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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.09.1994
Aktenzeichen: C-200/91
Rechtsgebiete: EWGVtr


Vorschriften:

EWGVtr Art. 119
EWGVtr Art. 177
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Sowohl die Arbeitnehmer als auch ihre anspruchsberechtigten Angehörigen können sich gegenüber den Treuhändern eines Betriebsrentensystems, die im Rahmen ihrer in der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses festgelegten Befugnisse und Pflichten den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten haben, auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag berufen.

Zum einen fällt nämlich eine in einem Betriebsrentensystem vorgesehene Hinterbliebenenrente in den Anwendungsbereich von Artikel 119, wobei dieser Auslegung nicht entgegensteht, daß eine solche Rente ihrem Begriff gemäß nicht dem Arbeitnehmer, sondern seinem Hinterbliebenen gezahlt wird, da eine solche Leistung eine Vergütung ist, die ihren Ursprung in der Zugehörigkeit des Ehegatten des Hinterbliebenen zu dem Rentensystem hat, so daß der Hinterbliebene den Rentenanspruch im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zwischen seinem Ehegatten und dessen Arbeitgeber erwirbt und ihm die Rente aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses seines Ehegatten gezahlt wird. Zum anderen sind die Treuhänder, obwohl am Arbeitsverhältnis nicht beteiligt, mit der Erbringung von Leistungen betraut, die dadurch ihren Charakter als Entgelt im Sinne von Artikel 119 nicht verlieren; die praktische Wirksamkeit von Artikel 119 würde beträchtlich geschmälert und gleichzeitig der für eine wirkliche Gleichstellung notwendige Rechtsschutz stark eingeschränkt, wenn sich ein Arbeitnehmer oder seine anspruchsberechtigten Angehörigen auf diese Bestimmung nur gegenüber dem Arbeitgeber berufen könnten und nicht gegenüber den Treuhändern, die ausdrücklich mit der Erfuellung der Verpflichtungen des Arbeitgebers betraut sind.

2. Angesichts des zwingenden Charakters von Artikel 119 EWG-Vertrag kann den Arbeitgebern und den Treuhändern nicht gestattet werden, sich auf Vorschriften des Rentensystems oder der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses oder auch auf etwaige Probleme, die sich aus der Unzulänglichkeit der von den Treuhändern verwalteten Mittel ergeben, zu berufen, um sich ihrer Verpflichtung zu entziehen, den Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich des Entgelts zu gewährleisten.

Wenn die insoweit geltenden Vorschriften des nationalen Rechts es den Arbeitgebern und den Treuhändern untersagen, über ihre Befugnisse hinaus oder unter Verstoß gegen Bestimmungen der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses tätig zu werden, so sind sie verpflichtet, von allen vom innerstaatlichen Recht zur Verfügung gestellten Mitteln, wie einer Klage vor den nationalen Gerichten, Gebrauch zu machen, um die Beachtung des Gleichheitssatzes sicherzustellen; dies gilt insbesondere dann, wenn ihr Tätigwerden erforderlich ist, um Änderungen der Bestimmungen des Rentensystems oder der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses vorzunehmen.

Die nationalen Gerichte haben nämlich den Rechtsschutz zu gewährleisten, der sich für die Bürger aus der unmittelbaren Wirkung der Bestimmungen des EWG-Vertrags ergibt. Dabei obliegt es ihnen speziell im Rahmen von Artikel 119, unter Berücksichtigung der Pflichten, die die Arbeitgeber und die Treuhänder nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben, über die ordnungsgemässe Durchführung dieses Artikels zu wachen und die anwendbaren innerstaatlichen Bestimmungen unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden; soweit eine solche gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist, dürfen sie entgegenstehende innerstaatliche Vorschriften nicht anwenden.

3. Gemäß dem Urteil in der Rechtssache C-262/88, Barber, kann die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag zur Stützung der Forderung nach Gleichbehandlung auf dem Gebiet der beruflichen Renten nur für Leistungen geltend gemacht werden, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 geschuldet werden, mit der Folge, daß die Arbeitgeber und die Treuhänder nicht verpflichtet sind, für diese Leistungen die Gleichbehandlung sicherzustellen, vorbehaltlich der Ausnahme, die für Arbeitnehmer oder deren anspruchsberechtigte Angehörige vorgesehen ist, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben. Die zeitliche Beschränkung der Wirkungen dieses Urteils gilt für Leistungen, die nicht von der Dauer der tatsächlichen Beschäftigungszeit abhängen, nur dann, wenn das auslösende Ereignis vor dem Tag der Verkündung eingetreten ist.

Desgleichen kann ein Hinterbliebener Gleichbehandlung in diesem Bereich nur für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 fordern, da die Hinterbliebenenrente eine Vergütung ist, die ihren Ursprung in der Zugehörigkeit des Ehegatten des Hinterbliebenen zum Betriebsrentensystem hat.

Sobald der Gerichtshof eine Diskriminierung im Bereich des Entgelts festgestellt hat und solange im Rahmen des Rentensystems die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung nicht getroffen worden sind, kann die Beachtung des Artikels 119 nur dadurch sichergestellt werden, daß den benachteiligten Arbeitnehmern dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie sie den übrigen Arbeitnehmern zustehen.

Für die nach dem Inkrafttreten der Vorschriften zur Beseitigung der Diskriminierung liegenden Beschäftigungszeiten verstösst eine Wiederherstellung der Gleichbehandlung im Wege der Einschränkung der Vergünstigungen der bevorzugten Personen dagegen nicht gegen Artikel 119, denn dieser verlangt nur, daß Männer und Frauen bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt erhalten, ohne aber eine bestimmte Höhe vorzuschreiben.

4. Betriebliche Rentensysteme, die nicht an die Stelle gesetzlicher Systeme getreten sind, fallen in den Anwendungsbereich von Artikel 119 EWG-Vertrag und unterliegen folglich den im Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88, Barber, ausgesprochenen Grundsätzen und insbesondere der zeitlichen Beschränkung seiner Wirkungen.

Zum einen beruhen diese Systeme nämlich entweder auf einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern oder ihren Vertretern oder auf einer einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers. Sie werden ohne Beteiligung der öffentlichen Hand in vollem Umfang vom Arbeitgeber oder von diesem und den Arbeitnehmern gemeinsam finanziert. Sie gelten nicht zwingend für allgemein umschriebene Gruppen von Arbeitnehmern, sondern betreffen lediglich die Arbeitnehmer bestimmter Unternehmen, so daß sich die Zugehörigkeit zu ihnen notwendig aus dem Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Arbeitgeber ergibt, und für sie gelten, auch wenn sie in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften errichtet wurden, jeweils eigene Regelungen. Zum anderen wurde in dem genannten Urteil erstmals die Frage behandelt, wie eine auf der Festsetzung eines je nach Geschlecht unterschiedlichen Rentenalters beruhende Ungleichbehandlung nach Artikel 119 zu beurteilen ist; eine solche Unterscheidung findet sich bei allen Arten betrieblicher Rentensysteme und hat die gleichen diskriminierenden Wirkungen.

5. Zwar fallen sowohl die betragsmässig feststehende Rente, zu deren Zahlung sich der Arbeitgeber im Rahmen eines Betriebsrentensystems verpflichtet hat, als auch die Beiträge der Arbeitnehmer zu diesem System unter den Begriff des Entgelts im Sinne von Artikel 119 EWG-Vertrag; etwas anderes gilt jedoch für die Arbeitgeberbeiträge, die dazu bestimmt sind, die zur Deckung der Kosten der zugesagten Renten unerläßliche finanzielle Grundlage zu schaffen und deren zukünftige Zahlung zu gewährleisten. Bei derartigen Rentensystemen mit Kapitalansammlung greifen nämlich versicherungsmathematische Faktoren wie die höhere Lebenserwartung von Frauen ein, die dazu führen, daß die zur Sicherstellung gleicher Renten für männliche und weibliche Arbeitnehmer notwendigen Arbeitgeberbeiträge für letztere höher sind.

Folglich fällt auch der Umstand, daß es in einem solchen System in den Fällen der Umwandlung der vorgesehenen Rente in einen Kapitalbetrag, ihrer Ersetzung durch eine Rente, die einem Angehörigen als Ausgleich für den Verzicht auf einen Teil des geschuldeten Betrags zu zahlen ist, oder einer Übertragung erworbener Ansprüche auf ein anderes System zu Ungleichheiten zwischen den Arbeitnehmern des einen und des anderen Geschlechts kommt, nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 119. Diese Ungleichheiten sind nämlich nur die Folge der Finanzierungsmodalitäten derartiger Systeme, zu denen zwangsläufig versicherungsmathematische Faktoren gehören.

6. Der in Artikel 119 EWG-Vertrag verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung gilt für alle von betrieblichen Systemen erbrachten Rentenleistungen, ohne daß danach zu unterscheiden ist, welcher Art von Beiträgen ° denen des Arbeitgebers oder denen der Arbeitnehmer ° sie zuzuordnen sind. Stellt ein Betriebsrentensystem den ihm angeschlossenen Personen jedoch lediglich den erforderlichen organisatorischen Rahmen zur Verfügung, damit sie sich durch freiwillige Beitragszahlungen zusätzliche Leistungen sichern können, so fallen letztere nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 119.

7. Bei einer Übertragung von Rentenansprüchen von einem betrieblichen System auf ein anderes aufgrund des Arbeitsplatzwechsels eines Arbeitnehmers muß das zweite System dann, wenn dieser Arbeitnehmer das Rentenalter erreicht, die Leistungen, zu deren Zahlung es sich durch die Zustimmung zu der genannten Übertragung verpflichtet hat, erhöhen, um die Artikel 119 EWG-Vertrag zuwiderlaufenden nachteiligen Auswirkungen zu beseitigen, die sich für den Arbeitnehmer daraus ergeben, daß das übertragene Kapital aufgrund einer diskriminierenden Behandlung im Rahmen des ersten Systems unzureichend war.

