichkeit einer Differenz zwischen der gekauften und der gelöschten Menge der Ware von den Parteien im Kaufvertrag ausdrücklich vorgesehen ist und der Käufer hierfür innerhalb einer vereinbarten Gewichtsfranchise die Gefahr trägt. In diesem Fall wird der Kaufpreis nicht gekürzt; wirtschaftlich bleibt der Wert der Lieferung unverändert. Den Zielen der gemeinschaftlichen Zollwertregelung entspricht es somit, den vollen gezahlten oder zu zahlenden Preis der Bewertung zugrunde zu legen.

37 Auf die fünfte Frage ist somit zu antworten, daß nach Artikel 3 Absatz 1 der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis nicht anteilig zu kürzen ist, wenn zwischen der gelöschten und der gekauften Menge der Ware eine Differenz festgestellt wird, die sich innerhalb einer zwischen den Parteien vereinbarten Gewichtsfranchise hält, sofern sie nicht zu einer Minderung des vereinbarten Kaufpreises führt.

Kostenentscheidung:

Kosten

38 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem vor dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Erste Kammer )

auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluß vom 6. Dezember 1989 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Der Preis aus einem Kaufvertrag zwischen in der Gemeinschaft ansässigen Personen kann als Transaktionswert im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren angesehen werden.

2 ) Der Importeur kann, wenn bei aufeinanderfolgenden Verkäufen einer Ware mehrere tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preise den Anforderungen des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 genügen, unter ihnen den Preis bestimmen, der der Ermittlung des Transaktionswertes zugrunde gelegt werden soll. Hat sich der Importeur in der Zollwertanmeldung auf einen dieser Preise bezogen, so kann er diese Anmeldung nicht mehr nach Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 79/695/EWG des Rates vom 24. Juli 1979 zur Harmonisierung der Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr berichtigen, sobald die Waren zollrechtlich freigegeben worden sind.

3 ) Eine vom Käufer an den Verkäufer entrichtete "Kaufkommission", die getrennt in Rechnung gestellt wurde, ist Teil des für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80.

4 ) Demurrage-Kosten ( Schiffsliegegebühren bei Verzögerung der Beladung ) sind Teil der Beförderungskosten im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80.

5 ) Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1224/80 ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis nicht anteilig zu kürzen, wenn zwischen der gelöschten und der gekauften Menge der Ware eine Differenz festgestellt wird, die sich innerhalb einer zwischen den Parteien vereinbarten Gewichtsfranchise hält, sofern sie nicht zu einer Minderung des vereinbarten Kaufpreises führt.

Ende der Entscheidung

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