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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.01.2004
Aktenzeichen: C-2/01 P
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 81 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Plenum) vom 6. Januar 2004. - Bundesverband der Arzneimittel-Importeure eV und Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bayer AG. - Rechtsmittel - Wettbewerb - Paralleleinfuhren - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Begriff.Vereinbarung zwischen Unternehmen - Beweis für das Vorliegen einer Vereinbarung - Arzneimittelmarkt. - Verbundene Rechtssachen C-2/01 P und C-3/01 P.

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen C-2/01 P und C-3/01 P

Bundesverband der Arzneimittel-Importeure e. V. mit Sitz in Mülheim an der Ruhr (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte U. Zinsmeister und W. A. Rehmann, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführer,

unterstützt durch

European Association of Euro Pharmaceutical Companies (EAEPC) mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Epping und M. Lienemeyer, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner und W. Wils als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt H.-J. Freund, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführer,

unterstützt durch

Königreich Schweden, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

European Association of Euro Pharmaceutical Companies (EAEPC),

Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,

betreffend zwei Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Fünfte erweiterte Kammer) vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-41/96 (Bayer/Kommission, Slg. 2000, II-3383) wegen Aufhebung dieses Urteils,

andere Verfahrensbeteiligte:

Bayer AG mit Sitz in Leverkusen (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Sedemund, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin im ersten Rechtszug,

und

European Federation of Pharmaceutical Industries' Associations, mit Sitz in Genf (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: A. Woodgate, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans und J. N. Cunha Rodrigues, der Richter D. A. O. Edward (Berichterstatter), A. La Pergola, J.P. Puissochet und R. Schintgen, der Richterinnen F. Macken und N. Colneric sowie des Richters S. von Bahr,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 12. November 2002, in der der Bundesverband der Arzneimittel-Importeure e. V. durch Rechtsanwalt W. A. Rehmann, die Kommission durch K. Wiedner im Beistand von Rechtsanwalt H.-J. Freund, die European Association of Euro Pharmaceutical Companies (EAEPC) durch Rechtsanwalt A. Martin-Ehlers, die Bayer AG durch Rechtsanwalt J. Sedemund und die European Federation of Pharmaceutical Industries' Associations durch A. Woodgate vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

22. Mai 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Der Bundesverband der Arzneimittel-Importeure e. V. (BAI) und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften haben mit zwei Rechtsmittelschriften, die am 5. Januar 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-41/96 (Bayer/Kommission, Slg. 2000, II-3383, im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem dieses die Entscheidung 96/478/EG der Kommission vom 10. Januar 1996 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (Sache IV/34.279/F3 - Adalat) (ABl. L 201, S. 1, im Folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt hat.

Entstehungsgeschichte des Rechtsstreits

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

2. Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt wird im angefochtenen Urteil wie folgt dargestellt:

1 Die klagende Bayer AG (im Folgenden: Bayer oder Bayer-Konzern) ist die Muttergesellschaft eines der größten europäischen Chemie- und Pharmakonzerne; sie ist in allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft mit nationalen Tochtergesellschaften vertreten. Sie erzeugt und vermarktet seit vielen Jahren unter dem Warenzeichen Adalat oder Adalate eine Arzneimittelreihe mit dem Wirkstoff Nifedipin, die zur Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen dient.

2 Der Preis von Adalat wird in den meisten Mitgliedstaaten direkt oder indirekt von den nationalen Gesundheitsbehörden festgesetzt. Von 1989 bis 1993 lagen die von den spanischen und französischen Gesundheitsbehörden festgesetzten Preise um durchschnittlich 40 % unter den Preisen im Vereinigten Königreich.

3 Wegen dieser Preisunterschiede begannen Großhändler in Spanien ab 1989, Adalat in das Vereinigte Königreich auszuführen. Ab 1991 taten es ihnen Großhändler in Frankreich gleich. Nach Angaben der Klägerin sanken die Verkäufe von Adalat durch ihre britische Tochtergesellschaft, Bayer UK, von 1989 bis 1993 aufgrund der Parallelimporte um fast die Hälfte, was für die britische Tochtergesellschaft einen Umsatzverlust von 230 Millionen DM und für Bayer einen Ertragsverlust von 100 Millionen DM bedeutet habe.

4 Angesichts dieser Situation änderte der Bayer-Konzern seine Lieferpolitik und begann, die immer größeren Bestellungen der Großhändler in Spanien und Frankreich bei ihren dortigen Tochtergesellschaften nicht mehr in vollem Umfang zu erfüllen. Diese Änderung erfolgte für Bestellungen bei Bayer Spanien im Jahr 1989 und für Bestellungen bei Bayer Frankreich im vierten Quartal 1991.

Die streitige Entscheidung

3. Nach Beschwerden einiger betroffener Großhändler leitete die Kommission ein Verwaltungsverfahren zur Untersuchung etwaiger Verstöße der Tochtergesellschaften von Bayer in Frankreich (im Folgenden: Bayer Frankreich) und in Spanien (im Folgenden: Bayer Spanien) gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) ein. Am 10. Januar 1996 erließ die Kommission die streitige Entscheidung.

4. Nach Ansicht der Kommission haben Bayer Frankreich und Bayer Spanien gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen, indem sie im Rahmen der fortlaufenden Geschäftsbeziehungen dieser beiden Tochtergesellschaften mit ihren jeweiligen Kunden ein Ausfuhrverbot durchgesetzt hätten. Eine solche Vereinbarung stelle eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs dar und beeinträchtige den Handel zwischen den Mitgliedstaaten ebenso spürbar (Randnrn. 155 bis 199 der streitigen Entscheidung).

5. Die Kommission leitete das Vorliegen dieses Ausfuhrverbots im Einzelnen aus ihrer Analyse des Verhaltens von Bayer ab, insbesondere aus der Existenz eines Systems für das Aufspüren exportierender Großhändler sowie aus aufeinander folgenden Reduzierungen der von Bayer Frankreich und Bayer Spanien gelieferten Mengen, wenn die betroffenen Großhändler die Gesamtheit oder einen Teil der ihnen gelieferten Arzneimittel ausführten.

6. Nach den Feststellungen der Kommission war die Lieferung der von Bayer Frankreich und Bayer Spanien genehmigten Mengen von der Einhaltung eines Ausfuhrverbots abhängig. Die Reduzierung der Liefermengen von Bayer Frankreich und Bayer Spanien sei erfolgt je nachdem, wie sich die Großhändler gegenüber diesem Ausfuhrverbot verhalten hätten. Ein Verstoß gegen dieses Verbot hätte für die Großhändler zu einer weiteren automatischen Reduzierung der Arzneimittellieferungen geführt.

7. Im Licht dieser Erwägungen gelangte die Kommission in Randnummer 170 der streitigen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass Bayer Frankreich und Bayer Spanien ihren Großhändlern ständig mit einer Reduzierung der Liefermengen gedroht hätten; diese Drohung sei wiederholt wahr gemacht worden, wenn die Großhändler sich nicht an das Ausfuhrverbot gehalten hätten.

8. Die Kommission vertrat die Ansicht, das Verhalten der Großhändler beweise, dass sie nicht nur verstanden hätten, dass ein Ausfuhrverbot für die gelieferten Waren gegolten habe, sondern darüber hinaus, dass sie ihr Verhalten an dieses Verbot angepasst hätten. Sie hätten so zumindest zum Schein gegenüber Bayer Frankreich und Bayer Spanien deutlich gemacht, dass sie die Bedingung des Ausfuhrverbots, das ihr Lieferant im Rahmen der fortlaufenden Geschäftsbeziehungen zwischen diesen Großhändlern und ihm festgesetzt habe, akzeptiert hätten. Hierzu führte die Kommission in den Randnummern 182 und 183 der streitigen Entscheidung aus:

(182) Die Großhändler verwenden verschiedene Systeme, um beliefert zu werden, insbesondere das System der Aufteilung der Bestellungen für die Ausfuhr auf die verschiedenen Vertretungen... sowie die an andere kleine nicht kontrollierte Großhändler weitergegebenen Bestellungen...; sie haben sich bei der Gestaltung ihrer Bestellungen an die Forderung von Bayer Frankreich und Bayer Spanien angepasst, der zufolge die Ausfuhr des Erzeugnisses untersagt war.

(183) Der Form nach haben die Großhändler bei Bayer Frankreich bzw. Bayer Spanien nur noch für die Deckung ihres inländischen Bedarfs bestellt. Sobald die letzteren dieses Verfahren durchschaut hatten, haben die Großhändler begonnen, die ihnen auferlegten nationalen Quoten einzuhalten. Durch Verhandeln haben sie jedoch versucht, diese Quoten soweit wie möglich zu erhöhen, wobei sie sich der von Bayer Frankreich und Bayer Spanien gemachten Vorgabe unterworfen und sich strikt an die für die Versorgung des nationalen Marktes als normal angesehenen Zahlen gehalten haben.

9. Die Kommission zog daraus in Randnummer 184 der streitigen Entscheidung den Schluss, dass dieses Verhalten deutlich mache, dass die Großhändler das im Rahmen der fortlaufenden Geschäftsbeziehungen zwischen Bayer Frankreich und Bayer Spanien und deren Großhändlern bestehende Exportverbot akzeptiert hätten. Somit liege eine Vereinbarung im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages vor.

10. Dementsprechend stellte die Kommission in Artikel 1 der streitigen Entscheidung fest: Das Verbot, die Erzeugnisse Adalate und Adalate 20 mg LP aus Frankreich und die Erzeugnisse Adalat und Adalat-Retard aus Spanien nach anderen Mitgliedstaaten zu exportieren, das im Rahmen der fortlaufenden Geschäftsbeziehungen seit 1991 zwischen Bayer Frankreich und seinen Großhändlern und seit mindestens 1989 zwischen Bayer Spanien und seinen Großhändlern vereinbart ist, stellt einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages seitens der Bayer AG dar.

11. Nach Artikel 2 der streitigen Entscheidung musste Bayer

den in Artikel 1 festgestellten Verstoß abstellen und insbesondere

- binnen zweier Monate nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung ihren Großhändlern in Frankreich und in Spanien ein Rundschreiben des Inhalts zustellen, dass Ausfuhren nach anderen Mitgliedstaaten gestattet sind und keinerlei Sanktionen nach sich ziehen,

- diese Klarstellung binnen zweier Monate nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung in die allgemeinen Verkaufsbedingungen für Frankreich und Spanien aufnehmen.

12. In Artikel 3 der streitigen Entscheidung wurde gegen Bayer eine Geldbuße in Höhe von 3 000 000 ECU verhängt, und in Artikel 4 dieser Entscheidung wird ein Zwangsgeld in Höhe von 1 000 ECU für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung der in Artikel 2 dieser Entscheidung genannten Verpflichtungen mit Ablauf der für deren Durchführung vorgesehenen Frist von zwei Monaten festgesetzt.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

13. Bayer erhob mit Klageschrift, die am 22. März 1996 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen wurde, stellte sie einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs von Artikel 2 dieser Entscheidung. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 3. Juni 1996 wurde der Vollzug ausgesetzt; die Kostenentscheidung blieb vorbehalten.

14. Am 1. August 1996 beantragte ein deutscher Verband von Arzneimittelimporteuren, der BAI, die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission. Am 26. August 1996 beantragte die European Federation of Pharmaceutical Industries' Associations (EFPIA), ein europäischer Wirtschaftsverband, der die Interessen von sechzehn nationalen Wirtschaftsverbänden des Arzneimittelsektors vertritt, die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge von Bayer. Mit Beschlüssen vom 8. November 1996 ließ der Präsident der Fünften erweiterten Kammer des Gerichts die beiden Antragsteller als Streithelfer zu.

15. Auf Bericht des Berichterstatters beschloss das Gericht, die mündliche Verhandlung zu eröffnen und im Rahmen der in Artikel 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen schriftlich eine Reihe von Fragen an Bayer und die Kommission zu stellen, die diese in der Sitzung beantworten sollten. Die Beteiligten verhandelten in der Sitzung vom 28. Oktober 1999 mündlich und beantworteten die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts.

16. Mit dem angefochtenen Urteil erklärte das Gericht die streitige Entscheidung für nichtig und legte der Kommission die Bayer entstandenen Kosten auf mit der Begründung, die Kommission habe den vorliegenden Sachverhalt falsch beurteilt und bei seiner rechtlichen Würdigung einen Fehler begangen, indem sie eine Willensübereinstimmung zwischen Bayer und den in dieser Entscheidung genannten Großhändlern als erwiesen angesehen habe, aus der auf die Existenz einer zur Verhinderung oder Begrenzung der Ausfuhren von Adalat aus Frankreich und Spanien in das Vereinigte Königreich dienenden Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages habe geschlossen werden können.

