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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: C-128/03
Rechtsgebiete: Richtlinie 96/92/EG


Vorschriften:

Richtlinie 96/92/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 14. April 2005. - AEM SpA (C-128/03) und AEM Torino SpA (C-129/03) gegen Autorità per l'energia elettrica e per il gas und andere. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Consiglio di Stato - Italien. - Elektrizitätsbinnenmarkt - Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung- Staatliche Beihilfen - Richtlinie 96/92/EG - Netzzugang - Diskriminierungsverbot. - Verbundene Rechtssachen C-128/03 und C-129/03.

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen C-128/03 und C-129/03

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Consiglio di Stato (Italien) mit Entscheidungen vom 14. Januar 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 24. März 2003, in den Verfahren

AEM SpA (C128/03) ,

AEM Torino SpA (C129/03)

gegen

Autorità per l'energia elettrica e per il gas u. a. ,

unterstützt durch

ENEL Produzione SpA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, S. von Bahr (Berichterstatter), J. Malenovský und U. Lõhmus,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der AEM SpA und der AEM Torino SpA, vertreten durch O. Brouwer, advocaat, und T. Salonico, avvocato,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. Oktober 2004

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung des Artikels 87 EG und der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 1997, L 27, S. 20), insbesondere ihrer Artikel 7 und 8.

2. Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Klagen der Gesellschaften AEM SpA (im Folgenden: AEM) und AEM Torino SpA (im Folgenden: AEM Torino), mit denen diese zwei Beschlüsse der Autorità per l'energia elettrica e per il gas (Elektrizitäts- und Gasbehörde, im Folgenden: AEEG) und ein Ministerialdekret angreifen, wonach bestimmte Wasser- und Erdwärmekraftwerke für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung eine erhöhte Gebühr zu zahlen haben.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrechtliche Regelung

3. Nach Artikel 1 der Richtlinie 96/92 werden mit dieser gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, übertragung und verteilung erlassen. Sie regelt ferner die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätssektors, den Marktzugang, die Kriterien und Verfahren für die Ausschreibungen und die Vergabe von Genehmigungen sowie den Betrieb der Netze.

4. Artikel 7 Absätze 1 und 5 der Richtlinie 96/92 sieht vor:

(1) Die Mitgliedstaaten oder von diesen dazu aufgeforderte Unternehmen, die Eigentümer von Übertragungsnetzen sind, benennen für einen Zeitrahmen, den sie unter Effizienzerwägungen und unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gleichgewichts festlegen, einen Netzbetreiber, der für den Betrieb, die Wartung sowie gegebenenfalls den Ausbau des Übertragungsnetzes in einem bestimmten Gebiet und der Verbindungsleitungen mit anderen Netzen verantwortlich ist und so die Versorgungssicherheit gewährleistet.

...

(5) Der Netzbetreiber enthält sich jeglicher Diskriminierung gegenüber den Netzbenutzern oder den Kategorien von Netzbesuchern, insbesondere zugunsten seiner Tochterunternehmen oder Aktionäre.

5. Artikel 8 Absätze 1 bis 3 der Richtlinie 96/92 bestimmt:

(1) Der Betreiber des Übertragungsnetzes ist verantwortlich für die Inanspruchnahme der Erzeugungsanlagen in seinem Gebiet und für die Nutzung der Verbindungsleitungen mit den anderen Netzen.

(2) Unbeschadet der Elektrizitätslieferung aufgrund vertraglicher Verpflichtungen einschließlich der Verpflichtungen aus den Ausschreibungsbedingungen erfolgen die Einspeisung aus den Produktionsanlagen und die Nutzung der Verbindungsleitungen auf der Grundlage von Kriterien, die der betreffende Mitgliedstaat genehmigt haben kann, die objektiv sein und veröffentlicht sowie auf nicht diskriminierende Weise angewandt werden müssen, damit ein einwandfreies Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarkts gewährleistet wird. Bei den Kriterien werden der wirtschaftliche Vorrang von Strom aus verfügbaren Erzeugungsanlagen oder aus dem Transfer aus Verbindungsleitungen sowie die sich für das Netz ergebenden technischen Beschränkungen berücksichtigt.

(3) Der Mitgliedstaat kann dem Betreiber des Übertragungsnetzes zur Auflage machen, dass er bei der Inanspruchnahme von Erzeugungsanlagen solchen den Vorrang gibt, in denen erneuerbare Energieträger oder Abfälle eingesetzt werden oder die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten.

6. Artikel 24 Absatz 1 der Richtlinie 96/92 sieht vor:

Mitgliedstaaten, in denen aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie vor Inkrafttreten dieser Richtlinie auferlegte Verpflichtungen oder erteilte Betriebsgarantien möglicherweise nicht erfüllt werden, können eine Übergangsregelung beantragen, die ihnen von der Kommission unter anderem unter Berücksichtigung der Dimension des betreffenden Systems, des Verbundgrads des Systems und der Struktur seiner Elektrizitätsindustrie gewährt werden kann. Vor einer entsprechenden Entscheidung unterrichtet die Kommission die Mitgliedstaaten unter Wahrung der Vertraulichkeit über diese Anträge. Die Entscheidung wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

7. Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 96/92 bestimmt, dass die Anträge auf Anwendung einer Übergangsregelung spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie bei der Kommission eingereicht werden müssen.

