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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 22.02.2005
Aktenzeichen: C-141/02 P
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 90 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Große) vom 22. Februar 2005. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen T-Mobile Austria GmbH. - Rechtsmittel - Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 3 EG) - Höhe der den GSM-Betreibern von der Republik Österreich auferlegten Gebühren - Teilweise Ablehnung des Antrags auf Einleitung eines Verfahrens - Zulässigkeit. - Rechtssache C-141/02 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-141/02 P

betreffend ein Rechtsmittel gemäß Artikel 49 der Satzung des Gerichtshofes, eingereicht am

15. April 2002

,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Mölls und K.Wiedner als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

unterstützt durch:

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und F. Million als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

andere Verfahrensbeteiligte:

T-Mobile Austria GmbH, vormals max-mobil Telekommunikation Service GmbH, mit Sitz in Wien (Österreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Reidlinger, M. Esser-Wellié und T. Lübbig, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Königreich der Niederlande, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas und A. Borg Barthet, der Richter J.-P. Puissochet (Berichterstatter) und R. Schintgen, der Richterin N. Colneric sowie der Richter S. von Bahr, M. Ilei, J. Malenovský, J. Kluka und U. Lõhmus,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom

7. September 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

21. Oktober 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt mit ihrem Rechtsmittel die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz vom 30. Januar 2002 in der Rechtssache T54/99 (max.mobil/Kommission, Slg. 2002, II313, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Nichtigkeitsklage der max.mobil Telekommunikation Service GmbH, nunmehr T-Mobile Austria GmbH (im Folgenden: max.mobil), gegen das Schreiben der Kommission vom 11. Dezember 1998 für zulässig erklärt, mit dem diese es abgelehnt hat, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich einzuleiten (im Folgenden: streitige Handlung).

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

2. Der erste Betreiber eines GSM-Netzes auf dem österreichischen Markt der Mobilfunknetzbetreiber war die Mobilkom Austria AG (im Folgenden: Mobilkom), deren Aktien teilweise noch vom österreichischen Staat über die Post und Telekom Austria AG (im Folgenden: PTA) gehalten werden. Max.mobil, die Klägerin im ersten Rechtszug, ist eine Gesellschaft österreichischen Rechts, die im Oktober 1996 als zweite GSM-Betreiberin in diesen Markt eintrat. Eine dritte Betreiberin, die Connect Austria GmbH (im Folgenden: Connect Austria), wurde Anfang August 1997 nach einem Ausschreibungsverfahren ausgewählt und trat ebenfalls in diesen Markt ein.

3. Vor dem Eintritt von max.mobil in den Markt der Mobilfunknetzbetreiber hielt die Österreichische Post und Telegraphenverwaltung ein gesetzliches Monopol im gesamten Mobiltelefonbereich, in dem sie u. a. die analogen Mobilfunknetze CNetz und D-Netz sowie das GSM-Netz A 1 betrieb. Am 1. Juni 1996 wurde dieses Monopol auf Mobilkom, eine neu gegründete Tochtergesellschaft der PTA, übertragen.

4. Am 14. Oktober 1997 reichte max.mobil bei der Kommission einen Antrag (im Folgenden: Beschwerde) ein, mit dem u. a. die Feststellung begehrt wurde, dass die Republik Österreich gegen Artikel 86 und Artikel 90 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG und 86 Absatz 1 EG) verstoßen habe. Im Kern sollten mit dieser Beschwerde die fehlende Differenzierung zwischen den für max.mobil und für Mobilkom festgelegten Entgelten sowie die Mobilkom eingeräumten Vorteile bei der Zahlung dieser Entgelte beanstandet werden.

5. In dieser Beschwerde machte max.mobil darüber hinaus geltend, dass das Gemeinschaftsrecht verletzt worden sei, und zwar zum einen insoweit, als der österreichische Staat die Bevorzugung von Mobilkom bei der Frequenzzuweisung rechtlich festgeschrieben habe, und zum anderen dadurch, dass die PTA ihrer Tochtergesellschaft Mobilkom bei Errichtung und Betrieb von deren GSM-Netz Unterstützung gewährt habe.

