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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 19.05.1993
Aktenzeichen: C-198/91
Rechtsgebiete: EWGV


Vorschriften:

EWGV Art. 92 Abs. 3 Buchst. a
EWGV Art. 93 Abs. 2
EWGV Art. 93 Abs. 3
EWGV Art. 173 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Personen, an die eine Entscheidung nicht gerichtet ist, sind nur dann im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages betroffen, wenn die Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten.

Wenn die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages einzuleiten, aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 feststellt, daß eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, können die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände, denen als Beteiligten die Verfahrensgarantien bei der Anwendung des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 2 zur Seite stehen, eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung erheben, die diese Feststellung trifft.

2. Das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages ist unerläßlich, sobald die Kommission bei der Prüfung, ob ein Beihilfevorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, auf ernste Schwierigkeiten stösst. Die Kommission darf sich für den Erlaß einer positiven Entscheidung über ein Beihilfevorhaben nur dann auf die Vorprüfungsphase des Artikels 93 Absatz 3 beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnen kann, daß dieses Vorhaben vertragskonform ist. Ist die Kommission aufgrund dieser ersten Prüfung jedoch zu der gegenteiligen Schlußfolgerung gelangt oder hat sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen können, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 einzuleiten.

Die Verpflichtung zur Eröffnung dieses Verfahrens richtet sich zwar nicht nach den für die Anmeldung einer Beihilfe geltenden Bedingungen oder nach der zur Anwendung kommenden Vorschrift des Artikels 92 des Vertrages. Die Kommission hat aber unter der Kontrolle des Gerichtshofes nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Falles zu entscheiden, ob wegen der Schwierigkeiten, auf die sie bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt gestossen ist, die Einleitung dieses Verfahrens erforderlich ist.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 19. MAI 1993. - WILLIAM COOK PLC GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - ARTIKEL 92 ABSATZ 3 BUCHSTABE A UND 93 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG - BESCHWERDE EINES UNTERNEHMENS - VEREINBARKEIT DER BEIHILFE - NICHTIGKEITSKLAGE. - RECHTSSACHE C-198/91.

Entscheidungsgründe:

1 Die William Cook PLC (Klägerin) hat mit Klageschrift, die am 30. Juli 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag beantragt, eine ihr mit Schreiben vom 29. Mai 1991 mitgeteilte Entscheidung der Kommission, zu den verschiedenen, Piezas y Rodajes SA (Pyrsa) gewährten staatlichen Beihilfen "keine Einwendungen zu erheben", für nichtig zu erklären.

2 Aus den Akten ergibt sich, daß die Kommission mit einer Entscheidung vom 26. Mai 1987 (vgl. Mitteilung 88/C251/04 ° ABl. C 251, S. 4) die spanische Regionalbeihilferegelung genehmigt hat, deren Entwurf ihr von der spanischen Regierung am 30. Januar 1987 gemäß Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag vorgelegt worden war. Spätere Änderungen dieser Regelung sind mit einer Entscheidung der Kommission vom 1. September 1987 genehmigt worden.

3 Diese gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a EWG-Vertrag genehmigte Regelung sieht insbesondere vor, daß Regionalbeihilfen in der Provinz Terül bis zu einer Obergrenze von 75 % Nettosubventionsäquivalent (NSÄ) gewährt werden können.

4 In dieser Provinz, auf dem Gebiet der Gemeinde von Monreal del Campo, hat Pyrsa ein Investitionsprogramm in Höhe von 2 788 300 000 PTA für den Bau einer Gießerei begonnen, in der Kettenräder (mit Ketten gezogene Zahnräder, die hauptsächlich im Bergbau verwendet werden) und GET-Ausrüstungen (Geräte zum Einebnen und Ausheben des Erdreichs) hergestellt werden sollen.

5 Für diese Investition sind folgende Beihilfen gewährt worden:

° eine Beihilfe der spanischen Regierung in Höhe von 975 905 000 PTA;

° eine Beihilfe der autonomen Gemeinschaft Aragon in Höhe von 182 000 000 PTA;

° eine Beihilfe der Gemeinde von Monreal del Campo in Höhe von 2 300 000 PTA;

° eine Bürgschaft der autonomen Gemeinschaft Aragon für einen Kredit in Höhe von 490 000 000 PTA;

° eine sich auf diesen Kredit beziehende Zinsvergütung der Diputacion provincial von Terül.

