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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: C-135/06 P
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 67 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

18. Dezember 2007(*)

"Rechtsmittel - Dienstbezüge - Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder - Abzug einer anderweitig gezahlten Zulage gleicher Art - Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung - Vermögensrechtliche Streitigkeit"

Parteien:

In der Rechtssache C-135/06 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 10. März 2006,

Roderich Weißenfels, Beamter des Europäischen Parlaments, wohnhaft in Bereldange (Luxemburg), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Maximini,

Kläger,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Europäisches Parlament, vertreten durch L. G. Knudsen, M. Ecker und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter L. Bay Larsen, K. Schiemann, P. Kuris und J.-C. Bonichot (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 20. September 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Weißenfels die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Januar 2006, Weißenfels/Parlament (T-33/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses seine Klage auf Aufhebung mehrerer Entscheidungen des Europäischen Parlaments abgewiesen hat, mit denen von der ihm nach Art. 67 Abs. 3 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) gewährten doppelten Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder nach Art. 67 Abs. 2 des Statuts die nach luxemburgischem Recht für schwerbehinderte Personen gezahlte Sonderbeihilfe (im Folgenden: luxemburgische Beihilfe) abgezogen worden war.

2 Der Rechtsmittelführer beantragt außerdem, die Entscheidungen des Parlaments vom 26. Juni 2003 und vom 28. April 2004 sowie die stillschweigende Ablehnung seines Antrags vom 4. Juni 2003 aufzuheben und das Parlament zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihm seiner Ansicht nach durch die Einbehaltung eines Teils der ihm nach Art. 67 Abs. 3 des Statuts gewährten Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder entstanden ist. Hilfsweise beantragt er, das Parlament auf dieser Grundlage zu Schadensersatz in Höhe des gesetzlichen Zinsfußes zu verurteilen.

3 Schließlich beantragt der Rechtsmittelführer, dem Parlament die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

Rechtlicher Rahmen

4 In den Randnrn. 1 bis 4 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den rechtlichen Rahmen wie folgt dargestellt:

"1 Nach Artikel 62 Absatz 3 des Statuts ... in seiner für den vorliegenden Fall geltenden Fassung ... umfassen die Dienstbezüge der Beamten u. a. die Familienzulagen.

2 Nach Artikel 67 Absatz 1 Buchstabe b des Statuts umfassen die Familienzulagen u. a. die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder.

3 Artikel 67 Absätze 2 und 3 des Statuts bestimmt:

'(2) Beamte, die Familienzulagen ... erhalten, haben die anderweitig gezahlten Zulagen gleicher Art anzugeben; diese werden von den nach [dem Statut] ... gezahlten Zulagen abgezogen.

(3) Die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder kann durch besondere mit Gründen versehene Verfügungen der Anstellungsbehörde auf den doppelten Betrag erhöht werden, wenn durch beweiskräftige ärztliche Unterlagen nachgewiesen wird, dass das betreffende Kind wegen einer geistigen oder körperlichen Behinderung den Beamten mit erheblichen Ausgaben belastet.'

4 Die Artikel 1 bis 5 des luxemburgischen Gesetzes vom 16. April 1979 über die Schaffung einer Sonderbeihilfe für Behinderte, das durch Gesetz vom 19. Juni 1998 über die Einführung einer Pflegeversicherung aufgehoben wurde, aber unter Anwendung der Übergangsvorschriften des letztgenannten Gesetzes im vorliegenden Fall weiter anwendbar ist (im Folgenden: luxemburgisches Gesetz vom 16. April 1979), sehen vor:

'Art. 1. Jede schwerbehinderte Person mit Wohnsitz im Großherzogtum Luxemburg, die dort seit mindestens zehn Jahren ansässig ist, hat Anspruch auf die Vergünstigungen nach diesem Gesetz.

Der gleiche Anspruch steht behinderten Kindern ab drei Jahren zu ...

Art. 2. Als schwerbehindert im Sinne dieses Gesetzes gilt jede Person, wenn eine oder mehrere ihrer körperlichen oder geistigen Funktionen ... in einer Weise vermindert sind, dass sie ständiger Hilfe oder Pflege durch einen Dritten bedarf. ...

Art. 3. Jede schwerbehinderte Person ... hat ... Anspruch auf eine Sonderbeihilfe ...

Art. 4. Die ... Beihilfe wird ... bis zum Betrag ... einer ausländischen Leistung gleicher Art ausgesetzt.

Art. 5. Die Beihilfe ... ist von Steuern und Sozialversicherungsabgaben freigestellt. ...'"

Sachverhalt

5 Die Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich, ausgehend vom angefochtenen Urteil, wie folgt zusammenfassen.

6 Der Rechtsmittelführer, Beamter der Besoldungsgruppe A*12 (frühere Besoldungsgruppe A 4), trat am 1. April 1982 in den Dienst des Parlaments in Luxemburg. Sein ältester Sohn wurde am 31. Januar 1982 geboren. Er ist seit seiner frühen Kindheit schwerbehindert.

