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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 26.02.1991
Aktenzeichen: C-154/89
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 59
EWG-Vertrag Art. 60
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Auch wenn Artikel 59 EWG-Vertrag nach seinem Wortlaut ausdrücklich nur den Fall eines Leistungserbringers betrifft, der in einem anderen Mitgliedstaat als der Leistungsempfänger ansässig ist, ist es doch Ziel des Artikels, die Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit solcher Personen zu beseitigen, die nicht in dem Staat niedergelassen sind, in dessen Gebiet die Dienstleistung erbracht werden soll. Nur wenn alle wesentlichen Elemente der fraglichen Betätigung nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, sind die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr nicht anwendbar. Demgemäß greift Artikel 59 immer dann ein, wenn ein Leistungserbringer Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen anbietet, in dem er niedergelassen ist, und zwar unabhängig vom Niederlassungsort der Empfänger dieser Dienstleistungen.

2. Die Artikel 59 und 60 EWG-Vertrag verlangen nicht nur die Beseitigung jeglicher Diskriminierung des Leistungserbringers aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, die darauf beruhen, daß der Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niedergelassen ist, in dem die Dienstleistung erbracht wird. Insbesondere kann der Mitgliedstaat für die Erbringung der Leistung in seinem Hoheitsgebiet nicht die Einhaltung aller für eine Niederlassung erforderlichen Bedingungen verlangen, weil damit den Bestimmungen, die den freien Dienstleistungsverkehr gewährleisten sollen, ihre praktische Wirksamkeit völlig genommen würde.

3. In Anbetracht der für bestimmte Dienstleistungen charakteristischen Erfordernisse kann es nicht als unvereinbar mit den Artikeln 59 und 60 EWG-Vertrag angesehen werden, wenn ein Mitgliedstaat für die Erbringung dieser Dienstleistungen gemäß den für diese Art von Tätigkeiten in seinem Hoheitsgebiet geltenden Regelungen Anforderungen an die Qualifikation des Leistungserbringers stellt. Jedoch darf der freie Dienstleistungsverkehr als fundamentaler Grundsatz des Vertrages nur durch Regelungen beschränkt werden, die durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind und die für alle im Hoheitsgebiet des Bestimmungsstaats tätigen Personen oder Unternehmen gelten, und zwar nur insoweit, als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen ist, denen der Leistungserbringer in dem Staat unterliegt, in dem er ansässig ist. Diese Anforderungen müssen ausserdem sachlich geboten sein, um die Einhaltung der Berufsregelungen und den Schutz der Interessen, den diese bezwecken, zu gewährleisten.

4. Das allgemeine Interesse an der Aufwertung historischer Reichtümer und an der bestmöglichen Verbreitung von Kenntnissen über das künstlerische und kulturelle Erbe eines Landes kann ein zwingender Grund sein, der eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigt. Ein Mitgliedstaat erlässt jedoch Beschränkungen, die über das hinausgehen, was zum Schutz dieses Interesses notwendig ist, wenn er für die Erbringung von Dienstleistungen von Fremdenführern, die mit einer Reisegruppe aus einem anderen Mitgliedstaat anreisen, den Besitz eines Gewerbeausweises, der eine in der Regel durch Bestehen einer Prüfung nachzuweisende bestimmte Qualifikation voraussetzt, verlangt, wenn diese Dienstleistungen darin bestehen, die betreffenden Touristen an anderen Orten als Museen oder Geschichtsdenkmälern zu führen, die nur mit einem spezialisierten gewerblichen Fremdenführer besichtigt werden können.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 26. FEBRUAR 1991. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN FRANZOESISCHE REPUBLIK. - VERTRAGSVERLETZUNG - FREIER DIENSTLEISTUNGSVERKEHR - FREMDENFUEHRER - NACH NATIONALEM RECHT VORGESCHRIEBENE BERUFLICHE QUALIFIKATION. - RECHTSSACHE C-154/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission hat mit Klageschrift, die am 2. Mai 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage auf Feststellung erhoben, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie für die Erbringung von Dienstleistungen von Fremdenführern, die mit einer Reisegruppe aus einem anderen Mitgliedstaat anreisen, den Besitz eines Gewerbeausweises, der eine in der Regel durch Bestehen einer Prüfung nachzuweisende bestimmte Qualifikation voraussetzt, verlangt, wenn diese Dienstleistungen darin bestehen, die betreffenden Touristen in bestimmten Departements und Gemeinden an anderen Orten als Museen oder Geschichtsdenkmälern zu führen, die nur mit einem spezialisierten gewerblichen Fremdenführer besichtigt werden können.

