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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 19.03.2004
Aktenzeichen: C-196/03 P
Rechtsgebiete: EWG/EAGBeamtStat, Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten


Vorschriften:

EWG/EAGBeamtStat Art. 90 Abs. 1
EWG/EAGBeamtStat Art. 90 Abs. 2
EWG/EAGBeamtStat Art. 91 Abs. 1
EWG/EAGBeamtStat Art. 91 Abs. 2
Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten Art. 12
Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten Art. 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 19. März 2004. - Arnaldo Lucaccioni gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Beamte - Schadensersatzklage - Zulässigkeit. - Rechtssache C-196/03 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-196/03 P

Arnaldo Lucaccioni , ehemaliger Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, wohnhaft in St-Leonards-on-Sea (Vereinigtes Königreich), vertreten durch M. Cimino, avvocato,

Rechtsmittelführer,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Erste Kammer) vom 26. Februar 2003 in der Rechtssache T-164/01 (Lucaccioni/Kommission, Slg. ÖD 2003, I-A-67 und II-367), soweit mit diesem die Schadensersatzklage des Rechtsmittelführers als unzulässig abgewiesen wurde,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch J. Currall als Bevollmächtigten im Beistand von A. Dal Ferro, avvocato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann, des Richters S. von Bahr und der Richterin R. Silva de Lapuerta,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: R. Grass,

erlässt

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1. Der Rechtsmittelführer hat mit Rechtsmittelschrift, die am 3. Mai 2003 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 26. Februar 2003 in der Rechtssache T-164/01 (Lucaccioni/Kommission, Slg. ÖD 2003, IA67 und II367, im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht seine Klage auf Schadensersatz nach dem Recht der außervertraglichen Haftung wegen der seelischen und körperlichen Schäden, die er in der Zeit vor dem Auftreten seiner Berufskrankheit erlitten hat, als unzulässig abgewiesen und entschieden hat, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Rechtlicher Rahmen

2. Artikel 236 EG sieht vor, dass der Gerichtshof... für alle Streitsachen zwischen der Gemeinschaft und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen zuständig [ist], die im Statut der Beamten festgelegt sind oder sich aus den Beschäftigungsbedingungen für die Bediensteten ergeben.

3. Artikel 91 Absatz 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) bestimmt:

Für alle Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und einer Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, über die Rechtmäßigkeit einer diese Person beschwerenden Maßnahme im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 ist der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zuständig. In Streitsachen vermögensrechtlicher Art hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung...

4. Artikel 91 Absatz 2 des Statuts lautet:

Eine Klage beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

- Bei der Anstellungsbehörde muss zuvor eine Beschwerde im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 innerhalb der dort vorgesehenen Frist eingereicht und

- diese Beschwerde muss ausdrücklich oder stillschweigend abgelehnt worden sein.

5. Artikel 90 Absätze 1 und 2 des Statuts lautet wie folgt:

1. Jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, kann einen Antrag auf Erlass einer sie betreffenden Entscheidung an die Anstellungsbehörde richten. Diese teilt dem Antragsteller ihre begründete Entscheidung binnen vier Monaten nach dem Tage der Antragstellung mit. Ergeht innerhalb dieser Frist kein Bescheid, so gilt dies als stillschweigende Ablehnung, gegen die eine Beschwerde nach Absatz 2 zulässig ist.

2. Jede Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, kann sich mit einer Beschwerde gegen eine sie beschwerende Maßnahme an die Anstellungsbehörde wenden; dies gilt sowohl für den Fall, dass die Anstellungsbehörde eine Entscheidung getroffen hat, als auch für den Fall, dass sie eine im Statut vorgeschriebene Maßnahme nicht getroffen hat. Die Beschwerde muss innerhalb einer Frist von drei Monaten eingelegt werden. Für den Beginn der Frist gilt Folgendes:

- Die Frist beginnt am Tag der Bekanntmachung der Maßnahme, wenn es sich um eine allgemeine Maßnahme handelt;

- sie beginnt am Tag der Mitteilung der Entscheidung an den Empfänger, spätestens jedoch an dem Tag, an dem dieser Kenntnis davon erhält, wenn es sich um eine Einzelmaßnahme handelt; besteht jedoch die Möglichkeit, dass eine Einzelmaßnahme einen Dritten beschwert, so beginnt die Frist für den Dritten an dem Tag, an dem dieser Kenntnis von der Maßnahme erhält, spätestens jedoch am Tag der Bekanntmachung der Maßnahme;

- sie beginnt am Tag, an dem die Beantwortungsfrist abläuft, wenn sich die Beschwerde auf die stillschweigende Ablehnung eines nach Absatz 1 eingereichten Antrags bezieht.