7 Die in Art. 67 Abs. 1 Buchst. b des Statuts vorgesehene Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder (im Folgenden: Kinderzulage) wurde dem Rechtsmittelführer mit seinem Dienstantritt beim Parlament gewährt. Am 31. Juli 1987 beschloss das Parlament nach Art. 67 Abs. 3 des Statuts, die Kinderzulage für den Sohn des Rechtsmittelführers vom 1. Mai 1987 an zu verdoppeln. Mit Entscheidung vom 8. Juli 1997 wurde die doppelte Kinderzulage für einen weiteren Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 2000 bewilligt.

8 Mit Entscheidung vom 26. April 1999 beschloss der luxemburgische Fonds National de Solidarité gemäß dem luxemburgischen Gesetz vom 16. April 1979, dem Rechtsmittelführer als gesetzlichem Vertreter seines Sohnes vom 1. Dezember 1998 an eine Sonderbeihilfe für Schwerbehinderte zu zahlen.

9 Der Rechtsmittelführer informierte das Parlament Mitte Oktober 1999 über die Zahlung der luxemburgischen Beihilfe.

10 Mit Entscheidung vom 22. Oktober 1999 kürzte das Parlament gemäß Art. 67 Abs. 2 des Statuts den der doppelten Kinderzulage nach dem Statut entsprechenden Betrag mit Wirkung vom 1. Dezember 1998 um den Betrag der luxemburgischen Beihilfe.

11 Mit Entscheidung vom 20. September 2000 wurde die doppelte Kinderzulage für einen weiteren Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis 30. Juni 2003 bewilligt. Der der doppelten Kinderzulage nach dem Statut entsprechende Betrag wurde mit Entscheidung vom 18. September 2000 um den Betrag der luxemburgischen Beihilfe gekürzt.

12 Mit Entscheidung vom 1. Juli 2003 wurde die doppelte Kinderzulage für einen weiteren Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2006 bewilligt.

13 Inzwischen hatte der Rechtsmittelführer mit Schreiben vom 4. Juni 2003 den Abzug der luxemburgischen Beihilfe durch das Parlament im Grundsatz wie folgt in Frage gestellt:

"Wie ich bereits ... [am] 28.05.2003 hervorgehoben habe, wird die Rente nicht mir, sondern meinem Sohn ... gezahlt, allerdings zu meinen Händen als sein gesetzlicher Vertreter. Ein Abzug gemäß Art. 67 Abs. 2 des Statuts von der mir als Teil meiner Dienstbezüge gemäß Abs. 3 gewährten doppelten Kinderzulage kommt nicht in Betracht.

Dies ergibt sich zum einen daraus, dass es sich um zwei verschiedene Anspruchsberechtigte (Rechtssubjekte) handelt, und zum anderen aus der Tatsache, dass die Rente eine eigenständige Leistung darstellt und nicht eine 'Zulage'.

Schließlich ist die Leistung auch nicht 'gleicher Art': Die Zulage nach Abs. 3 dient der Linderung der außergewöhnlichen Belastungen des Beamten, die Rente ist eine Versorgungsleistung für den Behinderten.

Ich beantrage daher, mir die in der Vergangenheit zu Unrecht einbehaltene doppelte Kinderzulage zu erstatten."

14 Mit Entscheidung vom 26. Juni 2003 nahm das Parlament den Abzug dennoch vor.

15 Mit Schreiben vom 13. August 2003 legte der Rechtsmittelführer gegen die Entscheidung vom 26. Juni 2003 eine Beschwerde nach Art. 90 Abs. 2 des Statuts ein. Diese Beschwerde wurde mit Schreiben des Parlaments vom 10. November 2003 zurückgewiesen.

16 Am 28. April 2004 - nach Eintragung der Klageschrift in der vorliegenden Rechtssache - erließ das Parlament unter Berücksichtigung des aktualisierten Betrags der luxemburgischen Beihilfe eine Entscheidung über den Abzug nach Art. 67 Abs. 2 des Statuts. Am 8. Juni 2004 legte der Rechtsmittelführer gegen die Entscheidung vom 28. April 2004 eine Beschwerde ein, die mit Entscheidung des Parlaments vom 15. September 2004 zurückgewiesen wurde.

Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

17 Mit am 2. Februar 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift beantragte der Rechtsmittelführer die Aufhebung der Entscheidungen vom 26. Juni und vom 10. November 2003. Er beantragte außerdem, das Parlament zu verurteilen, ihm sämtliche nach Art. 67 Abs. 2 des Statuts einbehaltenen Teile seiner Dienstbezüge zuzüglich gesetzlicher Zinsen nachzuzahlen.

18 In seiner Erwiderung formulierte der Rechtsmittelführer seine Anträge teilweise um. Er erstreckte seinen Aufhebungsantrag auf die Entscheidungen vom 28. April und vom 15. September 2004 und ergänzte seinen Nachzahlungsantrag dahin gehend, das Parlament zu verurteilen, den Schaden in Höhe des gesetzlichen Zinsfußes zu ersetzen, der sich aus den nach Art. 67 Abs. 2 des Statuts einbehaltenen Teilen seiner Dienstbezüge ergibt.

19 Im angefochtenen Urteil hat das Gericht den Klageantrag, das Parlament zur Nachzahlung der auf der Grundlage von Art. 67 Abs. 2 des Statuts einbehaltenen Teile der Dienstbezüge des Rechtsmittelführers zu verurteilen, für unzulässig erklärt.

