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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.05.1997
Aktenzeichen: C-153/96 P
Rechtsgebiete: EGV, EG-Satzung


Vorschriften:

EGV Art. 168 a
EG-Satzung Art. 33
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

3 Ein Rechtsmittel kann gemäß Artikel 168a des Vertrages und Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofes nur auf Rechtsmittelgründe gestützt werden, die die Verletzung von Rechtsvorschriften betreffen, während sämtliche Einwendungen gegen den Sachverhalt, wie ihn das Gericht unanfechtbar beurteilt hat, ausgeschlossen sind; gemäß Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes muß das Rechtsmittel die den Antrag stützenden Rechtsmittelgründe angeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, daß in der Rechtsmittelschrift die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie das rechtliche Vorbringen, auf das dieser Antrag im einzelnen gestützt wird, genau bezeichnet werden müssen.

4 Weder unzureichend noch widersprüchlich begründet ist ein Urteil des Gerichts, in dem zum einen auf der Basis des Grundsatzes der gesunden Verwaltung die Anwendung der in Artikel 24 des Anhangs X des Statuts vorgesehenen Regelung für gerechtfertigt gehalten wird, der ein zusätzliches Versicherungssystem zugunsten der Beamten, die in einem Drittland Dienst tun, ihres Ehegatten, ihrer Kinder und der sonstigen unterhaltsberechtigten Personen vorsieht, das die Differenz zwischen den tatsächlich verauslagten Kosten und den Leistungen der Krankheitsfürsorge im Sinne des Artikels 72 decken soll, sofern die in einem Drittland verauslagten Kosten nicht höher sind, als sie es in der Gemeinschaft wären, oder sofern die Kosten während eines vorübergehenden Aufenthalts in der Gemeinschaft verauslagt worden sind, und in dem zum anderen darauf hingewiesen wird, daß die Berechtigung von Artikel 24 strikt darauf beschränkt ist, daß die spezifischen Nachteile, die Anlaß für die Einführung dieser Regelung waren, vorliegen.

Der Gesetzgeber konnte sich nämlich im Bemühen um Vereinfachung für ein praktikables System entscheiden, weil es unverhältnismässig gewesen wäre, Land für Land die tatsächlichen Kosten ärztlicher Leistungen oder den Grad der Krankheitsrisiken zu untersuchen, berücksichtigt man den für diese Untersuchung erforderlichen Aufwand, die geringe Zahl von Ländern, in denen die Krankheitskosten und -risiken nicht höher sind als in der Gemeinschaft, die wenigen in diesen Ländern beschäftigten Beamten sowie die Schwierigkeiten beim Vergleich der ärztlichen Praktiken von einem Land zum anderen.

Fehlen hingegen diese mit einer dienstlichen Verwendung in einem Drittland verbundenen spezifischen Nachteile, tritt die Regel an die Stelle der Ausnahme, d. h., es gibt keinen Grund mehr, die in Artikel 24 des Anhangs X vorgesehene Regelung anzuwenden, wenn ein ständiger Aufenthaltsort in der Gemeinschaft vorhanden ist.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 29. Mai 1997. - Jan Robert de Rijk gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Beamte - Regelung der zusätzlichen Krankenversicherung für die Beamten, die in einem Drittland Dienst tun - Voraussetzungen für die Erstattung von Krankheitskosten. - Rechtssache C-153/96 P.

Entscheidungsgründe:

1 Herr De Rijk hat mit Rechtsmittelschrift, die am 7. Mai 1996 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung und den entsprechenden Bestimmungen der EGKS- und der EAG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 7. März 1996 in der Rechtssache T-362/94 (De Rijk/Kommission, Slg. ÖD 1996, II-365; im folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht seine Anträge zurückgewiesen hat, erstens auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission vom 18. Januar 1994 über die Erstattung eines Betrages von 4 412 BFR aufgrund der zusätzlichen Krankenversicherung sowie, soweit erforderlich, der Entscheidung der Kommission vom 15. Juli 1994 über die Zurückweisung seiner Beschwerde, zweitens auf Verurteilung der Kommission zur Zahlung der vollständigen Differenz zwischen den tatsächlich verauslagten Kosten und den Leistungen des gemeinsamen Krankenversicherungssystems, nämlich 4 950 BFR, und schließlich auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 24 Absätze 1 und 2 des Anhangs X des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) und demgemäß auf deren Aufhebung.