Nationale Regelung

8. Das Decreto legislativo Nr. 79 vom 16. März 1999 zur Durchführung der Richtlinie 96/92/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt ( Gazzetta ufficiale della Repubblica italiana Nr. 75 vom 31. März 1999, S. 8, im Folgenden: Decreto legislativo Nr. 79/99) sieht in Artikel 3 Absatz 10 vor, dass für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung eine Gebühr an den Netzbetreiber zu entrichten ist. Diese Gebühr wird unabhängig vom Ort der Erzeugungsstätten und der Endabnehmer und auf jeden Fall auf der Grundlage nicht diskriminierender Kriterien festgelegt. Für die Festlegung der Gebühr und die Anpassung ihres Tarifs ist die AEEG zuständig.

9. Artikel 3 Absatz 11 des Decreto legislativo Nr. 79/99 bestimmt, dass die Gemeinkosten des Elektrizitätsnetzes verschiedene Bestandteile umfassen: die Kosten der Forschungstätigkeiten, die Kosten des Abbruchs stillgelegter Atomkraftwerke und die Kosten der Beendigung des Atombrennstoffzyklus sowie der damit verbundenen und sich daraus ergebenden Tätigkeiten. Diese Gemeinkosten werden auf Vorschlag der AEEG durch ein Dekret oder mehrere Dekrete des Ministro dell'industria, del commercio e dell'artigianato (Minister für Industrie, Handel und Handwerk) im Einvernehmen mit dem Ministro del tesoro, del bilancio e della programmazione economica (Minister für Staatsfinanzen, Haushalt und Wirtschaftsplanung) festgelegt.

10. Artikel 2 Absatz 1 des Dekrets des Ministers für Industrie, Handel und Handwerk vom 26. Januar 2000 zur Festlegung der Gemeinkosten des Elektrizitätssystems, das auf Vorschlag der AEEG und im Einvernehmen mit dem Minister für Staatsfinanzen, Haushalt und Wirtschaftsplanung erlassen wurde ( Gazzetta ufficiale della Repubblica italiana Nr. 27 vom 3. Februar 2000, S. 12, im Folgenden: Dekret vom 26. Januar 2000) bestimmt, dass sich die Gemeinkosten des Elektrizitätssystems wie folgt zusammensetzen:

a) Erstattung des infolge der Durchführung der... Richtlinie 96/92... nicht wiedererlangbaren Teils der Kosten für die Stromerzeugung an die Erzeuger- und Verteilerunternehmen anhand der in diesem Dekret festgelegten Kriterien;

b) Ausgleich für die aufgrund der Durchführung der... Richtlinie 96/92... höhere Valorisierung der Elektrizität, die von Wasser- und Erdwärmekraftwerken erzeugt wurde, die am 19. Februar 1997 im Eigentum oder zur Verfügung der Erzeuger- und Verteilerunternehmen standen;

c) Kosten des Abbruchs der stillgelegten Atomkraftwerke, der Beendigung des Atombrennstoffzyklus sowie der damit verbundenen und sich daraus ergebenden Tätigkeiten;

d) Kosten der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, soweit sie der technologischen Innovation des Elektrizitätssystems im allgemeinen Interesse dient;

e) Anwendung von Vorzugstarifen für Elektrizitätslieferungen gemäß den in Artikel 2 Absatz 2.4 des Beschlusses der [AEEG] Nr. 70/97 genannten Bestimmungen und gemäß dem Dekret des Ministers für Industrie, Handel und Handwerk vom 19. Dezember 1995.

11. Was den in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b des Dekrets vom 26. Januar 2000 genannten Ausgleich der höheren Valorisierung betrifft, so sieht Artikel 3 Absatz 3 desselben Dekrets, der im Titel Belastungen aufgrund der Durchführung der Richtlinie 96/92... steht, Folgendes vor:

Zum auch nur teilweisen Ausgleich der Gemeinkosten des Elektrizitätsnetzes wird... ab 1. Januar 2000 auf die Dauer von sieben Jahren nach Maßgabe der in Artikel 5 festgelegten Modalitäten ausschließlich die höhere Valorisierung der Elektrizität abgeschöpft, die von Wasser- und Erdwärmekraftwerken erzeugt wurde und nicht zur Beitragsleistung [zugunsten neuer Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen] nach den Beschlüssen des Comitato interministeriale dei prezzi [interministerieller Preisausschuss] Nr. 15 vom 12. Juli 1989, Nr. 34 vom 14. November 1990 und Nr. 6 vom 29. April 1992 mit späteren Änderungen und Ergänzungen zugelassen war. Die Vorschriften dieses Absatzes gelten nicht für Anlagen mit einer Nominalleistung von nicht mehr als 3 MW und für mit Pumpen betriebene Wasserkraftwerke.

12. Artikel 5 Absatz 9 des Dekrets vom 26. Januar 2000 bestimmt:

Die für den in Artikel 3 Absatz 3 festgelegten Zeitraum abzuschöpfende höhere Valorisierung entspricht für das Jahr 2000 den anerkannten variablen Einheitenkosten der Elektrizität, die von Wärmekraftwerken erzeugt wird, die handelsübliche fossile Brennstoffe im Sinne von Artikel 6 Absatz 6.5 des Beschlusses Nr. 70/97 der [AEEG] verwenden, und für die folgenden Jahre für jedes Werk und jeden Zweimonatszeitraum einer Quote des Unterschieds zwischen dem gewichteten Durchschnittswert der Großhandelspreise für Elektrizität, die auf dem nationalen Markt zu den verschiedenen Zeiten des Zweimonatszeitraums abgegeben wird, wobei für die Gewichtung die Menge der von dem Werk zu den verschiedenen Zeiten des Zweimonatszeitraums erzeugten Elektrizität heranzuziehen ist, und den durchschnittlichen Einheitenfixkosten des Werks, wie sie jährlich bis zum 31. Dezember des Vorjahres von der [AEEG] festgelegt werden. Diese Quote entspricht 75 % für die Jahre 2001 und 2002, 50 % für die Jahre 2003 und 2004 und 25 % für die Jahre 2005 und 2006. Danach beträgt die Quote null.