20 Es hat zunächst darauf hingewiesen, dass es nicht befugt sei, im Rahmen einer Klage nach Art. 91 des Statuts Anordnungen an die Gemeinschaftsorgane zu richten, und dass das Parlament nach Art. 233 EG im Fall der Aufhebung eines Rechtsakts ohnehin die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen habe.

21 Es hat ferner festgestellt, dass der Klageantrag, das Parlament zu verurteilen, den erlittenen Schaden zu ersetzen, unzulässig sei, weil er einen Schadensersatzantrag im Sinne von Art. 235 EG darstelle, mit dem der Klagegegenstand im Stadium der Erwiderung geändert worden sei.

22 Weiter war das Gericht der Auffassung, dass der Klageantrag auf Aufhebung als allein gegen die Entscheidung vom 26. Juni 2003 gerichtet anzusehen sei.

23 Dies schloss das Gericht daraus, dass der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 10. November 2003 im Verhältnis zum Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 26. Juni 2003 ohne eigenen Gegenstand oder eigenständige Bedeutung sei.

24 Ferner war es der Ansicht, der Gegenstand der stillschweigenden Ablehnung des Antrags vom 4. Juni 2003 sei mit dem der Entscheidung vom 26. Juni 2003 identisch, so dass sich auch der Antrag auf Aufhebung der erstgenannten Entscheidung mit dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 26. Juni 2003 decke.

25 Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass die Entscheidung vom 28. April 2004 lediglich die Entscheidung vom 26. Juni 2003 bestätige, so dass der Antrag auf Aufhebung der Entscheidungen vom 28. April und vom 15. September 2004 als im Verhältnis zu den Entscheidungen vom 26. Juni und vom 10. November 2003 gegenstandslos oder ohne eigenständige Bedeutung anzusehen sei.

26 Das Gericht hat auch darauf hingewiesen, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt habe, dass seine verschiedenen Anfechtungsanträge in Wirklichkeit denselben Gegenstand hätten, nämlich die Aufhebung der Entscheidung vom 26. Juni 2003.

27 Es hat daher festgestellt, dass der Klageantrag auf Aufhebung als allein gegen die Entscheidung vom 26. Juni 2003 gerichtet anzusehen sei.

28 Sodann hat das Gericht die Einrede der Unzulässigkeit als unbegründet zurückgewiesen, mit der das Parlament geltend gemacht hatte, dass der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 26. Juni 2003 verspätet sei, weil diese Entscheidung lediglich den mit der Entscheidung vom 22. Oktober 1999 festgelegten Betrag der abzuziehenden luxemburgischen Beihilfe aktualisiere.

29 Hierzu hat das Gericht zunächst ausgeführt, dass eine nach Art. 67 Abs. 3 des Statuts getroffene Entscheidung über die Verlängerung der Gewährung der doppelten Kinderzulage eine neue Entscheidung darstelle, weil sie für einen bestimmten Zeitraum ergehe und ihrer Verlängerung eine erneute, insbesondere medizinische Prüfung vorausgehe, die auf der Grundlage eines neuen Antrags des Betroffenen durchgeführt werde.

30 Die nachfolgende, gemäß Art. 67 Abs. 2 des Statuts getroffene Entscheidung über den Abzug stelle ebenfalls eine neue Entscheidung dar, weil sie im Anschluss an die Prüfung ergehe, ob eine Zulage gleicher Art von anderer Seite gezahlt werde, auch wenn gerade erst eine neue Entscheidung über die Gewährung der doppelten Zulage nach dem Statut erlassen worden sei.

31 Das Gericht hat daher die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Entscheidung vom 26. Juni 2003 um eine von der Entscheidung vom 22. Oktober 1999 getrennte Entscheidung handele.

32 Da der Kläger die Entscheidung vom 26. Juni 2003 nach Feststellung des Gerichts innerhalb der im Statut vorgesehenen Frist angefochten hatte, hat es die Klage für zulässig erklärt.

33 Das Gericht hat sodann den Klagegrund geprüft, mit dem der Rechtsmittelführer einen Verstoß gegen Art. 67 Abs. 2 des Statuts rügte.

34 Es hat zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs hingewiesen, nach der nur die Zuwendungen, die vergleichbar seien und den gleichen Zweck hätten, gleicher Art im Sinne dieser Vorschrift seien (Urteil vom 13. Oktober 1977, Gelders-Deboeck/Kommission, 106/76, Slg. 1977, 1623, Randnr. 16).

35 Es hat weiter ausgeführt, dass sowohl die Zulage nach dem Statut als auch die luxemburgische Beihilfe in Anbetracht des Wortlauts der Bestimmungen, mit denen sie eingeführt worden seien, darauf gerichtet seien, eine Hilfe zur Bestreitung der Ausgaben zu gewähren, die sich aus der von einer schwerbehinderten Person benötigten Hilfe und Pflege ergäben, so dass Vergleichbarkeit und Gleichheit des Zwecks vorlägen.

36 Das Gericht hat hervorgehoben, dass beide Leistungen pauschaliert und steuerfrei seien, was ihre Vergleichbarkeit noch erhöhe.

