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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: C-117/02
Rechtsgebiete: 2 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, Decreto-Lei Nr. 186/90 vom 6. Juni 1990 (Portugal)


Vorschriften:

2 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten Art. 1 Abs.
2 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten Art. 2 Abs. 1
2 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten Art. 4
2 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten Anhang II Punkt 11 Buchst. a
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen Art. 6 Abs. 3 S. 1
Decreto-Lei Nr. 186/90 vom 6. Juni 1990 (Portugal)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 29. April 2004. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Portugiesische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 85/337/EWG - Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten - Errichtung von Feriendörfern und Hotelanlagen - Fehlende Vornahme einer solchen Prüfung in Bezug auf ein Bauvorhaben für eine Hotelanlage. - Rechtssache C-117/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-117/02

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Caeiros als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik , vertreten durch L. Fernandes, M. Telles Romão und M. João Lois als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Feststellung, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40) verstoßen hat, dass sie die Genehmigung des Projekts einer Ferienanlage im Gebiet von Ponta do Abano, das Wohnanlagen, Hotels und Golfplätze umfasst, ohne adäquate Prüfung der Auswirkungen dieses Projekts auf die Umwelt erteilt hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. Rosas (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter A. La Pergola und S. von Bahr,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission hat mit Klageschrift, die am 27. März 2002 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage auf Feststellung erhoben, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40) verstoßen hat, dass sie die Genehmigung des Projekts einer Ferienanlage im Gebiet von Ponta do Abano, das Wohnanlagen, Hotels und Golfplätze umfasst, ohne adäquate Prüfung der Auswirkungen dieses Projekts auf die Umwelt erteilt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Die Richtlinie 85/337/EWG

2. Die Richtlinie 85/337 betrifft nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 die Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.

3. Nach Artikel 1 Absatz 2 ist Projekt in diesem Sinne:

- die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen,

- sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen.

4. Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 sieht vor:

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor der Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.

Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.

5. Artikel 4 der Richtlinie 85/337 bestimmt:

(1) Projekte der in Anhang I aufgeführten Klassen werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

(2) Projekte der in Anhang II aufgezählten Klassen werden einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen, wenn ihre Merkmale nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern.

Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten insbesondere bestimmte Arten von Projekten, die einer Prüfung zu unterziehen sind, bestimmen oder Kriterien und/oder Schwellenwerte aufstellen, anhand deren bestimmt werden kann, welche von den Projekten der in Anhang II aufgezählten Klassen einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden sollen.

6. Im Anhang II der Richtlinie 85/337 über Projekte nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie ist in Punkt 11 - Sonstige Projekte - Buchstabe a angegeben:

Feriendörfer, Hotelkomplexe.

7. Artikel 5 der Richtlinie 85/337 bestimmt im Wesentlichen die Mindestinformationen, die der Projektträger vorlegen muss. Artikel 6 verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die betroffenen Behörden und die betroffene Öffentlichkeit unterrichtet werden und Gelegenheit erhalten, sich vor Durchführung des Projekts zu äußern. Artikel 8 verpflichtet die zuständigen Behörden, die gemäß den Artikeln 5 und 6 eingeholten Angaben zu berücksichtigen. Artikel 9 begründet die Verpflichtung der zuständigen Behörden, der Öffentlichkeit die getroffene Entscheidung und die gegebenenfalls mit ihr verbundenen Bedingungen zugänglich zu machen.

8. Die Richtlinie 85/337 sieht in ihrem Artikel 12 vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um dieser Richtlinie innerhalb von drei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Sie wurde den Mitgliedstaaten am 3. Juli 1985 bekannt gegeben.

9. Die Richtlinie 85/337 wurde durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 (ABl. L 73, S. 5) geändert, deren Artikel 3 Absatz 1 die Umsetzung bis spätestens 14. März 1999 vorsieht.

Die Richtlinie 92/43/EWG

10. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) sieht die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung Natura 2000 vor, das aus Gebieten besteht, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen. Nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie leitet jeder Mitgliedstaat der Kommission binnen drei Jahren nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie eine Liste der Gebiete zu, die er als besondere Schutzgebiete im Sinne der Richtlinie bezeichnet.

11. Artikel 6 Absatz 3 Satz 1 der Richtlinie 92/43 sieht vor:

Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen.

12. Nach Artikel 23 Absatz 1 der Richtlinie mussten die Mitgliedstaaten diese binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe umsetzen.

Nationales Recht

13. Die Richtlinie 85/337 wurde durch das Decreto-Lei Nr. 186/90 vom 6. Juni 1990 (Diário da República , I Serie, Nr. 130, vom 6. Juni 1990, S. 2462) in portugiesisches Recht umgesetzt.

14. Der Naturpark von Sintra-Cascais, in dem sich das Gebiet von Ponta do Abano befindet, wurde durch das Decreto-Regulamentar Nr. 8/94 vom 11. März 1994 (Diário da República , I Serie B, Nr. 59, vom 11. März 1994, S. 1226) errichtet.

15. Der Raumordnungsplan für den Naturpark von Sintra-Cascais wurde durch das ebenfalls am 11. März 1994 erlassene Decreto-Regulamentar Nr. 9/94 (Diário da República , I Serie B, Nr. 59, vom 11. März 1994, S. 1228) erlassen.