6. Am 22. April 1998 reichte max.mobil eine ergänzende Stellungnahme bei der Kommission ein, in der sie einige Sach- und Rechtsausführungen zu dem von ihr beanstandeten Sachverhalt machte. Nach einem Treffen mit der Kommission am 14. Juli 1998 reichte sie am 27. Juli 1998 eine zweite ergänzende Stellungnahme ein.

7. Am 11. Dezember 1998 teilte die Kommission max.mobil mit dem Schreiben, das Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Gericht war, mit, dass sie deren Beschwerde vom 14. Oktober 1997 teilweise zurückweise. Sie führte in diesem Zusammenhang u. a. aus:

Bezüglich [der Tatsache, dass Mobilkom kein höheres Konzessionsentgelt als Ihrem Unternehmen auferlegt wurde], vertritt die Kommission... die Ansicht, dass ein hinreichender Nachweis für das Vorliegen einer staatlichen Maßnahme, die Mobilkom zum Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung veranlasst hätte, von Ihnen nicht erbracht worden ist. In vergleichbaren Fällen hat die Kommission nach ihrer bisherigen Praxis nur dann Verletzungsverfahren eingeleitet, wenn ein Mitgliedstaat einem neu in den Markt eintretenden Unternehmen ein höheres Konzessionsentgelt auferlegt hat als dem bereits im Markt tätigen Unternehmen (vgl. die Entscheidung der Kommission über die dem zweiten Betreiber von GSM-Mobilfunkdiensten in Italien auferlegten Bedingungen, ABl. L 280 vom 23.11.1995).

Verfahren vor dem Gericht

8. Max.mobil erhob mit Klageschrift, die am 22. Februar 1999 bei der Kanzlei des Gerichts einging, Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Handlung insoweit, als durch diese die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen wurde.

9. Mit am 31. März 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem gesonderten Schriftsatz erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts. Mit Beschluss vom 17. September 1999 behielt das Gericht die Entscheidung über diese Einrede dem Endurteil vor.

10. Am 15. Juli 1999 beantragte das Königreich der Niederlande seine Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission. Mit Beschluss vom 17. September 1999 gab der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts diesem Antrag statt.

11. Auf Bericht des Berichterstatters beschloss das Gericht, das mündliche Verfahren zu eröffnen. Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen forderte das Gericht die Parteien auf, einige Fragen schriftlich zu beantworten.

12. In der Sitzung vom 2. Mai 2001 verhandelten die Beteiligten mündlich und beantworteten Fragen des Gerichts.

13. Max.mobil beantragte,

- die streitige Handlung für nichtig zu erklären, soweit durch sie ihre Beschwerde zurückgewiesen worden war;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

14. Die Kommission, unterstützt durch das Königreich der Niederlande, beantragte,

- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

- max.mobil die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Das angefochtene Urteil

15. In dem angefochtenen Urteil hat sich das Gericht, nachdem es in Vorbemerkungen den Kontext seiner Entscheidung und insbesondere die Tragweite der Rechtsprechung Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission (Urteil vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache C107/95 P, Slg. 1997, I947) erläutert hat, zunächst mit der Zulässigkeit der Klage und dann mit ihrer Begründetheit befasst.

Vorbemerkungen des Gerichts

16. Das Gericht hat in Randnummer 48 des angefochtenen Urteils zunächst dargelegt, dass auf die sorgfältige und unparteiische Behandlung einer Beschwerde ein Anspruch im Rahmen des Rechts auf eine gute Verwaltung von Einzelfällen bestehe, das zu den allgemeinen, den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen gehöre und in Artikel 41 Absatz 1 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1, im Folgenden: Grundrechte-Charta) aufgenommen worden sei.

17. In den Randnummern 49 und 51 des angefochtenen Urteils hat es sodann ausgeführt, dass die Verpflichtung zur sorgfältigen und unparteiischen Prüfung einer Beschwerde der Kommission in den unter die Artikel 85 und 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG und 82 EG) fallenden Bereichen sowie im Rahmen des Artikels 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) und des Artikels 93 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 88 EG) auferlegt worden sei. Artikel 90 EG-Vertrag sei ebenso wie die Wettbewerbsvorschriften des Vertrages auszulegen, die den Beschwerdeführern ausdrücklich Verfahrensrechte zuerkennten. Max.mobil befinde sich daher in einer Lage, die derjenigen vergleichbar sei, die in Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), genannt sei, wonach sie einen Antrag auf Einleitung eines Verfahrens bei der Kommission stellen könne.