37 Es komme ferner nicht darauf an, wer - das behinderte Kind oder sein Vater - formal Empfänger der Leistung sei.

38 Das Gericht hat das Vorbringen des Rechtsmittelführers, die beiden Leistungen seien nicht gleicher Art im Sinne von Art. 67 Abs. 2 des Statuts, weil die luxemburgische Beihilfe anders als die Zulage nach dem Statut nicht seinem Gehalt hinzugefügt werde, zurückgewiesen. Zum einen würden die Zulagen nach dem Statut naturgemäß dem Inhaber einer Beamtenstelle ausgezahlt, zum anderen sei für die Beurteilung der Art der beiden Leistungen das Kriterium der Hilfe zur Bestreitung der Ausgaben, die sich aus der von einer schwerbehinderten Person benötigten Hilfe und Pflege ergäben, ausschlaggebend.

39 Das Gericht hat auch das Vorbringen des Rechtsmittelführers zurückgewiesen, mit dem er sich auf die sprachlichen Unterschiede zwischen der deutschen Fassung des Statuts, in der der Begriff "Zulage" verwendet werde, und dem luxemburgischen Gesetz sowie der französischen Fassung des Statuts, die beide den Begriff "allocation", d. h. Zuwendung, verwendeten, berief.

40 Das Gericht hat daher festgestellt, dass die Zulage nach dem Statut und die luxemburgische Beihilfe gleicher Art im Sinne von Art. 67 Abs. 2 des Statuts seien.

41 Es hat folglich die Klage insgesamt abgewiesen und die Parteien dazu verurteilt, jeweils ihre eigenen Kosten zu tragen.

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

42 Der Rechtsmittelführer beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben;

- selbst über die Klage zu entscheiden und die Entscheidung vom 26. Juni 2003, die stillschweigende Ablehnung seines Antrags vom 4. Juni 2003 und die Entscheidung vom 28. April 2004 aufzuheben;

- das Parlament zum Ersatz des durch die Einbehaltung von Teilen seiner Dienstbezüge entstandenen Schadens, zur Zahlung von Zinsen in Höhe des gesetzlichen Zinsfußes und zur Tragung der Kosten beider Rechtszüge zu verurteilen.

43 Das Parlament beantragt,

- das Rechtsmittel zurückzuweisen;

- dem Rechtsmittelführer die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

44 Der Rechtsmittelführer macht drei Rechtsmittelgründe geltend. Mit dem ersten rügt er, dass das Gericht Rechtsfehler begangen habe, indem es seine Anträge auf Aufhebung der Entscheidung vom 26. Juni 2003, der stillschweigenden Ablehnung seines Antrags vom 4. Juni 2003 und der Entscheidung vom 28. April 2004 nicht getrennt behandelt habe. Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund macht er geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass sein Antrag auf Ersatz des sich aus den entgangenen Zinsen auf die fraglichen Beträge ergebenden Schadens als unzulässig zurückzuweisen sei. Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund rügt er, das Gericht habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Zulage nach dem Statut und die luxemburgische Beihilfe "gleicher Art" im Sinne von Art. 67 Abs. 2 des Statuts seien.

Zum Gegenstand der Rechtsmittelschrift

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

45 Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund wirft der Rechtsmittelführer dem Gericht vor, zu Unrecht davon ausgegangen zu sein, dass sein Anfechtungsantrag als allein gegen die Entscheidung vom 26. Juni 2003 gerichtet anzusehen sei. Seiner Ansicht nach hätte sich das Gericht zu allen seinen Anfechtungsanträgen äußern müssen, die sich auch gegen die Entscheidung, mit der das Parlament seinen Antrag vom 4. Juni 2003 auf Wegfall des Abzugs für die Zukunft und Erstattung der in der Vergangenheit von seinen Dienstbezügen einbehaltenen Beträge abgelehnt habe, und gegen die Entscheidung vom 28. April 2004 gerichtet hätten und auf die er entgegen den Feststellungen des Gerichts keineswegs verzichtet habe.

46 Das Parlament macht zunächst geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund unerheblich und als solcher zurückzuweisen sei, weil der Tenor des angefochtenen Urteils sich aus anderen Rechtsgründen als richtig darstelle, im vorliegenden Fall aufgrund einer richtigen Auslegung des Art. 67 Abs. 2 des Statuts, die zwangsläufig die Zurückweisung der Forderungen des Rechtsmittelführers nach sich ziehe.

47 Dieser erste Rechtsmittelgrund sei außerdem unzulässig, weil der Rechtsmittelführer weder behauptet noch nach Art. 58 der Satzung des Gerichtshofs dargelegt habe, dass seine Interessen durch den geltend gemachten Verfahrensfehler beeinträchtigt worden seien.

48 Schließlich habe das Gericht den Gegenstand der Klage zutreffend auf die Anfechtung der Entscheidung vom 26. Juni 2003 beschränkt, die die einzige beschwerende Maßnahme sei, wenn auch aus anderen als den vom Gericht im angefochtenen Urteil angenommenen Gründen.

49 Das Parlament führt insoweit zunächst aus, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als es von einer stillschweigenden Ablehnung des Antrags auf Erstattung der in der Vergangenheit vorgenommenen Abzüge ausgegangen sei. Denn dieser Antrag sei mit der Entscheidung vom 26. Juni 2003 ausdrücklich abgelehnt worden.