16. Am 18. April 1996 genehmigte die Generaldirektion für Tourismus nach einer positiven Stellungnahme der leitenden Kommission des Naturparks von Sintra-Cascais die Ansiedelung eines Projekts über den Bau von Wohnanlagen im Gebiet von Ponta do Abano.

17. Mit dem Beschluss Nr. 142/97 des Ministerrates vom 28. August 1997 wurden die Gebiete von Cabo Raso und Ponta do Abano gemäß dem Decreto-Lei Nr. 226/97 vom 27. August 1997, das die Richtlinie 92/43 in portugiesisches Recht umsetzt, in das Gebiet von Sintra-Cascais einbezogen.

18. Wie sich aus der mit Gründen versehenen Stellungnahme ergibt, veröffentlichte die Gemeinde Cascais die Entscheidung über die Genehmigung der Durchführung des Projekts am 9. März 1998.

Vorverfahren

19. Mit Schreiben vom 4. Januar 2000 wies die Kommission Portugal auf eine Beschwerde hin, mit der sie wegen der Projekte über den Bau von Wohnanlagen innerhalb des Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung Sintra-Cascais, insbesondere in den Gebieten von Cabo Raso und Ponta do Abano, befasst worden sei. Bestimmte Projekte, die ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung erheblich beeinträchtigen könnten, seien nach der Richtlinie 92/43 einer Prüfung ihrer Auswirkungen zu unterziehen. Die Kommission forderte Portugal auf, binnen einer Frist von zwei Monaten Stellung zu nehmen.

20. Die Kommission erhielt keine Antwort auf dieses Schreiben. Sie richtete am 4. April 2000 eine Mahnung nach Artikel 226 EG an Portugal, in der sie die Ansicht vertrat, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der Richtlinie 92/43 und hilfsweise aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 verstoßen habe, dass sie 1998 die Genehmigung von zwei Tourismusprojekten mit Wohnanlagen, Hotels und Golfplätzen ohne angemessene Umweltverträglichkeitsprüfung innerhalb eines Gebietes erteilt habe, das auf der nationalen Liste der Schutzgebiete stehe und als in das Netz Natura 2000 aufzunehmendes Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung hätte vorgeschlagen werden müssen.

21. Auch wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht nach der Richtlinie 92/43 durchgeführt worden sei, hätte sie doch nach der Richtlinie 85/337 durchgeführt werden müssen. Obwohl die in Rede stehenden Projekte im Anhang II der Richtlinie 85/337 erwähnt seien, habe Portugal das Ermessen überschritten, das Artikel 4 Absatz 2 dieser Richtlinie ihm zwar einräume, das aber, wie der Gerichtshof entschieden habe, durch Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie begrenzt sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-392/96, Kommission/Irland, Slg. 1999, I-5901, Randnr. 64). Die Projekte hätten unzweifelhaft erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt, da die betroffenen Gebiete Lebensraumtypen nach Anhang I der Richtlinie 92/43 und Arten nach deren Anhang II umfassten.

22. Die portugiesische Regierung wurde aufgefordert, sich innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Erhalt der Mahnung zu äußern.

23. Mit Schreiben vom 30. März 2000, eingegangen am 7. April 2000, übermittelte Portugal seine Antwort auf das Schreiben der Kommission vom 4. Januar 2000.

24. In diesem Schreiben wurden die Fundstellen der Rechtsvorschriften und die einschlägigen Verwaltungsentscheidungen angegeben und ausgeführt, dass im Gebiet von Cabo Raso kein Projekt genehmigt worden sei. Der Standort des Projekts von Ponta do Abano sei bereits einige Zeit vor der Genehmigung der nationalen Liste der Gebiete nach der Richtlinie 92/43 beschlossen worden.

25. Portugal räumte ein, dass das Decreto-Lei Nr. 186/90 zur Umsetzung der Richtlinie 85/337 in nationales Recht bei der Genehmigung des Projekts in Kraft gewesen sei. Die für das Gebiet von Ponta do Abano vorgesehenen Feriendörfer erfuellten jedoch aufgrund ihrer Größe nicht die gesetzlichen Voraussetzungen, um die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich zu machen.

26. Im Übrigen sei vor kurzem beschlossen worden, den Raumordnungsplan für den Naturpark von Sintra-Cascais in den Präferenzgebieten für Tourismus und Freizeitaktivitäten mit sofortiger Wirkung zu überprüfen und auszusetzen und vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, mit denen mit sofortiger Wirkung die Errichtung neuer Anlagen in diesen Gebieten, einschließlich des Gebietes von Cabo Raso, verboten werde.

27. Mit Schreiben vom 14. Juni 2000 antwortete Portugal auf das Mahnschreiben vom 4. April 2000 und wies darauf hin, dass die Kommission dieses Schreiben übersandt habe, ohne von dem Schreiben vom 30. März 2000 Kenntnis zu nehmen, was es rechtfertige, dass die Kommission nach Prüfung der beigebrachten Antworten das Verfahren einstelle oder erneut ein Vorverfahren im Sinne von Artikel 226 EG einleite.

28. Die Bezugnahmen der Kommission auf die Richtlinie 92/43 seien unverständlich, da der Standort des Bauprojekts 1996 genehmigt worden sei - und nicht 1998, wie dies die Kommission zu Unrecht behaupte -, und zwar auf der Grundlage des Raumordnungsplans für den Naturpark von Sintra-Cascais, d. h. vor der Genehmigung der nationalen Liste der Gebiete nach der Richtlinie 92/43.