2 Das Gericht hat in dem angefochtenen Urteil folgende Feststellungen getroffen:

"... Rechtlicher Rahmen

1 Die im Mittelpunkt des vorliegenden Rechtsstreits stehende Bestimmung ist Artikel 24 Absatz 1 des Anhangs X des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Anhang X und Statut). Dieser Anhang wurde durch die Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 3019/87 des Rates vom 5. Oktober 1987 über Sondervorschriften für Beamte der Europäischen Gemeinschaften, die in einem Drittland Dienst tun (ABl. L 286, S. 3; im folgenden: Verordnung Nr. 3019/87), in das Statut eingefügt. Artikel 24 Absatz 1 des Anhangs X lautet wie folgt:

"Der Beamte, sein Ehegatte, seine Kinder und die sonstigen unterhaltsberechtigten Personen sind durch eine zusätzliche Krankenversicherung, die die Differenz zwischen den tatsächlich verauslagten Kosten und den Leistungen der Krankheitsfürsorge im Sinne des Artikels 72 des Statuts - mit Ausnahme von Absatz 3 - deckt, gesichert."

2 Zu diesem Artikel ergingen Allgemeine Durchführungsbestimmungen, die in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 642 vom 17. September 1990 veröffentlicht wurden (S. 33); Artikel 2 dieser Bestimmungen sieht vor:

Durch die zusätzliche Krankenversicherung gesichert sind

1. Beamte, deren Dienstort sich ausserhalb der Gemeinschaft befindet;

2. Personen, die durch den nach Nummer 1 angeschlossenen Beamten gemäß Artikel 72 des Statuts und nach Maßgabe der Regelung zur Sicherstellung der Krankheitsfürsorge für die Beamten der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend "Regelung" genannt) mitangeschlossen sind, sofern ihr ständiger Aufenthaltsort der Dienstort des nach Nummer 1 angeschlossenen Beamten ist.

Ist dieser Dienstort nicht ihr ständiger Aufenthaltsort, so sind sie dennoch für die Zeit des Aufenthalts am Dienstort des Beamten nach Stellungnahme des Vertrauensarztes in den Fällen gesichert, in denen die Krankheitskosten allein auf den Tatbestand des Dienstortes der angeschlossenen Person zurückzuführen sind;

3. Beamte, die sich gemäß Artikel 40 Absatz 2 Unterabsatz 4 des Statuts in Urlaub aus persönlichen Gründen befinden, sofern ihr ständiger Aufenthaltsort der Dienstort ihres nach Nummer 1 angeschlossenen Ehegatten ist.

Auf Antrag des Beamten bleibt die Krankenversicherung nach den Nummern 2 und 3 für die Zeit erhalten, in der er an einem Nachschulungslehrgang gemäß Artikel 3 des Anhangs X des Statuts teilnimmt, sofern der Aufenthaltsort der betreffenden Personen weiterhin der ausserhalb der Gemeinschaft gelegene Dienstort des Beamten ist."

Der Klage zugrunde liegender Sachverhalt

3 Der Kläger ist Beamter der Besoldungsgruppe B 2 und bei der Delegation der Kommission in Finnland beschäftigt.

4 Im Sommer 1993 verauslagte er Kosten für die ärztliche Behandlung unterhaltsberechtigter Personen, insbesondere seines Sohnes, der sich gewöhnlich in Belgien aufhält. Am 18. August 1993 stellte er bei der Beklagten einen Erstattungsantrag über insgesamt 26 631 BFR.

5 Am 6. Oktober 1993 schickte ihm die Kasse des gemeinsamen Krankheitsfürsorgesystems für die Organe der Europäischen Gemeinschaften eine Abrechnung, aus der hervorging, daß sie 21 681 BFR von insgesamt 26 631 BFR übernahm und daß der angeschlossene Beamte den Restbetrag von 4 950 BFR eventuell auf der Grundlage von Artikel 24 des Anhangs X erstattet erhalten könne.

6 Mit Schreiben vom 18. Januar 1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie ihm nach Artikel 24 des Anhangs X lediglich 4 412 BFR anstelle der beantragten 4 950 BFR erstatte und er den Restbetrag von 538 BFR selbst tragen müsse, weil die Kosten, die er für seinen Sohn, der sich gewöhnlich in Belgien aufhalte, verauslagt habe, nur gemäß Artikel 72 des Statuts erstattet werden könnten.