18. Das Gericht macht in den Randnummern 52 und 53 des angefochtenen Urteils schließlich geltend, dass die Verpflichtung zur sorgfältigen und unparteiischen Prüfung durch die der Kommission obliegende allgemeine Überwachungspflicht gerechtfertigt sei. Diese müsse im Rahmen der Artikel 85, 86, 90, 92 und 93 EG-Vertrag unterschiedslos gelten, auch wenn die Modalitäten der Erfüllung dieser Verpflichtungen je nach den spezifischen Anwendungsbereichen und insbesondere den Verfahrensrechten, die den Betroffenen in diesen Bereichen durch den EG-Vertrag oder das abgeleitete Gemeinschaftsrecht ausdrücklich eingeräumt seien, unterschiedlich ausfielen. Das Vorbringen der Kommission, Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag räume den Einzelnen, deren Schutz durch die unmittelbaren Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gewährleistet sei, keine Verfahrensstellung ein, sei folglich unerheblich.

19. Ferner hat das Gericht in Randnummer 54 des angefochtenen Urteils zwischen den in den Artikeln 90 Absatz 3 und 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) vorgesehenen Verfahren unterschieden. Während die Kommission nach Artikel 169 EG-Vertrag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat einleiten könne, sehe Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag vor, dass sie erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen erlasse. Dieser Ausdruck zeige an, dass die Kommission eine sorgfältige und unparteiische Prüfung der Beschwerden vornehmen müsse, nach deren Abschluss sie nach ihrem Ermessen entscheide, ob eine Untersuchung durchzuführen sei und ob gegenüber dem betroffenen Mitgliedstaat oder den betroffenen Mitgliedstaaten erforderlichenfalls Maßnahmen zu ergreifen seien. Anders als bei der Entscheidung über die Erhebung einer Vertragsverletzungsklage aufgrund von Artikel 169 EG-Vertrag stehe es zwar im Ermessen der Kommission, ob einer Beschwerde nach Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag nachgegangen werden solle, die betreffende Entscheidung unterliege aber einer gerichtlichen Nachprüfung (siehe in diesem Sinne Nr. 96 der Schlussanträge von Generalanwalt Mischo in den Rechtssachen C302/99 P und C308/99 P [Urteil vom 12. Juli 2001, Kommission und Frankreich/TF1, Slg. 2001, I5603]).

20. Auch wenn die Kommission über ein weites Ermessen sowohl hinsichtlich des für erforderlich erachteten Tätigwerdens als auch hinsichtlich der geeigneten Mittel verfügt (siehe u. a. Urteil Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission, Randnr. 27), hat das Gericht in den Randnummern 55 bis 57 des angefochtenen Urteils daran erinnert, dass, soweit die Kommission zur sorgfältigen und unparteiischen Prüfung einer Beschwerde verpflichtet sei, die Einhaltung dieser Verpflichtung ebenso wie ihre Entscheidung, der Beschwerde nachzugehen oder nicht, gerichtlicher Kontrolle unterliege, die derjenigen bei Zuwiderhandlungen in den von den Artikeln 85 und 86 EG-Vertrag erfassten Bereichen entspreche (siehe u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76, Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875, Randnr. 13). Das Gericht hat auf Nummer 97 der Schlussanträge von Generalanwalt Mischo in den Rechtssachen Kommission und Frankreich/TF1 verwiesen, wo dieser sich dafür ausspreche, dass das Gleiche bei einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag gelte. Außerdem gehöre eine solche gerichtliche Kontrolle ebenfalls zu den den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen, wie Artikel 47 der Grundrechte-Charta bestätige.

21. Um das Ermessen der Kommission zu wahren, müsse sich die Kontrolle des Gemeinschaftsrichters, wenn die angefochtene Handlung in einer Entscheidung der Kommission bestehe, von ihrer Befugnis nach Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag keinen Gebrauch zu machen, auf die Prüfung beschränken, ob die angefochtene Handlung eine Begründung enthalte, aus der hervorgehe, dass der relevante Akteninhalt berücksichtigt worden sei, ob ein zutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt worden sei und ob die Beurteilung dieses Sachverhalts offensichtlich fehlerhaft sei.