Der durch den Wechsel des Arbeitsplatzes erzwungene Anschluß an ein neues System unter Übertragung der erworbenen Ansprüche darf nämlich nicht dazu führen, daß der Arbeitnehmer die ihm nach der genannten Bestimmung zustehenden Rechte verliert.

Da jedoch im Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88, Barber, die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 in der Weise beschränkt wurde, daß diese zur Stützung der Forderung nach Gleichbehandlung auf dem Gebiet der beruflichen Renten nur für Leistungen geltend gemacht werden kann, die für Beschäftigungszeiten nach dem Tag der Verkündung dieses Urteils geschuldet werden, ist weder das System, das die Übertragung der Ansprüche vorgenommen hat, noch das System, auf das sie übertragen wurden, verpflichtet, die erforderlichen finanziellen Maßnahmen zu treffen, um die Gleichheit in bezug auf Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990 wiederherzustellen.

8. Ein Arbeitnehmer kann sich für seine Forderung nach dem Entgelt, auf das er Anspruch haben könnte, wenn er dem anderen Geschlecht angehören würde, nicht auf Artikel 119 EWG-Vertrag berufen, wenn es in dem betreffenden Unternehmen keinen Arbeitnehmer des anderen Geschlechts gibt oder gegeben hat, der eine vergleichbare Arbeit leistet oder geleistet hat. In einem solchen Fall kann nämlich das bei der Prüfung der Gleichbehandlung im Bereich des Entgelts entscheidende Kriterium ° Bezug des gleichen Entgelts für die gleiche Arbeit ° nicht herangezogen werden.

Folglich gilt Artikel 119 nicht für Betriebsrentensysteme, denen immer nur Angehörige eines Geschlechts angeschlossen waren.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 28. SEPTEMBER 1994. - COLOROLL PENSION TRUSTEES LTD GEGEN JAMES RICHARD RUSSELL, DANIEL MANGHAM, GERALD ROBERT PARKER, ROBERT SHARP, JOAN FULLER, JUDITH ANN BROUGHTON UND COLOROLL GROUP PLC. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HIGH COURT OF JUSTICE, CHANCERY DIVISION - VEREINIGTES KOENIGREICH. - GLEICHES ENTGELT FUER MAENNER UND FRAUEN - BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG - VERWENDUNG JE NACH GESCHLECHT UNTERSCHIEDLICHER VERSICHERUNGSMATHEMATISCHER FAKTOREN - ZEITLICHE BESCHRAENKUNG DER WIRKUNGEN DES URTEILS IN DER RECHTSSACHE C-262/88 (BARBER). - RECHTSSACHE C-200/91.

Entscheidungsgründe:

1 Der High Court of Justice of England and Wales, Chancery Division, hat mit Beschluß vom 23. Juli 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Juli 1991, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Reihe von Fragen nach der Auslegung des Artikels 119 EWG-Vertrag sowie des Urteils des Gerichtshofes vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88 (Barber, Slg. 1990, I-1889; im folgenden: Urteil Barber) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Musterverfahren (representative action) gemäß den Rules of the Supreme Court, das die Coloroll Pension Trustees Ltd beim High Court anhängig gemacht hat.

3 Aufgrund einer Reihe von Urkunden über die Errichtung eines "trust" (Treuhandverhältnis), der üblichen Rechtsform der Betriebsrentensysteme im Vereinigten Königreich, besitzt und verwaltet die Coloroll Pension Trustees Ltd als "trustee" (Treuhänder) das Vermögen der von den verschiedenen Gesellschaften des Coloroll-Konzerns für ihre Arbeitnehmer geschaffenen Systeme, wobei sie die Aufgabe hat, den Arbeitnehmern ihre Renten und andere vom Arbeitgeber zugesagte Leistungen zu zahlen.

4 Die Rentensysteme des Coloroll-Konzerns sind hinsichtlich ihrer Hauptleistungen Systeme mit "feststehenden Leistungen" (defined benefit/final salary schemes), die den Arbeitnehmern nach Erreichen des normalen Rentenalters, das für Männer 65 Jahre und für Frauen 60 Jahre beträgt, die Zahlung einer festen Rente in Höhe von einem Sechzigstel ihres letzten Arbeitslohns pro Beschäftigungsjahr garantieren.

5 Unter bestimmten Voraussetzungen haben die angeschlossenen Personen die Möglichkeit, vor Erreichen dieses Alters in den Ruhestand zu treten und sofort eine Rente zu erhalten, die anhand versicherungsmathematischer Faktoren gekürzt wird, die je nach dem Geschlecht unterschiedlich sind, da Frauen statistisch gesehen eine höhere Lebenserwartung als Männer haben.

6 Die Heranziehung derselben versicherungsmathematischen Faktoren führt zur Festsetzung von für Männer und Frauen unterschiedlichen Beträgen, wenn sich eine angeschlossene Person ganz oder teilweise für die Zahlung eines Kapitalbetrags anstelle einer Rente entscheidet, wenn im Austausch gegen eine Hinterbliebenenrente für den Ehegatten oder einen anderen anspruchsberechtigten Angehörigen auf einen dem Wert dieser Hinterbliebenenrente entsprechenden Teil der Rente verzichtet wird und wenn bei einem anderen Rentensystem oder einer Versicherungsgesellschaft erworbene Ansprüche übertragen werden.

7 Alle diese Systeme sehen vor, daß Ehegatten und anspruchsberechtigte Angehörige der angeschlossenen Personen eigene Rentenansprüche erwerben können, wobei jedoch in einigen Fällen nur Witwen und anspruchsberechtigte Angehörige männlicher angeschlossener Personen in den Genuß dieser Leistung kommen können.

8 Hinsichtlich ihrer Finanzierung sind die fraglichen Systeme in dem Sinne beitragsgebunden, daß sie nicht nur durch Beiträge des Arbeitgebers, sondern auch durch Beiträge der Arbeitnehmer finanziert werden.

9 Die letztgenannten Beiträge entsprechen einem für alle männlichen und weiblichen Arbeitnehmer gleichen Prozentsatz ihres Arbeitslohns, wobei die Arbeitnehmer auch die Möglichkeit haben, freiwillig zusätzliche Beiträge zu zahlen, um Anspruch auf weitere Leistungen zu erwerben, die gesondert berechnet und gewährt werden.

10 Dagegen verändern sich die pauschal berechneten Arbeitgeberbeiträge im Laufe der Zeit, um den Gesamtbetrag der Kosten der zugesagten Renten zu decken. Sie sind ausserdem für weibliche Arbeitnehmer höher als für männliche Arbeitnehmer, da im Rahmen des Systems der Finanzierung durch Kapitalansammlung versicherungsmathematische Faktoren berücksichtigt werden, die auf der je nach Geschlecht unterschiedlichen Lebenserwartung beruhen.

11 Mit einer Ausnahme handelt es sich bei allen Rentensystemen des Coloroll-Konzerns um betriebliche Systeme, die an die Stelle des staatlichen einkommensabhängigen Rentensystems getreten sind (contracted-out of the State Earnings Related Pension Scheme), wobei eine Rente nach dem letztgenannten System zur gesetzlichen Grundrente hinzukommt und auf Beitragszahlungen an dieses System beruht. Die Ersetzung des staatlichen Systems bedeutet, daß die Systeme des Coloroll-Konzerns für den an die Höhe des Gehalts jedes Arbeitnehmers geknüpften Teil der Beiträge und Leistungen an dessen Stelle treten. Die ihnen angeschlossenen Personen zahlen daher an das staatliche System lediglich ermässigte Beiträge, die sich nach den vom Staat erwarteten Einsparungen richten, und gleichzeitig Beiträge an das betriebliche System, das jedoch sicherstellen muß, daß die ihm angeschlossenen Personen Leistungen erhalten, die insgesamt gesehen denen vergleichbar sind, die sie vom staatlichen System erhalten würden, wenn dieses für sie gelten würde.

12 Wie sich aus dem Vorlagebeschluß ergibt, müssen die Treuhänder nach dem finanziellen Zusammenbruch des Coloroll-Konzerns im Jahr 1990 und der Einleitung des Konkursverfahrens für einige der ihm angehörenden Gesellschaften deren Rentensysteme liquidieren und ihr Vermögen verteilen. Dies erfordert eine abschließende Feststellung sämtlicher Schulden dieser Systeme, die Verwendung ihres Vermögens für die Zahlung von Renten und anderen Leistungen und die Verteilung etwaiger Überschüsse.

13 Da die Treuhänder über Hunderte von Fällen angeschlossener Personen zu entscheiden haben, die Ansprüche auf Renten und Leistungen unterschiedlichster Art erheben, möchten sie wissen, ob die in der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses enthaltenen Vorschriften, die im übrigen recht detailliert sind, mit Artikel 119 EWG-Vertrag in der im Urteil Barber vorgenommenen Auslegung vereinbar sind und ob insbesondere die dort festgelegte zeitliche Beschränkung der unmittelbaren Wirkung dieser Bestimmung im vorliegenden Fall gilt.

14 Wie oben ausgeführt wurde, sehen alle fraglichen Systeme sowohl hinsichtlich des normalen Rentenalters als auch hinsichtlich der versicherungsmathematischen Faktoren, die in den verschiedenen Fällen der Entscheidung für die Zahlung von Kapitalbeträgen heranzuziehen sind, die Anwendung je nach Geschlecht unterschiedlicher Vorschriften vor. Ausserdem weisen zwei dieser Systeme die Besonderheit auf, daß ihnen keine Frauen angeschlossen sind.

15 Unter diesen Umständen beschlossen die Treuhänder, beim High Court ein Musterverfahren einzuleiten, um im Rahmen der allgemeinen Zuständigkeit dieses Gerichts für die Aufsicht über Treuhandverhältnisse die erforderlichen Anweisungen zu erhalten. Zu diesem Zweck benannten die im Verfahren als Kläger auftretenden Treuhänder als Beklagte eine Reihe von Personen, die so ausgewählt wurden, daß sie die verschiedenen betroffenen Belange repräsentieren.

