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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 26.10.1994
Aktenzeichen: C-174/94 R
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, Verfahrensordnung


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 173
EG-Vertrag Art. 185
Verfahrensordnung Art. 83
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTSHOFES VOM 26. OKTOBER 1994. - FRANZOESISCHE REPUBLIK GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - VORLAEUFIGER RECHTSSCHUTZ - AUSSETZUNG DES VOLLZUGS - DRINGLICHKEIT - SCHWERER UND NICHT WIEDERGUTZUMACHENDER SCHADEN - LUFTVERKEHR - VERORDNUNG (EWG) NR. 2408/92. - RECHTSSACHE C-174/94 R.

Entscheidungsgründe:

1 Die Französische Republik hat mit Klageschrift, die am 22. Juni 1994 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 EG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Entscheidung 94/291/EG (mitgeteilt unter der Bezugsnummer C[94] 637 endg.) der Kommission vom 27. April 1994 in einem Verfahren zur Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates (Sache VII/AMA/IV/93 ° TAT ° Paris [Orly]°Marseille und Paris [Orly]°Toulouse) (ABl. L 127, S. 32), da die Rechte der Verteidigung nicht gewahrt worden seien, da diese Entscheidung ermessensmißbräuchlich sei und da sie gegen die Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (ABl. L 240, S. 8; im folgenden: Verordnung) verstosse.

2 Mit besonderem Schriftsatz, der am 21. September 1994 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Französische Republik gemäß Artikel 185 EG-Vertrag und Artikel 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes die Aussetzung des Vollzugs der vorgenannten Entscheidung der Kommission (im folgenden: angefochtene Entscheidung) bis zum Erlaß des Urteils beantragt.

3 Die Kommission hat am 6. Oktober 1994 schriftlich zu dem Antrag auf einstweilige Anordnung Stellung genommen.

4 Die Parteien haben am 19. Oktober 1994 mündliche Ausführungen gemacht.

5 Es ist angebracht, kurz auf die Vorgeschichte des Rechtsstreits einzugehen.

6 Die Fluggesellschaft TAT European Airlines (im folgenden: TAT) mit Sitz in Tours (Frankreich) beantragte mit Schreiben vom 21. Juni 1993 bei der Generaldirektion Zivilluftfahrt des französischen Ministeriums für Infrastruktur, Verkehr und Fremdenverkehr eine Genehmigung für den Betrieb der Strecken Paris (Orly)°Toulouse und Paris (Orly)°Marseille, wobei sie in ihrem Antrag auf die Verordnung Bezug nahm.

7 Der Leiter der Generaldirektor Zivilluftfahrt wies diesen Antrag mit Schreiben vom 21. Juli 1993 zurück. Die Ablehnung wurde auf Artikel 5 der Verordnung gestützt, wo es heisst: "Auf Inlandstrecken, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung durch Gesetz oder Vertrag eine ausschließliche Genehmigung erteilt wurde und auf denen durch andere Verkehrsarten eine angemessene und ununterbrochene Bedienung nicht gewährleistet werden kann, darf diese Genehmigung bis zu ihrem Erlöschen, längstens jedoch für drei Jahre, weiterhin in Anspruch genommen werden."

8 Die französischen Behörden teilten der TAT in ihrem Schreiben mit, gemäß dieser Vorschrift dürften sie die ausschließliche Genehmigung aufrechterhalten, die sie der Fluggesellschaft Air Inter, die nunmehr zum Air-France-Konzern gehöre, durch eine Übereinkunft vom 5. Juli 1985 erteilt habe.

9 Die TAT legte am 28. September 1993 eine Beschwerde bei der Kommission ein. Sie stützte diese erstens auf einen Verstoß gegen die Artikel 3 Buchstabe f, 86 und 90 EWG-Vertrag und die Nichtbeachtung der Übereinkunft, die am 30. Oktober 1990 zwischen der Kommission, der französischen Regierung und der Fluggesellschaft Air France getroffen worden war, um acht Strecken, darunter Paris°Toulouse und Paris°Marseille, für die Mehrfachbenennung ° d. h. den Wettbewerb ° zu öffnen. Hilfsweise berief sich die TAT auf die Verletzung der Verordnung. Zweitens ersuchte die TAT die Kommission gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag, diese Vertragsverletzungen festzustellen und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sie zu beenden.