7 Am 18. April 1994 legte der Kläger gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts eine Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.

8 Mit Entscheidung vom 15. Juli 1994, die dem Kläger am 4. August 1994 bekanntgegeben wurde, wies die Beklagte diese Beschwerde zurück. In ihrer Entscheidung führte sie aus, daß der Sohn des Klägers seinen ständigen Aufenthaltsort in Belgien habe und daß die dort aufgewandten Arztkosten im Gegensatz zu denen, die in Helsinki entstanden seien, nicht nach Artikel 24 des Anhangs X erstattet werden könnten. Zur Rechtfertigung ihrer Entscheidung wies sie darauf hin, daß die in diesem Artikel vorgesehene zusätzliche Versicherung den Zweck habe, die Risiken zu decken, die auf die besonderen Lebensbedingungen der Beamten, die in einem Drittland Dienst tun, zurückzuführen seien; ausserdem sei Artikel 24 des Anhangs X nicht anwendbar, wenn zwischen den verauslagten Kosten und dem Aufenthalt ausserhalb der Gemeinschaft kein Zusammenhang bestehe. Jede andere Beurteilung, so führte die Beklagte weiter aus, führe zu einer offensichtlichen Benachteiligung der Beamten, deren Dienstort innerhalb der Gemeinschaft liege."

3 Unter diesen Umständen erhob der Rechtsmittelführer mit Klageschrift, die am 3. November 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage auf Aufhebung der Entscheidungen der Kommission vom 18. Januar und vom 15. Juli 1994 sowie auf Feststellung, daß die Allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 24 Absätze 1 und 2 des Anhangs X rechtswidrig sind, so daß sie aufgehoben werden müssen.

4 Der Rechtsmittelführer stützte seine Klage auf zwei Gründe, nämlich erstens auf einen Verstoß gegen Artikel 24 des Anhangs X und zweitens auf die Rechtswidrigkeit der Allgemeinen Durchführungsbestimmungen, auf deren Grundlage die angefochtene Entscheidung getroffen worden sei.

5 Das Gericht hat die Klage abgewiesen.

6 In Randnummer 30 hat das Gericht zunächst ausgeführt, die beiden Klagegründe beträfen im wesentlichen die Frage, ob die vollständige Erstattung der Krankheitskosten, die ein Beamter, der ausserhalb der Gemeinschaft Dienst tü, für ein unterhaltsberechtigtes Kind verauslagt habe, nur voraussetze, daß der Beamte ausserhalb der Gemeinschaft beschäftigt sei, oder ob sie zusätzlich voraussetze, daß das Kind seinen ständigen Aufenthaltsort im Beschäftigungsland dieses Beamten habe.

7 Das Gericht hat in den Randnummern 31 bis 33 zunächst dargelegt, daß es erforderlich sei, Artikel 24 des Anhangs X auszulegen; es hat hierbei unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes den Zusammenhang und die Ziele der Regelung, zu der diese Bestimmung gehört, berücksichtigt. So hat das Gericht ausgeführt, daß der Erlaß der Sonderregelung des Anhangs X nach der Präambel der Verordnung Nr. 3019/87 auf die besonderen Lebensbedingungen der Beamten, die in einem Drittland Dienst tun, zurückzuführen sei und daß sich aus Nummer 22 der Erläuterung des Verordnungsvorschlags, der zur Verordnung Nr. 3019/87 geführt habe, ausserdem ergebe, daß die Zusatzversicherung wegen der sehr hohen Kosten für die Gesundheitsfürsorge in einigen dieser Länder und der zusätzlichen Risiken, denen die Beamten und ihre Familien ausgesetzt seien, gerechtfertigt sei.

8 Das Gericht hat sodann in Randnummer 34 festgestellt, daß, da Artikel 24 des Anhangs X derartige Nachteile ausgleichen wolle, die dort vorgesehene zusätzliche Erstattung nur bei einem Beamten, der in einem Drittland Dienst tü, sowie auf dort wohnende unterhaltsberechtigte Personen anzuwenden sei. Die allgemeine Regelung des Artikels 72 des Statuts gelte dagegen für Krankheitskosten, die ein in einem solchen Land beschäftigter Beamter für eine unterhaltsberechtigte Person mit gewöhnlichem Aufenthaltsort innerhalb der Gemeinschaft verauslagt habe, da in diesem Fall die Nachteile, die der Gesetzgeber ausgleichen wolle, nicht gegeben seien.