16 Der High Court hat es daraufhin für zweckmässig angesehen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1) (1) Können sich (a) Arbeitnehmer und (b) Angehörige dieser Arbeitnehmer in bezug auf Leistungsansprüche im Rahmen eines Rentensystems auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft berufen, wenn derartige Ansprüche nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die Treuhänder des Systems geltend gemacht werden?

(2) Können sich (a) Arbeitnehmer und (b) Angehörige dieser Arbeitnehmer in bezug auf ein Rentensystem auf die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 berufen,

(i) um von den Treuhändern zu verlangen, das System so zu handhaben, als ob die Vorschriften seiner Satzung (ungeachtet ihrer tatsächlichen Formulierung) in der Weise geändert worden wären, daß sie den in Artikel 119 verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts dadurch widerspiegeln, daß sie sicherstellen, daß die im Rahmen des Systems an diese Arbeitnehmer und/oder Angehörigen zu zahlenden Leistungen angeglichen werden, oder

(ii) um vom Arbeitgeber (wenn es ihn noch gibt) und/oder von den Treuhändern zu verlangen, von ihren etwaigen Befugnissen entweder durch eine Änderung der Satzung des Systems oder auf andere Weise Gebrauch zu machen, um sicherzustellen, daß die im Rahmen des Systems zu zahlenden Leistungen dem Grundsatz des gleichen Entgelts entsprechen?

Falls Frage (i) oder Frage (ii) zu bejahen ist:

(iii) Gebietet der Gleichheitssatz, daß die Leistungen der Angehörigen des benachteiligten Geschlechts in allen Fällen erhöht werden, oder ist es mit Artikel 119 vereinbar, wenn die Leistungen der Angehörigen des anderen Geschlechts gekürzt werden?

(3) Wenn die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber den Treuhändern des Systems geltend gemacht werden kann, welches Verhältnis besteht dann zwischen den Pflichten des Systems und denen des Arbeitgebers?

Insbesondere:

(i) Kann vom Arbeitgeber verlangt werden, weitere Mittel an die Treuhänder des Systems zu zahlen?

(ii) Kann der Arbeitgeber, wenn das Treuhandvermögen des Systems Überschüsse enthält, verlangen, daß Verpflichtungen aufgrund von Artikel 119 zunächst ° je nach Lage des Falles ° ganz oder teilweise mit Hilfe der Überschüsse erfuellt werden?

(iii) Haben die Treuhänder Mittel für zusätzliche Ansprüche aus dem Vermögen des Systems bereitzustellen, wenn gegen den Arbeitgeber kein Anspruch erhoben worden ist oder wenn der Arbeitgeber nichts unternommen hat, um einen solchen Anspruch zu befriedigen oder für ihn Vorsorge zu treffen?

(4) Wirkt es sich auf die Antworten auf die Abschnitte (1), (2) und (3) dieser Frage aus (und, wenn ja, wie),

(a) daß die von den Treuhändern verwalteten Mittel nicht ausreichen, um alle Kosten zu decken, die dadurch entstehen, daß die Leistungen angeglichen werden, damit sie dem in Artikel 119 verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts entsprechen, oder

(b) daß der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, den Treuhändern des Systems weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, oder

(c) daß die Angleichung der Leistungen dazu führen wird oder kann, daß Gleichheit für eine Gruppe von Leistungsempfängern (zum Beispiel Personen, die eine Rente beziehen) nur erreicht wird, wenn die Leistungen einer anderen Gruppe (zum Beispiel derzeitige Arbeitnehmer, die dem System angehören) gekürzt werden?

2) Was sind in bezug auf Leistungsansprüche im Rahmen eines an die Stelle des gesetzlichen Rentensystems getretenen betrieblichen Systems die genauen Auswirkungen von Nr. 5 des Tenors des Urteils in der Rechtssache C-262/88 (Barber), der lautet: "Niemand kann sich auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag berufen, um mit Wirkung von einem vor Erlaß des vorliegenden Urteils liegenden Zeitpunkt einen Rentenanspruch geltend zu machen; dies gilt nicht für Arbeitnehmer oder deren anspruchsberechtigte Angehörige, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben"? Insbesondere (und vorbehaltlich der Ausnahme in bezug auf Klagen, die vor Erlaß des Urteils Barber erhoben wurden):

(1) Können sich Arbeitnehmer auf die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 EWG-Vertrag in bezug auf einen solchen Anspruch

(a) nur hinsichtlich einer Beschäftigung am oder nach dem 17. Mai 1990 (dem Tag des Erlasses des Urteils) oder

(b) auch hinsichtlich einer Beschäftigung vor dem 17. Mai 1990 berufen und, wenn ja, in bezug auf den gesamten Zeitraum einer solchen Beschäftigung oder in bezug auf einen und, wenn ja, welchen Teil davon?

(2) Falls Frage (1) mit (b) zu beantworten ist, können sich dann auf Artikel 119 EWG-Vertrag in bezug auf einen solchen Anspruch

(a) nur Arbeitnehmer berufen, deren Beschäftigung im Rahmen des Systems am oder nach dem 17. Mai 1990 endete, oder können dies

(b) auch Arbeitnehmer,

(i) deren Beschäftigung im Rahmen des Systems vor dem 17. Mai 1990 endete und die nach der Satzung des Systems vor dem 17. Mai 1990 Anspruch auf Rentenzahlungen hatten,

(ii) deren Beschäftigung im Rahmen des Systems vor dem 17. Mai 1990 endete, die aber nach der Satzung des Systems erst am oder nach dem 17. Mai 1990 Anspruch auf Rentenzahlungen hatten (Fall einer Rente mit aufgeschobener Fälligkeit)?

(3) Falls Frage (2) mit (b) (i) zu beantworten ist, können sich diese Arbeitnehmer dann auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 nur in bezug auf am oder nach dem 17. Mai 1990 fällige Rentenzahlungen berufen oder auch in bezug auf vor diesem Zeitpunkt fällige Rentenzahlungen?

(4) Gelten die in Beantwortung der Fragen (1) bis (3) aufgestellten Grundsätze auch für Leistungsansprüche der Angehörigen von Arbeitnehmern? Inwieweit und für welche Beschäftigungszeit sind insbesondere (a) am oder nach dem 17. Mai 1990 verwitwete und (b) vor dem 17. Mai 1990 verwitwete Witwen und Witwer berechtigt, sich in bezug auf Ansprüche auf Leistungen für Hinterbliebene auf die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 zu berufen?

(5) Gelten die in Beantwortung der Fragen (1) bis (4) aufgestellten Grundsätze für Leistungen, die nicht von der Dauer der tatsächlichen rentenfähigen Beschäftigungszeit abhängen, und wenn ja, in welcher Weise?

3) Gelten die in Beantwortung der Frage 2 aufgestellten Grundsätze in gleicher Weise für Rentensysteme und Beschäftigungszeiten, die nicht an die Stelle gesetzlicher Systeme und Beschäftigungszeiten getreten sind?

4) Ist es mit Artikel 119 vereinbar, wenn im Rahmen eines Rentensystems Leistungen oder Zahlungen vorgesehen sind, die anhand versicherungsmathematischer Erwägungen berechnet werden (insbesondere unter Einschluß versicherungsmathematischer Annahmen in bezug auf die Lebenserwartung), die zu unterschiedlichen Ergebnissen für Männer und Frauen führen?

Insbesondere:

(a) Können derartige Erwägungen bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigt werden, die einem Arbeitnehmer gewährt werden

(i) in bezug auf den Kapitalbetrag, der im Wege der Umwandlung eines Teils der jährlichen Rente zu zahlen ist,

(ii) in bezug auf eine Rente, die einem Angehörigen als Ausgleich für den Verzicht auf einen Teil der jährlichen Rente zu zahlen ist,

(iii) in Form einer gekürzten Rente, wenn sich der Arbeitnehmer dafür entscheidet, früher in den Ruhestand zu treten und bereits vor Erreichen des normalen Rentenalters Rentenzahlungen zu erhalten?

(b) Sind die Treuhänder eines Systems, wenn sie einem Dritten einen Kapitalbetrag zahlen, um die Erbringung von Rentenleistungen durch diesen Dritten an einen Arbeitnehmer oder einen Angehörigen sicherzustellen, für den der Kapitalbetrag gezahlt wird, berechtigt oder verpflichtet,

(i) einen Kapitalbetrag zu zahlen, der für Männer und Frauen gleich ist, mit dem aber Ansprüche auf Rentenleistungen erworben werden, die für Männer und Frauen nicht gleich sind,

(ii) in anderer Weise vorzugehen und, wenn ja, wie?

(c) Sind die Treuhänder eines Systems im Hinblick auf die Antworten auf die Fragen (a) und (b) in Verbindung mit den Antworten auf Frage 2 verpflichtet, Festsetzungen, die sie anhand derartiger versicherungsmathematischer Erwägungen getroffen haben, in bezug auf vor dem 17. Mai 1990 liegende Ereignisse zu überprüfen und neu zu berechnen und, wenn ja, für welchen Zeitraum?

5) (1) Gilt der in Artikel 119 verankerte Gleichheitssatz in Fällen, in denen ein Rentensystem nicht ausschließlich durch Arbeitgeberbeiträge, sondern auch durch Arbeitnehmerbeiträge finanziert wird, wobei es sich um (i) Beiträge, zu denen die Arbeitnehmer nach der Satzung des Systems verpflichtet sind, und/oder (ii) freiwillige zusätzliche Beiträge zu den nach der Satzung des Systems vorgeschriebenen Beiträgen handelt,

(a) nur für Leistungen, die aus dem Vermögen des Fonds zu zahlen sind, das den Arbeitgeberbeiträgen zuzuordnen ist, oder

(b) auch für Leistungen, die aus dem Vermögen des Fonds zu zahlen sind, das (i) normalen Beiträgen zum System und/oder (ii) zusätzlichen freiwilligen Beiträgen zuzuordnen ist?