13. Nach Artikel 2 Absätze 1 und 2 des Beschlusses Nr. 231/00 der AEEG vom 20. Dezember 2000 und Artikel 2 Absätze 1, 2 und 8 des Beschlusses Nr. 232/00 der AEEG vom 20. Dezember 2000 über die Festlegung der Erhöhung der Gebühren für den Zugang zum nationalen Übertragungsnetz und seine Benutzung mit durch Wasser- und Erdwärmekraftwerke erzeugter Elektrizität für die Jahre 2000 bis 2006 ( Gazzetta ufficiale della Repubblica italiana , Supplemento ordinario Nr. 4 vom 5. Januar 2001, S. 13, im Folgenden: Beschluss Nr. 231/00 und Beschluss Nr. 232/00) unterliegt die in Artikel 3 Absatz 3 des Dekrets vom 26. Januar 2000 genannte Elektrizität, die von Anlagen erzeugt und in das Netz eingespeist wurde, die am 19. Februar 1997 im Eigentum oder zur Verfügung der Erzeuger- und Verteilerunternehmen standen, einer Erhöhung der Gebühr für die Netzbenutzung zur Deckung der dynamischen Dienste, die als Ausgleich für die höhere Valorisierung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b des Dekrets vom 26. Januar 2000 dient.

14. Das Aufkommen aus der Gebührenerhöhung nach den Artikeln 2 der Beschlüsse Nrn. 231/00 und 232/00 (im Folgenden: Gebührenerhöhung) wird nach den Artikeln 3 Absatz 1 dieser Beschlüsse vom Netzbetreiber an die Cassa conguaglio per il settore elettrico (Ausgleichskasse für den Elektrizitätssektor, im Folgenden: Ausgleichskasse) gezahlt. Die Artikel 3 Absatz 2 der genannten Beschlüsse sehen vor, dass diese Zahlungen auf das Conto per la gestione della compensazione della maggiore valorizzazione dell'energia elettrica nella transizione (Konto für die Verwaltung des Ausgleichs für die höhere Valorisierung der Elektrizität während der Übergangszeit) fließen. Nach den Artikeln 3 Absatz 3 der Beschlüsse wird ein eventueller Überschuss auf diesem Konto auf das Conto per nuovi impianti da fonti rinnovabili e assimilate (Konto für neue Anlagen, die erneuerbare und diesen gleichgestellte Energiequellen nutzen) überwiesen.

Ausgangsverfahren

15. Aus den Vorlageentscheidungen ergibt sich, dass AEM und AEM Torino beim Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia Klagen erhoben gegen die Beschlüsse Nrn. 231/00 und 232/00 sowie die ihnen vorausgehenden, ihnen zugrunde liegenden und mit ihnen verbundenen Rechtsakte, darunter das Dekret vom 26. Januar 2000.

16. Nach der Abweisung dieser Klagen legten AEM und AEM Torino Rechtsmittel beim Consiglio di Stato mit dem Antrag auf Aufhebung der klageabweisenden Entscheidungen ein.

17. In den Vorlageentscheidungen führt der Consiglio di Stato insbesondere aus, nach dem Vorbringen von AEM und AEM Torino falle die Gebührenerhöhung in vollem Umfang unter die Regelung über durch Abgaben auf die Lieferungen von Unternehmen des Sektors finanzierte Betriebsbeihilfen für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige, so dass staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG vorlägen, die im vorliegenden Fall gewährt worden seien, ohne dass das im EG-Vertrag geregelte Verfahren durchgeführt worden sei. AEM und AEM Torino führten weiter aus, dass ein differenzierter Preis für den Zugang zum Übertragungsnetz, der zu einer erhöhten Belastung bestimmter Unternehmen führe, einen Verstoß gegen eines der grundlegenden Prinzipien der Richtlinie 96/92 betreffend den diskriminierungsfreien Zugang aller zum Netz darstelle.

Vorlagefragen

18. Nach Ansicht des Consiglio di Stato ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der streitigen Bestimmungen, dass die Gebührenerhöhung auf der Notwendigkeit beruht, für die unverdienten Vorteile und Ungleichgewichte im Wettbewerb, die während der auf die Zeit von 2000 bis 2006 festgelegten ersten Phase der Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes infolge der Umsetzung der Richtlinie 96/92 aufgetreten seien, einen Ausgleich zu schaffen.

19. Er führt dazu aus, dass die Erzeuger- und Verteilerunternehmen von aus Wasser- und Erdwärmekraftwerken stammender Elektrizität vor der Liberalisierung einen Tarif angewandt hätten, in dem ein Bestandteil, der Tarifbestandteil B, sich auf die Brennstoffkosten bezogen habe. Der auf diesen Tarifbestandteil entfallende Anteil sei jedoch von den Unternehmen an die Ausgleichskasse überwiesen worden, die ihn wiederum an die Wärmekraftwerke ausgezahlt habe, die als einzige Brennstoffkosten zu tragen gehabt hätten.