17. Das Gericht gelangte zu diesem Ergebnis, nachdem es zunächst in den Randnummern 66 bis 72 des angefochtenen Urteils die Rechtsprechung zum Begriff Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages und insbesondere zu der Frage, ob eine solche Vereinbarung bei scheinbar einseitigem Verhalten des Herstellers angenommen werden kann, zusammengefasst hatte. Es führte hierzu u. a. aus, dass eine Entscheidung eines Herstellers, die ein einseitiges Verhalten des Unternehmens darstellt, nicht unter das Verbot in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages [fällt] (Randnr. 66). Ferner seien die Fälle, in denen ein Unternehmen eine wirklich einseitige Maßnahme trifft, d. h. ohne ausdrückliche oder stillschweigende Mitwirkung eines anderen Unternehmens tätig wird, von denen zu unterscheiden sind, in denen nur scheinbar Einseitigkeit vorliegt. Während Erstere nicht unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fallen, sind Letztere als Vereinbarung zwischen Unternehmen anzusehen und können daher in den Anwendungsbereich dieses Artikels gehören. Dies ist u. a. bei wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen und Maßnahmen der Fall, die vom Hersteller scheinbar einseitig im Rahmen seiner vertraglichen Beziehungen zu Wiederverkäufern getroffen werden, jedoch deren zumindest stillschweigende Zustimmung finden (Randnr. 71).

18. In diesem Zusammenhang und angesichts der Einlassung von Bayer, dass sie eine einseitige Politik zur Verringerung der Parallelimporte eingeführt, jedoch weder ein Ausfuhrverbot vorgesehen noch durchgesetzt habe, vertrat das Gericht die Auffassung, unter diesen Umständen sei zur Klärung der Frage, ob die Kommission das Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen den Parteien über die Begrenzung der Parallelimporte rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, zu prüfen, ob die Kommission - wie [Bayer] geltend macht - den jeweiligen Willen von Bayer und den Großhändlern falsch bewertet hat (Randnr. 77 des angefochtenen Urteils).

19. So führte das Gericht zum angeblichen Willen von Bayer, ein Ausfuhrverbot durchzusetzen, in Randnummer 109 des angefochtenen Urteils aus, dass die Kommission weder rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass Bayer Frankreich und Bayer Spanien ihren jeweiligen Großhändlern ein Ausfuhrverbot auferlegt haben, noch, dass Bayer eine systematische Kontrolle des tatsächlichen Endbestimmungslandes der nach der Einführung ihrer neuen Lieferpolitik gelieferten Adalat-Packunge n vorgenommen, exportierende Großhändler bedroht und mit Sanktionen belegt oder die Lieferungen von Adalat von der Einhaltung des angeblichen Ausfuhrverbots abhängig gemacht hat. Aus den in der streitigen Entscheidung wiedergegebenen Unterlagen gehe auch nicht hervor, dass Bayer versucht hätte, mit den Großhändlern eine Vereinbarung über die Umsetzung ihrer auf die Verringerung der Parallelimporte gerichteten Politik zu erzielen. Die von der Kommission herangezogenen Dokumente ergäben keinen Beweis für die Behauptung, dass Bayer ihre Lieferpolitik bei jedem Großhändler von dessen tatsächlichem Verhalten in Bezug auf das Endbestimmungsland der gelieferten Erzeugnisse abhängig gemacht habe.

20. Anschließend prüfte das Gericht in den Randnummern 111 bis 157 des angefochtenen Urteils im Rahmen der Untersuchung, ob eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages vorliegt, die Einstellung und das tatsächliche Verhalten der Großhändler. Es gelangte zunächst zu dem Ergebnis, dass die Feststellung der Kommission, wonach die Großhändler sich dem angeblichen Ausfuhrverbot angeschlossen hätten, insbesondere deshalb nicht stichhaltig sei, weil die Kommission weder rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass Bayer ihren Großhändlern ein Ausfuhrverbot auferlegt habe, noch, dass die Lieferungen von der Einhaltung dieses angeblichen Ausfuhrverbots abhängig gemacht worden seien (Randnrn. 119 bis 122 des angefochtenen Urteils).

21. Dementsprechend prüfte das Gericht die Frage, ob die Kommission angesichts des tatsächlichen Verhaltens der Großhändler nach der Einführung der neuen Politik von Lieferbeschränkungen durch Bayer auf eine Zustimmung der Großhändler zu dieser Politik schließen durfte (Randnr. 124). Nach Untersuchung der in der streitigen Entscheidung angeführten Dokumente führte es Folgendes aus:

151 Aus der Prüfung der Einstellung und des tatsächlichen Verhaltens der Großhändler folgt, dass die Behauptung der Kommission, sie hätten sich der auf die Verringerung der Parallelimporte abzielenden Politik [von Bayer] angeschlossen, der Grundlage entbehrt.

152 Das Argument, die betreffenden Großhändler hätten ihre Bestellungen auf einen bestimmten Umfang herabgesetzt, um bei Bayer den Eindruck zu erwecken, deren erklärtem Willen folgend nur den Bedarf ihres herkömmlichen Marktes zu decken, und sie seien so vorgegangen, um Sanktionen von Bayer zu vermeiden, ist zurückzuweisen, da die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass [Bayer] von den Großhändlern ein bestimmtes Verhalten in Bezug auf das Bestimmungsland bei Ausfuhren der gelieferten Adalat-Packungen verlangte oder mit ihnen aushandelte und dass sie die exportierenden Großhändler mit Sanktionen belegte oder ihnen damit drohte.

153 Aus den gleichen Gründen kann die Kommission weder behaupten, dass Bayer die Verringerung der Bestellungen nur als Zeichen der Erfüllung ihrer Forderungen durch die Großhändler habe auffassen können, noch geltend machen, dass sich die Großhändler, weil sie den Forderungen [von Bayer] nachgekommen seien, zusätzliche zur Ausfuhr bestimmte Mengen bei anderen Großhändlern hätten beschaffen müssen, die in den Augen der Klägerin unverdächtig gewesen und deren höhere Bestellungen deshalb ohne weiteres erfüllt worden seien.

154 Aus den oben geprüften Randnummern der [streitigen] Entscheidung geht zudem klar hervor, dass die Großhändler weiterhin versuchten, Adalat-Packungen für die Ausfuhr zu erlangen, und diese Aktivitäten fortsetzten, auch wenn sie es dabei für sinnvoller hielten, verschiedene Systeme zur Belieferung zu nutzen, und zwar zum einen das System der Aufteilung der zur Ausfuhr bestimmten Bestellungen auf verschiedene Vertretungen und zum anderen das System der indirekten Aufgabe der Bestellungen über kleine Großhändler. Unter diesen Umständen kann die Tatsache, dass die Großhändler ihre Bestellpolitik geändert und verschiedene Systeme zur Aufteilung oder Diversifikation der Bestellungen durch indirekte Aufgabe eingeführt haben, weder als Beweis für ihren Willen, Bayer zufrieden zu stellen, noch als Antwort auf ein Verlangen oder Ersuchen von Bayer verstanden werden. Diese Tatsache kann vielmehr als Beleg für die Entschlossenheit der Großhändler angesehen werden, die Parallelexporte von Adalat fortzusetzen.

155 Mangels eines Beweises dafür, dass [Bayer] von den Großhändlern ein bestimmtes Verhalten in Bezug auf Ausfuhren der gelieferten Adalat-Packungen verlangte, ist deren angebliche Zustimmung dadurch als widerlegt anzusehen, dass sie Maßnahmen ergriffen, um zusätzliche Mengen zu erhalten. Aus den gleichen Gründen ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, unter den Umständen des vorliegenden Falles sei es normal, dass einige Großhändler versucht hätten, auf Umwegen zusätzliche Lieferungen zu erhalten, da sie sich gegenüber Bayer hätten verpflichten müssen, nicht zu exportieren und folglich geringere, nicht für den Export geeignete Mengen zu bestellen.

156 Schließlich hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die Großhändler die Ziele von Bayer verfolgen oder ihr dies vorspiegeln wollten. Die vorstehend geprüften Unterlagen zeigen vielmehr, dass das Verhalten der Großhändler auf die Umgehung der neuen Politik von Bayer abzielte, die Lieferungen auf den Umfang herkömmlicher Bestellungen zu beschränken.

157 Die Kommission hat daher zu Unrecht die Ansicht vertreten, dass das tatsächliche Verhalten der Großhändler ihre Zustimmung zu der auf die Verhinderung von Parallelimporten gerichteten Politik [von Bayer] rechtlich hinreichend beweise.

22. Schließlich ging das Gericht auf die Rechtsprechung ein, auf die sich die Kommission für das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages im vorliegenden Fall berufen hatte, und gelangte in Randnummer 171 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis, dass die Kommission sich nicht auf diese Präjudizien stützen könne, um die Analyse zu entkräften, aus der das Gericht geschlossen habe, dass im vorliegenden Fall die Zustimmung der Großhändler zur neuen Politik von Bayer nicht erwiesen sei und dass die Kommission folglich die Existenz einer solchen Vereinbarung nicht dargetan habe.

23. Zum Urteil vom 11. Januar 1990 in der Rechtssache C-277/87 (Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission, Slg. 1990, I-45) führte das Gericht Folgendes aus:

161 Diese Rechtssache betraf das Vorgehen der Kommission gegen eine Tochtergesellschaft des multinationalen pharmazeutischen Unternehmens Sandoz wegen der Aufnahme des ausdrücklichen Vermerks Ausfuhr verboten in ihre den Kunden (Großhändler, Apotheken und Krankenhäuser) übersandten Rechnungen. Sandoz hatte nicht bestritten, dass sich dieser Vermerk auf ihren Rechnungen befand, aber das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages in Abrede gestellt. Der Gerichtshof wies die Klage ab, nachdem er auf alle Argumente der Klägerin eingegangen war. Seines Erachtens stellte die Übersendung der Rechnungen mit dem genannten Vermerk kein einseitiges Verhalten dar, sondern fügte sich in den allgemeinen Rahmen der Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden ein. Er kam nach Prüfung der Vorgehensweise des Unternehmens vor der Zulassung eines neuen Kunden zum Vertrieb seiner Produkte und unter Berücksichtigung der wiederholten, einheitlichen und systematischen Praktiken bei jedem Verkaufsvorgang zu diesem Ergebnis (Randnr. 10 des Urteils). In diesem Stadium seiner Erwägungen (Randnr. 11) ging der Gerichtshof wie folgt auf die Frage der Zustimmung der Geschäftspartner zu dem in der Rechnung erwähnten Ausfuhrverbot ein:

Zudem wurde den Kunden von Sandoz PF nach jeder einzelnen Bestellung oder nach der Lieferung der Erzeugnisse das Gleiche Rechnungsformular übersandt. Die wiederholten Bestellungen von Erzeugnissen und die anschließende widerspruchslose Zahlung der in den Rechnungen, die den Vermerk Ausfuhr verboten trugen, angegebenen Preise durch den Kunden stellten dessen stillschweigende Zustimmung zu den in die Rechnung aufgenommenen Klauseln und zur Art der den Geschäftsbeziehungen zwischen Sandoz PF und ihrer Kundschaft zugrunde liegenden wirtschaftlichen Bindungen dar. Die ursprüngliche Zulassung durch Sandoz PF beruhte somit auf der stillschweigenden Einwilligung der Kunden zum Verhalten von Sandoz PF ihnen gegenüber.

162 Erst nach diesen Feststellungen kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Kommission zu der Annahme berechtigt war, dass die gesamten fortlaufenden Geschäftsbeziehungen zwischen Sandoz PF und ihren Kunden, deren Bestandteil die Klausel Ausfuhr verboten war, einer im Voraus getroffenen allgemeinen Vereinbarung unterlagen, die für die zahllosen Einzelbestellungen von Sandoz-Erzeugnissen galt. Eine solche Vereinbarung fällt unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages.

163 Die beiden Rechtssachen ähneln sich zwar darin, dass sie das Verhalten pharmazeutischer Konzerne betreffen, die Parallelimporte von Arzneimitteln verhindern wollen, doch die sie kennzeichnenden konkreten Umstände weichen stark voneinander ab. Erstens hatte der Hersteller in der Rechtssache Sandoz [prodotti farmaceutici/Kommission] im Gegensatz zum vorliegenden Fall in alle seine Rechnungen ausdrücklich eine wettbewerbsbeschränkende Klausel aufgenommen, die, da sie immer wieder in den Schriftstücken aller Geschäftsvorgänge auftauchte, Bestandteil der vertraglichen Beziehungen zwischen ihm und seinen Großhändlern war. Zweitens zeigte deren tatsächliches Verhalten in Bezug auf die Klausel, an die sie sich de facto widerspruchslos hielten, dass sie ihr und der Art der zugrunde liegenden Geschäftsbeziehungen stillschweigend zustimmten. Der Sachverhalt des vorliegenden Falles weist dagegen keinen der beiden Hauptumstände der Rechtssache Sandoz [prodotti farmaceutici/Kommission] auf; es gibt weder eine förmliche Ausfuhrverbotsklausel noch deren formale oder tatsächliche Hinnahme oder Billigung.