6 Die Klägerin, die Gußstahl und GET-Ausrüstungen herstellt, hat am 14. Januar 1991 eine "förmliche Beschwerde" an die Kommission gerichtet und darin die Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt bestritten.

7 Mit Schreiben vom 13. März 1991 hat die Kommission der Beschwerdeführerin mitgeteilt, die Beihilfe der spanischen Regierung in Höhe von 975 905 000 PTA sei im Rahmen der Regionalbeihilferegelung gewährt worden und daher mit Artikel 92 EWG-Vertrag vereinbar. In Ansehung der anderen Beihilfen würden Ermittlungen bei den spanischen Behörden durchgeführt.

8 Nach Abschluß dieser Ermittlungen teilte die Kommission der Klägerin in einem Schreiben vom 29. Mai 1991 ihre Entscheidung mit, zu den Pyrsa gewährten Beihilfen "keine Einwendungen zu erheben". Diesem Schreiben war die unter dem Aktenzeichen NN 12/91 ergangene, an die spanische Regierung gerichtete Entscheidung beigefügt, in der die Kommission festgestellt hatte, diese Beihilfen fielen in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe a EWG-Vertrag, wonach Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

9 Diese Entscheidung stützt sich auf zwei Gründe. Zum einen ist die Kommission der Ansicht, daß "die von Pyrsa hergestellten Erzeugnisse zum Teilbereich Kettenräder und GET-Ausrüstungen gehören..., in dem die Nachfrage in den Jahren 1988 bis 1990 zugenommen hat und in dem es keine Probleme mit Überkapazitäten gibt". Zum anderen wird festgestellt, daß "die Beihilfen für ein Investitionsprogramm eines neuen Unternehmens bestimmt sind und daß die Gesamtintensität aller Beihilfen zusammen tatsächlich die Obergrenze von 50 % Nettosubventionsäquivalent nicht erreicht".

10 Mit der vorliegenden Klage beantragt die Klägerin die Nichtigerklärung der ihr mit Schreiben vom 29. Mai 1991 mitgeteilten Entscheidung der Kommission.

11 Mit Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 20. November 1991 ist die spanische Regierung als Streithelferin zur Unterstützung der von der Kommission gestellten Anträge zum Verfahren zugelassen worden.

12 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs sowie des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zum Gegenstand und zur Zulässigkeit der Klage

13 Mit dem Schreiben vom 29. Mai 1991 wird die Beschwerdeführerin lediglich von der Entscheidung NN 12/91 in Kenntnis gesetzt, in der die Kommission zum Ausdruck gebracht hat, die Pyrsa gewährten Beihilfen seien mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

14 Diese Mitteilung an sich ist keine Entscheidung, die mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden könnte.

15 Die an die spanische Regierung gerichtete Entscheidung NN 12/91 kann aber Gegenstand einer solchen Klage sein.

16 Die Beklagte hat ausgeführt, in dieser Entscheidung sei, soweit darin die von der spanischen Regierung gewährte Beihilfe in Höhe von 975 905 000 PTA erwähnt werde, nur eine Bestätigung des bereits erwähnten Schreibens vom 13. März 1991 zu sehen, in dem festgestellt worden sei, diese Beihilfe sei im Rahmen der von der Kommission genehmigten Regionalbeihilferegelung gewährt worden. Daraufhin hat die Klägerin in der Erwiderung erklärt, die Klage beziehe sich weder auf das Schreiben vom 13. März 1991 noch auf irgendeine spätere Bestätigung dieses Schreibens.

17 Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß sich die Klage gegen die Entscheidung NN 12/91 nur insoweit richtet, als sie sich auf andere Beihilfen als die von der spanischen Regierung gewährte Beihilfe bezieht.

18 Da die angegriffene Entscheidung nicht an die Klägerin gerichtet ist, hängt die Zulässigkeit der Klage nach Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag davon ab, ob sie die Klägerin unmittelbar und individuell betrifft.

19 Die Kommission und die spanische Regierung sind der Auffassung, dies sei nicht der Fall und die Klage sei somit unzulässig.

20 Nach ständiger Rechtsprechung sind Personen, an die eine Entscheidung nicht gerichtet ist, nur dann im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 betroffen, wenn die Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteil vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 215).

21 Für die Feststellung, ob es sich im vorliegenden Fall so verhält, ist klarzustellen, worum es in den Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 und Absatz 3 EWG-Vertrag geht.