50 Außerdem hätte das Gericht nach Ansicht des Parlaments den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung vom 28. April 2004 als unzulässig zurückweisen müssen, weil diese nach Eintragung der Klageschrift ergangen sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

51 Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, dass das Gericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, seine Anträge auf Aufhebung der Entscheidung vom 26. Juni 2003, der stillschweigenden Ablehnung seines Antrags vom 4. Juni 2003 und der Entscheidung vom 28. April 2004 seien als allein gegen die Entscheidung vom 26. Juni 2003 gerichtet anzusehen, und dass es damit den Gegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits rechtswidrig eingeschränkt habe.

52 Der Antrag des Rechtsmittelführers vom 4. Juni 2003 war zum einen darauf gerichtet, dass der streitige Abzug nicht vorgenommen wird, und zum anderen darauf, dass das Parlament ihm die bis dahin von seinen Bezügen einbehaltenen Beträge erstattet. Obwohl sich die Entscheidung vom 26. Juni 2003 ihrem Wortlaut nach nur auf den Zeitraum ab 1. Juli 2003 bezieht, ist sie in diesem Kontext so zu verstehen, dass mit ihr auch der Antrag des Rechtsmittelführers vom 4. Juni 2003 auf Erstattung der bis dahin von seinen Bezügen einbehaltenen Beträge abgelehnt wurde. Der Antrag des Rechtsmittelführers vom 4. Juni 2003 ist daher mit der Entscheidung vom 26. Juni 2003 insgesamt abgelehnt worden.

53 Das Gericht hat folglich keinen Fehler begangen, als es angenommen hat, dass die Anträge des Rechtsmittelführers als allein gegen diese letztgenannte Entscheidung gerichtet anzusehen seien.

54 In Bezug auf die Entscheidung vom 28. April 2004 ist festzustellen, dass sie sich wie diejenige vom 26. Juni 2003 auf die Situation von Herrn Weißenfels im Hinblick auf Art. 67 Abs. 2 des Statuts bezieht und der Aktualisierung des Betrags der luxemburgischen Beihilfe dient, der von der Zulage nach dem Statut abgezogen wird. Doch selbst wenn in der Entscheidung vom 28. April 2004 in Anbetracht dieser Feststellung eine Bestätigung der Entscheidung vom 26. Juni 2003 zu sehen wäre, könnte der gegen sie gerichtete Klageantrag deshalb nicht für unzulässig erklärt werden, weil die Entscheidung vom 26. Juni 2003 fristgemäß angefochten wurde. Eine Klage gegen eine bestätigende Entscheidung ist nämlich nur dann unzulässig, wenn die bestätigte Entscheidung für den Betroffenen Bestandskraft erlangt hat, weil gegen sie nicht fristgemäß Klage erhoben worden ist. Andernfalls hat der Betroffene das Recht, gegen die bestätigte Entscheidung, gegen die bestätigende Entscheidung oder gegen beide vorzugehen (vgl. Urteil vom 11. Mai 1989, Maurissen und Union syndicale/Rechnungshof, 193/87 und 194/87, Slg. 1989, 1045, Randnrn. 25 und 26).

55 Der Antrag des Rechtsmittelführers auf Aufhebung der Entscheidung vom 28. April 2004 ist zwar erst im Stadium der Erwiderung gestellt worden, so dass seine Unzulässigkeit trotz des vom Gericht begangenen Rechtsfehlers den Tenor des Urteils unter diesem Gesichtspunkt rechtlich begründen könnte (vgl. Urteil vom 9. Juni 1992, Lestelle/Kommission, C-30/91 P, Slg. 1992, I-3755, Randnr. 28).

56 Da es sich jedoch um eine Entscheidung handelt, die die gleiche Frage betrifft, nämlich den Anspruch des Betroffenen auf die gesamte erhöhte Kinderzulage für verschiedene Zeiträume und auf eine eventuelle Nachzahlung des zu Unrecht abgezogenen Betrags, würde es einer geordneten Rechtspflege widersprechen, wollte man ihn verpflichten, gegen die Entscheidung vom 28. April 2004 eine neue Klage zu erheben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. September 1987, Fabrique de fer de Charleroi u. a./Kommission, 351/85 und 360/85, Slg. 1987, 3639, Randnr. 11).

57 Mit dem Rechtsmittelführer ist daher festzustellen, dass das Gericht den Umfang des bei ihm anhängigen Rechtsstreits verkannt hat, indem es seinen gegen die Entscheidung vom 28. April 2004 gerichteten Klageantrag zurückgewiesen hat; das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben.

Zur Verurteilung des Parlaments zur Zahlung bestimmter Beträge

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

58 Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund trägt der Rechtsmittelführer vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es seinen Antrag auf Verurteilung des Parlaments zum Ersatz des Schadens, der ihm durch die zu Unrecht erfolgte Einbehaltung von Teilen seiner Dienstbezüge entstanden sei, als unzulässig zurückgewiesen habe, weil er erst in der Erwiderung gestellt worden sei.

59 Das Parlament meint, das Gericht habe den Schadensersatzantrag des Rechtsmittelführers zu Recht für unzulässig gehalten, weil er erst im Stadium der Erwiderung gestellt worden sei.

60 Es trägt außerdem vor, dass dieser Antrag auch deshalb für unzulässig hätte erklärt werden können, weil der Rechtsmittelführer den Betrag des erlittenen Schadens weder beziffert noch die genauen Umstände angegeben habe, die ihn daran gehindert hätten, diesen Schaden zu bewerten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. September 2004, Hectors/Parlament, C-150/03 P, Slg. 2004, I-8691, Randnr. 62).