10 Die TAT führte in ihrer Beschwerde namentlich folgende Argumente an: Zunächst hätte das Monopol des Air-France-Konzerns auf den Strecken Paris (Orly)°Marseille und Paris (Orly)°Toulouse am 1. März 1992 erlöschen sollen, wie dies in Ziffer 1.1.1 der vorgenannten Übereinkunft vom 30. Oktober 1990 vorgesehen sei. Weiterhin gelte Artikel 5 der Verordnung nicht für diese Strecken, denn Air Inter besitze für die Strecken Paris°Marseille und Paris°Toulouse keine ausschließliche Genehmigung, da diese Strecken von der TAT vom Flughafen Charles de Gaulle aus beflogen würden. Schließlich sei die diskriminierende Behandlung der TAT nicht mit Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung vereinbar, wonach diese "nicht das Recht eines Mitgliedstaats [berührt], ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder der Identität des Luftfahrtunternehmens die Aufteilung des Verkehrs auf die einzelnen Flughäfen eines Flughafensystems zu regeln".

11 Das Verzeichnis der Flughafensysteme in Anhang II der Verordnung nennt für Frankreich namentlich "Paris°Charles de Gaulle/Orly/Le Bourget".

12 Mit Schreiben vom 13. Oktober 1993 an den Leiter der Generaldirektion Verkehr der Kommission (im folgenden: GD VII) ergänzte die TAT ihre vorstehenden Argumente und ersuchte die Kommission, eine Entscheidung gemäß Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung zu erlassen. Dieser lautet: "Die Kommission prüft auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus die Anwendung der Absätze 1 und 2 und entscheidet innerhalb eines Monats ab Antragseingang nach Anhörung des in Artikel 11 genannten Ausschusses darüber, ob der Mitgliedstaat die Maßnahme weiterhin anwenden darf. Die Kommission teilt dem Rat und den Mitgliedstaaten ihre Entscheidung mit."

13 Mit Schreiben vom 20. Oktober 1993 übermittelte die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission (im folgenden: GD IV) den französischen Behörden und der Air France eine Abschrift der Beschwerde der TAT mit der Bitte um Stellungnahme. Die von der TAT eingereichten ergänzenden Erklärungen zu der Beschwerde waren diesem Schreiben nicht beigefügt.

14 Auch der Leiter der GD VII unterrichtete die französischen Behörden mit Schreiben vom 22. Oktober 1993 vom Eingang einer Beschwerde der TAT, ohne ihnen jedoch eine Kopie davon zu übermitteln. Er teilte ihnen ausserdem mit, daß er die Argumente der TAT prima facie als stichhaltig ansehe.

15 In Beantwortung dieser Schreiben übermittelten die französischen Behörden mit Schreiben vom 21. Dezember 1993 ihre Stellungnahme zum Inhalt der Beschwerde der TAT. Sie machten geltend, Artikel 5 der Verordnung sei anwendbar, da die in der Übereinkunft vom 30. Oktober 1990 vorgesehene Öffnung für die Mehrfachbenennung nur die Strecken von und nach dem Flughafen Charles de Gaulle mit Ausnahme der Strecke Paris°Nizza betreffe, so daß die Air Inter weiterhin die ausschließliche Genehmigung für diese Strecken von und nach dem Flughafen Orly habe.

16 Der Leiter der GD VII informierte die französischen Behörden mit Schreiben vom 21. Januar 1994 darüber, daß die TAT ergänzende Erklärungen zu ihrer Beschwerde eingereicht habe, und wies darauf hin, daß Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung der Kommission eine eigene Entscheidungsbefugnis einräume.

17 In Beantwortung dieses Schreibens übermittelten die französischen Behörden der Kommission am 16. Februar 1994 eine Note mit einer Zusammenfassung ihres Standpunkts.

18 Nach diesem Schriftwechsel trat am 28. Februar 1994 der in Artikel 11 der Verordnung vorgesehene Beratende Ausschuß zusammen. In dieser Sitzung konnten die Mitgliedstaaten zu dem Entwurf einer auf Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung gestützten Entscheidung, den die Kommission ihnen am 10. Februar 1994 übermittelt hatte, Stellung nehmen. In der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses heisst es: "Die Mehrheit der anwesenden Mitglieder ist folgender Meinung: Nach den dem Ausschuß vorliegenden Informationen hat die unrichtige Anwendung des Artikels 5 durch Frankreich offenbar diskriminierende Auswirkungen. Die Mehrheit der Mitglieder hat sich jedoch gegen eine Entscheidung gemäß Artikel 8 der Verordnung Nr. 2408/92 ausgesprochen."