24. Zum gleichfalls von der Kommission herangezogenen Urteil vom 8. Februar 1990 in der Rechtssache C-279/87 (Tipp-Ex/Kommission, Slg. 1990, I-261), mit dem der Gerichtshof deren Entscheidung zur Ahndung einer Vereinbarung zur Verhinderung von Ausfuhren bestätigt hatte, obwohl es im Gegensatz zu der Rechtssache Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission keine schriftliche Festlegung des Ausfuhrverbots gab, führte das Gericht aus:

165 In dieser Rechtssache ging es um einen Alleinvertriebsvertrag zwischen Tipp-Ex und ihrem französischen Vertriebshändler DMI, der der Forderung des Herstellers nachgekommen war, die einem Kunden abverlangten Preise so weit anzuheben, dass ihm jedes wirtschaftliche Interesse an Parallelimporten genommen wurde. Zudem war erwiesen, dass der Hersteller nachträgliche Kontrollen vornahm, um den Alleinvertriebshändler zu veranlassen, sich auch tatsächlich so zu verhalten (Randnr. 58 der Entscheidung 87/406/EWG der Kommission vom 10. Juli 1987 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag [ABl. L 222, S. 1]). Die Randnummern 18 bis 21 des Urteils zeigen die vom Gerichtshof angestellten Erwägungen, der nach der Feststellung des Vorliegens einer mündlichen Alleinvertriebsvereinbarung für Frankreich zwischen Tipp-Ex und DMI und nach der Schilderung des wesentlichen Sachverhalts die Reaktion und damit das Verhalten des Vertriebshändlers im Anschluss an die Drohung des Herstellers mit Sanktionen prüfen wollte. Der Gerichtshof stellte fest, dass der Vertriebshändler mit einer 10- bis 20%igen Anhebung der Preise [reagierte], die [er] ausschließlich der Firma ISA France eingeräumt hatte. Nachdem diese das ganze Jahr 1980 über den Bezug von der Firma DMI eingestellt hatte, weigerte sich diese Anfang 1981, die Firma ISA France selbst und direkt mit Tipp-Ex-Produkten zu beliefern. Erst nach diesen Feststellungen zum Verhalten des Herstellers und des Vertriebshändlers kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages vorlag: Es steht somit fest, dass die Firma DMI dem Verlangen der Klägerin nachgekommen ist, keine Ware an Kunden abzugeben, die Tipp-Ex-Produkte in andere Mitgliedstaaten weiterverkaufen (Randnr. 21 des Urteils).

166 Folglich bestand in der Rechtssache, die zum Urteil Tipp-Ex/Kommission führte, im Gegensatz zum vorliegenden Fall kein Zweifel daran, dass die Politik der Verhinderung von Parallelexporten vom Hersteller unter Mitwirkung der Vertriebshändler durchgeführt worden war. Wie in dem Urteil ausgeführt wird, kam dieser Wille bereits in den mündlichen und schriftlichen Verträgen zwischen den Parteien zum Ausdruck (vgl. Randnrn. 19 und 20 des Urteils für den Vertriebshändler DMI und Randnrn. 22 und 23 für den Vertriebshändler Beiersdorf), und wenn es noch gewisse Zweifel gegeben haben sollte, so zeigte die Analyse des Verhaltens der vom Hersteller unter Druck gesetzten Vertriebshändler eindeutig, dass sie die wettbewerbsbeschränkenden Absichten von Tipp-Ex billigten. Die Kommission hatte nicht nur nachgewiesen, dass die Vertriebshändler auf die Drohungen und Pressionen des Herstellers reagiert hatten, sondern auch, dass zumindest einer von ihnen dem Hersteller die Beweise für seine Mitwirkung übersandt hatte. Schließlich weist die Kommission im vorliegenden Fall selbst darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Tipp-Ex/Kommission zur Prüfung des Vorliegens einer Vereinbarung die Reaktion der Vertriebshändler auf das gegen die Parallelexporte gerichtete Verhalten des Herstellers analysiert und aus der Reaktion des Vertriebshändlers geschlossen habe, dass es zwischen ihm und Tipp-Ex eine Vereinbarung über die Verhinderung der Parallelexporte geben müsse.

167 Dieses Urteil bestätigt somit ebenso wie das Urteil Sandoz [prodotti farmaceutici/Kommission] nur die Rechtsprechung, nach der anscheinend einseitige Verhaltensweisen eines Herstellers nur dann Grundlage einer Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages sein können, wenn das spätere Verhalten der Großhändler oder Kunden als de-facto-Zustimmung ausgelegt werden kann. Da diese Voraussetzung hier nicht erfüllt ist, kann sich die Kommission nicht auf die angebliche Ähnlichkeit beider Rechtssachen berufen, um ihre These der Existenz einer Zustimmung in der vorliegenden Rechtssache zu untermauern.

25. Zu den Urteilen vom 25. Oktober 1983 in der Rechtssache 107/82 (AEG/Kommission, Slg. 1983, 3151) und vom 17. September 1985 in den Rechtssachen 25/84 und 26/84 (Ford-Werke und Ford of Europe/Kommission, Slg. 1985, 2725) stellte das Gericht fest:

170 Im Urteil AEG/Kommission, in dem der Wille des Herstellers und der Vertriebshändler nicht offensichtlich war und in dem sich die Klägerin ausdrücklich auf den einseitigen Charakter ihres Verhaltens berief, vertrat der Gerichtshof die Ansicht, dass im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems eine Praxis, bei der der Hersteller in der Absicht, ein hohes Preisniveau aufrechtzuerhalten oder bestimmte moderne Vertriebsarten auszuschließen, Händlern, die den qualitativen Anforderungen der Vertriebsbindung genügen, die Zulassung verweigert, keine einseitige Handlung des Unternehmens dar[stellt], die sich, wie AEG meint, dem Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag entzieht. [Sie] fügt sich vielmehr in die vertraglichen Beziehungen ein, die das Unternehmen mit seinen Wiederverkäufern unterhält (Randnr. 38). Anschließend legte der Gerichtshof Wert darauf, mit folgenden Ausführungen die Zustimmung der Vertriebshändler festzustellen: Denn im Fall der Aufnahme eines Händlers in die Vertriebsbindung gründet sich die Zulassung darauf, dass die Vertragsparteien die von AEG verfolgte Politik, nach der unter anderem Händler, die die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, aber nicht bereit sind, dieser Politik zuzustimmen, vom Händlernetz ausgeschlossen werden, ausdrücklich oder stillschweigend akzeptieren (Randnr. 38). Diese Vorgehensweise wurde in den übrigen vom Gerichtshof entschiedenen Fällen selektiver Vertriebsbindung bestätigt (vgl. die Urteile Ford/Kommission, Randnr. 21, [vom 22. Oktober 1986 in der Rechtssache 75/84, Metro/Kommission, Metro II, Slg. 1986, 3021], Randnrn. 72 und 73, und [vom 24. Oktober 1995 in der Rechtssache C-70/93,] Bayerische Motorenwerke [Slg. 1995, I-3439], Randnrn. 16 und 17).

26. Zum Urteil vom 12. Juli 1979 in den Rechtssachen 32/78 und 36/78 bis 82/78 (BMW Belgium u. a./Kommission, Slg. 1979, 2435) führte das Gericht aus:

169 Im Urteil BMW Belgium u. a./Kommission prüfte der Gerichtshof zur Klärung der Frage, ob eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zwischen BMW Belgium und ihren belgischen Vertragshändlern vorlag, die Handlungen, aus denen sich das Vorliegen einer Vereinbarung ergeben konnte - konkret waren dies Rundschreiben an die belgischen Vertragshändler -, sowohl unter Berücksichtigung ihres Inhalts als auch des tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem sie zu sehen sind, und des Verhaltens der Parteien und kam zu dem Ergebnis, dass sich die fraglichen Rundschreiben als Äußerung des Willens darstellen, jegliche Ausfuhr neuer BMW-Fahrzeuge aus Belgien zu unterbinden (Randnr. 28). Er fügte hinzu: Durch Versendung dieser Rundschreiben an alle belgischen Vertragshändler förderte BMW Belgium den Abschluss von Vereinbarungen mit diesen Händlern, die auf die völlige Einstellung dieser Exporte abzielten (Randnr. 29). Aus Randnummer 30 des Urteils geht hervor, dass der Gerichtshof Wert darauf legte, das Vorliegen einer Zustimmung der Vertragshändler zu bestätigen.

27. Im Übrigen wies das Gericht in den Randnummern 173 bis 181 des angefochtenen Urteils die These der Kommission zurück, die bloße Feststellung der Tatsache, dass die Großhändler ihre Geschäftsbeziehungen zu Bayer nicht abgebrochen hätten, nachdem diese ihre neue Politik zur Einschränkung der Ausfuhren betrieben habe, erlaube es ihr, das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages als erwiesen anzusehen. Der Beweis für eine Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmung müsse vielmehr, so das Gericht, auf der direkten oder indirekten Feststellung des subjektiven Elements beruhen, das den Begriff der Vereinbarung kennzeichne, d. h. einer Willensübereinstimmung zwischen Wirtschaftsteilnehmern.

28. Im Einzelnen warf das Gericht der Kommission in den Randnummern 179 bis 182 des angefochtenen Urteils vor, sie habe versucht, den Anwendungsbereich der im Dritten Teil Titel VI Kapitel 1 Abschnitt 1 des Vertrages enthaltenen Vorschriften für Unternehmen zu erweitern.

29. Dementsprechend erklärte das Gericht die streitige Entscheidung für nichtig, ohne die von Bayer hilfsweise angeführten Klagegründe der fehlerhaften Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auf Verhaltensweisen, die nach Artikel 47 der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassungen der Verträge (ABl. 1985, L 302, S. 23) rechtmäßig seien, und einer fehlerhaften Anwendung von Artikel 15 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), bei der Verhängung einer Geldbuße gegen Bayer zu prüfen.

Verfahren und Anträge der Beteiligten

30. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 28. März 2001 sind die Rechtssachen C-2/01 P und C-3/01 P zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

31. Am 9. April 2001 hat die European Association of Euro Pharmaceutical Companies (EAEPC), ein europäischer Verband, der die Interessen von europäischen pharmazeutischen Unternehmen vertritt, beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des BAI und der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 26. September 2001 hat der Präsident des Gerichtshofes die EAEPC als Streithelferin zugelassen.

32. Am 23. April 2001 hat das Königreich Schweden beantragt, gemäß Artikel 37 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 25. Juni 2001 hat der Präsident des Gerichtshofes das Königreich Schweden als Streithelfer zugelassen.

33. Der BAI beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben und die von Bayer im ersten Rechtszug gestellten Anträge zurückzuweisen;

- hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen;

- Bayer die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten, die dem BAI aufgrund seines Streitbeitritts im ersten Rechtszug entstanden sind, aufzuerlegen.

34. Die Kommission beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben und die von Bayer gegen die streitige Entscheidung erhobene Klage abzuweisen;

- Bayer als Rechtsmittelgegnerin und Klägerin die Kosten der Verfahren beim Gerichtshof und beim Gericht aufzuerlegen.

35. Bayer, Klägerin im ersten Rechtszug, beantragt,

- das Rechtsmittel der Kommission insgesamt zurückzuweisen;

- der Kommission die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

36. Die EFPIA, Streithelferin zur Unterstützung der von Bayer im ersten Rechtszug gestellten Anträge beantragt,

- das Rechtsmittel der Kommission und des BAI zurückzuweisen;

- der Kommission die der EFPIA entstandenen Kosten aufzuerlegen.

37. Das Königreich Schweden, Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission, beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

38. Die EAEPC, Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des BAI und der Kommission, beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben und die von Bayer im ersten Rechtszug gestellten Anträge zurückzuweisen;

- hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen;

- Bayer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zusammenfassung des Vorbringens der Beteiligten

39. Der BAI stützt sein Rechtsmittel auf drei Rechtsmittelgründe, und zwar erstens auf eine unvollständige Berücksichtigung des Sachverhalts, auf dem die streitige Entscheidung gründet, zweitens auf eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Gericht unter Verstoß gegen die Beweislastregeln und drittens auf einen Rechtsfehler in Bezug auf die rechtlichen Kriterien für die Feststellung des Vorliegens einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages.

40. Die Kommission beanstandet zunächst allgemein die einschränkende Sichtweise des Gerichts bei der Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auf Ausfuhrbeschränkungen und trägt sodann fünf konkretere Rechtsmittelgründe vor, mit denen sie im Wesentlichen eine zu enge Auslegung des Begriffes Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmung, einen Rechtsfehler bei deren Anwendung und eine Verfälschung von Beweismitteln rügt.

41. Mit dem Vorbringen zur rechtlichen Würdigung des Begriffes Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages durch das Gericht wird allgemein die Frage aufgeworfen, ob das Gericht diese Bestimmung übermäßig eng ausgelegt hat, indem es ausgeschlossen hat, dass bei einem Sachverhalt wie dem der vorliegenden Rechtssache der Abschluss einer Vereinbarung angenommen werden kann, die ein Ausfuhrverbot enthält.

Vorbemerkung

42. Vor einer Prüfung der Rechtsmittelgründe ist hervorzuheben, dass sich die Kommission in der streitigen Entscheidung strikt auf die Prüfung eines einzigen Beschwerdepunktes beschränkt hat, nämlich des Vorliegens einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zwischen Bayer und ihren Großhändlern, und zwar im Rahmen eines durch Bezugnahme auf die wichtigsten therapeutischen Indikationen des fraglichen Erzeugnisses, Adalat, bestimmten Marktes. Es geht somit im vorliegenden Verfahren weder um die eventuelle Anwendung anderer Tatbestände des Artikels 85 oder des Artikels 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) noch um andere mögliche Abgrenzungen des maßgebenden Marktes.