Die Anstellungsbehörde teilt dem Betreffenden ihre begründete Entscheidung binnen vier Monaten nach dem Tag der Einreichung der Beschwerde mit. Wird innerhalb dieser Frist keine Antwort auf die Beschwerde erteilt, so gilt dies als stillschweigende Ablehnung, gegen die eine Klage nach Artikel 91 zulässig ist.

6. Artikel 73 Absatz 1 Satz 1 des Statuts sieht vor, dass der Beamte vom Tag seines Dienstantritts an gemäß einer von den Organen der Gemeinschaften im gegenseitigen Einvernehmen beschlossenen Regelung für den Fall von Berufskrankheiten und Unfällen gesichert wird.

7. Nach Artikel 73 Absatz 2 Buchstaben b und c des Statuts werden als Leistungen bei dauernder Vollinvalidität die Zahlung eines Kapitalbetrags in achtfacher Höhe des jährlichen Grundgehalts, bemessen nach den Monatsgrundgehältern des Beamten in den letzten zwölf Monaten vor dem Unfall, und bei dauernder Teilinvalidität die Zahlung eines Teils dieses Betrages, berechnet nach der Tabelle der in Artikel 73 Absatz 1 genannten Regelung, garantiert.

8. Die Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten (im Folgenden: Regelung) legt gemäß Artikel 73 des Statuts die Voraussetzungen fest, unter denen der Beamte bei Unfällen und Berufskrankheiten gesichert ist.

9. Artikel 12 der Regelung bestimmt:

1. Bei dauernder Vollinvalidität infolge eines Unfalls oder einer Berufskrankheit erhält der Beamte den in Artikel 73 Absatz 2 Buchstabe b) des Statuts vorgesehenen Kapitalbetrag.

2. Bei dauernder Teilinvalidität infolge eines Unfalls oder einer Berufskrankheit erhält der Beamte einen Kapitalbetrag, der sich nach den Sätzen der Invaliditätstabelle im Anhang bemisst.

10. Artikel 14 der Regelung bestimmt:

Der Beamte erhält nach Stellungnahme der in Artikel 19 genannten Vertrauensärzte oder des in Artikel 23 genannten Ärzteausschusses bei einer dauernden Verletzung oder Entstellung, die zwar nicht seine Erwerbsfähigkeit mindert, aber seine körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt und ihn deshalb im gesellschaftlichen Leben benachteiligt, eine Entschädigung.

Die Höhe dieser Entschädigung wird entsprechend den Sätzen festgelegt, die sich aus der in Artikel 12 genannten Invaliditätstabelle ergeben. Trifft die Entstellung mit einer Verletzung zusammen, die die Erwerbsfähigkeit mindert, so sind diese Sätze angemessen zu erhöhen.

Sachverhalt

11. Der Sachverhalt, der in den Randnummern 2 bis 12 des angefochtenen Urteils dargestellt ist, kann folgendermaßen zusammengefasst werden.

12. Der Rechtsmittelführer trat 1962 in den Dienst der Europäischen Gemeinschaften.

13. Im Jahr 1990 machte er geltend, er sei in der Zeit, in der er seine Aufgaben im Berlaymont-Gebäude in Brüssel (Belgien) ausgeübt habe, Asbeststaub ausgesetzt gewesen, und beantragte, die Lungenschädigungen, über die er klagte, als Berufskrankheit anzuerkennen und ihm einen Grad dauerhafter Vollinvalidität zuzuerkennen.

14. Nach Abschluss des Verfahrens nach Artikel 78 des Statuts wurde der Rechtsmittelführer in den Ruhestand versetzt und erhielt eine Invaliditätsrente in Höhe von 70 % seines Grundgehalts. Gleichzeitig führte das Verfahren nach Artikel 73 des Statuts zur Anerkennung der Berufsbedingtheit der Krankheit des Rechtsmittelführers. Es wurde eine dauerhafte Vollinvalidität festgestellt und daher ein Invaliditätsgrad von 100 % festgesetzt. Außerdem beschloss die Kommission der Europäischen Gemeinschaften aufgrund der permanenten Symptome und der schweren seelischen Störungen des Betroffenen, ihm nach Artikel 14 der Regelung eine Entschädigung zu gewähren, die auf 30 % des für die dauerhafte Vollinvalidität vorgesehenen Kapitalbetrags festgesetzt wurde.