Würdigung durch den Gerichtshof

61 Der Rechtsmittelführer hat vor dem Gericht beantragt, das Parlament zu verurteilen, ihm die seiner Meinung nach zu Unrecht einbehaltenen Teile seiner Dienstbezüge samt Zinsen nachzuzahlen. Aufgrund der Verteidigungsschriftsätze des Parlaments hat er diesen Antrag dahin umformuliert, das Parlament zu verurteilen, ihm Ersatz des durch das Einbehalten von Teilen seiner Dienstbezüge entstandenen Schadens in Höhe der fraglichen Beträge und der entsprechenden Zinsen zu leisten.

62 Zunächst ist festzustellen, dass der Rechtsmittelführer mit seinen Anträgen, gleich welche Begriffe er verwendet hat, offensichtlich allein die Zahlung der Beträge, die das Parlament - seiner Meinung nach zu Unrecht - aufgrund des Kumulierungsverbots des Art. 67 Abs. 2 des Statuts von seinen Dienstbezügen einbehalten hatte, zuzüglich gesetzlicher Zinsen verlangt hat.

63 Unter diesen Umständen kann das Parlament, auch wenn der Rechtsmittelführer seinen Erstattungsantrag später als Schadensersatzantrag gestellt hat, nicht wirksam geltend machen, dass dieser Antrag wegen Verspätung unzulässig sei.

64 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Art. 91 Abs. 1 des Statuts, der für das Gericht erster Instanz wie für das Gericht für den öffentlichen Dienst gilt, dem Richter in diesem Bereich mit folgenden Worten eine Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung gewährt:

"Für alle Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und einer Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, über die Rechtmäßigkeit einer diese Person beschwerenden Maßnahme im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 ist der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zuständig. In Streitsachen vermögensrechtlicher Art hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung, einschließlich der Befugnis zur Aufhebung oder Änderung der getroffenen Maßnahmen."

65 Im Sinne dieser Vorschrift sind "Streitsachen vermögensrechtlicher Art" nicht nur Haftungsklagen von Bediensteten gegen ein Organ, sondern auch Klagen, die darauf gerichtet sind, dass ein Organ einem Bediensteten einen Betrag zahlt, den dieser gemäß dem Statut oder einem anderen, sein Arbeitsverhältnis regelnden Rechtsakt beanspruchen zu können glaubt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Oktober 2001, EIB/Hautem, C-449/99 P, Slg. 2001, I-6733).

66 Daraus folgt, dass die Klage des Rechtsmittelführers auf Zahlung der seiner Meinung nach zu Unrecht einbehaltenen Teile seiner Dienstbezüge zuzüglich gesetzlicher Zinsen durch das Parlament eine "Streitsache vermögensrechtlicher Art" im Sinne des Art. 91 Abs. 1 des Statuts ist.

67 Mit der ihm durch Art. 91 Abs. 1 des Statuts gewährten Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung wird dem Gemeinschaftsrichter die Aufgabe übertragen, die bei ihm anhängig gemachten Streitsachen abschließend zu entscheiden, d. h. über die Gesamtheit der Rechte und Pflichten des Bediensteten zu befinden, vorbehaltlich der Verweisung der Durchführung des entsprechenden Teils des Urteils unter den von ihm festgelegten Bedingungen an das durch ihn überprüfte Organ.

68 Es ist demnach entgegen dem Vorbringen des Parlaments Sache des Gemeinschaftsrichters, gegebenenfalls ein Organ zur Zahlung eines Betrags zu verurteilen, auf den der Kläger nach dem Statut oder einem anderen Rechtsakt Anspruch hat.

69 Demnach hat das Gericht dadurch, dass es sich prinzipiell geweigert hat, das Parlament zur Zahlung der Beträge, die dem Rechtsmittelführer zustehen sollen, zu verurteilen, den Umfang seiner Befugnisse verkannt.

70 Daraus folgt, dass auch der zweite Rechtsmittelgrund begründet und das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben ist.

Zum Anspruch des Rechtsmittelführers auf die volle Zulage nach dem Statut

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

71 Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Zulage nach dem Statut und die luxemburgische Beihilfe "gleicher Art" im Sinne von Art. 67 Abs. 2 des Statuts seien, so dass der Betrag der Beihilfe von dem der Zulage abzuziehen sei.

72 Nach Art. 67 Abs. 2 des Statuts sei eine doppelte Gleichartigkeit - sowohl in "formaler" als auch in "materieller" Hinsicht - erforderlich.

73 Die beiden in Rede stehenden Leistungen seien in formaler Hinsicht nicht identisch, weil die Zulage nach dem Statut eine Lohnnebenleistung sei, was bei der luxemburgischen Beihilfe, deren Gewährung nicht an ein Beschäftigungsverhältnis gebunden sei, nicht der Fall sei (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Mai 1987, Kommission/Belgien, 186/85, Slg. 1987, 2029, Randnrn. 27 bis 30 und 33, sowie Kommission/Deutschland, 189/85, Slg. 1987, 2061, Randnr. 26).

74 Diese Auffassung werde durch die deutsche Fassung von Art. 67 Abs. 2 des Statuts bestätigt, und schon dieser erste Unterschied allein belege die fehlende Gleichartigkeit der beiden Leistungen.