Zu den Rechtsmittelgründen betreffend die Tatsachenfeststellungen

43. Sowohl der BAI als auch die Kommission beanstanden die im angefochtenen Urteil getroffenen Tatsachenfeststellungen und tragen vor, das Gericht habe die Tatsachen unvollständig berücksichtigt, auf die sich die Kommission hinsichtlich der von Bayer angeblich durchgeführten Kontrollen des Endbestimmungslandes der gelieferten Erzeugnisse bzw. des Willens der Großhändler gestützt habe, Bayer vorzuspiegeln, sie würden künftig nur noch für den Bedarf ihres nationalen Marktes bestellen.

Zu den von Bayer angeblich durchgeführten Kontrollen

Vorbringen der Beteiligten

44. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund beanstandet der BAI die vom Gericht in Randnummer 109 des angefochtenen Urteils vorgenommene Würdigung als unzutreffend, wonach die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass Bayer eine Kontrolle des Endbestimmungslandes der an spanische und französische Großhändler gelieferten Erzeugnisse eingeführt habe. Das Gericht sei folglich zu einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung gelangt, da es bei seiner Schlussfolgerung, es liege keine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages vor, relevanten Akteninhalt außer Acht gelassen habe.

45. Gestützt auf den Wortlaut der Unterlagen, auf die die Kommission in den Randnummern 140 und 80 der streitigen Entscheidung Bezug nimmt, trägt der BAI vor, dass es Bayer gelungen sei, anhand der Seriennummern von im Vereinigten Königreich aufgefundenen Chargen den Weg zu den spanischen Großhändlern zurückzuverfolgen. Entgegen der Würdigung durch das Gericht gehe aus diesen Unterlagen hervor, dass es zu solchen Kontrollen, wenn auch nur bei einer begrenzten Zahl von Chargen, gekommen sei.

46. Sowohl Bayer als auch die EFPIA weisen diesen Rechtsmittelgrund als unzulässig zurück, da er nur darauf gerichtet sei, die vom Gericht vorgenommene Sachverhaltswürdigung (in den Randnrn. 105, 108 und 109 des angefochtenen Urteils) zu beanstanden. Bayer führt aus, dass dieser Rechtsmittelgrund auf einer unzutreffenden Sachverhaltsdarstellung beruhe, da die Seriennummern, selbst wenn sie zu den exportierenden Großhändlern führen könnten, kein Beweis dafür seien, dass solche Kontrollen tatsächlich stattgefunden hätten. Auf jeden Fall bestreitet sie, dass es die Seriennummern ermöglichten, bestimmte Wirtschaftsteilnehmer zu individualisieren, da normalerweise auf den einer Mehrheit von Großhändlern gelieferten Packungen jeweils ein und dieselbe Nummer vermerkt sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

47. Nach Artikel 225 EG und Artikel 58 der Satzung des Gerichtshofes, wonach das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist, ist für die Feststellung der Tatsachen - sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass die Feststellungen tatsächlich falsch sind - und für ihre Würdigung - sofern die Beweismittel nicht verfälscht werden - allein das Gericht zuständig. Hat das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt, ist der Gerichtshof gemäß Artikel 225 EG nur zu einer Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der rechtlichen Folgen befugt, die das Gericht daraus abgeleitet hat (Urteil vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C-7/95 P, Deere/Kommission, Slg. 1998, I-3111, Randnr. 21).

48. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund rügt der BAI aber nur die Würdigung der Tatsachen durch das Gericht und insbesondere den Umstand, dass es unter Berücksichtigung der in der streitigen Entscheidung genannten Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt sei, die Kommission habe nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Bayer eine systematische Kontrolle des Endbestimmungslandes der nach der Einführung ihrer neuen Lieferpolitik für Arzneimittel den Großhändlern gelieferten Adalat-Packungen vorgenommen habe. Daher ist die von Bayer und der EFPIA erhobene Einrede der Unzulässigkeit begründet, und der erste Rechtsmittelgrund des BAI ist zurückzuweisen.

Zum Willen der Großhändler, Bayer vorzuspiegeln, sie würden künftig nur noch für den Bedarf ihres nationalen Marktes bestellen

Vorbringen der Beteiligten

49. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund trägt die Kommission vor, das Gericht habe bestimmte vorhandene Beweismittel nicht berücksichtigt oder habe sie verfälscht, als es in Randnummer 126 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, aus den von der Kommission in der streitigen Entscheidung herangezogenen Unterlagen ergebe sich nicht, dass die Großhändler bei Bayer den Eindruck hätten erwecken wollen, sie befolgten deren neue Geschäftspolitik.

50. Das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass die lokalen Vertretungen der Großhändler, zwischen denen die zur Ausfuhr bestimmten Bestellungen aufgeteilt worden seien, um Diskretion gebeten worden seien, nachdem Bayer Frankreich sich geweigert habe, offen für die Ausfuhr aufgegebene Bestellungen auszuführen; außerdem habe das Gericht unberücksichtigt gelassen, dass diese Aufteilung der gewünschten Mengen auf die lokalen Vertretungen keinen anderen Sinn habe haben können, als Bayer über ihre Ausfuhrabsichten zu täuschen.

51. Die Kommission betont ferner sowohl den Willen der Großhändler, Bayer über den Bedarf ihres nationalen Marktes zu täuschen, wie es die in der streitigen Entscheidung genannten Schriftstücke zeigten, als auch die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens, da einerseits die Großhändler weiterhin die Arzneimittel hätten ausführen wollen und andererseits Bayer die Politik verfolgt habe, diese nur für den Bedarf dieses Marktes zu liefern.

52. Bayer und die EFPIA entgegnen, dass die Rüge des angeblichen Versäumnisses, bestimmte Beweismittel zu berücksichtigen, ohne weiteres zurückzuweisen sei, da das Gericht in dem angefochtenen Urteil sämtliche von der Kommission in der streitigen Entscheidung genannten Unterlagen eingehend geprüft und berücksichtigt habe und dieser Rechtsmittelgrund daher nur gegen die Tatsachenfeststellungen des Gerichts gerichtet sei. Zur Rüge einer angeblichen Verfälschung von Beweismitteln führen sie aus, das Gericht habe in den Randnummern 125, 128, 131 und 143 bis 152 des angefochtenen Urteils ausdrücklich erwähnt, dass einige Unternehmen einen höheren Bedarf für den Inlandsmarkt vorgespiegelt hätten und die Kommission nicht einmal den Versuch gemacht habe, nachzuweisen, dass das Gericht unter Berücksichtigung der angeblich verfälschten Beweise zu einem anderen Urteil gelangt wäre. In Wirklichkeit versuche die Kommission auch hier wieder die Tatsachenfeststellungen des Gerichts anzugreifen.

Würdigung durch den Gerichtshof

53. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht bei der Prüfung der Frage, ob in Ermangelung eines Beweises für einen Versuch Bayers, die Einwilligung oder die Zustimmung der Großhändler zu ihrer neuen Geschäftspolitik zu erlangen, aus deren tatsächlichem Verhalten geschlossen werden kann, dass sie dieser Politik zugestimmt haben, alle von der Kommission in der streitigen Entscheidung herangezogenen Unterlagen berücksichtigt hat.

54. Das Gericht hat insoweit keineswegs festgestellt, dass die Großhändler nicht die Absicht gehabt hätten, Bayer über ihre Ausfuhrabsicht zu täuschen. Es hat vielmehr nur festgestellt, dass die Unterlagen, auf die die Kommission Bezug genommen habe, nicht belegten, dass die Großhändler bei Bayer den Eindruck hätten erwecken wollen, dass sie, um deren erklärtem Willen zu entsprechen, zu einer Reduzierung ihrer Bestellungen auf ein bestimmtes Niveau bereit gewesen seien.

55. Was zweitens die angebliche Verfälschung von Beweismitteln betrifft, so hat das Gericht keineswegs in Abrede gestellt, dass es einige Großhändler, um auf die Politik von Bayer zu reagieren, vorzogen, Bestellungen aufzugeben, die sie unter dem Vorwand des Anstiegs der offiziell für den Inlandsmarkt bestimmten Bestellungen zwischen ihren lokalen Vertretungen aufteilten.

56. Außerdem hat das Gericht ausdrücklich anerkannt, dass die Großhändler harte Verhandlungen mit Bayer geführt hätten, um diese zu dem Zugeständnis zu bewegen, dass der herkömmliche Inlandsbedarf der Großhändler höher gewesen sei und habe befriedigt werden müssen. Dies könne aber nicht als Beweis dafür dienen, dass die Großhändler der Politik Bayers zugestimmt hätten.

57. Demnach ist der dritte Rechtsmittelgrund der Kommission als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Beweislast für das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages

Vorbringen der Beteiligten

58. Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund wirft der BAI dem Gericht vor, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es die Auffassung vertreten habe, die Beweislast für eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zwischen Bayer und den betroffenen Großhändlern liege ausschließlich bei der Kommission (Randnrn. 119 bis 121 des angefochtenen Urteils). Damit habe es den vom Gerichtshof im Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-49/92 P (Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 96) aufgestellten Grundsatz missachtet, dass es Sache des betroffenen Unternehmens sei, das Fehlen einer Willensübereinstimmung zwischen ihm und seinen Vertriebshändlern zu beweisen, wenn die von der Kommission vorgetragenen Tatsachen ausreichten, um prima facie das Vorliegen einer Vereinbarung darzutun.

59. Nach dem von der Kommission festgestellten und von Bayer nicht bestrittenen Sachverhalt hätten Gespräche zwischen dieser und den Großhändlern anlässlich der von Bayer eingeführten Lieferbeschränkungen stattgefunden. In diesen Gesprächen habe Bayer ihren Willen, die Paralleleinfuhren über eine Kontingentierung der Verkäufe zu verhindern, deutlich zum Ausdruck gebracht. Dieser Wille sei von den Großhändlern auch verstanden worden, die diese Kontingentierung letztlich hingenommen hätten. Obgleich das Gericht alle diese Tatsachen zutreffend dargestellt habe, habe es daraus nicht die rechtlich zutreffenden Schlussfolgerungen gezogen. Nach Ansicht des BAI hätte das Gericht gemäß dem Urteil Kommission/Anic Partecipazioni zu der Schlussfolgerung gelangen müssen, dass prima facie das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages dargetan gewesen sei, so dass Bayer hätte beweisen müssen, dass es nicht zu einer entsprechenden Willensübereinstimmung gekommen sei. Das angefochtene Urteil beruhe somit auch auf dieser fehlerhaften Rechtsanwendung.

60. Sowohl Bayer als auch die EFPIA erwidern darauf, dass das Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, dem ein anderer Sachverhalt als der hier zu prüfende zugrunde gelegen habe, keinesfalls auf diesen übertragen werden könne. Bayer, unterstützt durch die EFPIA, vertritt die Ansicht, dass sich diese Rüge in Wirklichkeit gegen die tatsächliche Feststellung des Gerichts richte, die Kommission habe den Nachweis des Vorliegens einer Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmung nicht erbracht, und dass diese Rüge als solche unzulässig oder unbegründet sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

61. Zu der von Bayer und der EFPIA erhobenen Einrede der Unzulässigkeit genügt die Feststellung, dass die Frage der Beweislastverteilung eine Rechtsfrage ist, auch wenn sie sich auf die Tatsachenfeststellungen des Gerichts auswirken kann. Demnach ist diese Einrede der Unzulässigkeit unbegründet.

62. Zur Begründetheit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil Kommission/Anic Partecipazioni entgegen dem Vorbringen des BAI nicht den Grundsatz modifiziert hat, dass bei Streitigkeiten über das Vorliegen von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen hat, durch die das Vorliegen der eine solche Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend bewiesen wird.

63. In der Rechtssache Kommission/Anic Partecipazioni war nämlich bewiesen, dass in einer Sitzung mit mehreren Beteiligten eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages geschlossen worden war. Daher stellte der Gerichtshof fest, dass ein Unternehmen, das bei dieser Sitzung anwesend war, die Beweislast trägt, wenn es später geltend machen will, es habe bei der Durchführung der so zustande gekommenen Vereinbarung nicht mitwirken wollen. Somit erfolgte die Beweislastumkehr in dieser Rechtssache, nachdem das Vorliegen einer bei einem Treffen von drei Unternehmen geschlossenen Vereinbarung dargetan war. Außerdem bestand die dem Unternehmen, das die Beweislast trug, eröffnete Möglichkeit darin, sich der getroffenen Vereinbarung zu entziehen, und nicht darin, deren Existenz selbst zu leugnen. Demnach kann sich der BAI nicht mit Erfolg auf das Urteil Kommission/Anic Partecipazioni berufen, um seinen zweiten Rechtsmittelgrund zu stützen, der unbegründet und somit zurückzuweisen ist.

Zu den Rechtsmittelgründen betreffend den Begriff Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages

64. Sowohl der BAI als auch die Kommission beanstanden die äußerst restriktive rechtliche Würdigung, auf deren Grundlage das Gericht festgestellt habe, dass keine in den Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages fallende Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot vorgelegen habe.

Allgemeine Ausführungen zu dem vom Gericht vertretenen Verständnis des Begriffes Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages

65. Die Kommission vertritt die Ansicht, das angefochtene Urteil stelle eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung zum Begriff Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages dar und lege somit die Anforderungen neu fest, die an den Nachweis des Vorliegens eines Ausfuhrverbots und einer Vereinbarung auf diesem Gebiet zu stellen seien. Die enge Auslegung dieser Begriffe und die erhöhten Anforderungen an den Nachweis des Zustandekommens einer Vereinbarung zwischen einem Hersteller und einem Händler über ein Ausfuhrverbot stellten die Politik der Kommission zur Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen durch ein System zur Behinderung von Paralleleinfuhren in Frage.