29. Da die rechtliche Regelung des Netzes Natura 2000 nicht gegolten habe, als die Entscheidung über den Standort der Ferienanlage von Ponta do Abano getroffen worden sei, müsse dieses Projekt nur dann einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden, wenn sich eine derartige Verpflichtung aus dem Decreto-Lei Nr. 186/90 zur Umsetzung der Richtlinie 85/337 ergebe. Wie den im Schreiben vom 30. März 2000 gelieferten Erklärungen zu entnehmen sei, sei dies nicht der Fall gewesen.

30. Da die Kommission die von der portugiesischen Regierung gelieferten Antworten für nicht ausreichend hielt, übermittelte sie am 25. Juli 2000 eine mit Gründen versehene Stellungnahme betreffend einen Verstoß gegen die Richtlinie 92/43, hilfsweise einen Verstoß gegen die Richtlinie 85/337; sie setzte der Portugiesischen Republik eine Frist von zwei Monaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um der Stellungnahme nachzukommen.

31. Das Ermessen, das sich aus Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337 ergebe, sei im vorliegenden Fall überschritten. Die Projekte hätten nämlich zweifellos erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt, da die betroffenen Gebiete Lebensraumtypen nach Anhang I der Richtlinie 92/43 und Arten nach Anhang II dieser Richtlinie umfassten.

32. Die Kommission bestritt das portugiesische Vorbringen, dass die Richtlinie 92/43 zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Standort des Projekts nicht gegolten habe. Die Genehmigung städtebaulicher Projekte falle nach portugiesischem Recht in die Zuständigkeit der Gemeinde. Im vorliegenden Fall habe die Gemeinde Cascais die Entscheidung über die Genehmigung der Durchführung des Projekts am 9. März 1998 veröffentlicht, d. h. nachdem 1997 das Gebiet von Sintra-Cascais in die nach der Richtlinie 92/43 erstellte nationale Liste der Gebiete einbezogen worden sei.

33. Die Kommission kam daher erneut zu dem Ergebnis, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der Richtlinie 92/43, hilfsweise aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 verstoßen habe, dass sie die Genehmigung eines Projekts für eine Ferienanlage, die Wohnanlagen, Hotels und Golfplätze umfasse, im Gebiet von Ponta do Abano, d. h. in einem Gebiet, das auf der nationalen Liste der Schutzgebiete stehe und als in das Netz Natura 2000 aufzunehmendes Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung hätte vorgeschlagen werden müssen, ohne angemessene Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt habe.

34. Mit Schreiben vom 29. September 2000 beantragte die portugiesische Regierung eine Verlängerung der Zweimonatsfrist, die die Kommission für die Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt hatte.

35. Mit Schreiben vom 20. November 2000 antwortete sie auf die mit Gründen versehene Stellungnahme. Sie nahm zur Kenntnis, dass die mit Gründen versehene Stellungnahme die Ferienanlage von Cabo Raso nicht mehr erwähnte.

36. Was das Projekt im Gebiet von Ponta do Abano angehe, so habe die Richtlinie 92/43 bei der Genehmigung dieses Projekts nicht gegolten. Tourismusprojekte unterlägen Sonderregeln, nach denen die Zentralverwaltung für die Standortgenehmigung zuständig sei, im vorliegenden Fall die Generaldirektion für Tourismus. Die Zuständigkeit der Gemeinde sei auf die Genehmigung von Infrastrukturarbeiten und Bauarbeiten beschränkt, und zwar jeweils innerhalb der Grenzen des Standorts, der durch die Zentralverwaltung genehmigt sei.

37. Die Kommission interpretiere das einschlägige portugiesische Recht falsch. Die Entscheidung, die zu berücksichtigen sei, um zu beurteilen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei, sei die Entscheidung über die Genehmigung des Standorts des Projekts, die 1996 gefallen sei, d. h. bevor das Gebiet von Sintra-Cascais in die nationale Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach der Richtlinie 92/43 aufgenommen worden sei.

38. Zum Verstoß gegen die Richtlinie 85/337 macht Portugal geltend, dass die Kommission nur rüge, dass die Grenzen des den Mitgliedstaaten in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337 zuerkannten Ermessens überschritten worden seien, da kein Zweifel daran bestehe, dass die Projekte erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hätten, da die betroffenen Gebiete Lebensraumtypen nach Anhang I der Richtlinie 92/43 und Arten nach Anhang II dieser Richtlinie umfassten.

39. Portugal bestritt diese Auslegung unter zwei Gesichtspunkten. Zum einen könne der Gebrauch, den die Mitgliedstaaten von dem ihnen in Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337 eingeräumten Ermessen machten, nur im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie kontrolliert werden. Daher könne die 1996 über Ponta do Abano getroffene Entscheidung angesichts der insoweit nicht beanstandeten Umsetzung nicht in Frage gestellt werden; andernfalls drohe eine vollständige Rechtsunsicherheit für die öffentliche Verwaltung und für die Bürger, die der Ungewissheit eines rechtlichen Rahmens ausgesetzt wären, der durch eine spätere Einzelfallkontrolle der gemeinschaftlichen Stellen fortwährend gefährdet wäre.