Zur Zulässigkeit der Klage

22. Unter Berücksichtigung seiner Vorbemerkungen hat das Gericht die Zulässigkeit der Klage von max.mobil mit folgender Begründung bejaht.

23. Zunächst hat es in Randnummer 65 des angefochtenen Urteils das Schreiben der Kommission vom 11. Dezember 1998, mit dem diese max.mobil mitgeteilt hatte, dass sie deren nach Artikel 90 EG-Vertrag erhobener Beschwerde nicht nachgehen wolle, als eine Entscheidung qualifiziert, die mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden kann.

24. In den Randnummern 70 und 71 des angefochtenen Urteils hat das Gericht sodann festgestellt, dass max.mobil Adressatin dieser Entscheidung und in mehrfacher Hinsicht individuell durch sie betroffen sei.

25. Erstens stelle der angefochtene Akt eine Reaktion der Kommission auf eine förmliche Beschwerde von max.mobil dar.

26. Zweitens habe die Kommission mehrere Besprechungen mit dieser Firma durchgeführt, um verschiedene in der Beschwerde angesprochene Punkte zu prüfen.

27. Drittens habe max.mobil, als ihr die Mobiltelefonkonzession erteilt worden sei, nur eine einzige Konkurrentin gehabt, Mobilkom, die durch die staatlichen Maßnahmen begünstigt worden sei, die in dem Teil der Beschwerde gerügt worden seien, den die Kommission laut angefochtenem Rechtsakt nicht mehr weiter habe untersuchen wollen.

28. Viertens sei von den beiden Konkurrentinnen von Mobilkom nur max.mobil eine Gebühr in gleicher Höhe wie Mobilkom auferlegt worden, während der anderen Wettbewerberin, Connect Austria, eine erheblich niedrigere Gebühr als Mobilkom und max.mobil auferlegt worden sei.

29. Fünftens sei die Mobilkom auferlegte Gebühr, deren Höhe die zentrale Frage der Beschwerde und des angefochtenen Rechtsakts darstelle, unstreitig der Gebühr mechanisch angeglichen worden, die max.mobil im Rahmen des Verfahrens über die Erteilung der zweiten Mobiltelefonkonzession in Österreich vorgeschlagen habe.

30. Sechstens sei die Maßnahme, die Gegenstand der Beschwerde und des angefochtenen Rechtsakts sei, anders als die streitige Maßnahme in der zum Urteil Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission führenden Rechtssache, gegenüber Mobilkom ein Einzelakt und keine generelle Norm.

Zur Begründetheit der Klage

31. Nachdem das Gericht in den Randnummern 73 und 75 des angefochtenen Urteils daran erinnert hatte, dass sich seine Kontrolle auf die Prüfung beschränke, ob die Kommission ihre Verpflichtung zur sorgfältigen und unparteiischen Prüfung der Beschwerden beachtet habe, und dass der angefochtene Rechtsakt auf einen unstreitigen Sachverhalt gestützt sei, hat es ausgeführt, dass die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, zu dem Ergebnis habe kommen dürfen, als Nachweis dafür, dass Mobilkom zum Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung veranlasst werde, reiche es nicht aus, dass Mobilkom die Zahlung eines Konzessionsentgelts in gleicher Höhe wie das von der Klägerin gezahlte Entgelt auferlegt worden sei. Im Übrigen sei dieser Schluss mit der früheren Praxis der Kommission vereinbar.

32. Das Gericht hat außerdem festgestellt, dass der angefochtene Rechtsakt nach mehreren Besprechungen zwischen max.mobil und der Kommission und damit in einem der Firma bekannten Rahmen erlassen worden sei, der es ihr ermöglicht habe, die Gründe für den streitigen Rechtsakt zu verstehen. Es könne daher nicht wie im Urteil vom 17. März 1983 in der Rechtssache 294/81 (Control Data/Kommission, Slg. 1983, 911, Randnr. 15) von einer fehlenden oder einer unzureichenden Begründung die Rede sein. Der angefochtene Rechtsakt sei somit im Sinne von Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) hinreichend begründet.

Verfahren vor dem Gerichtshof

33. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat am 12. April 2002 ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.

34. Am 1. August 2002 hat die Französische Republik beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 24. Oktober 2002 hat der Präsident des Gerichtshofes diesem Antrag stattgegeben.