(2) Wenn ein Arbeitnehmer von einem System zu einem anderen gewechselt ist (zum Beispiel bei einem Arbeitsplatzwechsel) und das ihn aufnehmende System gegen eine Transferzahlung der Treuhänder des erstgenannten Systems die Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen übernommen hat, gilt dann Artikel 119 mit der Folge, daß das System verpflichtet ist, diese Leistungen zu erhöhen, wenn dies erforderlich ist, um dem Gleichheitssatz Genüge zu tun? Wenn ja, in welcher Form gelten in derartigen Fällen die in der Antwort auf Frage 2 aufgestellten Grundsätze?

6) Gilt Artikel 119 für Rentensysteme, denen immer nur Angehörige eines Geschlechts angeschlossen waren, mit der Folge, daß eine angeschlossene Person einen Anspruch auf die zusätzlichen Leistungen erhält, auf die sie aufgrund von Artikel 119 Anspruch gehabt hätte, wenn dem System ein oder mehrere Angehörige des anderen Geschlechts angeschlossen gewesen wären?

Zum ersten Abschnitt der ersten Frage

17 Mit dem ersten Abschnitt der ersten Frage möchte der High Court zum einen wissen, ob sich die anspruchsberechtigten Angehörigen des Arbeitnehmers ebenso wie der Arbeitnehmer selbst auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag berufen können, und zum anderen, ob eine Berufung auf diesen Artikel nicht nur gegenüber dem Arbeitgeber, sondern auch gegenüber den Treuhändern eines Betriebsrentensystems möglich ist.

18 Zum ersten Teil der Frage ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof im Urteil vom 6. Oktober 1993 in der Rechtssache C-109/91 (Ten Över, Slg. 1993, I-4879) anerkannt hat, daß eine in einem Betriebsrentensystem vorgesehene Hinterbliebenenrente in den Anwendungsbereich von Artikel 119 fällt. Wie er hinzugefügt hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen, daß die genannte Rente ihrem Begriff gemäß nicht dem Arbeitnehmer, sondern seinem Hinterbliebenen gezahlt wird, da eine solche Leistung eine Vergütung ist, die ihren Ursprung in der Zugehörigkeit des Ehegatten des Hinterbliebenen zu dem Rentensystem hat, so daß der Hinterbliebene den Rentenanspruch im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zwischen seinem Ehegatten und dessen Arbeitgeber erwirbt und ihm die Rente aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses seines Ehegatten gezahlt wird (Randnr. 13).

19 Da der Anspruch auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente mit dem Tod des dem System angeschlossenen Arbeitnehmers entsteht, ist folglich der Hinterbliebene der einzige, der ihn geltend machen kann. Wenn ihm diese Möglichkeit versagt würde, würde Artikel 119 in bezug auf Hinterbliebenenrenten jede praktische Wirksamkeit genommen.

20 Zur Frage, ob eine Berufung auf Artikel 119 gegenüber den Treuhändern eines Betriebsrentensystems möglich ist, ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof im Urteil Barber im Anschluß an die Feststellung, daß die von solchen Systemen gezahlten Renten in den Anwendungsbereich von Artikel 119 fallen, ausgeführt hat, daß sich an diesem Ergebnis auch dann nichts ändert, wenn das System treuhänderisch ausgestaltet ist und von Treuhändern verwaltet wird, die vom Arbeitgeber formal unabhängig sind, da Artikel 119 auch für Vergütungen gilt, die der Arbeitgeber mittelbar zahlt (Randnrn. 28 und 29).

21 Der Arbeitgeber kann sich den ihm gemäß Artikel 119 obliegenden Verpflichtungen folglich nicht dadurch entziehen, daß er das Betriebsrentensystem in der Rechtsform eines Treuhandverhältnisses ausgestaltet.

22 Die Treuhänder ihrerseits sind, obwohl am Arbeitsverhältnis nicht beteiligt, mit der Erbringung von Leistungen betraut, die dadurch ihren Charakter als Entgelt im Sinne von Artikel 119 nicht verlieren. Sie sind deshalb verpflichtet, alles in ihrer Zuständigkeit Liegende zu tun, um die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung auf diesem Gebiet sicherzustellen.

23 Die Verpflichtungen der Treuhänder gegenüber den dem System angeschlossenen Personen und deren anspruchsberechtigten Angehörigen sind zwar in der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses festgelegt, das dem nationalen Recht untersteht. Wie das Vereinigte Königreich zu Recht geltend gemacht hat, würde die praktische Wirksamkeit von Artikel 119 jedoch beträchtlich geschmälert und der für eine wirkliche Gleichstellung notwendige Rechtsschutz stark eingeschränkt, wenn sich ein Arbeitnehmer oder seine anspruchsberechtigten Angehörigen auf diese Bestimmung nur gegenüber dem Arbeitgeber berufen könnten und nicht gegenüber den Treuhändern, die ausdrücklich mit der Erfuellung der Verpflichtungen des Arbeitgebers betraut sind.

24 Auf den ersten Abschnitt der ersten Frage ist daher zu antworten, daß sich sowohl die Arbeitnehmer als auch ihre anspruchsberechtigten Angehörigen gegenüber den Treuhändern eines Betriebsrentensystems, die im Rahmen ihrer in der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses festgelegten Befugnisse und Pflichten den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten haben, auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag berufen können.

Zum zweiten Abschnitt der ersten Frage

25 In ihrem zweiten Abschnitt geht die erste Frage des vorlegenden Gerichts dahin, ob die Treuhänder, falls bestimmte Vorschriften des Systems mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts unvereinbar sind, das System unter Ausserachtlassung dieser Vorschriften handhaben müssen oder ob der Arbeitgeber und die Treuhänder diese Vorschriften ändern müssen, um sie mit Artikel 119 in Einklang zu bringen. Das Gericht fragt ausserdem, ob die Erhöhung der Leistungen für die benachteiligte Gruppe das einzige Mittel zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung ist oder ob diese auch durch die Kürzung der Leistungen für die bevorzugte Gruppe erreicht werden kann.

26 Zum ersten Teil der Frage ist darauf hinzuweisen, daß der Grundsatz des gleichen Entgelts zu den Grundlagen der Gemeinschaft gehört und daß Artikel 119 für die Bürger Rechte begründet, die die nationalen Gerichte zu gewährleisten haben. Angesichts des zwingenden Charakters dieser Bestimmung ist das Verbot der diskriminierenden Ungleichbehandlung von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern nicht nur für die Behörden verbindlich, sondern erstreckt sich auch auf Verträge zwischen Privatpersonen und alle Tarifverträge zur kollektiven Regelung der abhängigen Erwerbstätigkeit (vgl. Urteil vom 8. April 1976 in der Rechtssache 43/75, Defrenne, Slg. 1976, 455, Randnrn. 12 und 39).

27 Unter diesen Umständen kann den Arbeitgebern und den Treuhändern nicht gestattet werden, sich auf Vorschriften des Rentensystems oder der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses zu berufen, um sich ihrer Verpflichtung zu entziehen, den Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich des Entgelts zu gewährleisten.

28 Wenn die insoweit geltenden Vorschriften des nationalen Rechts es den Arbeitgebern und den Treuhändern untersagen, über ihre Befugnisse hinaus oder unter Verstoß gegen Bestimmungen der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses tätig zu werden, so sind sie verpflichtet, von allen vom innerstaatlichen Recht zur Verfügung gestellten Mitteln, wie einer Klage vor den nationalen Gerichten, Gebrauch zu machen, um die Beachtung des Gleichheitssatzes sicherzustellen; dies gilt insbesondere dann, wenn ° wie es hier der Fall zu sein scheint ° ihr Tätigwerden erforderlich ist, um Änderungen der Bestimmungen des Rentensystems oder der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses vorzunehmen.

29 Im übrigen haben nach ständiger Rechtsprechung die nationalen Gerichte den Rechtsschutz zu gewährleisten, der sich für die Bürger aus der unmittelbaren Wirkung der Bestimmungen des EWG-Vertrags ergibt (vgl. Urteil vom 19. Juni 1990 in der Rechtssache C-213/89, Factortame u. a., Slg. 1990, I-2433, Randnr. 19). Dabei obliegt es ihnen speziell im Rahmen von Artikel 119, die anwendbaren innerstaatlichen Bestimmungen unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden; soweit eine solche gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist, dürfen sie entgegenstehende innerstaatliche Vorschriften nicht anwenden (vgl. Urteil vom 4. Februar 1988 in der Rechtssache 157/86, Murphy u. a., Slg. 1988, 673, Randnr. 11).

30 Zum zweiten Teil der Frage, der die Methode zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof in Randnummer 15 des angeführten Urteils Defrenne im Kontext eines Ausgangsverfahrens, in dem es um einen Entschädigungsanspruch aufgrund einer Diskriminierung bei der Entlohnung ging, unter Hinweis auf die Verknüpfung des Artikels 119 mit der Angleichung der Arbeitsbedingungen auf dem Wege des Fortschritts den Einwand zurückgewiesen hat, daß dieser Artikel auf andere Weise als durch eine Anhebung der niedrigeren Löhne und Gehälter befolgt werden könne.

31 Ferner hat der Gerichtshof im Urteil vom 7. Februar 1991 in der Rechtssache C-184/89 (Nimz, Slg. 1991, I-297, Randnrn. 18 bis 20) ausgeführt, daß das nationale Gericht gehalten ist, jede diskriminierende nationale Bestimmung unangewendet zu lassen, ohne daß es ihre vorherige Beseitigung durch Tarifverhandlungen oder irgendein verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste, und daß es auf die Angehörigen der benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung anzuwenden hat, wie sie für die übrigen Arbeitnehmer gilt, wobei diese Regelung, solange Artikel 119 EWG-Vertrag im innerstaatlichen Recht nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist, das einzige gültige Bezugssystem bleibt.