40. Zum anderen laufe es darauf hinaus, die Richtlinie 92/43 rückwirkend anzuwenden, wenn ein Verstoß gegen die Richtlinie 85/337 deswegen behauptet werde, weil das Projekt von Ponta do Abano die durch die Richtlinie 92/43 geschützten Werte gefährde. Die Richtlinie 92/43 und die später erstellte nationale Liste der Schutzgebiete könnten nicht die zum Zeitpunkt der Entscheidung über Ponta do Abano anwendbaren Verfahrensregeln festlegen.

41. Schließlich seien die Ferienanlagen jedenfalls nur in Anhang II der Richtlinie 85/337 aufgeführt; daher könne das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf diese keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellen.

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

42. In ihrer Klagebeantwortung macht die Portugiesische Republik geltend, die Klage sei nicht zulässig, weil die Kommission den Streitgegenstand gegenüber dem Vorverfahren geändert habe. Während es in der mit Gründen versehenen Stellungnahme darum gegangen sei, dass der Richtlinie 92/43, hilfsweise der Richtlinie 85/337, nicht nachgekommen worden sei, betreffe die Klage nur noch die Verletzung der Richtlinie 85/337. Es liege eine Änderung und nicht nur eine Beschränkung des Streitgegenstands vor, da das Zentrum der Auseinandersetzung verschoben worden sei.

43. Die Portugiesische Republik macht geltend, dass die Kommission die vorgeworfene Vertragsverletzung bereits bei Erlass der mit Gründen versehenen Stellungnahme hätte präzisieren können, da Portugal vor Erlass dieser Stellungnahme u. a. mit den Schreiben vom 30. März 2000 und vom 14. Juni 2000 dargetan habe, dass die Rüge einer Verletzung der Richtlinie 92/43 zurückzunehmen sei.

44. Im Übrigen habe die Kommission den Verstoß gegen die Richtlinie 85/337 stets hilfsweise und nur mit der Begründung geltend gemacht, dass das Projekt eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt habe, weil das Gebiet Lebensraumtypen und Arten nach den Anhängen I und II der Richtlinie 92/43 umfasse. Die Portugiesische Republik habe die hauptsächlich vorgebrachte Rüge in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellt. Folglich habe die Kommission mit der Änderung der Rüge in der Klageschrift das Zentrum der Auseinandersetzung auf die Frage des Verstoßes gegen die Richtlinie 85/337 verschoben und Portugal die Möglichkeit genommen, seine Verteidigung gegen diese Rüge zu entwickeln.

45. Die Kommission bringe in ihrer Klageschrift zwei neue Gesichtspunkte vor, die im Vorverfahren nicht formuliert worden seien, um die Feststellung eines Verstoßes gegen die Richtlinie 85/337 zu begründen. So trage die Kommission insbesondere vor, dass Portugal die im nationalen Recht festgelegten Schwellenwerte als absolut angesehen habe, ohne zu prüfen, ob aufgrund der Art, der Größe und des Standorts des Projekts erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt bestuenden.

46. Zu letzterem Punkt macht die Portugiesische Republik geltend, dass die Kommission die portugiesischen Antworten hätte berücksichtigen oder entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofes eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme hätte erlassen und so der Portugiesischen Republik Gelegenheit hätte geben müssen, ihre Verteidigung im Hinblick auf den angeblichen Verstoß gegen die Richtlinie 85/337 darzutun.

47. Außerdem habe die Kommission ihr rechtliches Gehör verletzt, da sie im Verlauf des Vorverfahrens zu keinem Zeitpunkt die Anwendung des nationalen Rechts auf den vorliegenden Fall klar und direkt beanstandet habe. Insbesondere habe die Kommission zu keinem Zeitpunkt erklärt, warum die von den portugiesischen Behörden im Wege der Anwendung des nationalen Rechts durchgeführte Prüfung, ob erhebliche Auswirkungen bestuenden, nicht korrekt sei.

48. Die Kommission wendet sich in ihrer Erwiderung gegen die von der portugiesischen Regierung erhobene Einrede der Unzulässigkeit.

49. Sie trägt vor, dass sie die Antworten der portugiesischen Regierung auf das Schreiben vom 4. Januar 2000 und die Mahnung vom 4. April 2000 berücksichtigt habe. Erst aufgrund der Ausführungen in der Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahme sei es ihr möglich gewesen, den Vorwurf der Verletzung der Richtlinie 92/43 zurückzunehmen, weil Portugal in dieser Antwort die begrenzte Tragweite der 1998 erlassenen Genehmigung der Arbeiten gegenüber der Entscheidung von 1996 über den Standort des Projekts im Einzelnen erklärt habe.

50. Dass der Verstoß gegen die Richtlinie 85/337 im Vorverfahren im Verhältnis zum Verstoß gegen die Richtlinie 92/43 nur hilfsweise erhoben worden sei, hindere die Kommission nicht daran, in ihrer Klageschrift nur diese Rüge aufrechtzuerhalten. Es liege eine Beschränkung und keine Änderung des Streitgegenstands vor.

51. Die Kommission bestreitet, im Vorverfahren zur Richtlinie 92/43 nur eine einzige Rüge erhoben zu haben. Sowohl das Mahnschreiben als auch die mit Gründen versehene Stellungnahme enthielten eine klare Darstellung der Auswirkungen des Projekts im Licht der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 85/337 unabhängig von Erwägungen zur Richtlinie 92/43. Die portugiesischen Ausführungen im Vorverfahren zeigten, dass Portugal das einschlägige Vorbringen der Kommission durchaus verstanden habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

52. Es ist festzustellen, dass das Vorverfahren nicht unter Bedingungen stattgefunden hat, die eine rasche Klärung der Rügen der Kommission und der Verteidigungsmittel der Portugiesischen Republik ermöglicht hätten. Denn zum einen waren die Rügen im Schreiben der Kommission vom 4. Januar 2000 wenig präzise gefasst und zum anderen erlaubte es die späte Antwort Portugals auf dieses Schreiben der Kommission nicht, bestimmte Erwiderungen auf diese Rügen im Mahnschreiben vom 4. April 2000 zu berücksichtigen.