35. Mit Rechtsmittelbeantwortung vom 9. August 2002 hat max.mobil ein Anschlussrechtsmittel eingelegt. Die Kommission hat mit Rechtsmittelerwiderung vom 15. November 2002 entgegnet. Max.mobil hat am 25. Februar 2003 eine Gegenerwiderung eingereicht.

Rechtsmittel- und Anschlussrechtsmittelanträge

36. Die Kommission beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Nichtigkeitsklage von max.mobil gegen das Schreiben der Kommission vom 11. Dezember 1998 für zulässig erklärt;

- die Nichtigkeitsklage von max.mobil gegen die streitige Handlung als unzulässig abzuweisen;

- das Anschlussrechtsmittel von max.mobil zurückzuweisen;

- max.mobil die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

37. Max.mobil beantragt,

- das Rechtsmittel der Kommission als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

im Wege des Anschlussrechtsmittels beantragt sie,

- das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es ihre Nichtigkeitsklage als unbegründet abgewiesen hat;

- die streitige Handlung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

38. In ihrer Streithilfeschrift beantragt die Französische Republik,

- das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Nichtigkeitsklage von max.mobil nach Artikel 90 EG-Vertrag für zulässig erklärt;

- max.mobil die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels

Vorbringen der Parteien

39. Die Kommission hält das Rechtsmittel aus zwei Gründen für zulässig.

40. Zum einen sei es nach Artikel 49 (jetzt Artikel 56) Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes zulässig, weil das angefochtene Urteil einen Zwischenstreit über die Zulässigkeit beende, indem es diese bejahe. Insofern beschwere das angefochtene Urteil sie als beklagte Partei vor dem Gericht. Dass das Gericht die Klage in der Sache als unbegründet abgewiesen habe, sei für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels unerheblich, das auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gerichtet sei, mit dem entschieden worden sei, dass die streitige Handlung Gegenstand einer Klage sein könne (Urteil vom 26. Februar 2002 in der Rechtssache C23/00 P, Rat/Boehringer, Slg. 2002, I1873, Randnrn. 50 und 52).

41. Zum anderen sei das Rechtsmittel nach Artikel 49 Absatz 3 der EG-Satzung des Gerichtshofes zulässig. Sie gehöre nämlich zu den Parteien, die Rechtsmittel gegen das angefochtene Urteil einlegen könnten, ohne dass es auf die Schlussfolgerungen in der Sache selbst ankäme, wie der Gerichtshof im Urteil vom 21. Januar 1999 in der Rechtssache C73/97 P (Frankreich/Comafrica, Slg. 1999, I185) implizit anerkannt habe, oder ohne ein eigenes Interesse darzutun, wie der Gerichtshof im Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C49/92 P (Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I4125, Randnr. 171) ausgeführt habe.

42. Max.mobil ist der Auffassung, da die Kommission obsiegt habe, sei Artikel 49 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes anwendbar, und dieser stehe der Zulässigkeit des Rechtsmittels der Kommission entgegen. Außerdem sei die Frage der Zulässigkeit in dieser Rechtssache nicht im Rahmen eines Zwischenstreits, sondern zusammen mit der Begründetheit behandelt worden. Das angefochtene Urteil behandle die Klage als Ganzes, was im Übrigen durch Artikel 114 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts bestätigt werde.

43. Sie wendet sich ferner gegen die von der Kommission vorgenommene Auslegung des Artikels 49 Absatz 3 der EG-Satzung des Gerichtshofes. Die Gemeinschaftsorgane könnten keine andere Position als die anderen Parteien erlangen. Sie könnten nicht allein zu dem Zweck Rechtsmittel einlegen, durch den Gerichtshof eine der in dem betreffenden Urteil behandelten und damit unselbständigen Rechtsfragen klären zu lassen, wie sich aus Randnummer 51 des Urteils Rat/Boehringer ergebe, das durch das Urteil Kommission und Frankreich/TF1 bestätigt worden sei.