32 Sobald der Gerichtshof eine Diskriminierung im Bereich des Entgelts festgestellt hat und solange im Rahmen des Rentensystems die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung nicht getroffen worden sind, kann folglich die Beachtung des Artikels 119 nur dadurch sichergestellt werden, daß den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie sie den Angehörigen der bevorzugten Gruppe zustehen.

33 Etwas anderes gilt für die nach dem Inkrafttreten der Vorschriften zur Beseitigung der Diskriminierung zurückgelegten Beschäftigungszeiten, da Maßnahmen, durch die die Gleichbehandlung im Wege der Einschränkung der Vergünstigungen der bis dahin bevorzugten Personen wiederhergestellt wird, nicht gegen Artikel 119 verstossen. Artikel 119 verlangt nämlich nur, daß Männer und Frauen bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt erhalten, ohne aber eine bestimmte Höhe vorzuschreiben.

34 Was schließlich vor dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des Urteils Barber, liegende Beschäftigungszeiten anbelangt, so genügt der Hinweis, daß ° wie nachfolgend bei der Beantwortung der zweiten Frage näher dargelegt wird ° in diesem Urteil die Anwendbarkeit von Artikel 119 auf Rentenleistungen, die aufgrund solcher Zeiten geschuldet werden, ausgeschlossen wurde, so daß die Arbeitgeber und die Treuhänder nicht mehr verpflichtet sind, für diese Leistungen die Gleichbehandlung sicherzustellen.

35 Folglich sah das Gemeinschaftsrecht für diese Zeiten keine Verpflichtung vor, die Maßnahmen rechtfertigen könnte, durch die die Frauen gewährten Vergünstigungen nachträglich eingeschränkt werden.

36 Auf den zweiten Abschnitt der ersten Frage ist daher wie folgt zu antworten: Wenn das nationale Recht dem Arbeitgeber und dem Treuhänder untersagt, über ihre jeweiligen Befugnisse hinaus oder unter Verstoß gegen Bestimmungen der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses tätig zu werden, so sind sie verpflichtet, von allen vom innerstaatlichen Recht zur Verfügung gestellten Mitteln, wie einer Klage vor den nationalen Gerichten, Gebrauch zu machen, um jegliche Diskriminierung im Bereich des Entgelts zu beseitigen. Für zwischen der Feststellung der Diskriminierung durch den Gerichtshof und dem Inkrafttreten der Maßnahmen zu ihrer Beseitigung zurückgelegte Beschäftigungszeiten erfordert im übrigen eine ordnungsgemässe Durchführung des Grundsatzes des gleichen Entgelts, daß den benachteiligten Arbeitnehmern dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie sie den übrigen Arbeitnehmern zugute kamen. Für Beschäftigungszeiten nach dem Inkrafttreten der genannten Maßnahmen steht Artikel 119 dagegen einer Wiederherstellung der Gleichheit durch Kürzung der Vergünstigungen, die den bevorzugten Arbeitnehmern zugute kamen, nicht entgegen. Was schließlich vor dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des Urteils Barber, liegende Beschäftigungszeiten anbelangt, so sah das Gemeinschaftsrecht keine Verpflichtung vor, die Maßnahmen rechtfertigen könnte, durch die die den bevorzugten Arbeitnehmern gewährten Vergünstigungen nachträglich eingeschränkt werden.

Zum dritten Abschnitt der ersten Frage

37 Mit dem dritten Abschnitt der ersten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof, sich zu den jeweiligen Pflichten der Arbeitgeber und der Treuhänder für den Fall zu äussern, daß die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag gegenüber beiden geltend gemacht werden kann.

38 Artikel 119 erlegt den Arbeitgebern zwar eine Erfolgspflicht auf, nach der Männer und Frauen bei gleicher Arbeit das gleiche Entgelt erhalten müssen; weder dieser Artikel noch eine andere Gemeinschaftsvorschrift regeln aber die Art und Weise der Erfuellung dieser Pflicht durch die Arbeitgeber und ° im Rahmen ihrer Befugnisse ° durch die Treuhänder eines Betriebsrentensystems.

39 Folglich kann sich das nationale Gericht, das die Aufgabe hat, darüber zu wachen, daß die genannte Erfolgspflicht stets erfuellt wird, dabei sämtlicher Mittel bedienen, die ihm das innerstaatliche Recht zur Verfügung stellt. So kann es entscheiden, daß der Arbeitgeber zusätzliche Beträge an das System zahlen muß, daß jeder aufgrund von Artikel 119 geschuldete Betrag zunächst aus etwaigen Überschüssen dieses Systems zu leisten ist oder daß die Beträge, auf die die angeschlossenen Personen Anspruch haben, von den Treuhändern aus dem Vermögen des Systems bereitzustellen sind, selbst wenn gegen den Arbeitgeber kein Anspruch erhoben worden ist oder wenn dieser auf einen solchen Anspruch nicht reagiert hat.

40 Auf den dritten Abschnitt der ersten Frage ist daher zu antworten, daß das nationale Gericht unter Berücksichtigung der Pflichten, die die Arbeitgeber und die Treuhänder nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben, über die ordnungsgemässe Durchführung von Artikel 119 zu wachen hat.

Zum vierten Abschnitt der ersten Frage

41 Mit dem vierten Abschnitt der ersten Frage fragt das vorlegende Gericht, welche Auswirkungen es auf die Antworten auf die ersten drei Abschnitte dieser Frage hat, wenn die von den Treuhändern verwalteten Mittel für die Angleichung der Leistungen nicht ausreichen.

42 Insoweit genügt der Hinweis, daß die Tatsache, daß die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts mit Schwierigkeiten verbunden ist, die sich aus der Unzulänglichkeit der von den Treuhändern verwalteten Mittel oder dem Unvermögen des Arbeitgebers ergeben, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, ein Problem des nationalen Rechts ist und keinen Einfluß auf die Antworten auf die vorangegangenen Fragen haben kann. Wie das Vereinigte Königreich zu Recht betont hat, ist das nationale Recht jedoch im Lichte dieses Grundsatzes anzuwenden.

43 Auf den vierten Abschnitt der ersten Frage ist daher zu antworten, daß etwaige Probleme, die sich aus der Unzulänglichkeit der von den Treuhändern verwalteten Mittel für die Angleichung der Leistungen ergeben, auf der Grundlage des nationalen Rechts und im Lichte des Grundsatzes des gleichen Entgelts zu lösen sind und die Antworten auf die vorstehenden Fragen nicht beeinflussen können.

Zum ersten Abschnitt der zweiten Frage

44 Mit dem ersten Abschnitt der zweiten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof, sich zur genauen Tragweite der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber zu äussern.

45 Wie der Gerichtshof bereits im Urteil Ten Över ausgeführt hat, genügt hierzu der Hinweis, daß diese Beschränkung im konkreten Kontext von Leistungen (nämlich Renten) ausgesprochen wurde, die im Rahmen betrieblicher Systeme vorgesehen sind und die als Entgelt im Sinne von Artikel 119 EWG-Vertrag qualifiziert wurden (Randnr. 16).

46 Diese Entscheidung trug der Besonderheit dieser Form des Entgelts Rechnung, die in einer zeitlichen Trennung zwischen der Entstehung des Rentenanspruchs, zu der es nach und nach im Laufe des Arbeitslebens eines Arbeitnehmers kommt, und der tatsächlichen Gewährung der Leistung, die demgegenüber bis zur Erreichung eines bestimmten Alters hinausgeschoben ist, besteht (Randnr. 17).

47 Der Gerichtshof hat ebenfalls die Merkmale der finanziellen Mechanismen der beruflichen Renten und damit die rechnerischen Beziehungen berücksichtigt, die in jedem Einzelfall zwischen den regelmässigen Beiträgen und den in der Zukunft zu zahlenden Beträgen bestehen (Randnr. 18).

48 Auch angesichts der Gründe, die die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber gerechtfertigt haben und die in Randnummer 44 dieses Urteils dargelegt sind, ist darauf hinzuweisen, daß die Gleichbehandlung auf dem Gebiet der beruflichen Renten nur für Leistungen geltend gemacht werden kann, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses dieses Urteils, geschuldet werden, vorbehaltlich der Ausnahme, die für Arbeitnehmer oder deren anspruchsberechtigte Angehörige vorgesehen ist, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben (Randnr. 19).

49 Auf den ersten Abschnitt der zweiten Frage ist daher zu antworten, daß gemäß dem Urteil Barber die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag zur Stützung der Forderung nach Gleichbehandlung auf dem Gebiet der beruflichen Renten nur für Leistungen geltend gemacht werden kann, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 geschuldet werden, vorbehaltlich der Ausnahme, die für Arbeitnehmer oder deren anspruchsberechtigte Angehörige vorgesehen ist, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben.

Zum zweiten und dritten Abschnitt der zweiten Frage

50 Der zweite und dritte Abschnitt der zweiten Frage sind gegenstandslos, da sie von der Annahme ausgehen, daß der erste Abschnitt anders als geschehen, nämlich so beantwortet wird, daß die Forderung nach Gleichbehandlung auch für Leistungen geltend gemacht werden kann, die für Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990 geschuldet werden.

Zum vierten Abschnitt der zweiten Frage

51 In ihrem vierten Abschnitt geht die zweite Frage dahin, ob und in welcher Weise die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber für Hinterbliebenenrenten gilt.

52 Wie oben in Randnummer 18 dargelegt wurde, fallen im Rahmen von Betriebsrentensystemen vorgesehene Hinterbliebenenrenten in den Anwendungsbereich von Artikel 119.