53. Das kann jedoch die Zulässigkeit der Klage nicht in Frage stellen. Das Vorverfahren soll dem betroffenen Mitgliedstaat nämlich Gelegenheit geben, sowohl seinen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen als auch seine Verteidigungsmittel gegenüber den Rügen der Kommission wirkungsvoll geltend zu machen (Urteil Kommission/Irland, Randnr. 51).

54. Im vorliegenden Fall hatte die Kommission Gelegenheit, die der Portugiesischen Republik vorgeworfenen Beschwerdepunkte darzulegen, und diese hatte Gelegenheit, die von ihr für sachdienlich gehaltenen Erklärungen abzugeben. In diesem Sinne hat das Vorverfahren sein Ziel erreicht.

55. Dem Unzulässigkeitsantrag, den die Portugiesische Republik damit begründet, dass die Richtlinie 85/337 im Vorverfahren nur hilfsweise angeführt worden sei, während die auf diese Richtlinie gegründete Rüge die einzige Rüge der Vertragsverletzung und der Mittelpunkt der Auseinandersetzung sei, kann nicht stattgegeben werden. Vielmehr war diese Rüge tatsächlich Teil der in der Mahnung und der mit Gründen versehenen Stellungnahme erwähnten Beschwerdepunkte und hinreichend, wenn auch knapp, dargelegt. Dass sie hilfsweise geltend gemacht wurde, hinderte die Portugiesische Republik in keiner Weise daran, sich zu ihr zu äußern.

56. Das von Portugal behauptete Fehlen von Erklärungen der Kommission zur Verletzung der Richtlinie 85/337 bei der Genehmigung eines Projekts für eine Ferienanlage im Gebiet von Ponta do Abano ist mit der Begründetheit der Klage zu prüfen.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Parteien

57. In ihrer Klageschrift bestreitet die Kommission das Vorbringen der Portugiesischen Republik im Vorverfahren, dass der Gebrauch des den Mitgliedstaaten belassenen Ermessens nur insoweit kontrolliert werden könne, als die ordnungsgemäße Umsetzung einer Richtlinie betroffen sei. Sie verweist auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes hierzu (Urteile vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-72/95, Kraaijeveld u. a., Slg. 1996, I-5403, Randnrn. 49 und 50, vom 16. September 1999 in der Rechtssache C-435/97, WWF u. a., Slg. 1999, I-5613, Randnr. 44, und Kommission/Irland, Randnr. 64). Eine ordnungsgemäße Umsetzung der Artikel 2 Absatz 1 und 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337 könne daher von der Portugiesischen Republik nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, um ein spezifisches Projekt von der in Artikel 2 Absatz 1 vorgesehenen Prüfungspflicht auszunehmen, bei dem, wie bei dem Projekt über die im Gebiet von Ponta do Abano verwirklichten Unternehmungen, - obschon es unter Anhang II der Richtlinie falle - aufgrund seiner Art, seiner Größe oder seines Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei.

58. Die Kommission bestreitet, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung eines Projekts zu einer Rechtsunsicherheit für die öffentliche Verwaltung und die Bürger führen könne, die der Ungewissheit eines rechtlichen Rahmens ausgesetzt seien, der durch eine spätere Einzelfallkontrolle der gemeinschaftlichen Stellen fortwährend gefährdet sei. Zunächst biete das Vertragsverletzungsverfahren bei Meinungsverschiedenheiten über Auslegungsfragen die Möglichkeit, den genauen Umfang der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zu ermitteln.

59. Sodann müssten die Mitgliedstaaten bei einem Projekt, das unter Anhang II der Richtlinie 85/337 falle, jedoch die Kriterien nicht erfuelle oder die in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Schwellenwerte nicht erreiche, unter Berücksichtigung der Art, der Größe und des Standorts des Projekts konkret die Möglichkeit einer erheblichen Auswirkung auf die Umwelt prüfen, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Richtlinie 85/337 rechtfertige.

60. Schließlich bestehe, solange die Verwaltungsentscheidung über die Genehmigung der vorgelegten Projekte noch nicht ergangen sei, kein wohlerworbenes Recht des Bauherrn (Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache C-150/97, Urteil vom 21. Januar 1999, Kommission/Portugal, Slg. 1999, I-259, Nr. 22).

61. Angesichts der angeführten Rechtsprechung ist die Kommission der Auffassung, dass es nicht ausreiche, zu behaupten, wie dies Portugal getan habe, dass das fragliche Projekt aufgrund seiner Größe nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfuelle. Im Gegenteil beschrieben die Decretos-Regulamentares Nr. 8/94 und Nr. 9/94 den Naturpark von Sintra-Cascais, in dem sich das Gebiet von Ponta do Abano befinde, als einen Raum,

- in dem Naturwerte von unbestreitbarem Interesse bestuenden, die ein nationales, wenn nicht universelles Erbe darstellten;

- der ein Gebiet von großer Sensibilität darstelle.