44. Max.mobil weist schließlich darauf hin, dass das Urteil Frankreich/Comafrica u. a. in einem anderen Zusammenhang ergangen sei. In dieser Rechtssache sei der Gerichtshof mit einem Bündel von Entscheidungen des Gerichts befasst gewesen, so dass dieses Urteil nicht einschlägig sei. s

Würdigung durch den Gerichtshof

45. Zunächst ist das Vorbringen von max.mobil zum Urteil Kommission und Frankreich/TF1 zurückzuweisen. In diesem Urteil hat der Gerichtshof nämlich die im ersten Rechtszug getroffene Entscheidung des Gerichts, dass über die Klage nicht entschieden zu werden brauche, bestätigt und festgestellt, dass das Gericht in Anbetracht der Reihenfolge, in der die Fragen geprüft würden, habe entscheiden können, ohne sich zur Zulässigkeit der ihm vorliegenden Klage äußern zu müssen (Urteil Kommission und Frankreich/TF1, Randnrn. 25 bis 28).

46. In der vorliegenden Rechtssache hat sich das Gericht hingegen förmlich zur Zulässigkeit der Klage geäußert, bevor es über die Begründetheit entschieden hat.

47. Artikel 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes bestimmt:

Gegen Endentscheidungen des Gerichts und gegen die Entscheidungen, die über einen Teil des Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der Unzuständigkeit oder der Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden; die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

48. Nach Artikel 49 Absatz 3 der Satzung brauchen die Gemeinschaftsorgane kein Interesse darzutun, um ein Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts einlegen zu können (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, Randnr. 171).

49. Im vorliegenden Fall ist das Rechtsmittel der Kommission darauf gerichtet, dass der Gerichtshof den Teil des angefochtenen Urteils, d. h. die Randnummern 65 bis 72, aufhebt, mit dem das Gericht die Unzulässigkeitseinrede der Kommission ausdrücklich zurückgewiesen hat, wobei dieser Teil eine einen Zwischenstreit beendende Entscheidung im Sinne des Artikels 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes darstellt.

50. Entscheidungen, die einen Zwischenstreit über eine Einrede der Unzulässigkeit im Sinne dieser Bestimmung beenden, sind Entscheidungen, die damit, dass sie dieser Einrede stattgeben oder sie zurückweisen, eine der Parteien beschweren. So hat der Gerichtshof etwa einem Rechtsmittel gegen ein Urteil des Gerichts stattgegeben, soweit mit diesem eine von einer Partei gegen die Klage erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen worden war, obgleich das Gericht die Klage mit demselben Urteil als unbegründet abgewiesen hatte (vgl. Urteile Frankreich/Comafrica u. a. sowie Rat/Boehringer, Randnr. 50).

51. Da das Gericht, wie ausgeführt, in der vorliegenden Rechtssache eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage von max.mobil hat treffen wollen, bevor es diese Klage als unbegründet abwies, ist das Rechtsmittel der Kommission gegen die sie beschwerende Entscheidung zulässig.

52. Die von max.mobil gegen das Rechtsmittel erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit der Klage vor dem Gericht

Vorbringen der Parteien

53. Die Kommission räumt zwar ein, dass sie zu einer sorgfältigen und unparteiischen Prüfung der Beschwerden, die sie auf dem Gebiet des Artikels 90 EG-Vertrag erhalte, verpflichtet sei; sie ist jedoch gemeinsam mit der französischen Regierung der Ansicht, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es angenommen habe, dass ihre Entscheidung über die Verfolgung der Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln einer gerichtlichen Kontrolle unterliege.

54. Das Gericht verkenne die Tragweite des Urteils Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission, wenn es feststelle, dass die dort gewählte Lösung, wonach sie bei der Verfolgung von Zuwiderhandlungen über ein Ermessen verfüge, nur eine Ausnahme vom allgemeinen Recht auf Behandlung von Beschwerden darstelle. Der Gerichtshof habe in Randnummer 25 dieses Urteils vielmehr entschieden, dass die Befugnis zur Erhebung einer Klage gegen die Weigerung der Kommission, nach Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag einzuschreiten, allenfalls in Ausnahmefällen bestehen könne.

55. Im vorliegenden Fall befinde sich max.mobil, wie auch die französische Regierung vortrage, nicht in einer Ausnahmesituation.

56. Darüber hinaus beanstandet die Kommission unterstützt durch die französische Regierung, dass das Gericht ihr Schreiben vom 11. Dezember 1998 in den Randnummern 64 bis 68 und 71 des angefochtenen Urteils als Entscheidung eingestuft habe. Ihre Schreiben seien als einfache Mitteilungen anzusehen.