15. Der Rechtsmittelführer war der Auffassung, dass dieser Betrag seinen Schaden nicht vollständig wieder gutmache; er übermittelte der Kommission am 15. Mai 1994 eine Beschwerde nach Artikel 28 der Regelung und Artikel 90 Absatz 2 des Statuts, die die Kommission wegen Fehlens einer vorangegangenen beschwerenden Entscheidungshandlung als Antrag qualifizierte. Diesen Antrag lehnte die Kommission mit Schreiben vom 22. September 1994 ab.

16. Am 15. Dezember 1994 erhob der Rechtsmittelführer im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 des Statuts Beschwerde gegen diese ablehnende Entscheidung. Mit Entscheidung vom 25. April 1995, die dem Rechtsmittelführer mit Schreiben vom 3. Mai 1995 zugestellt wurde, wies die Kommission diese Beschwerde zurück.

17. Mit Klageschrift, die am 29. August 1995 beim Gericht einging und das Aktenzeichen T-165/95 erhielt, erhob der Rechtsmittelführer Klage und beantragte, die Kommission zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen und, soweit erforderlich, die Entscheidung der Kommission vom 22. September 1994 aufzuheben.

18. Das Gericht wies diese Klage mit Urteil vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-165/95 (Lucaccioni/Kommission, Slg. ÖD 1998, I-A-203 und II-627) ab. Dieses Urteil war Gegenstand eines Rechtsmittels des Rechtsmittelführers, das mit Urteil des Gerichtshofes vom 9. September 1999 in der Rechtssache C-257/98 P (Lucaccioni/Kommission, Slg. 1999, I-5251) zurückgewiesen wurde.

19. Am 29. Mai 2000 stellte der Rechtsmittelführer einen Antrag nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts, um nach dem Recht der außervertraglichen Haftung Ersatz wegen der seelischen und körperlichen Schäden zu erlangen, die er in der Zeit vor dem Auftreten seiner Berufskrankheit erlitten habe.

20. Da der Rechtsmittelführer auf diesen Antrag innerhalb der in Artikel 90 Absatz 1 des Statuts vorgesehenen Frist keine Antwort erhielt, erhob er Beschwerde, die ebenfalls stillschweigend zurückgewiesen wurde.

21. Mit Klageschrift, die am 19. Juli 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erhob der Rechtsmittelführer gemäß Artikel 91 des Statuts Klage, die mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen wurde; diese Abweisung liegt dem vorliegenden Rechtsmittel zugrunde.

Das angefochtene Urteil

22. Zur Begründung seiner Klage auf Schadensersatz wegen der seelischen und körperlichen Schäden, die ihm von der Kommission in den Jahren von 1967 bis 1990 zugefügt worden seien, d. h. vor dem Auftreten seiner Berufskrankheit, machte der Rechtsmittelführer vor dem Gericht einen einzigen Klagegrund geltend: die Verfolgung, die die Arbeitsbedingungen dargestellt hätten, die ihm die Kommission wissentlich auferlegt habe, sowie das verdeckte und heimliche Vorgehen, mit dem diese das Verfahren über seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit eingeleitet habe.

23. Im Rahmen dieses Klagegrundes schrieb der Rechtsmittelführer der Kommission und/oder ihren leitenden Verwaltungsbeamten eine Anzahl unmittelbarer und/oder mittelbarer Verantwortlichkeiten dafür zu, dass er auf die Gefahr disziplinarrechtlicher Maßnahmen hin in einem Gebäude habe arbeiten müssen, dessen Asbestisolierung bekannt gewesen, aber durch falsche Behauptungen jahrelang in der Kenntnis verschwiegen worden sei, dass Asbest hochgradig gesundheitsschädigend sei.

24. Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht die Klage als unzulässig ab und legte jeder Partei ihre eigenen Kosten auf.

25. In dem angefochtenen Urteil prüfte das Gericht getrennt die Unzulässigkeitsgründe betreffend die seelischen Schäden und die betreffend die körperlichen Schäden.

26. Hinsichtlich der seelischen Schäden wies das Gericht die Einreden der Unzulässigkeit wegen des Einwands der Rechtskraft und des Grundsatzes ne bis in idem zurück, hielt die Klage aber für unzulässig, weil die in den Artikeln 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen nicht eingehalten worden seien.

