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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.04.1995
Aktenzeichen: C-147/94
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, Richtlinie 90/618/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG und der Richtlinie 88/357/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung)


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 169
Richtlinie 90/618/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG und der Richtlinie 88/357/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) Art. 12 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ein Mitgliedstaat kann sich nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung der in einery Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 6. APRIL 1995. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN KOENIGREICH SPANIEN. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATS - NICHTUMSETZUNG EINER RICHTLINIE. - RECHTSSACHE C-147/94.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 30. Mai 1994 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstossen hat, daß es nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen und in Kraft gesetzt hat, deren es zur Durchführung der Richtlinie 90/618/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG und der Richtlinie 88/357/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung), insbesondere bezueglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. L 330, S. 44; im folgenden: Richtlinie), bedurfte, und daß es dies der Kommission nicht mitgeteilt hat.

2 Nach Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten ihre einzelstaatlichen Vorschriften gemäß der Richtlinie binnen achtzehn Monaten nach deren Bekanntgabe zu ändern und dies unverzueglich der Kommission mitzuteilen. Die Richtlinie wurde dem Königreich Spanien am 20. November 1990 bekanntgegeben.

3 Nachdem die Kommission vom Königreich Spanien keine Mitteilung über Maßnahmen zur Durchführung der Richtlinie erhalten hatte, forderte sie das Königreich Spanien mit Schreiben vom 6. August 1992 auf, sich dazu zu äussern. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet. Die Kommission gab daher am 24. Mai 1993 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, mit der sie das Königreich Spanien aufforderte, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieser Stellungnahme die gemäß der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Da das Königreich Spanien dieser Stellungnahme nicht nachkam, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

4 Das Königreich Spanien bestreitet nicht, daß die Richtlinie nicht umgesetzt worden ist. Es weist lediglich darauf hin, daß die Generaldirektion für das Versicherungswesen einen Gesetzentwurf mit dem Titel "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Rechtsvorschriften über private Versicherungen" erstellt habe, daß aber bei Ablauf der Frist für die Einreichung von Änderungsvorschlägen beim Senat während der parlamentarischen Behandlung dieses Gesetzentwurfs das Abgeordnetenhaus aufgelöst und die Abhaltung allgemeiner Wahlen beschlossen worden sei. Dadurch sei der genannte Gesetzentwurf unwirksam geworden; das Gesetzgebungsverfahren habe neu begonnen werden müssen und sei noch nicht abgeschlossen.

5 Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Mitgliedstaat nicht auf Bestimmungen, Praktiken oder Gegebenheiten seiner internen Rechtsordnung berufen, um damit die Nichteinhaltung der durch eine Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen.

6 Da die Richtlinie innerhalb der in ihrem Artikel 12 festgesetzten Frist nicht vollständig umgesetzt worden ist, ist die deswegen von der Kommission gerügte Vertragsverletzung festzustellen.

7 Dagegen hat der Gerichtshof entgegen dem Antrag der Kommission nicht zu berücksichtigen, daß keine Unterrichtung über Rechts- und Verwaltungsvorschriften erfolgt ist, die hätten erlassen werden müssen, um der Richtlinie nachzukommen, denn das Königreich Spanien hat innerhalb der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzt worden war, gerade keine solchen Vorschriften erlassen (Urteil vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-303/93, Kommission/Italien, Slg. 1994, I-1901, Randnr. 6).

8 Somit ist festzustellen, daß das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstossen hat, daß es nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen und in Kraft gesetzt hat, deren es zur Durchführung der Richtlinie bedurfte.

Kostenentscheidung:

Kosten

9 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Spanien mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstossen, daß es nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen und in Kraft gesetzt hat, deren es zur Durchführung der Richtlinie 90/618/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG und der Richtlinie 88/357/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung), insbesondere bezueglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, bedurfte.

2) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3) Das Königreich Spanien trägt die Kosten.

Ende der Entscheidung

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