22 Wie der Gerichtshof im Urteil vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/92 (Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnrn. 11 und 13) hervorgehoben hat, ist zu unterscheiden zwischen der Vorprüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag, die nur dazu dient, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe zu ermöglichen, und der in Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag geregelten Prüfungsphase. Nur im Rahmen dieser Prüfungsphase, die es der Kommission ermöglichen soll, umfassend Kenntnis von allen Gesichtspunkten eines Falles zu erhalten, ist die Kommission nach dem Vertrag verpflichtet, den Betroffenen Gelegenheit zur Äusserung zu geben.

23 Wenn die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten, aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 feststellt, eine Beihilfe sei mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, kann die Einhaltung der genannten Verfahrensgarantien den aus ihnen Berechtigten nur in der Weise gewährleistet werden, daß sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung der Kommission beim Gerichtshof anzufechten.

24 Beteiligt im Sinne des Artikels 93 Absatz 2 EWG-Vertrag sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, d. h. insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände (Urteil vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnr. 16).

25 Im vorliegenden Fall bestreiten Kommission und spanische Regierung zwar, daß die fraglichen Beihilfen erhebliche Wettbewerbsverzerrungen mit sich bringen, aber nicht, daß die Klägerin, die wie die Beihilfeempfängerin GET-Ausrüstungen herstellt, als beteiligtes Unternehmen im Sinne des Artikels 93 Absatz 2 EWG-Vertrag anzusehen ist.

26 Es ist also anzunehmen, daß die Klägerin in dieser Eigenschaft von der Entscheidung NN 12/91 der Kommission unmittelbar und individuell betroffen ist. Sie hat folglich das Recht, die Nichtigerklärung dieser Entscheidung gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag zu beantragen.

Zur Begründetheit

27 Zur Begründung der Klage macht die Klägerin geltend, das Verfahren vor der Kommission sei deswegen fehlerhaft gewesen, weil die angegriffene Entscheidung allein aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag getroffen worden sei, ohne daß das in Artikel 93 Absatz 2 vorgesehene Prüfungsverfahren eröffnet worden wäre. Auch seien die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und der ordnungsgemässen Verwaltung dadurch missachtet worden, daß ihr als Beschwerdeführerin im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag nicht Gelegenheit gegeben worden sei, zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, auf die die Kommission ihre Entscheidung gestützt habe. Schließlich enthalte die Begründung der angegriffenen Entscheidung, der zufolge im Teilbereich Kettenräder und GET-Ausrüstungen keine Überkapazitäten vorhanden seien, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler.

28 Namentlich habe die Kommission das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag einzuhalten, wenn wie im vorliegenden Fall

° über die Vereinbarkeit einer der Kommission nicht gemeldeten Beihilfe zu entscheiden sei;

° die Vereinbarkeit einer Beihilfe aufgrund von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a EWG-Vertrag festgestellt werde;

° die Eröffnung dieses Verfahrens mit Rücksicht darauf gerechtfertigt sei, daß die Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe Schwierigkeiten bereite.

29 Wie der Gerichtshof im Urteil in der Rechtssache Deutschland/Kommission (unter Randnr. 13) festgestellt hat, ist das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 unerläßlich, sobald die Kommission bei der Prüfung, ob ein Beihilfevorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, auf ernste Schwierigkeiten stösst. Die Kommission darf sich für den Erlaß einer positiven Entscheidung über ein Beihilfevorhaben nur dann auf die Vorprüfungsphase des Artikels 93 Absatz 3 beschränken, wenn sie nach einer ersten Prüfung die Überzeugung gewinnen kann, daß dieses Vorhaben vertragskonform ist. Ist die Kommission aufgrund dieser ersten Prüfung jedoch zu der gegenteiligen Schlußfolgerung gelangt oder hat sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen können, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 einzuleiten.

30 Entgegen der Ansicht der Klägerin richtet sich zwar die Verpflichtung zur Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag nicht nach den für die Anmeldung einer Beihilfe geltenden Bedingungen oder nach der zur Anwendung kommenden Vorschrift des Artikels 92 EWG-Vertrag. Die Kommission hat aber unter der Kontrolle des Gerichtshofes nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Falles zu entscheiden, ob wegen der Schwierigkeiten, auf die sie bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt gestossen ist, die Einleitung dieses Verfahrens erforderlich ist.