66. Die EAEPC trägt vor, dass der Parallelhandel eine Folgeerscheinung der Vollendung des Binnenmarktes sei. Das Königreich Schweden führt ähnliche Argumente an und meint, da der Arzneimittelsektor auf Gemeinschaftsebene nicht vollständig harmonisiert sei, müssten die Paralleleinfuhren gefördert werden, damit der Wettbewerb auf dem Markt, der bereits anfällig für unlautere Verhaltensweisen sei, mit denen bezweckt werde, die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Preisunterschiede zu verewigen, nicht noch stärker verfälscht werde.

67. Unter Hinweis darauf, dass den Mitgliedstaaten jegliche Beschränkung des freien Warenverkehrs verboten sei, soweit sie nicht durch den Vertrag gerechtfertigt sei, macht die EAEPC geltend, staatliche Beschränkungen dürften nicht durch von Einzelnen auferlegte Beschränkungen ersetzt werden.

68. Bayer, unterstützt durch die EFPIA, hält die Ausführungen zum Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages für offensichtlich unzutreffend. Gegenstand der bisherigen Entscheidungen und der Rechtsprechung zur Anwendung dieser Bestimmung auf Ausfuhrverbote seien ausschließlich Fälle gewesen, in denen ein Hersteller mit Händlern vorab ausdrücklich oder konkludent eine Vereinbarung über ein solches Verbot geschlossen habe, in deren Rahmen er die Einhaltung dieses Ausfuhrverbots nachträglich kontrolliert und Sanktionen gegen Unternehmen verhängt habe, die sich nicht an diese Vereinbarung gehalten hätten. Da dies hier nicht der Fall sei, entfalteten diese Entscheidungen und Urteile keine Präjudizwirkung für den vorliegenden Fall.

69. Tatsächlich sei das eigentliche Ziel der Kommission, den Anwendungsbereich von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zu erweitern und so die Behinderung von Paralleleinfuhren, die aus ihrer Sicht vom Grundsatz des freien Warenverkehrs gemäß Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) erfasst seien, praktisch zu einem Per-se-Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zu machen. Die Kommission strebe im vorliegenden Fall ausdrücklich eine Harmonisierung der Arzneimittelpreise durch Anwendung dieser Bestimmung an, und zwar ohne Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Regelungen, obwohl diese die Ursache der Preisunterschiede seien. Für die Festsetzung unterschiedlicher Preise für das gleiche Arzneimittel in den einzelnen Mitgliedstaaten seien nämlich die Mitgliedstaaten und nicht die Arzneimittelindustrie verantwortlich. Diese Wettbewerbsverzerrungen ließen sich nur durch die Anwendung von Artikel 30 des Vertrages und durch eine Harmonisierung der innerstaatlichen Vorschriften über die Festsetzung der Arzneimittelpreise beseitigen.

70. Der Versuch, Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages anzuwenden, um ein nicht marktbeherrschendes Unternehmen zu bestrafen, das sich dazu entschließe, Händler nicht zu beliefern, um sie an Parallelausfuhren zu hindern, verkenne offensichtlich die unabdingbaren Tatbestandsvoraussetzungen dieses Artikels 85 und die Systematik des Vertrages. Nach dieser Systematik seien zwar - staatliche - Maßnahmen, die Parallelausfuhren verhinderten, nach Artikel 30 des Vertrages verboten, einseitige Maßnahmen privater Unternehmen unterlägen nach den Grundsätzen des Vertrages jedoch nur dann Beschränkungen, wenn es sich um marktbeherrschende Unternehmen im Sinne von Artikel 86 dieses Vertrages handele, was hier nicht der Fall sei.

71. In diesem Zusammenhang sind die einzelnen Rechtsmittelgründe zu prüfen, mit denen eine zu enge Auslegung des Begriffes Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages durch das Gericht gerügt wird.

Zur Notwendigkeit eines Kontroll- und Sanktionssystems als Voraussetzung für die Feststellung des Vorliegens einer Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot

Vorbringen der Beteiligten

72. Der BAI mit dem ersten Teil, Ziffer i, seines dritten Rechtsmittelgrundes und die Kommission mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund werfen, insoweit vom Königreich Schweden unterstützt, dem Gericht vor, Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages übermäßig eng ausgelegt zu haben, indem es zu Unrecht angenommen habe, das Bestehen eines Systems zur Kontrolle des Endbestimmungslandes der den exportierenden Großhändlern gelieferten Adalat-Packungen und von Sanktionen gegen diese Großhändler stelle eine notwendige Voraussetzung für die Annahme dar, dass eine Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot zustande gekommen sei.

73. Der BAI bemerkt, ein solches System von Kontrollen und Sanktionen könne zwar - soweit es die Wirkung haben könne, die betroffenen Geschäftspartner zur Einhaltung ihrer Zusagen zu zwingen - ein Indiz für das Vorliegen einer nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotenen Vereinbarung darstellen, das Fehlen eines solchen Systems schließe aber als solches nicht aus, dass eine Vereinbarung zustande gekommen sei. Er verweist hierzu auf die Urteile Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission und Ford/Kommission, in denen der Gerichtshof eine wettbewerbswidrige Absprache angenommen habe, obwohl es nicht zu entsprechenden Kontrollen gekommen sei. Die Einführung eines solchen Systems von Kontrollen und Sanktionen als kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen für die Feststellung eines nach dieser Bestimmung untersagten Ausfuhrverbots zu fordern, stelle daher einen Fehler in der Rechtsanwendung dar.

74. Die Kommission wirft dem Gericht im Einzelnen vor, angenommen zu haben, dass eine Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot nur dann vorliege, wenn ein System nachträglicher Kontrollen des tatsächlichen Endbestimmungslandes der gelieferten Erzeugnisse eingeführt werde und durch Sanktionen sichergestellt werden solle, dass die Erzeugnisse nicht ausgeführt würden. Eine solche Vereinbarung sei auch in einem Fall wie dem vorliegenden gegeben, in dem ein subtileres Verfahren entwickelt worden sei, das präventiv eingesetzt werde und Lieferkürzungen schon dann vorsehe, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass exportiert werden solle. Bei einer solchen Lieferpolitik trete an die Stelle eines direkten Verbotes, das an eine konkrete Lieferung anknüpfe, ein indirektes Verbot, das an die Bestellung anknüpfe.

75. Hierzu führen sowohl das Königreich Schweden als auch die EAEPC aus, dass Bayer anstelle offensichtlich gemeinschaftsrechtswidriger Ausfuhrverbote nunmehr auf subtile Lieferbeschränkungen setze, die in Kombination mit dem Erfordernis, ständig einen ausreichenden Arzneimittelvorrat bereit zu halten, die gleiche Wirkung wie ein Ausfuhrverbot hätten. Daher komme dem fehlenden Nachweis eines Systems nachträglicher Kontrollen keine entscheidende Bedeutung zu.

76. Bayer und die EFPIA entgegnen darauf, dass dieser Rechtsmittelgrund in Wirklichkeit nur auf die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts ziele und mithin unzulässig sei. Außerdem betreffe das Vorbringen der Rechtsmittelführer eine Auslegung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages, die in dem angefochtenen Urteil nicht enthalten sei. Bayer, unterstützt durch die EFPIA, verweist darauf, dass das Gericht nur die von der Kommission aufgestellte Tatsachenbehauptung überprüft habe, dass Bayer nachträglich das Endbestimmungsland der gelieferten Ware kontrolliert habe, und macht geltend, in dem angefochtenen Urteil finde sich keine Feststellung des Inhalts, dass eine Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot nur vorliegen könne, wenn der Hersteller nachträglich kontrolliere, ob der Großhändler die gelieferte Ware ausgeführt habe, und wenn er diesen gegebenenfalls durch Lieferkürzungen oder die Verweigerung der Arzneimittellieferung bestrafe.

77. Zur angeblichen Verkennung der einschlägigen Rechtsprechung führt Bayer in ihrer Gegenerwiderung aus, dass im Unterschied zu den Umständen des vorliegenden Falles in allen von der Kommission zitierten Fällen und in allen Fällen, die bisher Gegenstand der Rechtsprechung des Gerichtshofes gewesen seien, der Hersteller versucht habe, die Ausfuhr der gelieferten Mengen, seien sie im Voraus kontingentiert gewesen oder nicht, durch ausdrückliche oder konkludente Ausfuhrverbote zu verhindern.

Würdigung durch den Gerichtshof

78. Mit diesen Rechtsmittelgründen werfen die Rechtsmittelführer dem Gericht vor, die Einführung eines Systems von Kontrollen des Endbestimmungslandes der Adalat-Packungen und von Sanktionen gegen exportierende Großhändler als eine Voraussetzung für das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages angesehen zu haben.

79. Aus dem angefochtenen Urteil geht jedoch nicht hervor, dass das Gericht davon ausgegangen wäre, eine Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot könne nur vorliegen, wenn ein solches System von Kontrollen der Großhändler und von gegen sie gerichteten Sanktionen vorliege.

80. Das Gericht hat im Rahmen der Prüfung des angeblichen Willens von Bayer, ein Ausfuhrverbot durchzusetzen, ausgeführt, dass die Kommission weder rechtlich hinreichend nachgewiesen [hat], dass Bayer Frankreich und Bayer Spanien ihren jeweiligen Großhändlern ein Ausfuhrverbot auferlegt haben, noch dass Bayer eine systematische Kontrolle des tatsächlichen Endbestimmungslandes der nach der Einführung ihrer neuen Lieferpolitik gelieferten Adalat-Packungen vorgenommen... oder die Lieferungen von Adalat von der Einhaltung des angeblichen Ausfuhrverbots abhängig gemacht hat (Randnr. 109 des angefochtenen Urteils).

81. Außerdem hat das Gericht im Rahmen der ergänzenden Prüfung des angeblichen Willens der Großhändler, sich der Politik von Bayer anzuschließen, unter Bezugnahme auf bereits getroffene Feststellungen ausgeführt, dass die Kommission... weder rechtlich hinreichend nachgewiesen [hat], dass Bayer eine Politik systematischer Überwachung des Endbestimmungslandes der gelieferten Adalat-Packungen vorgenommen oder die sie exportierenden Großhändler bedroht und mit Sanktionen belegt hat, noch dass Bayer Frankreich und Bayer Spanien ihren jeweiligen Großhändlern ein Ausfuhrverbot auferlegt haben oder dass die Lieferungen von der Einhaltung des angeblichen Ausfuhrverbots abhängig gemacht wurden (Randnr. 119 des angefochtenen Urteils).

82. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich erstens, dass das Gericht mit dieser Schlussfolgerung, dass kein von Bayer eingeführtes System nachträglicher Kontrollen und von Sanktionen bestand, auf den Tatsachenvortrag der Kommission eingegangen ist, Bayer habe den Großhändlern ein Ausfuhrverbot auferlegt, das dadurch umgesetzt worden sei, dass die exportierenden Großhändler ermittelt und die ihnen gelieferten Arzneimittelmengen fortlaufend reduziert worden seien, wenn sich herausgestellt habe, dass sie diese Erzeugnisse ganz oder zum Teil exportiert hätten.

83. Zweitens hat das Gericht jedenfalls nicht die Auffassung vertreten, dass das Fehlen eines Systems nachträglicher Kontrollen und von Sanktionen als solches bedeute, dass keine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung vorliege. Es hat dieses Fehlen vielmehr als einen der maßgeblichen Gesichtspunkte bei der Prüfung des angeblichen Willens von Bayer, ein Ausfuhrverbot durchzusetzen, und damit des Vorliegens einer Vereinbarung im vorliegenden Fall angesehen. Insoweit kann, auch wenn sich das Vorliegen einer Vereinbarung nicht notwendig daraus ergibt, dass ein System nachträglicher Kontrollen und von Sanktionen besteht, die Einführung eines solchen Systems doch ein Indiz für das Vorliegen einer Vereinbarung darstellen.

84. Was die Rügen einer Verkennung der Urteile Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission und Ford/Kommission betrifft, weil der Gerichtshof in diesen Urteilen nicht geprüft habe, ob ein System nachträglicher Kontrollen und von Sanktionen bestanden habe, bevor er zu dem Ergebnis gelangt sei, dass eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung vorliege, so ist erneut darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des Vorliegens eines solchen Systems nicht in allen Fällen Voraussetzung für die Annahme ist, dass eine gegen diese Bestimmung verstoßende Vereinbarung zustande gekommen ist.

85. In der Rechtssache Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission hatte der Hersteller seinen Händlern Rechnungen mit dem ausdrücklichen Vermerk Ausfuhr verboten gesandt, der von den Händlern stillschweigend akzeptiert wurde (vgl. Randnr. 23 des vorliegenden Urteils). Der Gerichtshof konnte daher auf das Vorliegen einer nach dieser Bestimmung verbotenen Vereinbarung schließen, ohne dass es des Beweises für diese Vereinbarung durch die Existenz eines Systems nachträglicher Kontrollen bedurfte.

