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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.10.2004
Aktenzeichen: C-16/04
Rechtsgebiete: Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten


Vorschriften:

Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten Art. 3
Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten Art. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)

28. Oktober 2004(1)

"Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 89/654/EWG - Arbeitnehmerschutz - Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten - Türen von Notausgängen, Fenster und Oberlichter - Nichtumsetzung"

Parteien:

In der Rechtssache C-16/04

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG,

eingereicht am 20. Januar 2004,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Kreppel und D. Martin als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch C.-D. Quassowski und M. Lumma als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Borg Barthet (Berichterstatter) sowie der Richter J.-P. Puissochet und J. Malenovský,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (Erste Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 393, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie die zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht erlassen bzw. die Kommission jedenfalls hierüber nicht informiert hat.

2 Die Richtlinie sieht in ihrem Artikel 10 vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen, um dieser Richtlinie spätestens am 31. Dezember 1992 nachzukommen, und dass sie die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis setzen.

3 Gemäß dem in Artikel 226 Absatz 1 EG vorgesehenen Verfahren übersandte die Kommission, nachdem sie zuvor der Bundesrepublik Deutschland Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, dieser mit Schreiben vom 4. Juli 2002 eine mit Gründen versehene Stellungnahme und forderte sie auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie binnen zwei Monaten nach Eingang dieser Stellungnahme nachzukommen. Da die der Kommission auf die genannte Stellungnahme hin von den deutschen Behörden übermittelten Informationen ergaben, dass die Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt worden war, hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

4 Die Kommission ist der Auffassung, dass die Bundesrepublik Deutschland die nach Artikel 3 der Richtlinie erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen nicht ergriffen habe, insbesondere nicht jene, die sich im Anhang I Nrn. 4.4 Absatz 3, 10.1 Satz 1, 10.2 und 14.1 der Richtlinie befänden.

5 In ihrer Klagebeantwortung bestreitet die deutsche Regierung nicht, dass die fragliche Richtlinie innerhalb der vorgesehenen Frist nicht umgesetzt worden ist. Sie weist allerdings darauf hin, dass die hierzu erforderlichen Maßnahmen zurzeit ausgearbeitet würden und dass der Entwurf der Arbeitsstättenverordnung der Kommission übermittelt worden sei, die im Übrigen festgestellt habe, dass die vorgesehenen Änderungen ihren Bedenken in vollem Umfang Rechnung trügen. Vor diesem Hintergrund fragt sich die deutsche Regierung, ob die Kommission nicht gegen Artikel 10 EG verstoßen habe, indem sie die vorliegende Klage erhoben habe, obwohl sie gewusst habe, dass der Mitgliedstaat umsetzungsbereit sei und schon ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet habe, um der Richtlinie nachzukommen.

6 Hierzu ist zu bemerken, dass die Kommission bei der Wahrnehmung der ihr in Artikel 226 EG eingeräumten Zuständigkeiten über ein Ermessen verfügt. Sie braucht somit kein spezifisches Rechtsschutzinteresse nachzuweisen; ihr fällt vielmehr kraft ihres Amtes im allgemeinen Interesse der Gemeinschaft die Aufgabe zu, die Ausführung des EG-Vertrags und der auf seiner Grundlage von den Organen erlassenen Vorschriften durch die Mitgliedstaaten zu überwachen und etwaige Verstöße gegen die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen feststellen zu lassen, damit sie abgestellt werden (vgl. insbesondere Urteil vom 15. Juli 2004 in der Rechtssache C-420/03, Kommission/Deutschland, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 8). Daher ist die Argumentation der deutschen Regierung zurückzuweisen.

7 Da die Umsetzung der genannten Richtlinie in der gesetzten Frist nicht vollständig erfolgte, ist die von der Kommission erhobene Klage als begründet anzusehen.

8 Folglich ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, dass sie die zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht erlassen hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

9 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (Erste Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) verstoßen, dass sie die zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht erlassen hat.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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