20. Die vorgenommene Änderung habe den genannten Unternehmen einen doppelten Vorteil verschafft. Zum einen könnten diese Unternehmen aufgrund der Abschaffung des Bestandteils B des Tarifs für Kunden des gebundenen Marktes, der in der Vergangenheit für die Ausgleichskasse bestimmt gewesen sei, einen Preis vereinnahmen, der für den noch einer Tarifregelung unterliegenden gebundenen Markt im gesamten Staatsgebiet in gleicher Höhe auf der Grundlage von Parametern festgelegt worden sei, die noch Brennstoffkosten berücksichtigten, obwohl die Unternehmen solche nicht zu tragen hätten. Zum anderen werde dieser Vorteil auch auf dem freien Markt für zugelassene Kunden zur Geltung kommen, da die Großhandelsabgabepreise auf dem gebundenen Markt einen Bezugspunkt für bilaterale Vereinbarungen auf dem freien Markt darstellten. Diese beiden Vorteile gingen allein auf die Änderung des rechtlichen Rahmens infolge der Liberalisierung des Sektors zurück und nicht auf eine Änderung der Parameter Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit.

21. Der Consiglio di Stato weist darauf hin, dass die AEEG in einer Informationsmitteilung über die Regulierung der Tarife vom 4. August 1999 (im Folgenden: Informationsmitteilung) ausgeführt habe, dass diese höhere Valorisierung der Erzeugung mit Wasserkraft und Erdwärme, wenn sie den Erzeuger- und Verteilerunternehmen belassen würde, als unmittelbare Folge des Liberalisierungsprozesses diesen Unternehmen Einnahmen verschaffen und zu einer Belastung des Elektrizitätsnetzes führen würde, indem den Verbrauchern höhere Tarifausgaben aufgebürdet würden, die nicht auf höheren Kosten beruhten.

22. In der Informationsmitteilung heiße es weiter: Bei Elektrizität, die von Wasser- und Erdwärmekraftwerken erzeugt wird, muss diese Folge dadurch vermieden werden, dass die Gebühren für den Zugang zu den Übertragungsn etzen und ihre Benutzung im Sinne von Artikel 3 Absatz 10 des Decreto legislativo Nr. 79/99 für diese Energie bis zum Ablauf der zur Zeit geltenden aktuellen Konzessionen für die Umleitung von Wasser und die Nutzung von Erdwärme zur Stromerzeugung erhöht werden. Das Aufkommen aus diesen Erhöhungen kann zum Ausgleich von nicht wiedererlangbaren Kosten, die auftreten und anderweitig nicht berücksichtigt werden könnten, oder zur Finanzierung der Gemeinkosten des Elektrizitätsnetzes verwendet werden, darunter z. B. diejenigen der Förderung der Elektrizität, die von Werken erzeugt wird, die erneuerbare Energiequellen nutzen.

23. In Anhang 2 der Informationsmitteilung werde zunächst ausgeführt, dass die auf der Regelung vor der Umsetzung der Richtlinie 96/92 beruhende Tarifregelung die Leistung von Beiträgen für die Elektrizitätserzeugung vorgesehen habe, die von der Ausgleichskasse gezahlt worden und nach Anlagetypen und Erzeugern differenziert gewesen seien.

24. In dem genannten Anhang werde festgestellt, dass eine derartige Differenzierung im Beitragssystem für die Elektrizitätserzeugung mit einer liberalisierten Erzeugungsordnung unvereinbar sei. In einer solchen Ordnung werde sich zu jeder Zeit unvermeidlich ein einheitlicher Marktpreis für Elektrizität im Großhandel bilden, den alle Erzeuger unabhängig vom Typ der genutzten Anlage festlegten und verlangten.

25. Schließlich werde in diesem Anhang ausgeführt, dass die Einnahmen, die sich daraus für die in Wasser- oder Erdwärmekraftwerken erzeugte Elektrizität ergäben, von der Verfügbarkeit knapper Ressourcen, d. h. Wasser und Erdwärme zur Erzeugung von Elektrizität, abhingen, die im gegenwärtigen System nicht angemessen valorisiert würden.

26. Der Consiglio di Stato verweist darauf, dass die erhöhte Gebühr für den Zugang zum nationalen Übertragungsnetz und seine Benutzung für die auf dem freien Markt vertriebene Elektrizität mit dem Beschluss Nr. 231/00 ab dem Jahr 2000, für die auf dem gebundenen Markt vertriebene Elektrizität dagegen mit dem Beschluss Nr. 232/00 erst ab dem Jahr 2001 eingeführt worden sei. Das erkläre sich dadurch, dass der Tarifbestandteil B und die damit verbundenen Beiträge zu den Brennstoffkosten für den letztgenannten Markt erst ab dem Jahr 2001 aufgehoben worden seien.

27. Der Consiglio di Stato führt weiter aus, dass die Abschöpfung der höheren Valorisierung degressiv bis Ende 2006 festgelegt sei, damit der Markt ein tatsächlich wettbewerbsmäßiges Gleichgewicht erreichen könne.

28. Außerdem hält der Consiglio di Stato fest, dass die Gebührenerhöhung nicht auf Artikel 24 der Richtlinie 96/92 gestützt sei.

29. Aufgrund dieser Erwägungen hält es der Consiglio di Stato für erforderlich, erstens zu überprüfen, ob eine Regelung wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende eine staatliche Beihilfe im Sinne der Artikel 87 ff. EG umfasst.