75 Darüber hinaus seien die beiden Leistungen auch in materieller Hinsicht nicht gleicher Art.

76 Das Gericht habe insoweit rechtsfehlerhaft entschieden, dass Art. 67 Abs. 2 des Statuts auf vergleichbare Leistungen anwendbar sei. Diese Vorschrift sei jedoch nur bei einer echten Identität der betreffenden Leistungen anwendbar.

77 Dies sei bei den beiden in Rede stehenden Leistungen nicht der Fall, weil nur der Beamte, unabhängig von seinem Wohnsitz, Anspruch auf die Zulage nach dem Statut habe, die es ihm ermöglichen solle, den Unterhalt eines behinderten Kindes zu bestreiten, während die luxemburgische Beihilfe der Versorgung des Behinderten selbst diene, solange er in Luxemburg lebe, sei es im Kreis seiner Familie, sei es in einem Heim.

78 Das Parlament trägt vor, dem Gericht sei kein Rechtsfehler unterlaufen, als es entschieden habe, dass die Anwendung des in Art. 67 Abs. 2 des Statuts verankerten Kumulierungsverbots gerechtfertigt sei.

79 Zum ersten Punkt trägt das Parlament vor, dass das Vorbringen des Rechtsmittelführers, nur die Zulage nach dem Statut weise hier den Charakter einer Lohnnebenleistung auf, nicht durch rechtliche Argumente gestützt werde und daher zurückzuweisen sei. Das Gericht habe zudem seine Beurteilung dieser Frage hinreichend begründet.

80 Die vom Rechtsmittelführer angeführten Urteile Kommission/Belgien und Kommission/Deutschland seien im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Diese Urteile seien in einem anderen Zusammenhang ergangen, und insbesondere habe es sich um Vertragsverletzungsverfahren gehandelt, in denen die Kommission der Ansicht gewesen sei, dass das nationale Recht der betroffenen Mitgliedstaaten den sich aus Art. 67 Abs. 2 des Statuts ergebenden ergänzenden Charakter der gemeinschaftlichen Familienzulagen beeinträchtige. Außerdem habe sich der Gerichtshof in diesen beiden Urteilen darauf beschränkt, zu bestimmen, wann die Zahlung einer nationalen Leistung nach dem nationalen Recht der betroffenen Mitgliedstaaten nicht ausgeschlossen werden dürfe oder die nach dem Statut gewährten Zulagen von einer solchen Leistung nicht abgezogen werden dürften. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Ehegatte eines Beamten erwerbstätig sei.

81 Die Anknüpfung einer nationalen Beihilfe an eine Erwerbstätigkeit sei jedenfalls kein für die Beurteilung im Rahmen des Art. 67 Abs. 2 des Statuts ausschlaggebender Gesichtspunkt, und das Gericht habe sich zu Recht darauf beschränkt, zu untersuchen, ob die vorliegenden Leistungen vergleichbar gewesen seien und den gleichen Zweck hätten.

82 In diesem Zusammenhang sei das Gericht zutreffend davon ausgegangen, dass es für die Beurteilung der Art der in Rede stehenden Zulagen nach Art. 67 Abs. 2 des Statuts ausschlaggebend sei, dass mit den beiden Leistungen eine finanzielle Hilfe zur Bestreitung der Ausgaben gewährt werden solle, die sich aus der von einem Behinderten benötigten Hilfe und Pflege ergäben.

83 Außerdem seien beide Leistungen pauschaliert.

84 Unter Verweis auf das Urteil des Gerichts vom 10. Mai 1990, Sens/Kommission (T-117/89, Slg. 1990, II-185), trägt das Parlament schließlich vor, dass die fehlende Identität der Empfänger der fraglichen Leistungen kein für die Anwendung von Art. 67 Abs. 2 des Statuts relevantes Kriterium sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

85 Der Rechtsmittelführer macht mit seinem dritten Rechtsmittelgrund geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Zulage nach dem Statut und die luxemburgische Beihilfe gleicher Art im Sinne des Art. 67 Abs. 2 des Statuts seien und der Abzug daher gerechtfertigt gewesen sei.

86 Vorab ist die Zulässigkeit dieses Rechtsmittelgrundes zu prüfen, die vom Parlament bestritten wird.

87 Aus den Art. 225 EG, 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und 112 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ergibt sich, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils oder des Beschlusses, dessen Aufhebung beantragt wird, und die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss (vgl. u. a. Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C-352/98 P, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 34).

88 Der Rechtsmittelschrift lässt sich entnehmen, dass der Rechtsmittelführer verschiedene Passagen des angefochtenen Urteils beanstandet und die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag stützen, genau bezeichnet hat. Sein Rechtsmittelgrund ist daher vor dem Gerichtshof wirksam geltend gemacht worden.

89 Was seine Begründetheit angeht, so sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur die Zulagen solche "gleicher Art" im Sinne von Art. 67 Abs. 2 des Statuts, die vergleichbar sind und den gleichen Zweck haben (Urteil Gelders-Deboeck/Kommission, Randnr. 16).

90 Dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage, die der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt.