86. Im Urteil Ford/Kommission hat der Gerichtshof die Entscheidung eines Automobilherstellers, den deutschen Vertragshändlern keine Fahrzeuge mit Rechtslenkung zu liefern, um sie an Ausfuhren auf den britischen Markt zu hindern, als Vereinbarung angesehen. Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelgrundes genügt der Hinweis, dass es in jener Rechtssache um die schlichte Verkaufsverweigerung und nicht um einen angeblich von bestimmten den Vertriebshändlern auferlegten Bedingungen abhängigen Verkauf ging und deshalb ein System nachträglicher Kontrollen ohnehin überflüssig war.

87. Zum Vorbringen der Kommission, des Königreichs Schweden und der EAEPC, das von Bayer eingeführte präventive Belieferungssystem habe ein System nachträglicher Kontrollen erforderlich gemacht, ist zu bemerken, dass dieses Vorbringen eher den einseitigen Charakter des Vorgehens von Bayer in Bezug auf die Beschränkung von Paralleleinfuhren unterstreicht.

88. Der Umstand allein, dass die von Bayer verfolgte einseitige Politik der Kontingentierung in Verbindung mit innerstaatlichen Anforderungen an vollsortierte Großhändler die gleiche Wirkung wie ein Ausfuhrverbot hatte, bedeutet weder, dass der Hersteller ein solches Verbot verhängt hat, noch, dass eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung vorlag.

89. Demnach hat das Gericht mit der Feststellung, dass die Kommission das Vorliegen eines Systems nachträglicher Kontrollen der Großhändler und von gegen sie gerichteten Sanktionen nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, keinen Rechtsfehler begangen. Folglich ist der Rechtsmittelgrund, den der BAI und die Kommission darauf gestützt haben, dass ein solches System nachträglicher Kontrollen der Großhändler und von gegen sie gerichteten Sanktionen keine Voraussetzung für das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages sei, zurückzuweisen.

Zu dem Rechtsmittelgrund, mit dem die Auffassung gerügt wird, es sei erforderlich, dass der Hersteller von den Großhändlern ein bestimmtes Verhalten verlange oder sich darum bemühe, deren Zustimmung zu seiner Politik zu erlangen

Vorbringen der Beteiligten

90. Der BAI mit dem ersten Teil, Ziffer ii, seines dritten Rechtsmittelgrundes und die Kommission mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund werfen dem Gericht vor, Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages insoweit zu eng ausgelegt zu haben, als es zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass eine Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot nur dann angenommen werden könne, wenn der Hersteller von den Großhändlern ein bestimmtes Verhalten fordere oder sich darum bemühe, dass diese sich seiner Politik der Verhinderung von Paralleleinfuhren anschlössen. Insbesondere sei für die Feststellung des Vorliegens einer nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotenen Vereinbarung nicht der Nachweis erforderlich, dass Bayer den Großhändlern ein ausdrückliches Ausfuhrverbot auferlegt habe.

91. Unter Bezugnahme u. a. auf die Urteile Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission und Ford/Kommission führt der BAI aus, eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages müsse schon allein aufgrund der Tatsache angenommen werden, dass sich die Großhändler weiterhin bei einem Hersteller eindeckten, der seinen Willen, Parallelausfuhren zu verhindern, geäußert habe, denn auf diese Weise hätten sie sich faktisch mit dessen Geschäftspolitik einverstanden erklärt.

92. Auch die Kommission trägt vor, dass eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages schon dann vorliege, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht hätten, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Sie wirft dem Gericht vor, nicht in Erwägung gezogen zu haben, dass Bayer im vorliegenden Fall ihren auf eine Änderung des Bestell- und Lieferverhaltens ihrer Großhändler gerichteten Willen deutlich genug zum Ausdruck gebracht habe und dass folglich dieser Umstand in Verbindung mit der Änderung des Verhaltens der Großhändler Gegenstand einer Willensübereinstimmung zwischen Bayer und den Großhändlern habe sein können. Die Kommission verweist hierzu auf die Urteile AEG/Kommission und Ford/Kommission, in denen der Gerichtshof nicht geprüft habe, ob der Hersteller von seinen Händlern ein bestimmtes Verhalten gefordert oder sogar versucht habe, deren Zustimmung zu den von ihm getroffenen Maßnahmen zu erlangen.

93. Der BAI, die EAEPC und das Königreich Schweden betonen, wenn ein Hersteller eine entsprechende Kontingentierung der Großhandelsbelieferung orientiert am Bedarf des vom Großhandel bedienten Marktes vornehme, könne dies ein Hemmnis für die Ausfuhren darstellen, wenn sie mit einer ergänzenden Verpflichtung zur vorrangigen Bedienung eines bestimmten Marktes kombiniert sei. Ein ausdrückliches Verbot sei nicht erforderlich. Eine solche Lieferbeschränkung könne sich nur wie ein Ausfuhrverbot und somit wie eine künstliche Marktabschottung auswirken, da die Lieferungen für eine Ausfuhr nicht ausreichten. Das Königreich Schweden führt zudem aus, dass das Verhalten von Bayer nach der Gemeinschaftsrechtsprechung, insbesondere nach dem Urteil Ford/Kommission, als teilweise Lieferverweigerung bezeichnet werden könne, die einheitlich und systematisch gegenüber allen Großhändlern in Frankreich und Spanien praktiziert werde, und ein solches Verhalten könne als eine gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßende Vereinbarung angesehen werden.

94. Sowohl Bayer als auch die EFPIA vertreten die Ansicht, dass dieses Vorbringen zurückzuweisen sei, da es das angefochtene Urteil unzutreffend wiedergebe. Das Gericht habe das Vorliegen einer Vereinbarung über ein Ausfuhrverbot nämlich keinesfalls von der Frage abhängig gemacht, ob Bayer von seinen Händlern ein bestimmtes Verhalten ausdrücklich gefordert oder aktiv versucht habe, die Zustimmung der Händler für ein Ausfuhrverbot zu erlangen. Im Übrigen werde mit diesem Rechtsmittelgrund in Wirklichkeit keine Rechtsrüge erhoben, sondern eine vom Gericht in Randnummer 157 des angefochtenen Urteils getroffene Tatsachenfeststellung zur Zurückweisung einer von der Kommission selbst aufgestellten Tatsachenbehauptung angegriffen, wonach das tatsächliche Verhalten der Großhändler keinen hinreichenden Beweis dafür liefere, dass sie die auf eine Verhinderung von Paralleleinfuhren gerichtete Politik geduldet hätten. Daher sei dieser Rechtsmittelgrund unzulässig.

95. Zu der Rüge, das Gericht habe die von ihm geprüfte Rechtsprechung in den Fällen AEG/Kommission und Ford/Kommission verkannt, tragen sowohl Bayer als auch die EFPIA vor, dass der vorliegende Fall anders gelagert sei als diese Rechtssachen, so dass das Gericht nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

96. Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass das Gericht angenommen hätte, dass eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages nur vorliegen könne, wenn einer der Geschäftspartner vom anderen ein bestimmtes Verhalten fordere.

97. In Randnummer 69 des angefochtenen Urteils ist das Gericht vielmehr von dem Grundsatz ausgegangen, dass der Begriff der Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages durch das Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen mindestens zwei Parteien gekennzeichnet ist, deren Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu wiedergibt. In Randnummer 67 dieses Urteils hat es ferner darauf hingewiesen, dass eine Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmung schon dann vorliege, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht hätten, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten.

98. Da es jedoch im vorliegenden Fall um die Frage geht, ob eine dem Anschein nach einseitig getroffene oder auferlegte Maßnahme eines Herstellers im Rahmen fortlaufender Geschäftsbeziehungen, die er zu seinen Großhändlern unterhält, eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages darstellt, hat das Gericht die in Randnummer 155 der streitigen Entscheidung dargelegten Argumente d er Kommission geprüft, wonach Bayer dadurch gegen diesen Artikel verstoßen habe, dass sie im Rahmen [der] fortlaufenden Geschäftsbeziehungen [von Bayer Frankreich und Bayer Spanien] mit ihren Kunden... ein Ausfuhrverbot vorgesehen habe, gegenüber dem die Großhändler ein Verhalten gezeigt hätten, das eine konkludente Einwilligung... darstellt (Randnr. 74 des angefochtenen Urteils).

99. In Bezug auf das Vorbringen, das Gericht habe zu Unrecht den Nachweis eines ausdrücklichen Ausfuhrverbots durch Bayer für erforderlich gehalten, geht aus der vom Gericht vorgenommenen Prüfung des Systems zur Kontrolle des Vertriebs der gelieferten Adalat-Packungen (vgl. Randnrn. 44 bis 48 des vorliegenden Urteils) hervor, dass es keineswegs einen solchen Nachweis verlangt hat.

100. Was das Vorbringen der Rechtsmittelführer betrifft, das Gericht hätte auf der Grundlage der Bekundung des Willens von Bayer, die Paralleleinfuhren zu beschränken, eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung annehmen müssen, so trifft sicherlich zu, dass das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne dieser Bestimmung aus dem Verhalten der jeweils Beteiligten abgeleitet werden kann.

101. Jedoch kann eine solche Vereinbarung nicht durch etwas begründet werden, was nur Ausdruck der einseitigen Politik einer der Vertragsparteien ist, die ohne Unterstützung durch die andere durchgeführt werden kann. Denn die Annahme, dass eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung allein aufgrund des Ausdrucks einer auf die Verhinderung von Paralleleinfuhren gerichteten einseitigen Politik zustande kommen könne, würde zu einer Vermengung des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung mit dem des Artikels 86 des Vertrages führen.

102. Für die Annahme, dass eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages durch stillschweigende Zustimmung zustande gekommen ist, ist es erforderlich, dass die auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichtete Willensbekundung einer der Vertragsparteien eine stillschweigende oder konkludente Aufforderung an die andere Seite darstellt, dieses Ziel gemeinsam zu verwirklichen, zumal wenn eine solche Vereinbarung, wie hier der Fall, auf den ersten Blick nicht im Interesse der anderen Seite, nämlich der Großhändler, liegt.

103. Folglich hat das Gericht zu Recht geprüft, ob das Verhalten von Bayer den Schluss zuließ, dass sie von den Großhändlern als Bedingung ihrer künftigen Vertragsbeziehungen ein Eingehen auf ihre neue Geschäftspolitik gefordert hat.

104. Was das von den Rechtsmittelführern herangezogene Urteil Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission angeht, so steht fest, dass sich in jener Rechtssache der Hersteller um die Mitarbeit der Großhändler bemüht hatte, um die Paralleleinfuhren auszuschalten oder einzuschränken, wobei deren Mitarbeit nach den in dieser Rechtssache gegebenen Umständen für die Erreichung dieses Zieles unerlässlich war. In einem solchen Zusammenhang steht die Aufnahme des Vermerks Ausfuhr verboten in die Rechnungen durch den Hersteller einer Aufforderung gleich, die darauf gerichtet ist, ein bestimmtes Verhalten der Großhändler zu erwirken. Etwas Derartiges liegt hier nicht vor.

105. Die Rechtsmittelführer haben sich außerdem auf die Urteile AEG/Kommission und Ford/Kommission berufen und vorgetragen, der Gerichtshof habe in diesen Urteilen aus scheinbar einseitigen Maßnahmen eines Herstellers gegenüber seinen Vertriebshändlern auf das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages geschlossen, ohne insoweit die Frage aufzuwerfen, ob eine entsprechende Forderung dieses Herstellers vorlag.

106. In den genannten Rechtssachen war jedoch der Nachweis des Zustandekommens einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages nicht erforderlich. Es stellte sich vielmehr die Frage, ob sich die von den Herstellern getroffenen Maßnahmen in die zuvor zwischen den Herstellern und ihren Vertriebshändlern geschlossenen selektiven Vertriebsvereinbarungen einfügten, ob also diese Maßnahmen für die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Vereinbarungen mit den Wettbewerbsvorschriften zu berücksichtigen waren.

107. In der Rechtssache AEG/Kommission hatte der Hersteller zur Anwendung einer selektiven Vertriebsvereinbarung, die zuvor für mit Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages vereinbar erklärt worden war, begonnen, Händlern, die den qualitativen Anforderungen dieser Vereinbarung genügten, die Zulassung zu verweigern, und zwar mit dem Ziel, ein hohes Preisniveau aufrechtzuerhalten oder bestimmte moderne Vertriebsarten auszuschließen. Es ging daher um die Frage, ob sich die Kommission auf das Verhalten des Herstellers bei der Anwendung einer selektiven Vertriebsvereinbarung stützen durfte, um festzustellen, ob diese Vereinbarung in ihrer konkreten Anwendung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstieß.

108. Im Urteil Ford/Kommission heißt es in Randnummer 12, dass [d]ie Klägerinnen und die Kommission... darin überein[stimmten], dass das durch die... Klagen aufgeworfene Hauptproblem darin [bestand], ob die Kommission eine Freistellung des Haupthändler-Vertrags der Ford AG im Sinne von Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag deshalb [hatte] verweigern dürfen, weil dieses Unternehmen seinen deutschen Händlern keine... Fahrzeuge [mit Rechtslenkung] mehr geliefert habe.