30. Dazu führt er aus, dass das Aufkommen aus der Gebührenerhöhung nicht im Wege einer Überkreuz-Subventionierung bestimmten auf dem Markt tätigen Unternehmen oder Unternehmenskategorien zugute komme, sondern zugunsten des Nutzers die Gemeinkosten des Elektrizitätsnetzes abdecken solle. Es handele sich somit um eine allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme, mit der nicht bezweckt werde, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige zu begünstigen, sondern vielmehr ein allgemeines Interesse verfolgt werden solle. Entgegen einigen Hinweisen in den vorbereitenden Arbeiten sähen die fraglichen Bestimmungen nämlich keine Umverteilung von Einnahmen zugunsten einer bestimmten Kategorie von Unternehmen vor, um so nicht wiedererlangbare Kosten abzudecken. Außerdem sähen die Beschlüsse Nrn. 231/00 und 232/00 nur als bloße Möglichkeit vor, dass die eventuellen Überschüsse auf dem Konto für die Verwaltung des Ausgleichs der höheren Valorisierung der Elektrizität während der Übergangszeit auf das Konto für neue Anlagen, die erneuerbare und diesen gleichgestellte Energiequellen nutzen, überwiesen würden. Letztendlich sei nicht die Bestimmung des Dekrets vom 26. Januar 2000, die ein Zusammenfließen der fraglichen Beträge auf einem Konto zur Bestreitung der Gemeinkosten des Systems vorsehe, als staatliche Beihilfen zu bewerten, sondern allenfalls die davon getrennte spätere Entscheidung, mit der diese nunmehr zur Verfügung der öffentlichen Hand stehenden Gelder bestimmten Unternehmen oder Produktionszweigen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zugeleitet würden.

31. Zweitens hält es der Consiglio di Stato für erforderlich, die Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit den Grundsätzen und Bestimmungen der Richtlinie 96/92 zu überprüfen, und zwar insbesondere denen des Artikels 7 dieser Richtlinie und ihrer 25. Begründungserwägung hinsichtlich der Garantie des diskriminierungsfreien Zugangs aller zum Netz und denen des Artikels 8 dieser Richtlinie hinsichtlich der Festlegung der Kriterien für die Inanspruchnahme der Erzeugungsanlagen.

32. Daher hat der Consiglio di Stato die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende beiden, in den Rechtssachen C128/03 und C129/03 gleich abgefassten Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Kann eine Verwaltungsmaßnahme, die unter den Bedingungen und zu den Zwecken, die in der Begründung des Beschlusses näher dargelegt sind, bestimmten Unternehmen, die das Elektrizitätsübertragungsnetz benutzen, eine erhöhte Gebühr für den Zugang und die Benutzung auferlegt, um die Gemeinkosten des Elektrizitätssystems zu finanzieren, im Sinne der Artikel 87 ff. EG als staatliche Beihilfe betrachtet werden?

2. Sind die in der Richtlinie 96/92 verankerten Grundsätze der Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes und insbesondere die Artikel 7 und 8 über den Betrieb des Energieübertragungsnetzes dahin auszulegen, dass sie einen Mitgliedstaat daran hindern, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen bestimmten Unternehmen, um die höhere Valorisierung der Wasserkraft- und Erdwärmeelektrizität auszugleichen, die aus den in der Begründung des Beschlusses näher dargelegten Gründen auf die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, übergangsweise für den Zugang zum Übertragungsnetz und dessen Benutzung eine erhöhte Gebühr auferlegt wird, die dazu bestimmt ist, die Gemeinkosten des Elektrizitätssystems zu finanzieren?

33. Mit Beschluss vom 6. Mai 2003 hat der Präsident des Gerichtshofes die Verbindung der Rechtsachen C128/03 und C129/03 angeordnet.

Zur Sache

Zur ersten Frage

34. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der ein Mitgliedstaat nur bestimmten Nutzern des nationalen Elektrizitätsübertragungsnetzes eine erhöhte Netzzugangs- und -benutzungsgebühr auferlegt, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 EG ist.

Vor dem Gerichtshof abgegebene Erklärungen

35. AEM und AEM Torino verweisen darauf, dass das Dekret vom 26. Januar 2000 und die Beschlüsse Nrn. 231/00 und 232/00 sowie die Entscheidung Nr. 228/01 der AEEG vom 18. Oktober 2001 über die Annahme einer konsolidierten Fassung der Vorschriften der AEEG für die Leistung von Diensten der Übertragung, des Messens und des Verkaufs von Elektrizität ( Gazetta ufficiale della Repubblica italiana , Supplemento ordinario Nr. 277 vom 22. Dezember 2001, S. 5) bestimmte Erzeuger und Verteiler von aus Wasserkraft oder Erdwärme gewonnener Elektrizität verpflichteten, eine erhöhte Gebühr für den Zugang zum nationalen Übertragungsnetz zu zahlen, um die Gemeinkosten des Elektrizitätssystems und die Erzeugungskosten der Kraftwerke auszugleichen, die zur Beihilferegelung zugunsten der neuen Anlagen, die erneuerbare Energiequellen nutzten, zugelassen seien. Diese Bestimmungen seien integraler Bestandteil der Regelungen über staatliche Beihilfen, die im Dekret vom 26. Januar 2000 zur Finanzierung der Gemeinkosten des italienischen Elektrizitätssystems (nicht wiedererlangbare Kosten) und in Artikel 22 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 9/91 vom 9. Januar 1991 über die Vorschriften zur Durchführung des neuen nationalen Energieplans: institutionelle Aspekte, Wasserkraftwerke und elektrische Leitungen, Kohlenwasserstoffe und Erdwärme, Selbsterzeugung sowie steuerliche Bestimmungen ( Gazetta ufficiale della Repubblica italiana , Supplemento ordinario Nr. 13 vom 16. Januar 1991, S. 3) vorgesehen seien, um Anreize zur Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren und ihnen gleichgestellten Energiequellen zu gewähren.