91 Nach Art. 67 Abs. 3 des Statuts kann die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder auf den doppelten Betrag erhöht werden, wenn das Kind an einer geistigen oder körperlichen Behinderung leidet und der Beamte dadurch mit erheblichen Ausgaben belastet wird.

92 Daraus folgt zunächst, dass eine vergleichbare Zulage nur von dem Teil der Kinderzulage abgezogen werden kann, der aufgrund der Verdoppelung zu der Zulage hinzukommt, die der Beamte auf jeden Fall bezieht.

93 Es ist vor allem festzustellen, dass sich die luxemburgische Beihilfe in mehrfacher Hinsicht deutlich von der Zulage nach dem Statut unterscheidet.

94 Mit der luxemburgischen Beihilfe, die allein aufgrund des Wohnsitzes in Luxemburg und unabhängig von einem Beschäftigungsverhältnis gezahlt wird, soll mittels geeigneter Maßnahmen eine Behinderung gemeistert werden, die im Gesetz genau definiert wird. Schließlich ist ihr Betrag sehr viel höher als der Teil der Kinderzulage, um den der Grundbetrag verdoppelt wird.

95 Sie wird Personen gewährt, wenn eine oder mehrere ihrer körperlichen oder geistigen Funktionen trotz Behandlung, Schulung oder angemessener Rehabilitationsmaßnahmen und trotz des Einsatzes entsprechender Geräte in einer Weise vermindert sind, dass sie ständiger Hilfe oder Pflege durch einen Dritten bedürfen.

96 Sie soll es offensichtlich ermöglichen, die für die Beschäftigung - zumindest in Teilzeit - eines Dritten erforderlichen Ausgaben zu bestreiten, was der Teil der Zulage nach dem Statut, um den diese verdoppelt wird und der insbesondere durch Ausgaben z. B. für die Pflege, die Rehabilitation, Geräte, eine Sonderschule oder die Anpassung der Wohnung aufgezehrt werden kann, nicht erlaubt.

97 In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Verdoppelung der Kinderzulage nach Art. 67 Abs. 3 des Statuts im Jahr 2004 einer Erhöhung um 260,96 Euro entsprach, während sich die luxemburgische Beihilfe auf 553,96 Euro belief.

98 Daraus ergibt sich, dass der nach Art. 67 Abs. 3 des Statuts gewährte Teil der Kinderzulage und die luxemburgische Beihilfe weder den gleichen Gegenstand noch den gleichen Zweck haben.

99 Die Zulage nach dem Statut und die luxemburgische Beihilfe sind daher nicht gleicher Art im Sinne des Art. 67 Abs. 2 des Statuts.

100 Demnach ist das angefochtene Urteil insofern mit einem Rechtsfehler behaftet, als das Gericht entschieden hat, dass die luxemburgische Beihilfe und die Zulage nach dem Statut gleicher Art im Sinne des Art. 67 Abs. 2 des Statuts sind.

101 Der dritte Rechtsmittelgrund greift daher durch.

102 Folglich ist dem Rechtsmittel in vollem Umfang stattzugeben und das angefochtene Urteil aufzuheben.

Zu den Folgen der Aufhebung des angefochtenen Urteils

103 Nach Art. 61 Abs. 1 seiner Satzung kann der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

104 Im vorliegenden Fall ist der Rechtsstreit entscheidungsreif.

105 Wie ausgeführt, sind die Zulage nach dem Statut und die luxemburgische Beihilfe nicht gleicher Art im Sinne des Art. 67 Abs. 2 des Statuts, so dass der Rechtsmittelführer die Aufhebung der Entscheidungen vom 26. Juni 2003 und vom 28. April 2004 verlangen kann, soweit sie den Abzug der luxemburgischen Beihilfe von der doppelten Kinderzulage vorsehen.

106 Zur Ermittlung der Ansprüche des Rechtsmittelführers ist festzustellen, dass die am 18. September 2000 bekannt gegebene Entscheidung über den Abzug mit allen ihren finanziellen Auswirkungen bestandskräftig geworden ist, weil sie nicht innerhalb der Klagefrist angefochten worden ist. Demgegenüber ist zu beschließen, dass das Parlament dem Rechtsmittelführer die Beträge, zuzüglich Zinsen, nachzahlt, die seit dem 1. Juli 2003, dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entscheidung vom 26. Juni 2003, zu Unrecht von seinen Dienstbezügen abgezogen worden sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

107 Nach Art. 122 § 1 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da dem Rechtsmittel von Herrn Weißenfels stattgegeben worden ist und die Entscheidungen des Parlaments vom 26. Juni 2003 und vom 28. April 2004 aufgehoben worden sind, sind dem Parlament außer seinen eigenen Kosten gemäß dem Antrag von Herrn Weißenfels dessen Kosten im ersten Rechtszug und im vorliegenden Verfahren aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Januar 2006, Weißenfels/Parlament (T-33/04), wird aufgehoben.

2. Die Entscheidungen des Europäischen Parlaments vom 26. Juni 2003 und vom 28. April 2004 werden aufgehoben.

3. Das Europäische Parlament zahlt Herrn Weißenfels die Zulage für unterhaltsberechtigte Kinder, zuzüglich gesetzlicher Zinsen, nach, die er ab dem 1. Juli 2003 hätte erhalten müssen.

4. Das Europäische Parlament trägt seine eigenen Kosten und die Kosten, die Herrn Weißenfels vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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