109. Da das Vorliegen einer möglicherweise gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden Vereinbarung bereits erwiesen war, konnte sich der Gerichtshof in den genannten Rechtssachen daher auf die Prüfung der Frage beschränken, ob sich später getroffene Maßnahmen des Herstellers in die betreffende Vereinbarung einfügten und ob sie folglich bei der Prüfung der Vereinbarkeit dieser Vereinbarung mit dieser Bestimmung zu berücksichtigen waren. Dies ist somit eine andere Frage als die, die sich im vorliegenden Fall stellt und die darauf gerichtet ist, ob das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung selbst nachgewiesen ist. Folglich können sich die Rechtsmittelführer nicht auf die Urteile AEG/Kommission und Ford/Kommission berufen, um ihre These vom Vorliegen einer nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotenen Vereinbarung zu stützen.

110. Zum Vorbringen des Königreichs Schweden und der EAEPC, wonach sich eine Aufforderung aus der kombinierten Wirkung der Kontingentierungspolitik von Bayer und der den Großhändlern innerstaatlich obliegenden Verpflichtung zur Lagerhaltung ergebe, ohne dass eine Beschränkung der Ausfuhren ausdrücklich gefordert zu werden brauche, genügt der Hinweis, dass mit diesem Vorbringen nur die Einseitigkeit der Geschäftpolitik von Bayer dargetan wird, die ohne die Mitwirkung der Großhändler umgesetzt werden konnte. Da die Übertragbarkeit der Urteile AEG/Kommission und Ford/Kommission auf den vorliegenden Fall ausgeschlossen wurde, können auch diese Streithelfer sie nicht zur Stützung ihrer Argumentation heranziehen. Folglich genügt der bloße Umstand, dass ein Hindernis für Paralleleinfuhren besteht, nicht für den Nachweis des Vorliegens einer nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotenen Vereinbarung.

111. Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist der Rechtsmittelgrund, mit dem die Auffassung gerügt wird, es sei erforderlich, dass der Hersteller von den Großhändlern ein bestimmtes Verhalten verlange, zurückzuweisen.

Zum Rechtsmittelgrund einer fehlerhaften Berücksichtigung des wirklichen Willens der Großhändler

Vorbringen der Beteiligten

112. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht vor, rechtsfehlerhaft angenommen zu haben, dass die Voraussetzungen für eine Willensübereinstimmung nicht erfüllt gewesen seien, weil der erklärte Wille der Großhändler, Arzneimittel nur für den Bedarf des heimischen Marktes zu bestellen, mit ihrem wirklichen Willen, Arzneimittel auch für die Ausfuhr zu bestellen, nicht übereingestimmt habe. Indem es ausschließlich auf den wirklichen Willen der Großhändler abgestellt habe, habe das Gericht daher den Begriff der Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fehlerhaft ausgelegt.

113. Hierzu macht die Kommission insbesondere geltend, der Gerichtshof habe im Urteil Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission dem wirklichen Willen oder etwaigen Mentalreservationen der Unternehmen keine Bedeutung beigemessen, da es für das Zustandekommen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages nur auf den erklärten Willen der beteiligten Unternehmen ankomme.

114. Auch die EAEPC und der BAI, Letzterer im Rahmen des ersten Teils, Ziffer iii, seines dritten Rechtsmittelgrundes, tragen vor, der Umstand, dass die Großhändler sich einer ihren Interessen zuwiderlaufenden Politik widersetzt hätten, sei rechtlich nicht geeignet, ihre letztlich erteilte Zustimmung zu dieser Politik zu widerlegen. Auch wenn die ständige Rechtspraxis eine Willensübereinstimmung für die Feststellung einer nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotenen Vereinbarung voraussetze, verlange sie keineswegs eine Übereinstimmung der Interessenlagen der Beteiligten (vgl. Entscheidung 80/1283/EWG der Kommission vom 25. November 1980 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags [IV/29.702 - Johnson & Johnson] [ABl. L 377, S. 16, Randnr. 28] und die erwähnte Entscheidung 87/406 [Randnr. 49] sowie das Urteil Ford/Kommission). Die EAEPC verweist zudem auf das Urteil vom 20. September 2001 in der Rechtssache C-453/99 (Courage und Crehan, Slg. 2001, I-6297), dem zu entnehmen sei, dass eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auch dann vorliege, wenn eine der Vertragsparteien gegen ihren Willen zu deren Abschluss gezwungen werde.

115. Bayer und die EFPIA vertreten die Ansicht, dass dieser Rechtsmittelgrund unzulässig sei, da mit ihm im Kern die Tatsachenfeststellungen des Gerichts angegriffen würden. Mit der Gleichstellung des erklärten Willens der Großhändler mit einer Einwilligung, die betreffenden Arzneimittel ausschließlich für den Bedarf des heimischen Marktes bestellt zu haben, wollten die Rechtsmittelführer die vom Gericht in den Randnummern 151 bis 153 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen umgehen, dass die in der streitigen Entscheidung genannten Unterlagen keine Neigung der Großhändler belegten, sich in der einen oder anderen Weise an die Politik von Bayer zu halten.

116. Zur Begründetheit macht Bayer geltend, dass es bei einer ausdrücklichen Willenserklärung nur auf diese ankomme, während ein nicht bekundeter Wille oder eine von dem ausdrücklich erklärten Willen abweichende Mentalreservation keine Rolle spiele. Wenn es dagegen wie im vorliegenden Fall um stillschweigende Willenserklärungen gehe, so dürfe nur der wirkliche Wille der beteiligten Partei, wie er sich aus ihrem Verhalten ergebe, berücksichtigt werden.

Würdigung durch den Gerichtshof

117. Zu der von Bayer und der EFPIA erhobenen Einrede der Unzulässigkeit ist festzustellen, dass mit dem Rechtsmittelgrund betreffend die fehlende Willensübereinstimmung keineswegs die vom Gericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen in Frage gestellt werden. Mit ihm wird vielmehr beanstandet, dass das Gericht den wirklichen Willen der Großhändler ungeachtet ihres angeblichen erklärten Willens als rechtlich maßgebend angesehen habe. Folglich ist die Einrede der Unzulässigkeit unbegründet.

118. Was die Begründetheit angeht, so ist das Gericht von dem allgemeinen Grundsatz ausgegangen, dass [e]ine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages... schon dann vor[liegt], wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Randnr. 67 des angefochtenen Urteils). Nachdem es im Rahmen der Prüfung des angeblichen Willens von Bayer, ein Ausfuhrverbot durchzusetzen, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass diese kein solches Verbot verhängt habe, hat das Gericht das Verhalten der Großhändler geprüft, um festzustellen, ob gleichwohl eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung vorlag.

119. In diesem Zusammenhang hat es die These zurückgewiesen, dass eine Vereinbarung aufgrund stillschweigender Zustimmung der Großhändler zu dem angeblichen Ausfuhrverbot zustande gekommen sei, da - wie es bereits ausgeführt hatte - die Kommission weder rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass Bayer ein solches Verbot auferlegt habe, noch, dass die Arzneimittellieferung von der Einhaltung dieses angeblichen Verbots abhängig gemacht worden sei (vgl. Randnrn. 119 und 122 des angefochtenen Urteils).

120. Unter diesen Umständen hat das Gericht zudem geprüft, ob die Kommission aus dem tatsächlichen Verhalten der Großhändler nach der Einführung der neuen Politik von Lieferbeschränkungen durch die Klägerin auf eine Zustimmung der Großhändler zu dieser Politik schließen durfte (Randnr. 124 des angefochtenen Urteils).

121. Das Gericht wollte damit feststellen, ob die Großhändler trotz fehlenden Ausfuhrverbots den auf eine Verhinderung der Paralleleinfuhren gerichteten Willen von Bayer gleichwohl teilten. Im Rahmen dieser Prüfung hat das Gericht mit der Berücksichtigung des wirklichen Willens der Großhändler, weiterhin Bestellungen von Arzneimitteln für die Ausfuhr wie für den Bedarf des heimischen Marktes aufzugeben, keinen Rechtsfehler begangen.

122. Jedenfalls setzt, wie der Generalanwalt in Nummer 108 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, der die fehlende Willensübereinstimmung betreffende Rechtsmittelgrund voraus, dass ein erklärter Wille der Großhändler vorlag, dem auf eine Verhinderung der Paralleleinfuhren gerichteten Willen von Bayer zu folgen. Wie in den Randnummern 52 und 53 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat das Gericht jedoch festgestellt, dass die von der Kommission vorgelegten Unterlagen nicht bewiesen, dass die Großhändler bei Bayer den Eindruck hätten erwecken wollen, sie seien, um deren erklärtem Willen zu entsprechen, zu einer Reduzierung ihrer Bestellungen auf ein bestimmtes Niveau bereit gewesen.

123. Die Strategie der Großhändler war vielmehr darauf gerichtet, Bayer durch eine Aufteilung der Bestellungen für die Ausfuhr auf die verschiedenen Vertretungen vorzutäuschen, dass der Bedarf der heimischen Märkte gestiegen sei. Diese Strategie beweist keineswegs eine Willensübereinstimmung, sondern stellte nur einen Versuch der Großhändler dar, die Anwendung der einseitigen Politik von Bayer, deren Umsetzung von ihrer Mitwirkung unabhängig war, zu ihrem Vorteil zu wenden.

124. Demnach ist der Rechtsmittelgrund, das Gericht habe zu Unrecht das Fehlen einer Übereinstimmung zwischen dem Willen von Bayer und dem der Großhändler in Bezug auf die von Bayer zur Reduzierung der Paralleleinfuhren verfolgte Politik festgestellt, als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Notwendigkeit einer späteren Zustimmung zu Maßnahmen, die sich in fortlaufende Geschäftsbeziehungen einfügen, für die zuvor getroffene allgemeine Vereinbarungen gelten

Vorbringen der Beteiligten

125. Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund wirft die Kommission, unterstützt durch die EAEPC, dem Gericht vor, Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages unrichtig angewandt zu haben, indem es entgegen dem Urteil Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission den Beweis für den Willen der Großhändler, sich den von Bayer getroffenen Maßnahmen zu fügen, gefordert habe, obwohl sich diese in den Rahmen der fortlaufenden Geschäftsbeziehungen zwischen den Händlern und dem Hersteller eingefügt hätten. Die Kommission trägt ferner vor, das Gericht habe ihr rechtsfehlerhaft das Recht verwehrt, sich auf die Urteile AEG/Kommission, Ford/Kommission und BMW Belgium u. a./Kommission zu berufen, um das Verhalten der Großhändler nach der Einführung der neuen Politik von Bayer auf dem Gebiet der Arzneimittellieferungen als faktische Zustimmung zu dieser Politik auszulegen.

126. Auch der BAI wirft, mit dem ersten Teil, Ziffer iii, und mit dem zweiten Teil seines dritten Rechtsmittelgrundes, dem Gericht vor, es habe nicht geprüft, ob die von Bayer getroffenen Maßnahmen nur dem Anschein nach einseitig gewesen seien, da sie sich doch in den Rahmen ihrer fortlaufenden Geschäftsbeziehungen mit den Großhändlern eingefügt hätten. Die üblichen Geschäftsbeziehungen im Arzneimittelgroßhandel seien den selektiven Vertriebssystemen vergleichbar, um die es in den Rechtssachen AEG/Kommission, Ford/Kommission und BMW Belgium u. a./Kommission gegangen sei, so dass das Gericht die Übertragbarkeit dieser Urteile auf den vorliegenden Fall zu Unrecht ausgeschlossen habe.

127. Die Kommission vertritt einen ähnlichen Standpunkt und führt aus, dass der Vertrieb von Arzneimitteln Elemente des selektiven Vertriebs aufweise. Die Rechtsmittelführer tragen hierzu vor, die Zulassung eines Großhändlers zum betreffenden Vertriebssystem impliziere, dass er den Vorgaben des Herstellers zugestimmt habe.

128. Nach Ansicht des BAI nehmen die Großhändler bei der Versorgung des Marktes mit Arzneimitteln eine Schlüsselstellung ein, die derjenigen der Händler in einem selektiven Vertriebssystem ähnlich sei. Angesichts der engen Abhängigkeit, in der sich die Geschäftspartner auf dem Arzneimittelmarkt befänden, seien die Großhändler an die Lieferpraxis des Herstellers gebunden. Unter Hinweis darauf, dass die Großhändler vom Arzneimittelhersteller abhängig seien, weil sie Adalat nicht durch andere Arzneimittel ersetzen könnten, macht der BAI in seiner Erwiderung geltend, dass sie gezwungen seien, zur Beibehaltung eines Maximums ihrer möglichen Gewinne einen Kompromiss zu schließen, selbst wenn dies zur Folge habe, dass Dritte außerhalb des von den betreffenden Großhändlern bedienten Gebietes nicht mehr beliefert werden könnten. Die Großhändler seien also Opfer der Lieferbeschränkung durch den Hersteller, und ihre Zustimmung zu der wettbewerbswidrigen Vereinbarung sei für sie das Mittel zum Zweck der Fortsetzung ihrer Geschäftsbeziehungen.

129. Aufgrund dieser Erwägungen gelangt der BAI zu dem Ergebnis, dass die Zustimmung der Großhändler zur Beschränkung der vom Hersteller gelieferten Mengen für die Annahme einer Vereinbarung ausreiche, die eine künstliche Abschottung der Märkte und damit eine Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes unter Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages bezwecke. Hätte das Gericht den Sachverhalt rechtlich zutreffend gewürdigt, hätte es zwingend zu diesem Ergebnis gelangen müssen, dass eine Vereinbarung zwischen Bayer Frankreich und Bayer Spanien und den betroffenen Großhändlern bestanden habe.