53 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die Hinterbliebenenrenten ebenso wie die Festsetzung des Rentenalters zu den in Artikel 9 der Richtlinie 86/378/EWG des Rates vom 24. Juli 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit (ABl. L 225, S. 40) vorgesehenen Ausnahmen gehören. Gerade aufgrund der Existenz dieser Ausnahmen ist der Gerichtshof aber zu der Auffassung gelangt, daß die Mitgliedstaaten und die Betroffenen vernünftigerweise annehmen durften, daß Artikel 119 in diesem Bereich nicht anwendbar sei, und hat demgemäß die Wirkungen des Urteils Barber zeitlich beschränkt (Randnrn. 42 und 43).

54 Diese Beschränkung ist somit auch auf Hinterbliebenenrenten anwendbar.

55 Da die Hinterbliebenenrente eine Vergütung ist, die ihren Ursprung in der Zugehörigkeit des Ehegatten des Hinterbliebenen zum Betriebsrentensystem hat, so daß der Hinterbliebene den Rentenanspruch im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zwischen seinem Ehegatten und dessen Arbeitgeber erwirbt, und da sie durch Beiträge finanziert wird, die der Ehegatte während seines Erwerbslebens gezahlt hat, kann ein Hinterbliebener Gleichbehandlung in diesem Bereich nur für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 fordern.

56 Auf den vierten Abschnitt der zweiten Frage ist daher zu antworten, daß die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber für Hinterbliebenenrenten gilt und daß Gleichbehandlung in diesem Bereich folglich nur für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 gefordert werden kann.

Zum fünften Abschnitt der zweiten Frage

57 Mit dem fünften Abschnitt der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob und in welcher Weise die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber für Leistungen aufgrund von betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit gilt, die nicht von der Dauer der tatsächlichen Beschäftigungszeit abhängen.

58 Wie sich aus den Akten ergibt, beziehen sich die Zweifel des vorlegenden Gerichts auf Leistungen wie die Zahlung eines Pauschalbetrags im Fall des Todes eines Arbeitnehmers bei laufendem Arbeitsverhältnis.

59 Da eine derartige Leistung nur darauf beruht, daß zum Zeitpunkt des sie auslösenden Ereignisses ein Beschäftigungsverhältnis besteht, und es nicht auf die Dauer der vorangegangenen Beschäftigungszeiten ankommt, genügt insoweit der Hinweis, daß die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber nur für die Fälle gilt, in denen dieses Ereignis vor dem 17. Mai 1990 eingetreten ist. Nach diesem Zeitpunkt sind solche Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu gewähren, ohne daß zwischen vor und nach dem Urteil Barber liegenden Beschäftigungszeiten zu unterscheiden ist.

60 Auf den fünften Abschnitt der zweiten Frage ist daher zu antworten, daß die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber für Leistungen, die nicht von der Dauer der tatsächlichen Beschäftigungszeit abhängen, nur dann gilt, wenn das sie auslösende Ereignis vor dem 17. Mai 1990 eingetreten ist.

Zur dritten Frage

61 Mit der dritten Frage ersucht der High Court den Gerichtshof um Auskunft darüber, ob das Urteil Barber und insbesondere die zeitliche Beschränkung seiner Wirkungen nicht nur betriebliche Systeme betrifft, die an die Stelle gesetzlicher Rentensysteme getreten sind, sondern auch solche, bei denen dies nicht der Fall ist.

62 Wie der Gerichtshof bereits im Urteil vom 14. Dezember 1993 in der Rechtssache C-110/91 (Moroni, Slg. 1993, I-6591) festgestellt hat, betrifft das Urteil Barber auch die deutschen ergänzenden betrieblichen Systeme, um die es in dieser Rechtssache ging.

63 Zur Begründung hat der Gerichtshof ausgeführt, daß es in dem dem Urteil Barber zugrunde liegenden Sachverhalt zwar um ein an die Stelle des gesetzlichen Systems getretenes betriebliches Rentensystem ging, daß er aber seine Entscheidung, daß die auf der Grundlage von Systemen dieser Art gezahlten Renten in den Anwendungsbereich von Artikel 119 fallen, auf dieselben Kriterien gestützt hat, die er auch in der früheren Rechtsprechung zur Unterscheidung zwischen gesetzlichen Systemen der sozialen Sicherheit und betrieblichen Versorgungssystemen herangezogen hat (Randnrn. 12 und 13).

64 So hat der Gerichtshof im Urteil vom 25. Mai 1971 in der Rechtssache 80/70 (Defrenne, Slg. 1971, 445, Randnrn. 7 und 8) festgestellt, daß unmittelbar durch Gesetz geregelte, keinerlei vertragliche Vereinbarungen innerhalb des Unternehmens oder in dem betroffenen Gewerbezweig zulassende Sozialversicherungssysteme oder -leistungen wie Altersrenten, die zwingend für allgemein umschriebene Gruppen von Arbeitnehmern gelten, nicht in den Entgeltbegriff im Sinne dieses Artikels einbezogen werden können. Denn diese Regelungen sichern den Arbeitnehmern Ansprüche aus gesetzlichen Systemen, an deren Finanzierung Arbeitnehmer, Arbeitgeber und gegebenenfalls die öffentliche Hand in einem Masse beteiligt sind, das weniger vom Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als von sozialpolitischen Erwägungen abhängt.

65 Im Urteil vom 13. Mai 1986 in der Rechtssache 170/84 (Bilka, Slg. 1986, 1607), das ein deutsches betriebliches System betraf, hat der Gerichtshof festgestellt, daß dieses System zwar entsprechend den vom nationalen Gesetzgeber erlassenen Bestimmungen ausgestaltet wurde, gleichwohl aber auf einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und den Vertretern seiner Arbeitnehmer beruht, das gesetzliche System der sozialen Sicherheit ergänzt und keinerlei Finanzierung durch die öffentliche Hand genießt. Ein System mit diesen Merkmalen fällt daher in den Anwendungsbereich des Artikels 119 EWG-Vertrag.

66 Unzweifelhaft werden aber alle diese Kriterien auch von betrieblichen Systemen erfuellt, die nicht an die Stelle gesetzlicher Rentensysteme getreten sind.

67 Auch sie beruhen nämlich entweder auf einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern oder ihren Vertretern oder auf einer einseitigen Entscheidung des Arbeitgebers. Sie werden ebenfalls ohne Beteiligung der öffentlichen Hand in vollem Umfang vom Arbeitgeber oder von diesem und den Arbeitnehmern gemeinsam finanziert.

68 Darüber hinaus gelten solche Systeme auch nicht zwingend für allgemein umschriebene Gruppen von Arbeitnehmern, sondern betreffen lediglich die Arbeitnehmer bestimmter Unternehmen, so daß sich die Zugehörigkeit zu ihnen notwendig aus dem Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Arbeitgeber ergibt. Zudem gelten für diese Systeme, auch wenn sie in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften errichtet wurden, jeweils eigene Regelungen.

69 Schließlich ist festzustellen, daß im Urteil Barber erstmals die Frage behandelt wurde, wie eine auf der Festsetzung eines je nach Geschlecht unterschiedlichen Rentenalters beruhende Ungleichbehandlung nach Artikel 119 zu beurteilen ist. Es steht jedoch fest, daß eine solche Unterscheidung keine Besonderheit der an die Stelle eines gesetzlichen Systems getretenen betrieblichen Systeme ist; sie findet sich ganz im Gegenteil auch bei den anderen Arten betrieblicher Systeme und hat die gleichen diskriminierenden Wirkungen.

70 Aus dem Vorstehenden folgt, daß die im Urteil Barber ausgesprochenen Grundsätze nicht so verstanden werden dürfen, als beschränke sich ihre Tragweite auf die an die Stelle des gesetzlichen Systems getretenen betrieblichen Systeme; sie betreffen vielmehr auch die betrieblichen Systeme, bei denen dies nicht der Fall ist, ebenso wie die deutschen ergänzenden betrieblichen Systeme, die Gegenstand des Urteils Moroni waren.

71 Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, daß die im Urteil Barber ausgesprochenen Grundsätze und insbesondere die zeitliche Beschränkung seiner Wirkungen nicht nur betriebliche Systeme betreffen, die an die Stelle gesetzlicher Rentensysteme getreten sind, sondern auch solche, bei denen dies nicht der Fall ist.

Zur vierten Frage

72 Mit der vierten Frage möchte der High Court im wesentlichen wissen, ob Artikel 119 der Berücksichtigung je nach Geschlecht unterschiedlicher versicherungsmathematischer Faktoren im Rahmen betrieblicher Versorgungssysteme entgegensteht und, wenn ja, wie in diesem Zusammenhang die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber anzuwenden ist.

73 Die fraglichen versicherungsmathematischen Faktoren hängen im wesentlichen mit demographischen Annahmen zusammen. Da Frauen im Durchschnitt länger leben als Männer, stellt ihre zukünftige Rente eine grössere Belastung dar als die der Männer und erfordert die Zahlung höherer Beiträge seitens des Arbeitgebers.

74 Die Berücksichtigung solcher versicherungsmathematischer Faktoren führt vor allem in den Fällen der Umwandlung eines Teils der Rente in einen Kapitalbetrag und der Übertragung erworbener Ansprüche dazu, daß männliche Arbeitnehmer Anspruch auf niedrigere Beträge haben als weibliche Arbeitnehmer.

75 Zur Beantwortung der Frage, ob derartige Unterschiede mit Artikel 119 vereinbar sind, ist zu prüfen, ob die Transferleistungen und die Kapitalbetragszahlungen Entgelte im Sinne dieses Artikels sind.

76 Wie der Gerichtshof im Urteil vom 22. Dezember 1993 in der Rechtssache C-152/91 (Neath, Slg. 1993, I-6935) bereits entschieden hat, fällt die Verwendung je nach Geschlecht unterschiedlicher versicherungsmathematischer Faktoren im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung von betrieblichen Versorgungssystemen mit feststehenden Leistungen nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 119 EWG-Vertrag.

77 Zur Begründung hat der Gerichtshof zunächst ausgeführt, daß der Begriff des Entgelts in Artikel 119 Absatz 2 alle gegenwärtigen und künftigen in bar oder als Sachleistungen gewährten Vergütungen umfasst, vorausgesetzt, daß sie der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt (Randnr. 28).

