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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: C-133/05
Rechtsgebiete: EG, Richtlinie 2000/78/EG


Vorschriften:

EG Art. 226
Richtlinie 2000/78/EG Art. 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Vierte Kammer)

23. Februar 2006

"Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 2000/78/EG - Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - Nicht fristgemäße Umsetzung"

Parteien:

In der Rechtssache C-133/05

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 21. März 2005,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues und E. Levits (Berichterstatter),

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beim Gerichtshof die Feststellung, dass die Republik Österreich dadurch ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16) verletzt hat, dass sie nicht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die notwendig sind, um auf Bundesebene den Bestimmungen über die Diskriminierung wegen Behinderung und auf Landesebene mit Ausnahme der Länder Wien und Niederösterreich allen Bestimmungen der Richtlinie nachzukommen bzw. der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat.

2 Artikel 18 der Richtlinie 2000/78 sieht vor:

"Umsetzung der Richtlinie

Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens zum 2. Dezember 2003 nachzukommen, oder können den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie übertragen, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen. In diesem Fall gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Sozialpartner spätestens zum 2. Dezember 2003 im Weg einer Vereinbarung die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben; dabei haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Um besonderen Bedingungen Rechnung zu tragen, können die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls eine Zusatzfrist von drei Jahren ab dem 2. Dezember 2003, d. h. insgesamt sechs Jahre, in Anspruch nehmen, um die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung umzusetzen. In diesem Fall setzen sie die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Ein Mitgliedstaat, der die Inanspruchnahme dieser Zusatzfrist beschließt, erstattet der Kommission jährlich Bericht über die von ihm ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung und über die Fortschritte, die bei der Umsetzung der Richtlinie erzielt werden konnten. Die Kommission erstattet dem Rat jährlich Bericht.

..."

3 Da die Kommission nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist über die zur Umsetzung der Richtlinie in das österreichische Recht getroffenen Maßnahmen in Kenntnis gesetzt wurde, leitete sie das in Artikel 226 EG vorgesehene Vertragsverletzungsverfahren ein. Nachdem die Kommission die Republik Österreich gemahnt hatte, sich zu äußern, gab sie am 7. Juli 2004 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen.

4 In ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme vom 14. September 2004 setzte die österreichische Regierung die Kommission darüber in Kenntnis, dass die Richtlinie 2000/78 auf Bundesebene mit Ausnahme der Bestimmungen über die Diskriminierung wegen einer Behinderung durch zwei Bundesgesetze umgesetzt worden sei. Außerdem teilte sie der Kommission den Stand der Umsetzungsverfahren in den einzelnen Bundesländern mit.

5 Die von den Bundesländern Wien und Niederösterreich erlassenen Umsetzungsmaßnahmen wurden der Kommission mit elektronischen Mitteilungen vom 17. September und 6. Oktober 2004 übermittelt. Da die Kommission in der Folge keine weiteren Informationen über die Umsetzung der Richtlinie 2000/78 in das österreichische Recht erhielt, erhob sie die vorliegende Klage.

6 In ihrer Klagebeantwortung machen die österreichischen Behörden, die die von der Kommission erhobene Rüge nicht bestreiten, geltend, dass die Richtlinie 2000/78 auf Bundes- wie auf Landesebene umgehend vollständig umgesetzt werde. Angesichts der in den Bundesländern Steiermark, Vorarlberg, Kärnten und Oberösterreich seit Oktober 2004 erfolgten Umsetzung ersuchen die österreichischen Behörden die Kommission um teilweise Klagerücknahme, soweit sich die Klage auf diese vier Bundesländer bezieht.

7 Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden war (vgl. u. a. Urteile vom 15. März 2001 in der Rechtssache C-147/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I-2387, Randnr. 26, und vom 4. Juli 2002 in der Rechtssache C-173/01, Kommission/Griechenland, Slg. 2002, I-6129, Randnr. 7).

8 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass weder auf Bundes- noch auf Landesebene mit Ausnahme der Bundesländer Wien und Niederösterreich bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gewährten Frist sämtliche Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2000/78 in das österreichische Recht erlassen worden sind.

9 Folglich ist festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/78 verletzt hat, dass sie nicht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die notwendig sind, um auf Bundesebene den Bestimmungen über die Diskriminierung wegen Behinderung und auf Landesebene mit Ausnahme der Länder Wien und Niederösterreich allen Bestimmungen der Richtlinie nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

10 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Republik Österreich beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Republik Österreich hat dadurch ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf verletzt, dass sie nicht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die notwendig sind, um auf Bundesebene den Bestimmungen über die Diskriminierung wegen Behinderung und auf Landesebene mit Ausnahme der Länder Wien und Niederösterreich allen Bestimmungen der Richtlinie nachzukommen.

2. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.



Ende der Entscheidung

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