19 Am 17. März 1994 übersandte die französische Regierung der Kommission eine neue Note, in der sie auf die Erklärungen der französischen Delegation in der Sitzung des Beratenden Ausschusses hinwies.

20 Schließlich kamen am 30. März 1994 auf Ersuchen der französischen Regierung der Leiter der Direktion Rechtsangelegenheiten des Aussenministeriums und der Leiter der Generaldirektion Juristischer Dienst der Kommission zusammen, um sowohl über diese Beschwerde als auch über die Beschwerde der TAT bezueglich der Strecke Paris (Orly)°London zu sprechen.

21 Am 27. April 1994 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung. Diese bestimmt:

"Artikel 1

Frankreich darf den Luftverkehrsunternehmen der Gemeinschaft die Ausübung von Verkehrsrechten auf den Strecken Paris (Orly)°Marseille und Paris (Orly)°Toulouse nicht mehr mit der Begründung verweigern, daß die französischen Behörden für diese Strecken die Bestimmungen von Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 geltend machen.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet. Sie wird der Fluggesellschaft TAT European Airlines, dem Rat der Europäischen Union, den Mitgliedstaaten sowie den Königreichen Norwegen und Schweden übermittelt.

Artikel 3

Frankreich ist gehalten, die vorliegende Entscheidung spätestens am 27. Oktober 1994 auszuführen."

22 In der Begründung der angefochtenen Entscheidung heisst es, daß diese "der Aufrechterhaltung einer ausschließlichen Genehmigung zugunsten der Fluggesellschaft Air Inter auf Strecken, die die... Bedingungen gemäß Artikel 5 erfuellen,... grundsätzlich nicht entgegen[steht]"; Artikel 5 bezweckt nach der Auslegung der Kommission, "den Fortbestand und die Kontinuität angemessener Verkehrsdienste zwischen zwei Punkten (Städten oder Regionen) innerhalb desselben Mitgliedstaats [zu] sichern".

23 Ausserdem wird darauf hingewiesen, daß die Bestimmungen der Verordnung, "insbesondere Artikel 4 über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, es ermöglichen, die Kontinuität der Luftverkehrsdienste auf allen Inlandsnetzen der Mitgliedstaaten sicherzustellen und die Ziele der Raumordnungspolitik zu verwirklichen".

24 Nach Artikel 185 EWG-Vertrag kann der Gerichtshof, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen.

25 Nach Artikel 83 § 2 der Verfahrensordnung setzt ein Beschluß im Verfahren der einstweiligen Anordnung, durch den der Vollzug der angefochtenen Handlung ausgesetzt wird, das Vorliegen von Umständen voraus, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (fumus boni iuris).

26 Nach ständiger Rechtsprechung (siehe insbesondere Beschluß vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache C-280/93 R, Deutschland/Rat, Slg. 1993, I-3676, Randnr. 22) ist die in Artikel 83 § 2 der Verfahrensordnung erwähnte Dringlichkeit der einstweiligen Anordnung danach zu beurteilen, ob eine einstweilige Entscheidung notwendig ist, um zu verhindern, daß durch die sofortige Anwendung der Maßnahme, die Gegenstand der Klage ist, ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht.

27 Die französische Regierung führt zur Dringlichkeit erstens aus, daß die Organisation des Luftverkehrs auf einem System des Ausgleichs zwischen wirtschaftlichen und unwirtschaftlichen Linien beruhe. Die der Air Inter für die fraglichen Strecken erteilte ausschließliche Genehmigung sei dadurch gerechtfertigt, daß das Unternehmen verpflichtet sei, nicht rentable Linien regelmässig und zu nicht prohibitiven Preisen zu betreiben, um zur Raumordnung beizutragen. Nach Auffassung der französischen Regierung würde, wenn die beiden fraglichen Strecken für den Wettbewerb geöffnet würden, der Marktanteil der neu hinzukommenden Unternehmen nach einem Jahr mindestens 35 % betragen. Dann wäre Air Inter gezwungen, die Bedienung der nicht rentablen Strecken einzustellen. Zwar sei ein Gesetzentwurf beim französischen Parlament eingebracht worden, um Ausgleichszahlungen an die Luftfahrtunternehmen zu ermöglichen, die gemäß Artikel 4 der Verordnung nicht rentable Strecken bedienten. Eine solche Vorschrift könnte jedoch nicht praktisch wirksam werden, bevor ein Ausgleichsfonds mit den notwendigen finanziellen Mitteln geschaffen worden sei, was für Ende 1995 vorgesehen sei. Die französische Regierung macht deshalb geltend, daß sie nicht in der Lage sei, in wenigen Tagen ein dem Gemeinschaftsrecht entsprechendes alternatives System zu schaffen, wenn man insbesondere an die in Artikel 4 der Verordnung gesetzten Fristen denke. Wenn die angefochtene Entscheidung unmittelbar angewandt würde, würde der Organisation des französischen Luftverkehrs und der Raumordnungspolitik ein schwerer Schaden zugefügt.