78 Er hat sodann festgestellt, daß dieses Begriffsverständnis davon ausgeht, daß sich der Arbeitgeber, und sei es einseitig, verpflichtet, seinen Arbeitnehmern bestimmte Leistungen zu zahlen oder besondere Vergütungen zu gewähren, und daß die Arbeitnehmer demgemäß erwarten, daß der Arbeitgeber ihnen diese Leistungen zahlt oder diese Vergütungen gewährt. Was sich nicht aus dieser Verpflichtung ergibt und worauf sich somit auch keine entsprechende Erwartung der Arbeitnehmer richtet, fällt folglich nicht unter den Begriff des Entgelts (Randnr. 29).

79 Im Rahmen betrieblicher Versorgungssysteme mit feststehenden Leistungen der im Urteil Neath und in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden Art bezieht sich die vom Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern eingegangene Verpflichtung aber auf die Zahlung einer Rente ab einem bestimmten Zeitpunkt, die nach Kriterien festgesetzt ist, die bereits bei der Übernahme der Verpflichtung bekannt waren, und die ein Entgelt im Sinne von Artikel 119 darstellt. Dagegen erstreckt sich diese Verpflichtung nicht notwendig auf die Modalitäten der Finanzierung, die zur Gewährleistung der regelmässigen Zahlung der Rente gewählt wurden; diese Modalitäten fallen somit nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 119 (Randnr. 30).

80 Da es sich um beitragsgebundene Systeme handelt, wird diese Finanzierung durch Beiträge der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sichergestellt. Die Arbeitnehmerbeiträge sind ein Bestandteil des Entgelts des Arbeitnehmers, da sie den Arbeitslohn, bei dem es sich definitionsgemäß um Entgelt handelt, unmittelbar beeinflussen (vgl. Urteil vom 11. März 1981 in der Rechtssache 69/80, Worringham, Slg. 1981, 767); sie müssen daher für männliche und weibliche Arbeitnehmer gleich hoch sein, was im Ausgangsverfahren der Fall ist. Etwas anderes gilt für die Arbeitgeberbeiträge, die dazu bestimmt sind, die zur Deckung der Kosten der zugesagten Renten unerläßliche finanzielle Grundlage zu ergänzen, und die damit deren zukünftige Zahlung gewährleisten, die den Gegenstand der vom Arbeitgeber eingegangenen Verpflichtung bildet (Randnr. 31).

81 Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, daß ° anders als die regelmässige Zahlung der Renten ° die Unterschiedlichkeit der im Rahmen von durch Kapitalansammlung finanzierten Systemen mit feststehenden Leistungen gezahlten Arbeitgeberbeiträge, die sich aus der Verwendung je nach Geschlecht unterschiedlicher versicherungsmathematischer Faktoren ergibt, nicht nach Artikel 119 beurteilt werden kann (Randnr. 32).

82 Diese Folgerung erstreckte sich nach Ansicht des Gerichtshofes notwendig auf die in den Vorlagefragen angesprochenen spezifischen Aspekte, die wie in der vorliegenden Rechtssache die Umwandlung eines Teils der Rente in einen Kapitalbetrag und die Übertragung von Rentenansprüchen betrafen, deren Wert sich nur nach Maßgabe der gewählten Finanzierungsmodalitäten bestimmen lässt (Randnr. 33).

83 Um die Fragen des High Court vollständig zu beantworten, ist hinzuzufügen, daß auch in den beiden anderen angesprochenen Fällen einer Rente, die einem Angehörigen als Ausgleich für den Verzicht auf einen Teil der jährlichen Rente zu zahlen ist, und einer gekürzten Rente, die der Arbeitnehmer erhält, wenn er sich dafür entscheidet, früher in den Ruhestand zu treten, die gewählten Finanzierungsmodalitäten nicht ausser acht gelassen werden können. Da diese nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 119 fallen, kann die auf der Verwendung versicherungsmathematischer Faktoren im Rahmen der Finanzierung des Systems beruhende Ungleichheit der Höhe dieser Leistungen nicht anhand dieses Artikels geprüft werden.

84 Angesichts dieser Erwägungen ist der Teil der vierten Frage, der sich auf die etwaige Anwendung der zeitlichen Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber auf den vorliegenden Fall bezieht, gegenstandslos.

85 Auf die vierte Frage ist daher zu antworten, daß die Verwendung je nach Geschlecht unterschiedlicher versicherungsmathematischer Faktoren im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung von betrieblichen Versorgungssystemen mit feststehenden Leistungen nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 119 EWG-Vertrag fällt. Ungleichheiten in der Höhe der Kapitalbetragszahlungen oder der Ersatzleistungen, deren Wert sich nur nach Maßgabe der Finanzierungsmodalitäten des Systems bestimmen lässt, können deshalb ebenfalls nicht anhand von Artikel 119 geprüft werden.

Zum ersten Abschnitt der fünften Frage

86 Mit dem ersten Abschnitt der fünften Frage möchte der High Court wissen, ob der in Artikel 119 verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung für alle von betrieblichen Systemen erbrachten Rentenleistungen gilt oder ob danach zu unterscheiden ist, welcher Art von Beiträgen die genannten Leistungen zuzuordnen sind, den Arbeitgeberbeiträgen oder den Arbeitnehmerbeiträgen, wobei letztere freiwillige oder Pflichtbeiträge sein können.

87 Der Gerichtshof hat im Urteil Barber festgestellt, daß Renten, die im Rahmen betrieblicher Systeme gezahlt werden, Vergütungen sind, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses zahlt, und daß sie daher als Entgelt im Sinne von Artikel 119 anzusehen sind, da sie ohne jede Beteiligung der öffentlichen Hand in vollem Umfang vom Arbeitgeber oder von diesem und den Arbeitnehmern gemeinsam finanziert werden (Randnr. 25).

88 Artikel 119 gilt folglich für alle Leistungen, die ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Betriebsrentensystems erhält, gleichgültig ob es sich um ein beitragsgebundenes oder ein beitragsfreies System handelt. Ob die Beiträge dem Arbeitgeber oder den Arbeitnehmern zuzurechnen sind, hat somit keinen Einfluß auf den für Betriebsrenten geltenden Entgeltbegriff; diese müssen in ihrer Gesamtheit und unabhängig davon, wodurch sie finanziert werden, dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechen.

89 Dies gilt um so mehr, als sich im vorliegenden Fall aus den Akten ergibt, daß die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerbeiträge nach ihrer Zahlung an das System buchhalterisch einheitlich verwaltet werden und nicht mehr voneinander getrennt werden können.

90 Etwas anderes gilt jedoch für etwaige zusätzliche Beiträge, die die Arbeitnehmer freiwillig zahlen, um zusätzliche Leistungen wie z. B. eine feste Zusatzrente für die angeschlossene Person oder ihre anspruchsberechtigten Angehörigen, einen steuerfreien Kapitalbetrag oder zusätzliche Kapitalleistungen im Todesfall zu erlangen.

91 Wie sich nämlich aus dem Vorlagebeschluß ergibt, werden diese zusätzlichen Leistungen gesondert und nur anhand des Wertes der gezahlten Beiträge berechnet, die in einen besonderen Fonds eingezahlt werden, der von den Treuhändern getrennt von dem Fonds verwaltet wird, in den die Beiträge des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer zum eigentlichen Betriebsrentensystem fließen.

92 Da ferner zu berücksichtigen ist, daß ° wie sich ebenfalls aus dem Vorlagebeschluß ergibt ° die betrieblichen Systeme gemäß Section 12 des Social Security Act 1986 (Gesetz über die soziale Sicherheit von 1986) nur verpflichtet sind, den erforderlichen organisatorischen Rahmen dafür zu schaffen, daß die ihnen angeschlossenen Personen auf Wunsch zusätzliche Beiträge zahlen können, um zusätzlich zu den Leistungen, auf die sie aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses Anspruch haben, weitere Leistungen zu erlangen, können derartige Leistungen nicht als Entgelt im Sinne von Artikel 119 qualifiziert werden.

93 Auf den ersten Abschnitt der fünften Frage ist deshalb zu antworten, daß der in Artikel 119 verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung für alle von betrieblichen Systemen erbrachten Rentenleistungen gilt, ohne daß danach zu unterscheiden ist, welcher Art von Beiträgen die genannten Leistungen zuzuordnen sind, den Arbeitgeberbeiträgen oder den Arbeitnehmerbeiträgen. Zusätzliche Leistungen, die auf freiwilligen Beitragszahlungen der Arbeitnehmer beruhen, fallen jedoch nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 119, soweit ein Betriebsrentensystem den ihm angeschlossenen Personen lediglich den erforderlichen organisatorischen Rahmen hierfür zur Verfügung stellt.

Zum zweiten Abschnitt der fünften Frage

94 In ihrem zweiten Abschnitt geht die fünfte Frage im wesentlichen dahin, ob bei einer Übertragung von Rentenansprüchen von einem betrieblichen System auf ein anderes aufgrund des Arbeitsplatzwechsels eines Arbeitnehmers das zweite System dann, wenn dieser Arbeitnehmer das Rentenalter erreicht, die Leistungen, zu deren Zahlung es sich durch die Zustimmung zu der genannten Übertragung verpflichtet hat, erhöhen muß, um die Artikel 119 zuwiderlaufenden nachteiligen Auswirkungen zu beseitigen, die sich für den Arbeitnehmer daraus ergeben, daß das übertragene Kapital aufgrund einer diskriminierenden Behandlung im Rahmen des ersten Systems unzureichend war.

95 Hierzu ist festzustellen, daß die sich aus Artikel 119 für den Arbeitnehmer ergebenden Ansprüche nicht dadurch beeinträchtigt werden können, daß er den Arbeitsplatz wechselt und sich einem neuen Rentensystem anschließen muß, auf das die erworbenen Rentenansprüche übertragen werden.