62. Daher hätte Portugal vor der Entscheidung über die Genehmigung des Standorts eine Umweltverträglichkeitsprüfung vornehmen müssen, auch wenn das Projekt die im nationalen Recht vorgesehene Größe nicht erreicht habe.

63. In ihrer Klagebeantwortung vertritt die Portugiesische Republik die Auffassung, dass die Genehmigung des Standorts des Projekts nicht gegen die Bestimmungen der Richtlinie 85/337 verstoße.

64. Portugal habe nämlich eine Prüfung der möglichen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 vorgenommen. Diese Prüfung sei auf zwei Ebenen erfolgt:

- Die Art und der Standort des Projekts seien anhand der Vorschriften geprüft worden, die die Richtlinie 85/337 umsetzten, und

- die Vereinbarkeit von Art, Größe und Standort des Projekts mit dem Raumordnungsplan für den Naturpark von Sintra-Cascais, d. h. dem Decreto-Regulamentar Nr. 9/94, sei geprüft worden.

65. Die nationalen Rechtsvorschriften, die die Richtlinie 85/337 umsetzten, stellten zwei Kriterien für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung von Projekten über Ferienanlagen auf, und zwar, dass sie nicht im Rahmen von Raumordnungsmaßnahmen vorgesehen seien und dass sie bestimmte Merkmale (Größe oder Besiedlungsdichte) aufwiesen. Da sich das Projekt in einem durch den Raumordnungsplan für den Naturpark von Sintra-Cascais als Präferenzgebiet für den Tourismus ausgewiesenen Gebiet befinde, habe Portugal schließen können, dass bei dem Projekt aufgrund seiner Art und seines Standorts nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei, obwohl es in einer Zone von großem Wert für die Umwelt angesiedelt sei.

66. Dem Raumordnungsplan für den Naturpark von Sintra-Cascais sei ein von 1981 bis 1994 in Geltung befindlicher großräumiger Plan über die Einteilung des Gebietes in Zonen, diesen beiden Plänen unzählige Studien über das Naturerbe und sehr ausgedehnte öffentliche Diskussionen vorausgegangen, die nicht nur die Bürger und nichtstaatliche Organisationen, sondern auch verschiedene Universitätsinstitute und öffentliche Einrichtungen einbezogen hätten.

67. Der Raumordnungsplan für den Naturpark von Sintra-Cascais umfasse vorrangige Zonen für den Naturschutz, Zonen ländlicher Umgebung, Zonen städtischer Umgebung und Präferenzgebiete für Tourismus und Freizeitaktivitäten. Die bedeutenden Naturwerte, einschließlich derer, die später von den portugiesischen Behörden identifiziert worden seien, da sie Arten und Habitate nach den Anhängen der Richtlinie 92/43 umfassten, seien durch die Klassifizierung der Zonen mit diesen Arten und Habitaten als im Raumordnungsplan festgelegte vorrangige Zonen für den Naturschutz ordnungsgemäß geschützt worden. Dieser Plan sei ein adäquates Instrument, um die von der Errichtung des Naturparks von Sintra-Cascais betroffenen Werte zu verwalten. Die Genehmigung des Projekts durch Portugal sei im Licht dieser Werte zu würdigen.

68. Das Präferenzgebiet für Tourismus und Freizeitaktivitäten, in dem die Feriendörfer gebaut werden müssten, sei vom Standpunkt des Naturerbes ordnungsgemäß ausgewählt worden. Es handele sich um ein Gebiet, das überwiegend mit sekundären degradierten und strukturell vereinfachten Pflanzengesellschaften aus mediterranen Sträuchern, die aus der natürlichen Regeneration anderer stärker entwickelter, durch Brände zerstörter Gesellschaften hervorgegangen seien, sowie mit Restbeständen von Eukalyptus, Strandkiefern, Schirmpinien und Seekiefern besiedelt sei.

69. Die portugiesischen Behörden hätten somit die Vereinbarkeit des Projekts mit den vom Raumordnungsplan vorgeschriebenen Spezifizierungen geprüft, insbesondere anhand der Kriterien der Qualität von Umwelt, Landschaft und Architektur sowie der Vereinbarkeit mit den für seine Größe und seine Besiedlungsdichte festgelegten Parametern gemäß Artikel 21 des Decreto-Regulamentar Nr. 9/94, mit dem der Raumordnungsplan genehmigt worden sei. Erst nach der positiven Stellungnahme der leitenden Kommission des Naturparks, die geprüft habe, ob das Projekt die Kriterien der Qualität der Umwelt, der Landschaft und der Architektur erfuelle, sei das Projekt im Einklang mit den Artikeln 20 und 4 des Decreto-Regulamentar Nr. 9/94 genehmigt worden.

70. Die Portugiesische Republik bestreitet daher die Auffassung der Kommission, dass das Projekt zwangsläufig erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt aufgrund der bloßen Tatsache habe, dass es im Naturpark von Sintra-Cascais angesiedelt sei. Die Sensibilität des Gebietes des Standorts sowie die Art und die Größe des Projekts seien ordnungsgemäß berücksichtigt worden. Folglich habe Portugal seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 85/337 nicht verletzt, da es gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie eine konkrete Prüfung des Projekts im Hinblick auf seine eventuellen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt vorgenommen habe.