57. Die in der Verordnung Nr. 17 anerkannten Verfahrensrechte, darunter das Recht auf eine Entscheidung der Kommission, gälten im Rahmen des Artikels 90 Absatz 3 EG-Vertrag nicht.

58. Das Gericht könne sich daher nicht auf Urteile berufen, die aus den Artikeln 85 und 86 EG-Vertrag abgeleitete Rechte beträfen.

59. Schließlich ist die Kommission der Ansicht, dass der Grundsatz der guten Verwaltung von Einzelfällen, der bis dato in der Rechtsprechung unbekannt sei, auf den das Gericht aber seine Erwägungen stütze, zu allgemein sei, um zugunsten Einzelner Verfahrensrechte begründen zu können, zumal die für diesen Grundsatz herangezogene Grundrechte-Charta nicht anwendbar sei. Artikel 41 Absatz 2 dritter Gedankenstrich dieser Charta erinnere im Übrigen nur an die in Artikel 190 EG-Vertrag vorgesehene Begründungspflicht. Artikel 41 Absatz 4 der Charta spiegele den durch den Vertrag von Amsterdam eingeführten Artikel 21 Absatz 3 EG wider, der aber zu dem Zeitpunkt der streitigen Handlung, die erstinstanzlich als eine angefochtene Entscheidung angesehen worden sei, nämlich am 11. Dezember 1998, noch nicht in Kraft getreten gewesen sei.

60. Max.mobil macht im Wesentlichen ihre Klagebefugnis geltend. Unter Verweis auf die Nummern 99, 100, 103 und 107 der Schlussanträge von Generalanwalt Mischo in der Rechtssache Kommission und Frankreich/TF1, das Urteil vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C225/91 (Matra/Kommission, Slg. 1993, I3203, Randnrn. 23 und 25) und die Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola in der Rechtssache Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission trägt sie vor, dass die vom Gerichtshof in dieser letztgenannten Rechtssache festgestellte Unzulässigkeit sich nicht auf das von der Kommission geltend gemachte weite Ermessen gegründet habe, sondern darauf, dass die Beschwerde einen allgemeingültigen Rechtsakt betroffen habe, dessen Anfechtung durch einen Einzelnen unzulässig sei.

61. Wie das Gericht - aus den in den Randnummern 24 bis 30 des vorliegenden Urteils genannten Gründen - festgestellt habe, sei sie von der Entscheidung der Kommission, ihrer Beschwerde nicht nachzugehen, individuell betroffen.

62. Ein der Kommission eingeräumtes weites Ermessen lasse Klagen gegen aufgrund dieses Ermessens getroffene Entscheidungen nicht automatisch unzulässig werden.

63. Die Möglichkeit, die ablehnenden Entscheidungen der Kommission über Beschwerden Einzelner einer gerichtlichen Nachprüfung zu unterziehen, könne daher unabhängig von der Natur der angefochtenen Handlungen nicht ausgeschlossen werden. Max.mobil verweist insoweit auf die Randnummern 24 und 25 des Urteils Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission.

64. Sie ist außerdem der Auffassung, dass sie sich in einer Ausnahmesituation im Sinne dieses Urteils sowie des Urteils des Gerichts vom 3. Juni 1999 in der Rechtssache T17/96 (TF1/Kommission, Slg. 1999, II1757) befinde. In dem letztgenannten Urteil leite das Gericht den Ausnahmecharakter der fraglichen Situation aus der besonderen Stellung der Klägerin im Wettbewerb mit den anderen Fernsehsendern und daraus ab, dass die Klage anders als im Urteil Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission eine Einzelfallentscheidung und nicht einen Rechtsakt von allgemeiner Geltung betreffe.

65. Schließlich sei die Argumentation der Kommission, die Grundrechte-Charta sei rechtlich unverbindlich, irrig, da diese die Grundrechte der Europäischen Union aufnehme und bestätige. Artikel 41 Absatz 2 der Charta stütze eindeutig die Anerkennung des Rechts auf eine geordnete Verwaltung von Einzelfällen. Darüber hinaus könne die Wahrung der Verteidigungsrechte einer Person nicht von der ausdrücklichen Gewährung von Verfahrensrechten abhängig gemacht werden (Urteil vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C301/87, Frankreich/Kommission, Boussac Saint Frères, Slg. 1990, p. I307).