36. Die italienische Regierung macht geltend, dass eine Verwaltungsmaßnahme, die im Zusammenhang mit sinkenden Erzeugungskosten bestimmten Erzeuger- und Verteilerunternehmen von Wasserkraft- und Erdwärmeelektrizität, die das nationale Übertragungsnetz nutzten, eine temporäre und degressive Erhöhung der Zugangs- und Nutzungsgebühr auferlege, mit der die Gemeinkosten des Elektrizitätssystems finanziert werden sollten, nicht als staatliche Beihilfe eingestuft werden könne.

37. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt vor, dass eine Maßnahme wie die, die Gegenstand der Ausgangsverfahren sei und die nach präzisen Bedingungen und aus präzisen Gründen für bestimmte Unternehmen, die die Leitungen des Elektrizitätsnetzes nutzten, eine erhöhte Gebühr für den Zugang zum Netz und seine Benutzung vorsehe, mit der die Gemeinkosten des Elektrizitätssystems finanziert werden solle, keine staatliche Beihilfe im Sinne der Artikel 87 ff. EG sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

38. Artikel 87 Absatz 1 EG definiert die im EG-Vertrag geregelten staatlichen Beihilfen als staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Der Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung ist weiter als derjenige der Subvention, da er nicht nur positive Leistungen wie etwa Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen umfasst, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat (vgl. u. a. Urteile vom 23. Februar 1961 in der Rechtssache 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Slg. 1961, 1, 43, vom 29. Juni 1999 in der Rechtssache C256/97, DM Transport, Slg. 1999, I3913, Randnr. 19, und vom 14. September 2004 in der Rechtssache C276/02, Spanien/Kommission, Slg. 2004, I0000, Randnr. 24).

39. Doch erfasst der Begriff der Beihilfe solche Maßnahmen nicht, die eine Differenzierung zwischen Unternehmen im Bereich von Belastungen vornehmen, wenn diese Differenzierung aus der Natur oder dem inneren Aufbau der fraglichen Lastenregelung folgt (vgl. u. a. Urteile vom 26. September 2002 in der Rechtssache C351/98, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I8031, Randnr. 42, und vom 29. April 2004 in der Rechtssache C159/01, Niederlande/Kommission, Slg. 2004, I4461, Randnr. 42).

40. In den Ausgangsverfahren ergibt sich aus den Vorlageentscheidungen, dass mit der erhöhten Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung, die nur von den Erzeuger- und Verteilerunternehmen von aus Wasser- oder Erdwärmekraftwerken stammender Elektrizität verlangt wird, das Ziel verfolgt wird, den Vorteil auszugleichen, der diesen Unternehmen durch die Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes infolge der Umsetzung der Richtlinie 96/92 entstanden ist. Denn die Übergangsregelung für die erste Phase der genannten Liberalisierung erlaubt es den genannten Unternehmen, zum einen auf dem gebundenen Markt einen Preis zu verlangen, der auf der Grundlage von Parametern festgelegt wird, die Brennstoffkosten berücksichtigen, die diese Unternehmen nicht zu tragen haben und die nicht mehr durch einen von ihnen an die Ausgleichskasse gezahlten Tarifbestandteil ausgeglichen werden, und zum anderen auf dem freien Markt einen Preis zu verlangen, für den der Großhandelsabgabepreis auf dem gebundenen Markt einen Bezugspunkt darstellt, obwohl die Ressourcen Wasser und Erdwärme, wie sich insbesondere aus Anhang 2 der Informationsmitteilung ergibt, im Rahmen der Konzessionen für die Umleitung von Wasser und die Nutzung von Erdwärme zur Stromerzeugung noch nicht angemessen valorisiert wurden.

41. Wie das vorlegende Gericht ausgeführt hat, geht dieser Vorteil nicht auf eine Änderung der Parameter Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit zurück, sondern auf die Änderung des rechtlichen Rahmens infolge der Liberalisierung des Elektrizitätssektors.

42. Außerdem ergibt sich aus der Informationsmitteilung, dass die von diesen Unternehmen erzeugte Elektrizität nur bis zum Ablauf der zur Zeit geltenden Konzessionen für die Umleitung von Wasser und die Nutzung von Erdwärme zur Stromerzeugung der erhöhten Gebühr unterliegt. Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich auch, dass die erhöhte Gebühr degressiv bis Ende 2006 ausgestaltet ist.

43. Daraus ist abzuleiten, dass eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der übergangsweise für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung eine erhöhte Gebühr allein von den Erzeuger- und Verteilerunternehmen von aus Wasser- und Erdwärmekraftwerken stammender Elektrizität verlangt wird, um den diesen Unternehmen durch die Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes infolge der Umsetzung der Richtlinie 96/92 während der Übergangszeit entstehenden Vorteil auszugleichen, eine Differenzierung zwischen Unternehmen im Bereich von Belastungen darstellt, die aus der Natur und dem inneren Aufbau der fraglichen Lastenregelung folgt. Daher ist diese Differenzierung als solche keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 EG.

44. AEM und AEM Torino machen allerdings geltend, dass die Gebührenerhöhung integraler Bestandteil der Regelungen über staatliche Beihilfen sei, die das Dekret vom 26. Januar 2000 zur Finanzierung der Gemeinkosten des italienischen Elektrizitätssystems (nicht wiedererlangbare Kosten) und Artikel 22 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 9/91 zur Förderung der Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren und ihnen gleichgestellten Energiequellen vorsähen.