71. In ihrer Erwiderung vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Klagebeantwortung der portugiesischen Regierung bestätige, dass Portugal keine konkrete Prüfung vorgenommen, sondern nur geprüft habe, ob das Projekt die im nationalen Recht aufgestellten Voraussetzungen erfuelle. Aus den in der Klageschrift dargelegten Gründen und unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes sei die Vertragsverletzung gegeben.

72. Die Ausführungen der portugiesischen Regierung stärkten die Position der Kommission. So sei die Tatsache, dass ein Projekt in einer Zone angesiedelt werde, die im nationalen Recht als Präferenzgebiet für den Tourismus ausgewiesen sei, nicht geeignet, sicherzustellen, dass in einem konkreten Fall keine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt bestehe. Im Übrigen zeigten die gelieferten Informationen, dass sich das fragliche Projekt in einer sehr sensiblen Zone befinde, in der zumindest die Flora bereits degradiert sei, was die Überzeugung der Kommission festige, dass die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei.

73. Schließlich bemerkt die Kommission, das Vorbringen, der Raumordnungsplan für den Naturpark von Sintra-Cascais sei ein adäquates Instrument, um die von der Errichtung dieses Parks betroffenen Erhaltungswerte zu verwalten, sei nicht mit dem portugiesischen Schreiben vom 30. März 2000 vereinbar, wonach beschlossen worden sei, den Raumordnungsplan mit sofortiger Wirkung zu überprüfen und auszusetzen und die Projekte für neue Bauten in den Präferenzgebieten für Tourismus und Freizeitaktivitäten zu untersagen.

74. In ihrer Gegenerwiderung weist die Portugiesische Republik darauf hin, dass die Kommission offenbar das Gebiet von Ponta do Abano, für das die Projekte genehmigt worden seien, und den Naturpark von Sintra-Cascais verwechsle. Letzterer sei schon immer dicht besiedelt gewesen und umfasse neben den Zonen von hohem Umweltwert urbane, ländliche und Freizeitgebiete.

75. Dass Portugal vorhandene Umweltwerte im Naturpark von Sintra-Cascais anerkenne, stehe im vorliegenden Verfahren nicht in Frage. Dieses Argument sei jedoch das einzige, das die Kommission zur Begründung ihrer Klage geltend mache.

76. Auf die Erwiderung hin trägt die Portugiesische Republik vor, dass die Kommission die Richtlinie 85/337 nicht zutreffend auslege. Sie verwechsle nämlich das Prüfungsverfahren nach den Artikeln 5 bis 10 der Richtlinie mit der Prüfung, ob erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt bestuenden, einen Vorgang in der Art eines einfachen Screening, das einem eventuellen förmlichen Prüfungsverfahren vorausgehe. Diese Vorprüfung sei im vorliegenden Fall mit der Prüfung der Art, der Größe und des Standorts des Projekts bei der Untersuchung der Vereinbarkeit im Rahmen des Raumordnungsplans durchgeführt und durch die positive Stellungnahme der leitenden Kommission des Naturparks von Sintra-Cascais bestätigt worden, die nach der durch das Decreto-Regulamentar Nr. 9/94 aufgestellten Regelung unabdingbar für die Genehmigung des Standorts sei. Es sei daher unzutreffend, zu behaupten, die Tatsache, dass ein Projekt in einer Zone angesiedelt werde, die in den nationalen Rechtsvorschriften als Präferenzgebiet für den Tourismus ausgewiesen sei, [sei] keinesfalls geeignet, sicherzustellen, dass in einem konkreten Fall keine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt bestehe.

77. Der Charakter aller Teilgebiete des Gebietes des Naturparks von Sintra-Cascais sei nach Abschluss vieler Studien festgelegt worden, die es ermöglicht hätten, die dann im Raumordnungsplan festgelegten Konturen anzulegen und die Regelung auszuarbeiten, mit der die Normen, Typologien und zulässigen Besiedlungsindexe für die Gebiete möglicher Urbanisierung festgesetzt worden seien, wie im Fall der Präferenzgebiete für Tourismus und Freizeitaktivitäten, für die das fragliche Projekt genehmigt worden sei.

78. Die Portugiesische Republik bestreitet, dass die Wahl des Standorts des Projekts in einem Gebiet, in dem die Vegetation degradiert und simplifiziert sei, die Auffassung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei notwendig, stärke. Man könne nicht geltend machen, dass die in den gemeinschaftlichen und nationalen Bestimmungen verteidigten Schutzziele darauf gerichtet seien, die vor der Klassifizierung als Erhaltungszonen oder vor der Besiedlung dieser Zonen durch den Menschen weggefallenen natürlichen Bedingungen wieder herzustellen. Die Kommission sei im Übrigen nicht berechtigt, die Kriterien der Verwaltung der Umweltwerte einer Schutzzone auf nationaler Ebene in Frage zu stellen, die lange vor dem Zeitpunkt festgelegt worden seien, zu dem die Mitgliedstaaten die Richtlinie 92/43 hätten umsetzen müssen.

79. Zur Aussetzung des Raumordnungsplans für den Naturpark von Sintra-Cascais legt die portugiesische Regierung dar, dass sie dessen Überprüfung auf der Grundlage einer Prüfung der verschiedenen ihn tragenden Faktoren, insbesondere des Umstands, dass die Umsetzung der Richtlinie 92/43 in nationales Recht den Mitgliedstaaten gesteigerte Verpflichtungen hinsichtlich ihres Beitrags zur Schaffung des Netzes Natura 2000 auferlege, habe vornehmen wollen. Die Untersuchung der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht sei jedoch im Licht der Erhaltungswerte vorzunehmen, die durch die zum Zeitpunkt der Schaffung des Naturparks geltenden Rechtsvorschriften geschützt gewesen seien, und nicht im Licht der Werte der Richtlinie 92/43.