Würdigung durch den Gerichtshof

66. Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag überträgt der Kommission die Aufgabe, darauf zu achten, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen gegenüber den in Artikel 90 Absatz 1 genannten Unternehmen nachkommen, und verleiht ihr ausdrücklich die Zuständigkeit, zu diesem Zweck Richtlinien und Entscheidungen zu erlassen. Die Kommission ist befugt, festzustellen, dass eine bestimmte staatliche Maßnahme mit den Vorschriften des Vertrages unvereinbar ist, und anzugeben, welche Maßnahmen der Mitgliedstaat, an den die Entscheidung gerichtet ist, zu treffen hat, um seinen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen (vgl. Urteil Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission, Randnr. 23).

67. Im vorliegenden Fall hatte max.mobil, die Klägerin im ersten Rechtszug, die Kommission darum ersucht, festzustellen, dass die Republik Österreich gegen die Artikel 86 und 90 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen hat. Sie behauptete in ihrer Beschwerde, dass die österreichischen Behörden ihre Konkurrentin Mobilkom bei der Zuteilung der Frequenzen rechtswidrig bevorteilt hätten, indem sie nicht zwischen den für diese und den für sie selbst festgelegten Entgelten differenziert hätten, obwohl Mobilkom als Tochtergesellschaft der PTA bei der Errichtung und dem Betrieb ihres GSM-Netzes von dieser unterstützt worden sei.

68. Aus dem Urteil Bundesverband der Bilanzbuchhalter/Kommission, Randnummer 24, ergibt sich, dass ein Einzelner gegebenenfalls dazu berechtigt sein kann, gegen eine von der Kommission nach Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag an einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung Nichtigkeitsklage zu erheben, sofern die Voraussetzungen des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 4 EG) erfüllt sind.

69. Nach Artikel 90 Absatz 3 EG-Vertrag und dem Sinn und Zweck des gesamten Artikels 90 ist die Kommission jedoch nicht verpflichtet, gemäß diesem Artikel tätig zu werden, und der Einzelne kann von ihr nicht eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinne verlangen.

70. Dass max.mobil ein unmittelbares und individuelles Interesse an der Nichtigerklärung der Entscheidung hat, mit der die Kommission es abgelehnt hat, ihrer Beschwerde nachzugehen, berechtigt sie nicht dazu, diese Entscheidung anzufechten. Denn das Schreiben, mit dem die Kommission ihr mitgeteilt hat, dass sie nicht beabsichtige, ein Verfahren gegen die Republik Österreich einzuleiten, erzeugt keine verbindlichen Rechtswirkungen, so dass es keine mit einer Nichtigkeitsklage anfechtbare Handlung darstellt.

71. Max.mobil kann sich auch nicht auf ein Klagerecht aus der Verordnung Nr. 17 berufen, da diese im Rahmen des Artikels 90 EG-Vertrag nicht anwendbar ist.

72. Dieser Feststellung steht weder der Grundsatz der guten Verwaltung noch ein anderer allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts entgegen. Es gibt nämlich keinen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, nach dem ein Unternehmen gegen die Weigerung der Kommission, auf der Grundlage des Artikels 90 Absatz 3 EG-Vertrag gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, zulässigerweise muss Klage erheben können.

73. Die beim Gericht erhobene Klage von max.mobil gegen die Entscheidung der Kommission, mit der diese es abgelehnt hat, eine angebliche Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln zu verfolgen und zu ahnden, die darin bestanden haben soll, dass die österreichische Regierung nicht zwischen den für max.mobil und den für deren Konkurrentin Mobilkom festgelegten Entgelten für den Betrieb ihrer Mobilfunknetze differenziert habe, war daher unzulässig.

74. Das Gericht hat die Klage von max.mobil gegen die streitige Handlung folglich zu Unrecht für zulässig erklärt.

75. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Urteil des Gerichts, ohne dass die weiteren Rechtsmittelgründe der Kommission und das Anschlussrechtmittel geprüft werden müssten, aufzuheben und die Klage von max.mobil gegen die streitige Handlung abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

76. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission beantragt hat, max.mobil die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 30. Januar 2002 in der Rechtssache T54/99 (max.mobil/Kommission) wird aufgehoben.

2. Die Klage der max.mobil Telekommunikation Service GmbH beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften wird abgewiesen.

3. Die TMobile Austria GmbH trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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