31 Es ist also zu prüfen, ob im vorliegenden Fall bei den Wertungen, auf die sich die Kommission gestützt hat, und namentlich bei der Feststellung, im Teilbereich der Kettenräder und der GET-Ausrüstungen gebe es keine Überkapazitäten, Schwierigkeiten bestanden haben, die die Eröffnung dieses Verfahrens gerechtfertigt hätten.

32 Auf Fragen des Gerichtshofes hat die Kommission eingeräumt, daß es zu Kettenrädern und GET-Ausrüstungen keine spezifischen Angaben gibt.

33 Die allein vorhandenen Angaben beziehen sich auf den Teilbereich Stahlgießereien, der die Herstellung von Kettenrädern und GET-Ausrüstungen einschließt. In einer die Rahmenregelung für bestimmte, nicht unter den EGKS-Vertrag fallende Stahlbereiche betreffenden Mitteilung 88/C320/03 (ABl. C 320, S. 3) hatte die Kommission festgestellt, im Teilbereich Stahlgießereien gebe es einen Nachfragerückgang und hier seien wegen der schwachen Auslastung der Anlagen weitere Anpassungen notwendig.

34 Nach den Erklärungen der Kommission hat sich seit der Erstellung dieses Schriftstücks, das die Annahme einer Überkapazität in dem fraglichen Teilbereich nahelegte, in den Jahren 1989 und 1990 eine günstige Entwicklung ergeben. Zur Rechtfertigung dieser Beurteilung, gegen die mehrere übereinstimmende, von der Klägerin vorgelegte Schriftstücke sprechen, beruft sich die Kommission auf Statistiken des Ausschusses der europäischen Gießereiverbände (Comité des associations européennes de fonderies ° CÄF).

35 Die Zahlenangaben, die diese Statistiken enthalten, sind nicht umfassend, denn sie beziehen sich nur auf die Erzeugung, den Wert der Erzeugung und die Zahl der Beschäftigten. Sie vermitteln kein Bild von den Produktionskapazitäten, und sie ermöglichen es nicht, diesen die Erzeugung und die Nachfrage auf dem Markt gegenüberzustellen. Ob es eine Überkapazität bei der Produktion gibt, kann also diesen Angaben nicht mit Sicherheit entnommen werden.

36 Die Kommission räumt übrigens in ihren Schriftsätzen und Antworten selbst ein, daß "die Schätzung der Produktionskapazitäten im Bereich der Stahlgießereien nicht einfach ist".

37 Unter diesen Umständen konnte bei Erlaß der angegriffenen Entscheidung den verfügbaren Angaben und Statistiken nicht klar entnommen werden, ob es im Teilbereich der Kettenräder und der GET-Ausrüstungen eine Überkapazität gab. Für diese Feststellung waren vielmehr eine eingehende Untersuchung dieses Teilbereichs und zusätzliche Ermittlungen bei den Unternehmen dieses Teilbereichs notwendig.

38 Daraus folgt, daß die Kommission das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag einleiten musste, wenn sie von der Annahme ausgehen wollte, es gebe in dem fraglichen Teilbereich keine Überkapazität, um nach Einholung aller notwendigen Stellungnahmen zu überprüfen, ob ihre Beurteilung, bei der sich ernste Schwierigkeiten ergeben konnten, zutreffend war.

39 Weil ein solches Verfahren nicht durchgeführt worden ist, ist die Entscheidung NN 12/91 als rechtswidrig anzusehen, soweit sie sich auf andere Beihilfen bezieht als die Pyrsa von der spanischen Regierung gewährte Beihilfe. Ohne daß auf die anderen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe eingegangen werden müsste, ist die genannte Entscheidung also insoweit für nichtig zu erklären.

Kostenentscheidung:

Kosten

40 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

41 Gemäß Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung hat das Königreich Spanien als Streithelfer seine eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die an die spanische Regierung gerichtete und der Klägerin mit Schreiben vom 29. Mai 1991 mitgeteilte Entscheidung NN 12/91 der Kommission, gegen die verschiedenen Pyrsa gewährten staatlichen Beihilfen "keine Einwendungen zu erheben", wird für nichtig erklärt, soweit sie sich auf andere Beihilfen als die von der spanischen Regierung gewährte Beihilfe in Höhe von 975 905 000 PTA bezieht.

2) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens.

3) Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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