45. Dazu ist darauf zu verweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Finanzierungsweise einer Beihilfe die ganze Beihilferegelung, die damit finanziert werden soll, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar machen kann. Eine Beihilfe darf daher nicht getrennt von den Auswirkungen ihrer Finanzierungsweise untersucht werden. Vielmehr muss die Untersuchung einer Beihilfemaßnahme durch die Kommission notwendigerweise auch die Finanzierungsweise der Beihilfe berücksichtigen, wenn diese Finanzierungsweise Bestandteil der Maßnahme ist (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2003 in den Rechtssachen C261/01 und C262/01, Van Calster u. a., Slg. 2003, I12249, Randnr. 49).

46. Damit eine parafiskalische Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, muss jedoch nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen ihr und der Beihilfe notwendig ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne bestehen, dass das Aufkommen aus der parafiskalischen Abgabe notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird. Nur wenn ein solcher Zusammenhang besteht, beeinflusst das Abgabenaufkommen unmittelbar den Umfang der Beihilfe und folglich die Beurteilung von deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Januar 2005 in den Rechtssachen C174/02, Streekgewest, Slg. 2005, I0000, Randnr. 26, und C175/02, Pape, Slg. 2005, I0000, Randnr. 15).

47. Wenn daher in einer Situation wie derjenigen der Ausgangsverfahren ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung und einer nationalen Beihilferegelung in dem Sinne besteht, dass das Aufkommen aus der Erhöhung notwendig für die Finanzierung der genannten Beihilfe verwendet wird, so ist die Erhöhung Bestandteil dieser Regelung und muss demnach zusammen mit ihr geprüft werden.

48. Dazu ist festzustellen, dass die Akten keine hinreichend genauen Informationen enthalten, damit sich der Gerichtshof zu dieser Frage äußern könnte.

49. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu bemerken, dass die Kommission ausgeführt hat, dass ihr die italienischen Behörden am 25. Juli 2000 das Dekret vom 26. Januar 2000 als Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG mitgeteilt hätten und dass in diesem Dekret auf den Ausgleich der höheren Valorisierung und damit indirekt auf die Gebührenerhöhung Bezug genommen werde. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission erklärt, dass das Verfahren zur Prüfung dieses Dekrets noch nicht abgeschlossen sei.

50. Damit ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der übergangsweise für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung eine erhöhte Gebühr allein von den Erzeuger- und Verteilerunternehmen von aus Wasser- und Erdwärmekraftwerken stammender Elektrizität verlangt wird, um den diesen Unternehmen durch die Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes infolge der Umsetzung der Richtlinie 96/92 während der Übergangszeit entstehenden Vorteil auszugleichen, eine Differenzierung zwischen Unternehmen im Bereich von Belastungen darstellt, die aus der Natur und dem inneren Aufbau der fraglichen Lastenregelung folgt. Daher ist diese Differenzierung als solche keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 EG.

51. Doch darf eine Beihilfe nicht getrennt von den Auswirkungen ihrer Finanzierungsweise untersucht werden. Wenn daher in einer Situation wie derjenigen der Ausgangsverfahren ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung und einer nationalen Beihilferegelung in dem Sinne besteht, dass das Aufkommen aus der Erhöhung notwendig für die Finanzierung der genannten Beihilfe verwendet wird, so ist die Erhöhung Bestandteil dieser Regelung und muss demnach zusammen mit ihr geprüft werden.

Zur zweiten Frage

52. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Artikel 7 Absatz 5 und 8 Absatz 2 der Richtlinie 96/92 es einem Mitgliedstaat mit dem Verbot jeder Diskriminierung zwischen Nutzern des nationalen Elektrizitätsübertragungsnetzes verwehren, übergangsweise eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende zu erlassen, mit der nur von bestimmten Elektrizitätserzeugungs- und verteilungsunternehmen eine erhöhte Gebühr für den Zugang zu dem genannten Netz und seine Benutzung verlangt wird.

Vor dem Gerichtshof abgegebene Erklärungen

53. AEM und AEM Torino machen geltend, dass eine Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Übertragungsnetz und seine Benutzung, die - auch nur übergangsweise - lediglich gegenüber bestimmten Unternehmen angewandt werde, insbesondere angesichts des Umstands, dass die Zeit der Erhöhung mit der Phase der Einführung des Wettbewerbs auf dem italienischen Elektrizitätsmarkt nach seiner Öffnung zusammenfalle, gegen das in der Richtlinie 96/92 vorgesehene fundamentale Prinzip des Zugangs zum Netz nach objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien verstoße.

54. Die italienische Regierung ist der Ansicht, dass es nicht gegen die in der Richtlinie 96/92 niedergelegten Grundsätze verstoße, wenn ein Mitgliedstaat gegenüber bestimmten Elektriztätserzeugungs- und verteilungsunternehmen eine vorübergehende und degressive Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung anwende, um eine Begünstigung aufgrund der höheren Valorisierung von Elektrizität aus Wasserkraft und Erdwärme zu vermeiden, die auf den neuen gesetzlichen Rahmen nach der Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes zurückzuführen sei.

55. Die Kommission nimmt an, dass die in der Richtlinie 96/92 niedergelegten Grundsätze für die Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes und insbesondere die Bestimmungen der Artikel 7 und 8 über den Betrieb des nationalen Übertragungsnetzes es einem Mitgliedstaat nicht verwehrten, übergangsweise eine Maßnahme zu erlassen, die zum Ausgleich der auf die Änderung des gesetzlichen Rahmens zurückgehenden höheren Valorisierung der Elektrizität aus Wasserkraft und Erdwärme und zur Finanzierung der Gemeinkosten des Elektrizitätssystems für bestimmte Unternehmen eine Gebührenerhöhung vorsehe.