2 Die vorliegende Klage betrifft die Bestimmungen in den Artikeln 1 Buchstabe c und 10 des Gesetzes Nr. 75-626 vom 11. Juli 1975 über die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeiten bezueglich der Organisation von Reisen oder Aufenthalt (Journal officiel de la République française vom 13. Juli 1975, S. 7230) sowie in dem Durchführungsdekret Nr. 77-363 vom 28. März 1977 (Journal officiel de la République française vom 3. April 1977, S. 1890), geändert durch das Dekret Nr. 83-912 vom 13. Oktober 1983 (Journal officiel de la République française vom 15. Oktober 1983, S. 3110).

3 Nach diesen Bestimmungen sind Fremdenführer - "Fremdenführer-Dolmetscher" genannt - natürliche Personen, die den Auftrag haben, französische oder ausländische Touristen zu führen und insbesondere kommentierte Besichtigungen auf öffentlichen Wegen, in Museen und Geschichtsdenkmälern sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln zu leiten.

4 Die Kommission richtete am 21. November 1986 gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag ein förmliches Aufforderungsschreiben an die französische Regierung. Nach diesem Schreiben war Frankreich den Erfordernissen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere Artikel 59 EWG-Vertrag, nicht nachgekommen, soweit es die Erbringung von Dienstleistungen von Fremdenführern angeht, die mit einer Reisegruppe aus einem anderen Mitgliedstaat anreisen, wenn diese Dienstleistungen in bestimmten Departements oder Gemeinden erbracht werden. Mit Schreiben vom 5. März 1987 traten die französischen Behörden dem Standpunkt der Kommission entgegen. Die Kommission gab am 2. Mai 1988 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie ihren Standpunkt wiederholte und die französische Regierung aufforderte, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nachzukommen. Da die Kommission keine Antwort erhielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

5 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

6 Einleitend ist darauf hinzuweisen, daß die Tätigkeit eines Fremdenführers aus einem anderen Mitgliedstaat als Frankreich, der die Teilnehmer einer organisierten Reise von diesem anderen Mitgliedstaat aus in Frankreich begleitet, rechtlich in zwei verschiedenen Formen ausgestaltet sein kann. Ein Reisebüro mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat kann Fremdenführer einsetzen, die es selbst beschäftigt. In diesem Fall erbringt das Reisebüro die Dienstleistung den Touristen durch seine eigenen Fremdenführer. Ein solches Reisebüro kann aber auch auf selbständige Fremdenführer zurückgreifen, die in diesem anderen Mitgliedstaat ansässig sind. In diesem Fall erbringt der Fremdenführer die Dienstleistung dem Reisebüro.

7 Die beiden genannten Fälle betreffen also Dienstleistungen, die den Touristen von dem Reisebüro oder dem Reisebüro von dem selbständigen Fremdenführer erbracht werden. Diese Dienstleistungen, die befristet sind und nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizuegigkeit der Personen

unterliegen, gehören zu den entgeltlichen Tätigkeiten im Sinne des Artikels 60 EWG-Vertrag.

8 Es ist zu prüfen, ob diese Tätigkeiten in den Anwendungsbereich des Artikels 59 EWG-Vertrag fallen.

9 Auch wenn Artikel 59 EWG-Vertrag nach seinem Wortlaut ausdrücklich nur den Fall eines Leistungserbringers betrifft, der in einem anderen Mitgliedstaat als der Leistungsempfänger ansässig ist, ist es doch Ziel dieses Artikels, die Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit solcher Personen zu beseitigen, die nicht in dem Staat niedergelassen sind, in dessen Gebiet die Dienstleistung erbracht werden soll (Urteil vom 10. Februar 1982 in der Rechtssache 76/81, Transporoute, Slg. 1982, 417, Randnr. 14). Nur wenn alle wesentlichen Elemente der fraglichen Betätigung nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, sind die Vertragsbestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr nicht anwendbar (Urteil vom 18. März 1980 in der Rechtssache 52/79, Debauve, Slg. 1980, 833, Randnr. 9).

10 Demgemäß greift Artikel 59 immer dann ein, wenn ein Leistungserbringer Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen anbietet, in dem er niedergelassen ist, und zwar unabhängig vom Niederlassungsort der Empfänger dieser Dienstleistungen.

11 Da es sich in der vorliegenden Rechtssache und in den beiden in Randnummer 6 dieses Urteils dargestellten Fällen um Dienstleistungen handelt, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Niederlassung des Leistungserbringers erbracht werden, kommt Artikel 59 EWG-Vertrag zur Anwendung.