9 Darüber hinaus hat das Gericht in Randnummer 35 das Vorbringen des Rechtsmittelführers zurückgewiesen, wonach die Sonderregelung des Anhangs X auch dann anzuwenden sei, wenn es sich um Drittländer handele, in denen die Krankheitskosten und -risiken nicht höher seien als in der Gemeinschaft. Das Gericht hat die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe in dem Bemühen um eine gesunde Verwaltung ein System gewählt, das von der Annahme ausgehe, daß die Krankheitskosten und -risiken in Drittländern stets höher seien, und weiter ausgeführt, daß es auf das gleiche Streben nach Vereinfachung zurückgehe, daß die Anwendung der Regelung des Artikels 24 des Anhangs X in den Fällen nicht ausgeschlossen worden sei, in denen Krankheitskosten von in einem Drittland beschäftigten Beamten oder von einer unterhaltsberechtigten Person bei einem vorübergehenden Aufenthalt in der Gemeinschaft verauslagt worden seien. Eine solche Entscheidung könne jedoch dem oben genannten Zweck dieses Artikels nicht entgegenstehen.

10 Das Gericht hat im übrigen in Randnummer 36 ausgeführt, daß eine andere Auslegung von Artikel 24 des Anhangs X mit dem Diskiminierungsverbot nicht vereinbar wäre. Die Lage eines in einem Drittland beschäftigten Beamten unterscheide sich nur dann von der eines anderen Beamten, wenn die Person, die die ärztliche Behandlung in Anspruch nehme, den Nachteilen ausgesetzt sei, die mit dem Beschäftigungsort des Beamten, über den sie versichert sei, verbunden seien, d. h., wenn sie im Beschäftigungsland ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe. Sei dies nicht der Fall, gleiche die Lage dieses Beamten der eines innerhalb der Gemeinschaft beschäftigten Beamten.

11 Zum Vorbringen des Rechtsmittelführers, im Unterschied zu den übrigen Beamten entrichteten die in einem Drittland beschäftigten Beamten einen Sonderbeitrag an das Krankheitsfürsorgesystem, hat das Gericht schließlich in Randnummer 37 ausgeführt, dieser Beitrag diene der teilweisen finanziellen Deckung der Risiken, die sich aus der Anwesenheit der Beamten und der unterhaltsberechtigten Personen im Beschäftigungsstaat ergäben, und die darauf zurückzuführen seien, daß die Krankheitskosten und -risiken in Drittländern im allgemeinen höher seien als in der Gemeinschaft.

12 Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels werden drei Rechtsmittelgründe geltend gemacht, nämlich Verstoß gegen Artikel 24 des Anhangs X, gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Nichtdiskriminierung sowie gegen die in Artikel 33 der EG-Satzung des Gerichtshofes niedergelegte Begründungspflicht. Zum Rechtsmittelgrund des Verstosses gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung ist darauf hinzuweisen, daß das Gericht diesen Grundsatz für seine Auslegung von Artikel 24 des Anhangs X herangezogen hat, so daß die Beanstandungen des Rechtsmittelführers insoweit keinen im Verhältnis zum ersten Rechtsmittelgrund selbständigen Rechtsmittelgrund darstellen.

Zulässigkeit

13 In ihrer Rechtsmittelbeantwortung macht die Kommission geltend, das Vorbringen des Rechtsmittelführers sei eine blosse Wiederholung dessen, was er bereits vor dem Gericht ausgeführt habe, so daß das Rechtsmittel unzulässig sei.

14 Zudem sei das Argument des Rechtsmittelführers, daß in den Artikeln 10 und 20 des Anhangs X Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsort der Kinder sowie mit den Lebensbedingungen genannt seien, während Artikel 24 des Anhangs X keine Einschränkung erwähne, was im übrigen beweise, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber die Anwendung dieser Bestimmung nicht von einer Aufenthaltsbedingung habe abhängig machen wollen, ein neues Vorbringen, das dem Gericht nicht zur Prüfung unterbreitet worden und somit unzulässig sei.