130. Die EAEPC schließt sich diesem Standpunkt an und führt aus, dass ein tatsächliches Verhalten - das widerspruchslose Befolgen der Vereinbarung durch die Großhändler - nach dem Urteil Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission nicht erforderlich sei. In diesem Urteil sei entgegen seiner Auslegung durch das Gericht lediglich festgestellt worden, dass es nach der Änderung der für Bestellungen geltenden Bedingungen zu fortwährenden Neubestellungen gekommen sei, was als Nachweis der stillschweigenden Zustimmung der Großhändler ausreiche. Im vorliegenden Fall hätten sich die Großhändler somit durch die Fortsetzung der Bestellungen dem Willen von Bayer gebeugt, die Lieferung von Adalat zu beschränken. Diese Änderung ihres Verhaltens sei ein eindeutiges Indiz für ihre Zustimmung zu deren neuer Geschäftspolitik.

131. Außerdem sei in der Rechtssache Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission eine Feststellung des tatsächlichen Verhaltens der Großhändler schon deshalb nicht erforderlich gewesen, weil sich Kommission und Gerichtshof auf die Feststellung des Zweckes der Klausel über das Verbot der Ausfuhr der betreffenden Erzeugnisse beschränkt und nicht auf die Wirkung dieser Klausel abgestellt hätten. Soweit sich der Zweck bereits im Angebot des Herstellers manifestiere, genüge eine stillschweigende Zustimmung zu der maßgebenden Klausel, da der Großhändler mit der Erteilung eines neuen Auftrags auch diese Vertragsbedingung anerkenne.

132. Zum Vorbringen einer angeblichen Verkennung der Rechtsprechung vertreten sowohl Bayer als auch die EFPIA die Meinung, die Kommission versuche, eine Identität der Sachverhalte der Rechtssachen AEG/Kommission, Ford/Kommission und C70/93 (Urteil vom 24. Oktober 1995, Bayerische Motorenwerke, Slg. 1995, I3429) mit dem des vorliegenden Falles vorzutäuschen. Allerdings seien in den genannten Rechtssachen die scheinbar einseitigen Maßnahmen der Hersteller in Wirklichkeit Teil langfristiger, fortlaufender und schon im Voraus getroffener Vertriebsvereinbarungen gewesen, so dass es keiner ausdrücklichen oder konkludenten Zustimmung der Händler bedurft habe. Die EFPIA weist unter Berufung auf dieses Argument darauf hin, dass in allen diesen Rechtssachen selektive Vertriebssysteme vorgelegen hätten. Im vorliegenden Fall gebe es solche Vereinbarungen nicht; Bayer habe nämlich offenkundig kein solches Vertriebsnetz betrieben. Sowohl Bayer als auch die EFPIA weisen ferner darauf hin, dass die nationalen gesetzlichen Bedingungen für die Tätigkeit der Großhändler in keiner Weise einen extensiven, bereits vorher geschaffenen, fortdauernden vertraglichen Rahmen zwischen dem Hersteller und den Großhändlern bildeten.

133. Die Kommission führt in ihrer Erwiderung aus, dass die Geschäftsbeziehungen zwischen Bayer und den französischen Großhändlern entgegen der Behauptung von Bayer, sie habe die Großhändler nur von Fall zu Fall beliefert, seit Jahrzehnten bestanden hätten und dass Bayer sie keineswegs von heute auf morgen hätte beenden können.

134. Zu dem von Bayer erhobenen Einwand, in ihren Geschäftsbeziehungen zu den Großhändlern hätten gesetzliche Voraussetzungen gegolten, die nichts mit vertraglichen Bedingungen zu tun hätten, erinnert die Kommission daran, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Aufnahme eines Händlers in eine langfristige Vertriebsbindung impliziere, dass dieser Händler bestimmten Maßnahmen des Herstellers zustimme, die dadurch ihre scheinbare Einseitigkeit verlören, weil sie sich nämlich in die bestehenden vertraglichen Beziehungen einfügten. Dies könne nicht nur in selektiven Vertriebssystemen, sondern auch bei anderen langfristigen Vertragsbeziehungen geschehen.

135. Ob es um die Einhaltung vertraglicher Kriterien oder gesetzlicher Anforderungen gehe, spiele dabei keine Rolle. Die Erfüllung des gesetzlichen Versorgungsauftrags gehöre zur Geschäftsgrundlage jeder Vertragsbeziehung zwischen einem Arzneimittelhersteller und einem Großhändler in Frankreich oder Spanien, da die Zulassung des Großhändlers davon abhänge.

136. Die Kommission stützt sich auf Parallelen zum Sachverhalt der Rechtssache Ford/Kommission. Sie betont, dass die Vertragsbeziehungen zwischen Bayer und den französischen Großhändlern seit Jahrzehnten bestanden hätten, und führt aus, dass die Vereinbarungen bestimmte Gesichtspunkte dieser Beziehungen zwangsläufig der späteren Entscheidung des Herstellers überlassen müssten, wie die Liefermengen, die Schwankungen unterlägen und daher nicht im Voraus festgelegt werden könnten.

137. Aus diesem Grund sei die Entscheidung des Herstellers über die Liefermenge eines bestimmten Arzneimittels, das im Rahmen einer langfristigen Geschäftsverbindung zwischen diesem Hersteller und seinen Großhändlern bestellt worden sei, keine einseitige Maßnahme, die Gegenstand einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages sein könne. Eine solche Maßnahme füge sich vielmehr in diese vertraglichen Beziehungen ein.

138. Bayer kommt in ihrer Gegenerwiderung zu dem Ergebnis, dass die Kommission mit ihrem Vorwurf einer Umgehung der Rechtsprechung des Gerichtshofes in Wirklichkeit geltend machen wolle, dass auch ohne Vorliegen einer solchen Vereinbarung eine im Voraus vorgenommene einseitige Kontingentierung als präventive Behinderung von Paralleleinfuhren wie ein repressives Ausfuhrverbot zu behandeln sei.

139. Nach Ansicht von Bayer verbirgt sich hinter diesem Argument ein Versuch, in das gemeinschaftliche Wettbewerbsrecht ein der Systematik der Artikel 85 und 86 des Vertrages fremdes generelles Verbot der Behinderung von Paralleleinfuhren einzuführen, das sich anscheinend pauschal auf das Binnenmarktkonzept stützen solle. In dem angefochtenen Urteil sei hingegen festgestellt worden, dass, anders als nach Artikel 30 des Vertrages getroffene einseitige staatliche Maßnahmen, einseitige Präventivmaßnahmen eines privaten Unternehmens, die die Tatbestandsvoraussetzungen von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages mangels einer Vereinbarung nicht erfüllten, von den Wettbewerbsvorschriften des Vertrages nicht erfasst würden.

Würdigung durch den Gerichtshof

140. Die Rechtsmittelführer rügen mit diesen Rechtsmittelgründen die vom Gericht vorgenommene Würdigung, dass die Kommission die... Analyse, aus der das Gericht geschlossen hat, dass im vorliegenden Fall die Zustimmung der Großhändler zur neuen Politik von Bayer nicht erwiesen ist..., anhand der herangezogenen Präjudizien nicht entkräften könne (Randnr. 159 des angefochtenen Urteils).

141. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es in der vorliegenden Rechtssache um die Frage geht, ob eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung vorliegt. Der bloße Umstand, dass eine an sich neutrale Vereinbarung und eine einseitig auferlegte wettbewerbsbeschränkende Maßnahme nebeneinander vorliegen, steht einer nach dieser Bestimmung verbotenen Vereinbarung nicht gleich. Daher kann der bloße Umstand, dass sich eine von einem Hersteller getroffene Maßnahme, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt und bewirkt, in fortlaufende Geschäftsbeziehungen zwischen diesem Hersteller und seinen Großhändlern einfügt, nicht genügen, um auf das Vorliegen einer solchen Vereinbarung zu schließen.

142. In der Rechtssache Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission ging es um ein Ausfuhrverbot, das ein Hersteller im Rahmen fortlaufender Geschäftsbeziehungen mit seinen Händlern auferlegt hatte. Der Gerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung vorlag. Wie das Gericht in den Randnummern 161 und 162 des angefochtenen Urteils ausführt, stützte sich diese Schlussfolgerung jedoch auf das Vorliegen eines vom Hersteller auferlegten Ausfuhrverbots, dem die Großhändler stillschweigend zugestimmt hatten. Hierzu hat der Gerichtshof in Randnummer 11 des Urteils Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission ausgeführt, dass [d]ie wiederholten Bestellungen von Erzeugnissen und die anschließende widerspruchslose Zahlung der in den Rechnungen, die den Vermerk Ausfuhr verboten trugen, angegebenen Preise durch den Kunden... dessen stillschweigende Zustimmung zu den in die Rechnung aufgenommenen Klauseln und zur Art der den Geschäftsbeziehungen zwischen Sandoz PF und ihrer Kundschaft zugrunde liegenden wirtschaftlichen Bindungen dar[stellten]. Das Vorliegen einer verbotenen Vereinbarung in dieser Rechtssache beruhte daher nicht einfach darauf, dass sich die Händler weiterhin bei einem Hersteller eindeckten, der seinen Willen zur Verhinderung der Ausfuhren bekundet hatte, sondern darauf, dass dieser ein Ausfuhrverbot auferlegt hatte, das von den Händlern stillschweigend akzeptiert worden war. Demnach können sich die Rechtsmittelführer zur Stützung ihres Rechtsmittelgrundes, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Zustimmung der Großhändler zu den vom Hersteller auferlegten Maßnahmen verlangt, nicht mit Erfolg auf das Urteil Sandoz prodotti farmaceutici/Kommission berufen.

143. Was die Urteile AEG/Kommission, Ford/Kommission und Bayerische Motorenwerke betrifft, so können die Rechtsmittelführer sich auch nicht mit dem Argument auf deren Übertragbarkeit auf den vorliegenden Fall berufen, die Geschäftsbeziehungen im Arzneimittelgroßhandel könnten einem selektiven Vertriebssystem wie dem in diesen Rechtssachen in Rede stehenden gleichgestellt werden. Wie in Randnummer 141 des vorliegenden Urteils festgestellt, geht es hier nämlich um die Frage, ob eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages vorliegt.

144. Wie aber in Randnummer 106 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ging es in den Urteilen AEG/Kommission und Ford/Kommission nicht um die Erforderlichkeit eines Nachweises des Zustandekommens einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages. Da das Vorliegen einer möglicherweise gegen diese Bestimmung verstoßenden Vereinbarung bereits erwiesen war, stellte sich vielmehr die Frage, ob sich die von dem Hersteller getroffenen Maßnahmen in diese Vereinbarung einfügten und dementsprechend bei der Prüfung von deren Vereinbarkeit mit dieser Bestimmung zu berücksichtigen waren. Hierzu hat das Gericht zu Recht auf die Feststellung des Gerichtshofes in diesen Urteilen hingewiesen, dass bei der Aufnahme eines Händlers in die Vertriebsbindung sich dessen Zulassung darauf gründet, dass er sich der vom Hersteller verfolgten Politik angeschlossen hat (Randnr. 170 des angefochtenen Urteils).

145. Ebenso ist das Urteil Bayerische Motorenwerke zu verstehen, in dem es um die Prüfung der Frage ging, ob Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag so auszulegen ist, dass er es einem Kraftfahrzeughersteller, der seine Kraftfahrzeuge über ein selektives Vertriebsbindungssystem absetzt, verwehrt, mit seinen Vertragshändlern zu vereinbaren, dass herstellerunabhängige Leasingunternehmen dann nicht mit Kraftfahrzeugen beliefert werden, wenn diese die Fahrzeuge - ohne Einräumung einer Kaufoption - Leasingnehmern zur Verfügung stellen, die ihren Wohnsitz oder Firmensitz außerhalb des Vertragsgebiets des betreffenden Vertragshändlers haben, oder eine Aufforderung an die Vertragshändler zu entsprechendem Verhalten zu richten (Randnr. 14).

146. Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, indem es die Übertragbarkeit der vom BAI und von der Kommission herangezogenen Urteile auf den vorliegenden Fall ausgeschlossen hat. Demnach sind die Rechtsmittelgründe einer fehlerhaften Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zurückzuweisen.

147. Da alle vom BAI und von der Kommission geltend gemachten Rechtsmittelgründe als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen worden sind, sind die Rechtsmittel zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

148. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Bayer und die EFPIA in der Rechtssache C-3/01 P die Verurteilung der Kommission beantragt haben, sind dieser die Kosten des von ihr eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

149. Nach Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 ebenfalls auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Daher sind dem Königreich Schweden seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

150. Da in dem vom BAI eingeleiteten Rechtsmittelverfahren (C-2/01 P) weder Bayer noch die EFPIA die Verurteilung des BAI beantragt haben, trägt jeder Beteiligte seine in diesem Verfahren entstandenen eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

2. Der Bundesverband der Arzneimittel-Importeure e. V., die Bayer AG und die European Federation of Pharmaceutical Industries' Associations tragen in der Rechtssache C-2/01 P ihre eigenen Kosten.

3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten in der Rechtssache C-3/01 P.

4. Das Königreich Schweden trägt seine eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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