12 Die Artikel 59 und 60 EWG-Vertrag verlangen nicht nur die Beseitigung jeglicher Diskriminierung des Leistungserbringers aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, die darauf beruhen, daß der Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niedergelassen ist, in dem die Dienstleistung erbracht wird. Insbesondere kann der Mitgliedstaat für die Erbringung der Dienstleistungen in seinem Hoheitsgebiet nicht die Einhaltung aller für eine Niederlassung erforderlichen Bedingungen verlangen, weil damit den Bestimmungen, die den freien Dienstleistungsverkehr gewährleisten sollen, ihre praktische Wirksamkeit völlig genommen würde.

13 Hierzu ist festzustellen, daß das in der erwähnten französischen Regelung aufgestellte Erfordernis eine solche Beschränkung darstellt. Indem diese Regelung für die Erbringung der Dienstleistung von Fremdenführern, die mit einer Reisegruppe aus einem anderen Mitgliedstaat anreisen, den Besitz eines bestimmten Befähigungsnachweises verlangt, hindert sie nämlich sowohl die Reisebüros, diese Leistungen durch ihr eigenes Personal zu erbringen, als auch die selbständigen Fremdenführer, ihre Dienstleistungen diesen Büros während der organisierten Reisen anzubieten. Sie hindert auch die Touristen, die an solchen organisierten Reisen teilnehmen, diese Dienstleistungen je nach Wahl in Anspruch zu nehmen.

14 In Anbetracht der für bestimmte Dienstleistungen charakteristischen Erfordernisse kann es allerdings nicht als unvereinbar mit den Artikeln 59 und 60 EWG-Vertrag angesehen werden, wenn ein Mitgliedstaat für die Erbringung dieser Dienstleistungen gemäß den für diese Art von Tätigkeiten in seinem Hoheitsgebiet geltenden Regelungen Anforderungen an die Qualifikation des Leistungserbringers stellt. Jedoch darf der freie Dienstleistungsverkehr als fundamentaler Grundsatz des Vertrages nur durch Regelungen beschränkt werden, die durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind und die für alle im Hoheitsgebiet des Bestimmungsstaats tätigen Personen oder Unternehmen gelten, und zwar nur insoweit, als dem Allgemeininteresse nicht bereits durch die Rechtsvorschriften Rechnung getragen ist, denen der Leistungserbringer in dem Staat unterliegt, in dem er ansässig ist. Diese Anforderungen müssen ausserdem sachlich geboten sein, um die Einhaltung der Berufsregelungen und den Schutz der Interessen, den diese bezwecken, zu gewährleisten (siehe unter anderem Urteil vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 27).

15 Diese Anforderungen können daher nur dann als vereinbar mit den Artikeln 59 und 60 EWG-Vertrag angesehen werden, wenn nachgewiesen ist, daß im Hinblick auf die betreffende Tätigkeit zwingende Gründe des Allgemeininteresses bestehen, die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen, daß das Allgemeininteresse nicht bereits durch die Vorschriften des Staates, in dem der Leistungserbringer niedergelassen ist, gewahrt ist und daß das gleiche Ergebnis nicht durch weniger einschneidende Regelungen erreicht werden kann.

16 Die französische Regierung macht geltend, Ziel der fraglichen französischen Regelung sei der Schutz des allgemeinen Interesses an der Aufwertung historischer Reichtümer und an der bestmöglichen Verbreitung von Kenntnissen über das künstlerische und kulturelle Erbe des Landes. Dieses Interesse werde durch die Vorschriften, die für den Leistungserbringer, hier das Tourismusunternehmen, in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung gälten, nicht ausreichend geschützt. Mehrere Staaten verlangten nämlich für die Ausübung des Berufs eines Fremdenführers -Dolmetschers keine Qualifikation oder keine besondere Kenntnis der historischen und kulturellen Reichtümer

der anderen Länder. Da es insoweit an einer Harmonisierung fehle, sei die französische Regelung nicht mit Artikel 59 EWG-Vertrag unvereinbar.

17 Das allgemeine Interesse an der Aufwertung historischer Reichtümer und an der bestmöglichen Verbreitung von Kenntnissen über das künstlerische und kulturelle Erbe eines Landes kann ein zwingender Grund sein, der eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigt. Das fragliche Erfordernis, das sich aus der französischen Regelung ergibt, geht jedoch über das hinaus, was zum Schutz dieses Interesses notwendig ist, soweit für die Tätigkeit des Fremdenführers, der eine Reisegruppe aus einem anderen Mitgliedstaat begleitet, der Besitz eines Gewerbeausweises verlangt wird.