15 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes kann ein Rechtsmittel gemäß Artikel 168a EG-Vertrag und Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofes nur auf Rechtsmittelgründe gestützt werden, die die Verletzung von Rechtsvorschriften betreffen, während sämtliche Einwendungen gegen den Sachverhalt, wie ihn das Gericht unanfechtbar beurteilt hat, ausgeschlossen sind; gemäß Artikel 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichtshofes muß das Rechtsmittel die den Antrag stützenden Rechtsmittelgründe angeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, daß in der Rechtsmittelschrift die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie das rechtliche Vorbringen, auf das dieser Antrag im einzelnen gestützt wird, genau bezeichnet werden müssen (vgl. insbesondere Urteil vom 19. Juni 1992 in der Rechtssache C-18/91 P, V./Parlament, Slg. 1992, I-3997, Randnr. 15, sowie Beschlüsse vom 7. März 1994 in der Rechtssache C-338/93 P, De Hö/Kommission, Slg. 1994, I-819, Randnrn. 17 und 18, und vom 26. September 1994 in der Rechtssache C-26/94 P, X/Kommission, Slg. 1994, I-4379, Randnrn. 11 und 12).

16 Die vorliegenden Rechtsmittelgründe genügen jedoch diesem Erfordernis, da der Rechtsmittelführer dem Gericht präzise vorwirft, Artikel 24 des Anhangs X fehlerhaft ausgelegt und sein Urteil nicht begründet zu haben. Diese Rechtsmittelgründe sind somit zulässig.

17 Was hingegen den Rechtsmittelgrund des Verstosses gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit angeht, so beschränkt sich der Rechtsmittelführer auf seine blosse Nennung, ohne ihn auf Argumente zu stützen. Daher ist dieser Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen.

18 Weiter geht aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes hervor, daß nach den Artikeln 113 § 2 und 116 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes in der Klageschrift nicht enthaltene neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Rechtsmittelverfahren nicht vorgebracht werden können (Urteil V./Parlament, a. a. O., Randnr. 21).

19 Indem sich der Rechtsmittelführer darauf beruft, daß Artikel 24 des Anhangs X im Gegensatz zu den Artikeln 10 und 20 keine Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsort der Kinder oder mit den Lebensbedingungen nenne, bringt er nichts Neues vor, sondern zieht ein Argument für einen Grund heran, den das Gericht bereits geprüft hat, nämlich die fehlerhafte Auslegung von Artikel 24 des Anhangs X.

20 Somit sind die vorgebrachten Rechtsmittelgründe zu prüfen, mit Ausnahme desjenigen, der den Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit betrifft.

Begründetheit

Zum Rechtsmittelgrund der Verletzung von Artikel 24 des Anhangs X

21 Der Rechtsmittelführer macht zunächst geltend, entgegen der Auffassung des Gerichts sei der Wortlaut von Artikel 24 des Anhangs X klar, so daß diese Bestimmung nicht ausgelegt zu werden brauche. Sollte sich jedoch eine Auslegung als notwendig erweisen, seien nicht nur die Verhandlungen zu berücksichtigen, die dem Erlaß dieser Vorschrift vorausgegangen seien, sondern auch die Erläuterung dazu.

22 Hierzu weist er darauf hin, daß die Kommission für die Anwendung von Artikel 24 des Anhangs X eine Aufenthaltsbedingung habe einführen wollen, in der Weise, daß diese Bestimmung für Beamte und deren anspruchsberechtigte Angehörige gegolten hätte, die unter einem Dach wohnten. Die Tatsache, daß eine solche Bedingung bei den Verhandlungen vor dem Erlaß dieses Anhangs fallengelassen worden sei, müsse bei der Auslegung von Artikel 24 dahin berücksichtigt werden, daß die dort vorgesehene zusätzliche Versicherung den Personen, die dem Beamten gegenüber unterhaltsberechtigt seien, ohne Anknüpfung an eine Aufenthaltsbedingung gewährt werde.

23 Darüber hinaus weist er darauf hin, daß es in Nummer 22 der dem Verordnungsvorschlag, der zur Verordnung Nr. 3019/87 geführt habe, beigefügten Erläuterung geheissen habe, die Zusatzversicherung sei wegen der sehr hohen Kosten für die Gesundheitsfürsorge und der zusätzlichen Risiken, denen die in einem Drittland beschäftigten Beamten und ihre Familien in einigen dieser Länder ausgesetzt seien, gerechtfertigt. Trotz dieser Feststellung habe der Gemeinschaftsgesetzgeber jedoch Artikel 24 des Anhangs X erlassen, der allgemein eine vollständige Erstattung der Krankheitskosten ohne den geringsten Hinweis auf eine Aufenthaltsbedingung vorsehe.