Würdigung durch den Gerichtshof

80. Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Rahmen eines gemäß Artikel 226 EG eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens Sache der Kommission, das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachzuweisen. Sie muss dem Gerichtshof alle erforderlichen Anhaltspunkte liefern, anhand deren er das Vorliegen dieser Vertragsverletzung prüfen kann, wobei sie sich nicht auf Vermutungen stützen darf (u. a. Urteile vom 25. Mai 1982 in der Rechtssache 96/81, Kommission/Niederlande, Slg. 1982, 1791, Randnr. 6, vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C-404/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003, I-6695, Randnr. 26, und vom 6. November 2003 in der Rechtssache C-434/01, Kommission/Vereinigtes Königreich, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 21).

81. Im vorliegenden Fall stützt sich die Kommission auf die Richtlinie 85/337 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof, um der Portugiesischen Republik die fehlende Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Genehmigung eines Projekts vorzuwerfen, bei dem, obschon es nicht die vom Mitgliedstaat nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie festgelegten Schwellenwerte überschreitet, aufgrund seiner Art und seines Standorts im Gebiet von Ponta do Abano im Naturpark von Sintra-Cascais gleichwohl mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei.

82. Den Nachweis einer Verletzung von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 kann die Kommission nur erbringen, wenn sie darlegt, dass ein Mitgliedstaat nicht die Vorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, damit vor einer Erteilung der Genehmigung Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Dieser Nachweis kann etwa erbracht werden, wenn dargelegt wird, dass ein Mitgliedstaat nicht die Maßnahmen getroffen hat, die erforderlich sind, um zu prüfen, ob ein Projekt, das die Schwellenwerte nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/337 nicht erreicht, gleichwohl insbesondere aufgrund seiner Art, seiner Größe oder seines Standorts erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Die Kommission könnte auch darlegen, dass ein Projekt, bei dem mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, nicht Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung war, obwohl es dies hätte sein müssen.

83. Im vorliegenden Fall hat die Portugiesische Republik vorgetragen, dass aufgrund des Bestehens des Raumordnungsplans für den Naturpark von Sintra-Cascais und der Genehmigungsverfahren, die dieser Plan vorschreibe, alle Vorschriften erlassen worden seien, die erforderlich gewesen seien, damit die Behörden vor der Erteilung einer Genehmigung kontrollierten, ob das Projekt insbesondere aufgrund seiner Art, seiner Größe oder seines Standorts erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben könne und daher einer Prüfung in Bezug auf seine Auswirkungen unterzogen werden müsse.

84. Die Kommission hat dieses Vorbringen nicht bestritten. Sie hat auch nicht dargelegt, dass Portugal im vorliegenden Fall das Ermessen, über das es verfügt, überschritten hätte, indem es vor der Genehmigung des Projekts keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben hätte, obwohl bei ihm mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen gewesen sei.

85. Dass ein Projekt innerhalb eines Naturparks zu verwirklichen ist, begründet nämlich keine Vermutung dafür, dass dieses Projekt erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben wird. Die Kommission muss wenigstens ein Minimum an Nachweisen für die Auswirkungen liefern, die das Projekt auf die Umwelt haben kann.

86. Im vorliegenden Fall hat die Kommission das Vorbringen der Portugiesischen Republik nicht erwidert,

- der Naturpark von Sintra-Cascais umfasse nicht nur Zonen von hohem Umweltwert, sondern auch urbane, ländliche und Freizeitgebiete;

- die Präferenzgebiete für Tourismus und Freizeitaktivitäten, in denen die Projekte zu verwirklichen seien, seien gerade nach Maßgabe der Degradation der Vegetation ausgewählt worden.

87. Hierfür reicht nämlich die allgemeine Behauptung nicht aus, der Standort eines Projekts in einer Zone, die in den nationalen Rechtsvorschriften als Präferenzgebiet für den Tourismus ausgewiesen ist, sei nicht geeignet, sicherzustellen, dass in einem konkreten Fall keine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt bestehe. Ebenso konnte sich die Kommission nicht damit begnügen, festzustellen, dass die gelieferten Informationen zeigten, dass sich das fragliche Projekt in einer sehr sensiblen Zone befinde, in der zumindest die Flora bereits degradiert sei, ohne mit konkreten Beweisen darzutun, dass die portugiesischen Behörden einen offensichtlichen Ermessensfehler begangen haben, als sie den Standort des Projekts in einem gerade für einen solchen Projekttyp vorgesehenen Gebiet genehmigten.

88. Es ist festzustellen, dass das Vorbringen der Kommission auf der Vermutung gründet, dass ein Projekt im Gebiet eines Naturparks erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Diese Vermutung reicht nicht hin, um eine Verletzung von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 85/337 nachzuweisen. Zudem hat die Kommission die einschlägigen Erklärungen der Portugiesischen Republik nicht rechtlich ausreichend widerlegt.

89. Folglich ist die Vertragsverletzung nicht dargetan, und die Klage ist daher abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

90. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Portugiesische Republik einen solchen Antrag gestellt hat und die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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