18 Die berufsmässige Begleitung, um die es im vorliegenden Fall geht, findet nämlich unter besonderen Umständen statt. Der selbständige oder angestellte Fremdenführer reist zusammen mit den Touristen, die er begleitet, in einer geschlossenen Gruppe; sie reisen vorübergehend als solche aus dem Mitgliedstaat ihrer Niederlassung in den zu besuchenden Mitgliedstaat.

19 Unter diesen Umständen bewirkt das Erfordernis einer vom Bestimmungsmitgliedstaat verlangten Erlaubnis eine Verringerung der Zahl von Fremdenführern, die Touristen in einer geschlossenen Gruppe begleiten könnten, was einen Reiseveranstalter veranlassen kann, eher auf örtliche Führer zurückzugreifen, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, angestellt oder niedergelassen sind. Dies kann für die Touristen, denen diese Dienstleistungen

erbracht werden, den Nachteil haben, daß ihnen kein Fremdenführer zur Verfügung steht, der mit ihrer Sprache sowie mit ihren Interessen und besonderen Erwartungen vertraut ist.

20 Ausserdem hängt ein wirtschaftlicher Erfolg dieser Gruppenreisen vom geschäftlichen Ansehen des Veranstalters ab, der unter dem Konkurrenzdruck anderer Reisebüros steht; die Aufrechterhaltung dieses Ansehens und der Konkurrenzdruck führen schon zu einer gewissen Auslese unter den Fremdenführern und zu einer Kontrolle der Qualität ihrer Dienstleistungen. Dies kann je nach den besonderen Erwartungen der einzelnen Reisegruppen zur Aufwertung der historischen Reichtümer und zur bestmöglichen Verbreitung von Kenntnissen über das künstlerische und kulturelle Erbe beitragen, wenn es sich um Führungen an anderen Orten als Museen oder Geschichtsdenkmälern handelt, die nur mit einem gewerblichen Fremdenführer besichtigt werden können.

21 Die fragliche Regelung steht folglich angesichts des Umfangs der in ihr enthaltenen Beschränkungen ausser Verhältnis zum angestrebten Zweck, nämlich der Aufwertung historischer Reichtümer und der bestmöglichen Verbreitung von Kenntnissen über das künstlerische und kulturelle Erbe des Mitgliedstaats, in dem die Reise durchgeführt wird.

22 Die französische Regierung trägt noch vor, daß der von der Kommission in ihrer Klageschrift eingenommene Standpunkt nicht damit vereinbar sei, daß sie sich gleichzeitig um die Annahme des Vorschlags für eine Richtlinie über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise (ABl. 1989 C 263,

S. 1) bemühe, die die Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989 L 19, S. 16), ergänzen solle.

23 Dieser Richtlinienvorschlag sieht zwar bezueglich der Berufe, für die die Gemeinschaft kein Mindestniveau der notwendigen Qualifikation festgelegt hat, vor, daß die Mitgliedstaaten dieses Mindestniveau der Qualifikation selbst festlegen können.

24 Vorschriften des abgeleiteten Rechts können jedoch nur nationale Maßnahmen betreffen, die mit den Erfordernissen des Artikels 59 EWG-Vertrag, wie sie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergeben, vereinbar sind.

25 Unter diesen Umständen ist festzustellen, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie für die Erbringung von Dienstleistungen von Fremdenführern, die mit einer Reisegruppe aus einem anderen Mitgliedstaat anreisen, den Besitz eines Gewerbeausweises, der eine in der Regel durch Bestehen einer Prüfung nachzuweisende bestimmte Qualifikation voraussetzt, verlangt, wenn diese Dienstleistungen darin bestehen, die betreffenden Touristen in bestimmten Departements und Gemeinden an anderen Orten als Museen oder Geschichtsdenkmälern zu führen, die nur mit einem spezialisierten gewerblichen Fremdenführer besichtigt werden können.

Kostenentscheidung:

Kosten

26 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 59 EWG-Vertrag verstossen, daß sie für die Erbringung von Dienstleistungen von Fremdenführern, die mit einer Reisegruppe aus einem anderen Mitgliedstaat anreisen, den Besitz eines Gewerbeausweises, der eine in der Regel durch Bestehen einer Prüfung nachzuweisende bestimmte Qualifikation voraussetzt, verlangt, wenn diese Dienstleistungen darin bestehen, die betreffenden Touristen in bestimmten Departements und Gemeinden an anderen Orten als Museen oder Geschichtsdenkmälern zu führen, die nur mit einem spezialisierten gewerblichen Fremdenführer besichtigt werden können.

2) Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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