24 Der Rechtsmittelführer macht sodann geltend, Artikel 24 des Anhangs X nenne im Gegensatz zu den Artikeln 10 und 20 diese Anhangs keine Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsort der Kinder oder mit den Lebensbedingungen, und zieht daraus den Schluß, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber alle in einem Drittland beschäftigten Beamten unabhängig vom Aufenthaltsort ihrer Kinder in den Genuß dieser zusätzlichen Versicherung habe kommen lassen wollen.

25 Schließlich macht er geltend, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, daß die Auslegung, die er vertreten habe, gegen das Diskriminierungsverbot verstosse. Er trägt vor, daß die in einem Drittland beschäftigten Beamten dadurch, daß sie gemäß Artikel 24 des Anhangs X des Statuts einen Sonderbeitrag zahlten, ebenso wie ihre Familie andere finanzielle Verpflichtungen trügen als die übrigen Beamten und somit eine spezielle Gruppe von Beamten darstellten, deren unterschiedliche Lage eine unterschiedliche Behandlung rechtfertige. Ausserdem weist er darauf hin, daß nach den Ausführungen des Gerichts ein in einem Drittland beschäftigter Beamter, dessen Kind sich ständig an seinem Dienstort aufhalte, sich in der gleichen Lage befinde wie ein in einem Drittland beschäftigter Beamter, dessen Kind sich in einem anderen Drittland aufhalte, daß dieser Beamte jedoch anders behandelt werde, da Artikel 24 des Anhangs X für ihn nicht gelte.

26 Keinem der Argumente, die der Rechtsmittelführer zur Stützung seines Rechtsmittels vorgebracht hat, kann gefolgt werden.

27 Wie das Gericht ausgeführt hat, geht aus der Präambel der Verordnung Nr. 3019/87 sowie aus der dem Vorschlag für diese Verordnung beigefügten Erläuterung hervor, daß die Zusatzversicherung für die Gesundheitsfürsorge wegen der sehr hohen Krankheitskosten in einigen Ländern und der zusätzlichen Risiken, denen die dortigen Beamten und ihre Familien ausgesetzt sind, gerechtfertigt ist.

28 Es verstieße gegen den vom Gemeinschaftsgesetzgeber verfolgten Zweck, wenn eine solche Versicherung auf die dem Versicherten gegenüber unterhaltsberechtigten Personen ausgedehnt würde, sofern sie sich im Gebiet der Gemeinschaft aufhalten und somit den gleichen Kosten und Risiken ausgesetzt sind wie die Personen, die dem nicht in einem Drittland beschäftigten Beamten gegenüber unterhaltsberechtigt sind.

29 Eine solche Ausdehnung würde, worauf das Gericht zu Recht hingewiesen hat, den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen, da die in einem Drittland beschäftigten Beamten ohne jede Rechtfertigung günstiger behandelt würden als diejenigen, die innerhalb der Gemeinschaft Dienst tun. Dazu ist zu bemerken, daß die Verpflichtung der ersten Gruppe zur Zahlung eines Sonderbeitrags es nicht erlaubt, sie von der zweiten Gruppe zu unterscheiden, da sich diese Verpflichtung auf die spezifischen Risiken der in einem Drittland beschäftigten Beamten beschränkt.

30 Ausserdem ist das Vorbringen des Rechtsmittelführers zurückzuweisen, daß ein in einem Drittland beschäftigter Beamter mit einem Kind, das sich ständig am Dienstort des Beamten aufhalte, anders behandelt werde als ein in einem Drittland beschäftigter Beamter, dessen Kind sich in einem anderen Drittland aufhalte.

31 Das Gericht hat sich nur zu der Frage geäussert, ob die einschlägigen Allgemeinen Durchführungsbestimmungen mit Artikel 24 des Anhangs X vereinbar sind, soweit sie die Anwendung dieses Artikels auf den Fall ausschließen, daß sich das unterhaltsberechtigte Kind eines in einem Drittland beschäftigten Beamten ständig im Gebiet der Gemeinschaft aufhält. Die Frage hingegen, ob Artikel 2 der Allgemeinen Durchführungsbestimmungen die vollständige Erstattung der Krankheitskosten in dem vom Rechtsmittelführer genannten Fall ausschließt und ob er gegebenenfalls mit Artikel 24 des Anhangs X vereinbar ist, ist in der vorliegenden Rechtssache nicht zu entscheiden.