27. Entgegen dem Vorbringen des Rechtsmittelführers qualifizierte das Gericht das am 15. Mai 1994 an die Kommission gerichtete Schreiben als einen Antrag nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts. Da dieser Antrag durch Entscheidung der Kommission vom 22. September 1994 abgelehnt worden sei und der Rechtsmittelführer diese Entscheidung hinsichtlich der vor dem Auftreten seiner Krankheit erlittenen insbesondere seelischen Schäden nicht angefochten habe, stellte das Gericht fest, dass der neue Antrag vom 29. Mai 2000, der dem anhängigen Verfahren zugrunde liege, die zwingenden Fristen dieses Artikels nicht einhalte, da neue Umstände, die eine Ausnahme von den Fristvorschriften rechtfertigen könnten, nicht vorlägen.

28. Hinsichtlich der vor dem Auftreten der Berufskrankheit des Rechtsmittelführers erlittenen körperlichen Schäden war das Gericht der Auffassung, dass die Klageschrift nicht ausreichend präzise sei und daher nicht den Mindestanforderungen des Artikels 19 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes und des Artikels 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts genüge.

29. Das Gericht stellte namentlich in Randnummer 67 des angefochtenen Urteils fest, dass die in der Klageschrift enthaltenen Behauptungen so unbestimmt seien, dass es nicht erkennen könne, auf welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen sich der Rechtsmittelführer zur Begründung seiner Klage berufe. Im Übrigen entschied das Gericht in Randnummer 68 des angefochtenen Urteils, dass der Rechtsmittelführer kein objektives Element dargetan habe, mit Hilfe dessen das Gericht und die Kommission die Art und den Umfang der behaupteten Schädigungen identifizieren könnten.

Das Rechtsmittel

Die Anträge der Parteien und die Rechtsmittelgründe

30. In seiner Rechtsmittelschrift beantragt der Rechtsmittelführer,

- dem Rechtsmittel und demzufolge der Klage stattzugeben;

- ihm gestützt auf das allgemeine Recht, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten für die nicht (oder auch) unter Artikel 73 des Statuts fallenden seelischen und körperlichen Schäden, die die Kommission zwischen 1967 und 1990 in unentschuldbarer und von ihr zu vertretender Weise verursacht hat, weil sie seine Menschenwürde und sein Recht auf körperliche Integrität verletzt hat, Schadensersatz in einer geschätzten Höhe von 3 500 000 Euro (7 000 000 000 ITL) in Analogie zu den konkreten Verurteilungen in Bezug auf jedes Opfer (ungefähr 500 000 Euro, d. h. 1 000 000 000 ITL) in dem Urteil Nr. 4840/96 der Pretura Circondariale Turin (Italien) vom 5. Juli 1996 und in Analogie zu dem für jedes Opfer der Cermis-Seilbahn vorgesehenen Schadensersatz in Höhe von 2 000 000 Euro (4 000 000 000 ITL) zuzusprechen;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

31. Die Kommission beantragt,

- das Rechtsmittel als unzulässig und/oder unbegründet zurückzuweisen,

- dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

32. Zur Stützung seines Rechtsmittels macht der Rechtsmittelführer gegen die vom Gericht festgestellte Unzulässigkeit zwei Rechtsmittelgründe geltend: einen Umstand, der eine Ausnahme von den Regeln über die Klagefristen begründe, und objektive Elemente in der Klageschrift, anhand deren das Gericht die Art und den Umfang der geltend gemachten Schädigungen hätte erkennen können.

33. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, dass die Klageschrift entgegen der Feststellung des Gerichts zahlreiche Fakten enthalte, die Umstände darstellen könnten, die es ermöglichten, von den Fristen abzuweichen, innerhalb deren die Klagen zu erheben seien. Insbesondere hätten ihn die Furcht vor Repressalien der Kommission und die ständige Verfolgung, der er von ihrer Seite ausgesetzt gewesen sei, daran gehindert, seine Klage innerhalb der vom Statut vorgesehenen Fristen zu erheben.

34. Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund legt der Rechtsmittelführer eine aus seiner Sicht ungenaue Beurteilung der Umstände dar, die er in der Klageschrift zur Feststellung und dem Umfang der körperlichen Schäden vorgetragen habe, die er in der Zeit vor der Anerkennung seiner Berufskrankheit erlitten habe. Die Sachverhaltsdarstellung in der Klageschrift könne als Grundlage für die Feststellung der Ersatzpflicht der Kommission sowie deren Umfang dienen.