28 Zweitens führt die französische Regierung aus, da die in Artikel 5 der Verordnung vorgesehene Übergangszeit am 1. Januar 1996 ende, würde die Klage gegenstandslos, wenn die beiden in Rede stehenden Strecken für den Wettbewerb geöffnet würden. Im Fall eines für sie günstigen Urteils in der Hauptsache könnte die in der angefochtenen Entscheidung geforderte Öffnung für den Wettbewerb nicht rückgängig gemacht werden. Der Schaden wäre somit nicht wiedergutzumachen.

29 Die Kommission bestreitet die Dringlichkeit infolge eines nicht wiedergutzumachenden Schadens, der im Falle der Ablehnung der Aussetzung des Vollzugs durch den Gerichtshof angeblich dadurch entstuende, daß das Urteil in der Hauptsache praktisch im Zeitpunkt des Ablaufs der in Artikel 5 der Verordnung vorgesehenen Frist erlassen würde.

30 Erstens funktioniere das interne Ausgleichssystem der Air Inter nicht so, wie die französische Regierung es behaupte, und es sei nicht aus Gründen der Raumordnung gerechtfertigt. Zum einen sei nämlich der Zusammenhang zwischen der Bedeutung und der Rentabilität der Strecken nicht bewiesen, da Air Inter auf grossen Strecken mit Verlust und auf kleinen Strecken mit Gewinn arbeite. Zum andern arbeite Air Inter nicht auf den kleinen Regionalstrecken, die aus Gründen der Raumordnung als äusserst wichtig angesehen würden, mit Verlust, sondern auf ihrem internationalen Streckennetz, bei den Flügen von und zum Flughafen Charles de Gaulle und auf den Strecken, die dem Wettbewerb des Schnellverkehrszugs TGV ausgesetzt seien.

31 Zweitens wäre, selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß innerhalb von Air Inter ein Ausgleich zugunsten der kleinen Regionalstrecken vorgenommen würde, die Existenz der letzteren nicht durch die Beseitigung des fraglichen Monopols bedroht, da andere Luftfahrtunternehmen, deren Betriebskosten geringer seien als die der Air Inter, die eventuell aufgegebenen Regionalstrecken übernehmen könnten.

32 Erstens können die Verluste, die Air Inter infolge der Durchführung der angefochtenen Entscheidung erleiden könnte, nicht als gewiß angesehen werden.

33 Zu diesem Punkt hat die Kommission unter Berufung auf vertrauliche Angaben, deren Richtigkeit die französische Regierung nicht bestritten hat, Prognosen über die Entwicklung des Marktes vorgetragen, die zu denen der französischen Regierung im Widerspruch stehen und nicht weniger glaubhaft erscheinen.

34 Selbst wenn man ferner unterstellt, daß die Prognosen der französischen Regierung über die Verluste, die Air Inter erleiden würde, sich bewahrheiten, ist das Risiko der Aufgabe bestimmter defizitärer Regionallinien, die Air Inter betreibt, eine blosse Eventualität, deren Verwirklichung von zahlreichen Unwägbarkeiten abhängt.

35 Schließlich gibt es, selbst wenn dieser Fall einträte, keinen Grund für die Annahme, daß die Entscheidung über die Aufgabe der Strecken auf so unvorhersehbare Art und Weise getroffen und durchgeführt würde, daß es den französischen Behörden unmöglich wäre, Maßnahmen zu ergreifen, die sie für die Sicherstellung der Kontinuität der Strecken für notwendig halten, sei es, indem sie sich an andere Fluggesellschaften wenden, die ein wirtschaftliches Interesse daran haben, sei es, indem sie gemäß Artikel 4 der Verordnung gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen.

36 Unter diesen Umständen ist der von der französischen Regierung geltend gemachte Schaden nicht glaubhaft gemacht.

37 Der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung ist somit zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob die französische Regierung die Notwendigkeit der beantragten Anordnung glaubhaft gemacht hat.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFES

beschlossen:

1) Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 26. Oktober 1994

Ende der Entscheidung

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