32 Somit können die Argumente, die auf den unterschiedlichen Wortlaut der Artikel 10 und 20 und den des Artikels 24 des Anhangs X sowie auf die Verhandlungen vor dem Erlaß der Verordnung Nr. 3019/87 gestützt sind, nicht zu einer anderen Auslegung von Artikel 24 des Anhangs X führen, als sie in dem angefochtenen Urteil vorgenommen wurde.

33 Das Gericht hat also zu Recht die Auffassung vertreten, daß die einschlägigen Bestimmungen des Artikels 2 der Allgemeinen Durchführungsbestimmungen nicht gegen Artikel 24 des Anhangs X verstossen.

34 Der erste Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

Zum Rechtsmittelgrund des Verstosses gegen die in Artikel 33 der EG-Satzung des Gerichtshofes niedergelegte Begründungspflicht

35 Der Rechtsmittelführer trägt vor, die Begründung, die das Gericht gegeben habe, um die Erstattung von Krankheitskosten zu rechtfertigen, sofern es sich um Drittländer handele, in denen die Krankheitskosten und -risiken nicht höher seien als in der Gemeinschaft, oder sofern diese Kosten während eines vorübergehenden Aufenthalts der Beamten oder unterhaltsberechtigter Personen in der Gemeinschaft verauslagt worden seien, also der Grundsatz einer gesünderen Verwaltung, unzureichend sei und im Widerspruch zu den Ausführungen des Gerichts stehe, wonach die Anwendung von Artikel 24 des Anhangs X strikt darauf beschränkt sei, daß die spezifischen Nachteile, die Anlaß für den Erlaß dieses Artikels gewesen seien, vorlägen.

36 Das Gericht hat zutreffend ausgeführt, daß es unverhältnismässig gewesen wäre, Land für Land die tatsächlichen Kosten ärztlicher Leistungen oder den Grad der Krankheitsrisiken zu untersuchen, berücksichtige man den für diese Untersuchung erforderlichen Aufwand, die geringe Zahl von Ländern, in denen die Krankheitskosten und -risiken nicht höher seien als in der Gemeinschaft, die wenigen in diesen Ländern beschäftigten Beamten sowie die Schwierigkeiten beim Vergleich der ärztlichen Praktiken von einem Land zum anderen. Das Gericht hat daher zu Recht die Auffassung vertreten, daß der Ausgleich der durch den Erlaß der Sonderregelung des Anhangs X erfassten Nachteile nicht dadurch in Frage gestellt wird, daß es der Gesetzgeber vorgezogen hat, anzunehmen, daß die Krankheitskosten und -risiken in sämtlichen Drittländern stets höher sind, und darüber hinaus die Anwendung der betreffenden Regelung nicht ausgeschlossen hat, wenn die Krankheitskosten von den in einem Drittland beschäftigten Beamten oder den unterhaltsberechtigten Personen bei einem vorübergehenden Aufenthalt in der Gemeinschaft verauslagt worden sind, womit er sich im Bemühen um Vereinfachung für ein praktikables System entschieden hat.

37 Die Anwendung dieser Regelung auf der Basis des Grundsatzes einer gesunden Verwaltung auf die in Randnummer 35 des angefochtenen Urteils genannten Fälle steht somit nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des Gerichts in Randnummer 34 des angefochtenen Urteils, wonach die Berechtigung von Artikel 24 des Anhangs X strikt darauf beschränkt ist, daß die spezifischen Nachteile vorliegen, die Anlaß für die Einführung einer abweichenden Erstattungsregelung waren. Fehlen hingegen diese spezifischen Nachteile, tritt die Regel an die Stelle der Ausnahme, d. h., es gibt keinen Grund mehr, diese Regelung anzuwenden, wenn ein ständiger Aufenthaltsort in der Gemeinschaft vorhanden ist.

38 Somit sind der zweite Rechtsmittelgrund und das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Beamtensachen ihre Kosten selbst. Nach Artikel 122 der Verfahrensordnung findet Artikel 70 aber bei Rechtsmitteln, die von Beamten oder sonstigen Bediensteten eines Organs eingelegt werden, keine Anwendung. Da der Rechtsmittelführer mit seinem Rechtsmittel unterlegen ist, sind ihm die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Der Rechtsmittelführer trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Ende der Entscheidung

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