Würdigung durch den Gerichtshof

35. Ist das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig, so kann der Gerichtshof es nach Artikel 119 seiner Verfahrensordnung jederzeit durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

36. Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus den Artikeln 225 EG und 58 der Satzung des Gerichtshofes, dass das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist und dass daher allein das Gericht zuständig ist, die Tatsachen festzustellen, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind, und diese Tatsachen zu würdigen. Die Tatsachenwürdigung stellt, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes unterläge (vgl. u. a. Urteil vom 5. Juni 2003 in der Rechtssache C-121/01 P, O'Hannrachain/Parlament, Slg. 2003, I-5539, Randnr. 35, und die dort zitierte Rechtsprechung).

37. Der Rechtsmittelführer macht mit seinem ersten Rechtsmittelgrund eine Tatsachenwürdigung geltend, die das Gericht nicht berücksichtigt habe, nämlich das Bestehen einer neuen Tatsache, die die Unterbrechung der Klagefristen habe rechtfertigen können. Das Gericht hat jedoch in Randnummer 53 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass es außerdem in keiner Weise aus den Prozessakten hervorgeht und der Kläger sich nicht darauf beruft, dass eine Änderung der Umstände bestehe, die es rechtfertige, dass von den Regeln über die Klagefristen abgewichen werde. Dieser Rechtsmittelgrund betrifft, so wie er vom Rechtsmittelführer ausgeführt wird, nur das Vorliegen oder die Feststellung einer Tatsache, die eine derartige Änderung der Umstände begründen kann.

38. Darüber hinaus kann sich das Vorbringen des Rechtsmittelführers, also das Bestehen einer neuen Tatsache, auch nicht auf den Ansatz eines Beweises stützen. In den Prozessakten findet sich nichts, was eine neue Würdigung der Tatsachen rechtfertigen könnte, wie sie der Rechtsmittelführer fordert. Da die vom Rechtsmittelführer vorgetragene Verfolgung in der Darstellung des Sachverhalts im angefochtenen Urteil keine Erwähnung findet, geht dieser davon aus, dass die Verfolgung vom Gericht anerkannt sei, was sich aus einem Beschluss ergeben soll, der kaum einen Bezug zum vorliegenden Fall aufzuweisen scheint. Daher kann diese Verfolgung nicht als feststehende Tatsache betrachtet werden, was dem Vorbringen des Rechtsmittelführers jede tatsächliche Grundlage entzieht.

39. Somit ist der erste Rechtsmittelgrund als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

40. Zum zweiten Rechtsmittelgrund ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung aus den Artikeln 58 der Satzung des Gerichtshofes und 112 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung folgt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie das rechtliche Vorbringen, das gerade diesen Antrag stützt, genau bezeichnen muss (Beschluss vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-49/96 P, Progoulis/Kommission, Slg. 1996, I-6803, Randnr. 23, und Urteil vom 6. März 2003 in der Rechtssache C-41/00 P, Interporc/Kommission, Slg. 2003, I-2125, Randnr. 15).

41. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung entspricht dem ein Rechtsmittel nicht, das sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich deren wörtlich wiederzugeben, die sich auf Tatsachen stützen, die von dem Gericht ausdrücklich zurückgewiesen wurden. Ein solches Rechtsmittel stellt nämlich in Wirklichkeit eine Klage dar, die auf eine reine Prüfung der beim Gericht eingereichten Klageschrift abzielt, wofür der Gerichtshof nicht zuständig ist (Beschluss vom 26. September 1994 in der Rechtssache C-26/94 P, X/Kommission, Slg. 1994, I-4379, Randnr. 13, und Urteil vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-352/98 P, Bergaderm und Goupil/Kommission, Slg. 2000, I-5291, Randnr. 35).

42. Das Vorbringen des Rechtsmittelführers zur Begründung seines zweiten Rechtsmittelgrundes bezeichnet weder die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils noch die entsprechenden rechtlichen Ausführungen genau. Dieser Rechtsmittelgrund bezieht sich nämlich nicht auf eine Rechtsfrage und enthält keine rechtlichen Ausführungen, die zeigen könnten, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es beurteilte, wie die Kommission ihre Befugnisse ausgeübt hat.

43. Daraus folgt, dass der zweite Rechtsmittelgrund ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

44. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechend anzuwenden ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission beantragt hat, dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen, und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, hat er die Kosten dieses Rechtszuges zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Der Rechtsmittelführer trägt die Kosten dieses Rechtszuges.

Ende der Entscheidung

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