Würdigung durch den Gerichtshof

56. Zunächst ist festzustellen, dass Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie 96/92 auf den Betreiber des nationalen Elektrizitätsübertragungsnetzes abstellt und dass Artikel 8 Absatz 2 derselben Richtlinie die Einspeisung aus den Elektrizitätserzeugungsanlagen regelt. Bei den in den Ausgangsrechtssachen in Rede stehenden Maßnahmen handelt es sich jedoch zum einen um ein Ministerialdekret und um Entscheidungen, die von einer Behörde und nicht vom Netzbetreiber erlassen wurden. Zum anderen betreffen die nationalen Vorschriften, gegen die sich die Klagen von AEM und AEM Torino richten, die Bedingungen für den Zugang zum Netz und nicht die Regelung der Einspeisung aus den Elektrizitätserzeugungsanlagen.

57. Allerdings ergibt sich aus Artikel 16 der Richtlinie 96/92, dass die Mitgliedstaaten bei der Organisation des Netzzugangs zwar zwischen dem System des Netzzugangs auf Vertragsbasis und dem Alleinabnehmersystem wählen können, dass die beiden Systeme aber nach objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien gehandhabt werden müssen.

58. Jedenfalls verbieten diese Bestimmungen ebenso wie der allgemeine Grundsatz der Nichtdiskriminierung, der in ihnen besonderen Ausdruck findet, zum einen die unterschiedliche Behandlung gleicher Sachverhalte und zum anderen die Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte (vgl. hinsichtlich des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung u. a. Urteil vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C442/00, Rodríguez Caballero, Slg. 2002, I11915, Randnr. 32).

59. Die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Maßnahme sieht jedoch, wie der Gerichtshof in den Randnummern 42 und 43 dieses Urteils festgestellt hat, übergangsweise eine nur für Erzeuger- und Verteilerunternehmen von Elektrizität aus Wasserkraft- und Erdwärmeanlagen geltende Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung vor, um den Vorteil auszugleichen, der diesen Unternehmen während der Übergangszeit durch die Änderung des rechtlichen Rahmens infolge der auf die Umsetzung der Richtlinie 96/92 zurückzuführenden Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes entsteht. Eine derartige Maßnahme behandelt ungleiche Sachverhalte unterschiedlich, doch hat sich das vorlegende Gericht nichtsdestoweniger zu vergewissern, dass die Gebührenerhöhung nicht über das hinausgeht, was zum Ausgleich des genannten Vorteils erforderlich ist.

60. Folglich ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass der in der Richtlinie 96/92 niedergelegte Grundsatz des diskriminierungsfreien Zugangs zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, übergangsweise eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende zu erlassen, mit der nur von bestimmten Elektrizitätserzeugungs- und -verteilungsunternehmen eine erhöhte Gebühr für den Zugang zu dem genannten Netz und seine Benutzung verlangt wird, um den Vorteil auszugleichen, der diesen Unternehmen während der Übergangszeit durch die Änderung des rechtlichen Rahmens infolge der auf die Umsetzung der genannten Richtlinie zurückzuführenden Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes entsteht. Doch hat sich das vorlegende Gericht zu vergewissern, dass die Gebührenerhöhung nicht über das hinausgeht, was zum Ausgleich des genannten Vorteils erforderlich ist.

Kosten

61. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1. Eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der übergangsweise für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung eine erhöhte Gebühr allein von den Erzeuger- und Verteilerunternehmen von aus Wasser- und Erdwärmekraftwerken stammender Elektrizität verlangt wird, um den diesen Unternehmen durch die Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes infolge der Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt während der Übergangszeit entstehenden Vorteil auszugleichen, stellt eine Differenzierung zwischen Unternehmen im Bereich von Belastungen dar, die aus der Natur und dem inneren Aufbau der fraglichen Lastenregelung folgt. Daher ist diese Differenzierung als solche keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 EG.

Doch darf eine Beihilfe nicht getrennt von den Auswirkungen ihrer Finanzierungsweise untersucht werden. Wenn daher in einer Situation wie derjenigen der Ausgangsverfahren ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen der Erhöhung der Gebühr für den Zugang zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz und seine Benutzung und einer nationalen Beihilferegelung in dem Sinne besteht, dass das Aufkommen aus der Erhöhung notwendig für die Finanzierung der genannten Beihilfe verwendet wird, so ist die Erhöhung Bestandteil dieser Regelung und muss demnach zusammen mit ihr geprüft werden.

2. Der in der Richtlinie 96/92 niedergelegte Grundsatz des diskriminierungsfreien Zugangs zum nationalen Elektrizitätsübertragungsnetz verwehrt es einem Mitgliedstaat nicht, übergangsweise eine Maßnahme wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende zu erlassen, mit der nur von bestimmten Elektrizitätserzeugungs- und verteilungsunternehmen eine erhöhte Gebühr für den Zugang zu dem genannten Netz und seine Benutzung verlangt wird, um den Vorteil auszugleichen, der diesen Unternehmen während der Übergangszeit durch die Änderung des rechtlichen Rahmens infolge der auf die Umsetzung der genannten Richtlinie zurückzuführenden Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes entsteht. Doch hat sich das vorlegende Gericht zu vergewissern, dass die Gebührenerhöhung nicht über das hinausgeht, was zum Ausgleich des genannten Vorteils erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

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