96 Der Arbeitnehmer hat folglich bei seinem Eintritt in den Ruhestand Anspruch darauf, daß ihm das System, dem er nunmehr angeschlossen ist, eine Rente zahlt, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung entspricht.

97 Falls sich zeigen sollte, daß dies ° insbesondere wegen unzureichender finanzieller Mittel ° nicht der Fall ist, muß das zahlende System grundsätzlich alles tun, um die Gleichheit wiederherzustellen, gegebenenfalls indem es die erforderlichen Beträge nach nationalem Recht von dem System einfordert, das nicht genügend Mittel übertragen hat.

98 Da der Gerichtshof jedoch im Urteil Barber die unmittelbare Wirkung des Artikels 119 in der Weise beschränkt hat, daß diese zur Stützung der Forderung nach Gleichbehandlung auf dem Gebiet der beruflichen Renten nur für Leistungen geltend gemacht werden kann, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 geschuldet werden, ist weder das System, das die Übertragung der Ansprüche vorgenommen hat, noch das System, auf das sie übertragen wurden, verpflichtet, die erforderlichen finanziellen Maßnahmen zu treffen, um die Gleichheit in bezug auf Beschäftigungszeiten vor dem 17. Mai 1990 wiederherzustellen.

99 Auf den zweiten Abschnitt der fünften Frage ist deshalb zu antworten, daß bei einer Übertragung von Rentenansprüchen von einem betrieblichen System auf ein anderes aufgrund des Arbeitsplatzwechsels eines Arbeitnehmers das zweite System dann, wenn dieser Arbeitnehmer das Rentenalter erreicht, die Leistungen, zu deren Zahlung es sich durch die Zustimmung zu der genannten Übertragung verpflichtet hat, erhöhen muß, um die Artikel 119 zuwiderlaufenden nachteiligen Auswirkungen zu beseitigen, die sich für den Arbeitnehmer daraus ergeben, daß das übertragene Kapital aufgrund einer diskriminierenden Behandlung im Rahmen des ersten Systems unzureichend war; dies gilt für Leistungen, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 geschuldet werden.

Zur sechsten Frage

100 Mit der sechsten Frage möchte der High Court wissen, ob Artikel 119 auch für Systeme gilt, denen immer nur Angehörige eines Geschlechts angeschlossen waren.

101 Im Urteil vom 27. März 1980 in der Rechtssache 129/79 (Macarthys, Slg. 1980, 1275) hat der Gerichtshof entschieden, daß die vergleichende Untersuchung in Fällen tatsächlicher Diskriminierungen, die in den Bereich der unmittelbaren Geltung des Artikels 119 fallen, nur anhand konkreter Bewertungen durchgeführt werden darf und tatsächliche Arbeitsleistungen von Arbeitnehmern verschiedenen Geschlechts in ein und demselben Betrieb oder Dienst betreffen muß (Randnr. 15).

102 Wie der Gerichtshof eingeräumt hat, ist ein derartiger Vergleich auch zwischen zwei Arbeitnehmern unterschiedlichen Geschlechts möglich, die zu verschiedenen Zeiten die gleiche Arbeit leisten. In einem solchen Fall hat das nationale Gericht jedoch zu prüfen, ob eine etwaige unterschiedliche Behandlung mit Umständen erklärt werden kann, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (Randnrn. 11 und 12).

103 Folglich kann sich ein Arbeitnehmer für seine Forderung nach dem Entgelt, auf das er Anspruch haben könnte, wenn er dem anderen Geschlecht angehören würde, nicht auf Artikel 119 berufen, wenn es in dem betreffenden Unternehmen keinen Arbeitnehmer des anderen Geschlechts gibt oder gegeben hat, der eine vergleichbare Arbeit leistet oder geleistet hat. In einem solchen Fall kann nämlich das bei der Prüfung der Gleichbehandlung im Bereich des Entgelts entscheidende Kriterium ° Leistung der gleichen Arbeit und Bezug des gleichen Entgelts ° nicht herangezogen werden.

104 Auf die sechste Frage ist deshalb zu antworten, daß Artikel 119 für Systeme, denen immer nur Angehörige eines Geschlechts angeschlossen waren, nicht gilt.

Kostenentscheidung:

Kosten

105 Die Auslagen der deutschen, der dänischen, der irischen und der niederländischen Regierung, des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom High Court of Justice mit Beschluß vom 23. Juli 1991 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Sowohl die Arbeitnehmer als auch ihre anspruchsberechtigten Angehörigen können sich gegenüber den Treuhändern eines Betriebsrentensystems, die im Rahmen ihrer in der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses festgelegten Befugnisse und Pflichten den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten haben, auf die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag berufen.

2) Wenn das nationale Recht den Arbeitgebern und Treuhändern untersagt, über ihre jeweiligen Befugnisse hinaus oder unter Verstoß gegen Bestimmungen der Urkunde über die Errichtung des Treuhandverhältnisses tätig zu werden, so sind sie verpflichtet, von allen vom innerstaatlichen Recht zur Verfügung gestellten Mitteln, wie einer Klage vor den nationalen Gerichten, Gebrauch zu machen, um jegliche Diskriminierung im Bereich des Entgelts zu beseitigen.

3) Für zwischen der Feststellung der Diskriminierung durch den Gerichtshof und dem Inkrafttreten der Maßnahmen zu ihrer Beseitigung zurückgelegte Beschäftigungszeiten erfordert eine ordnungsgemässe Durchführung des Grundsatzes des gleichen Entgelts, daß den benachteiligten Arbeitnehmern dieselben Vergünstigungen gewährt werden, wie sie den übrigen Arbeitnehmern zugute kamen. Für Beschäftigungszeiten nach dem Inkrafttreten der genannten Maßnahmen steht Artikel 119 dagegen einer Wiederherstellung der Gleichheit durch Kürzung der Vergünstigungen, die den bevorzugten Arbeitnehmern zugute kamen, nicht entgegen. Was schließlich vor dem 17. Mai 1990, dem Tag des Erlasses des Urteils in der Rechtssache C-262/88 (Barber), liegende Beschäftigungszeiten anbelangt, so sah das Gemeinschaftsrecht keine Verpflichtung vor, die Maßnahmen rechtfertigen könnte, durch die die den bevorzugten Arbeitnehmern gewährten Vergünstigungen nachträglich eingeschränkt werden.

4) Das nationale Gericht hat unter Berücksichtigung der Pflichten, die die Arbeitgeber und die Treuhänder nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben, über die ordnungsgemässe Durchführung von Artikel 119 EWG-Vertrag zu wachen.

5) Etwaige Probleme, die sich aus der Unzulänglichkeit der von den Treuhändern verwalteten Mittel für die Angleichung der Leistungen ergeben, sind auf der Grundlage des nationalen Rechts und im Lichte des Grundsatzes des gleichen Entgelts zu lösen und können die vorstehenden Antworten nicht beeinflussen.

6) Gemäß dem Urteil Barber kann die unmittelbare Wirkung von Artikel 119 EWG-Vertrag zur Stützung der Forderung nach Gleichbehandlung auf dem Gebiet der beruflichen Renten nur für Leistungen geltend gemacht werden, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 geschuldet werden, vorbehaltlich der Ausnahme, die für Arbeitnehmer oder deren anspruchsberechtigte Angehörige vorgesehen ist, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben.

7) Die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber gilt für Hinterbliebenenrenten; folglich kann die Forderung nach Gleichbehandlung in diesem Bereich nur für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 erhoben werden.

8) Die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils Barber gilt für Leistungen, die nicht von der Dauer der tatsächlichen Beschäftigungszeit abhängen, nur dann, wenn das sie auslösende Ereignis vor dem 17. Mai 1990 eingetreten ist.

9) Die im Urteil Barber ausgesprochenen Grundsätze und insbesondere die zeitliche Beschränkung seiner Wirkungen betreffen nicht nur betriebliche Systeme, die an die Stelle gesetzlicher Rentensysteme getreten sind, sondern auch solche, bei denen dies nicht der Fall ist.

10) Die Verwendung je nach Geschlecht unterschiedlicher versicherungsmathematischer Faktoren im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung von betrieblichen Versorgungssystemen mit feststehenden Leistungen fällt nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 119 EWG-Vertrag. Ungleichheiten in der Höhe der Kapitalbetragszahlungen oder der Ersatzleistungen, deren Wert sich nur nach Maßgabe der Finanzierungsmodalitäten des Systems bestimmen lässt, können deshalb ebenfalls nicht anhand von Artikel 119 geprüft werden.

11) Der in Artikel 119 EWG-Vertrag verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung gilt für alle von betrieblichen Systemen erbrachten Rentenleistungen, ohne daß danach zu unterscheiden ist, welcher Art von Beiträgen die genannten Leistungen zuzuordnen sind, den Arbeitgeberbeiträgen oder den Arbeitnehmerbeiträgen. Zusätzliche Leistungen, die auf freiwilligen Beitragszahlungen der Arbeitnehmer beruhen, fallen jedoch nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 119, soweit ein Betriebsrentensystem den ihm angeschlossenen Personen lediglich den erforderlichen organisatorischen Rahmen hierfür zur Verfügung stellt.

12) Bei einer Übertragung von Rentenansprüchen von einem betrieblichen System auf ein anderes aufgrund des Arbeitsplatzwechsels eines Arbeitnehmers muß das zweite System dann, wenn dieser Arbeitnehmer das Rentenalter erreicht, die Leistungen, zu deren Zahlung es sich durch die Zustimmung zu der genannten Übertragung verpflichtet hat, erhöhen, um die Artikel 119 zuwiderlaufenden nachteiligen Auswirkungen zu beseitigen, die sich für den Arbeitnehmer daraus ergeben, daß das übertragene Kapital aufgrund einer diskriminierenden Behandlung im Rahmen des ersten Systems unzureichend war; dies gilt für Leistungen, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 geschuldet werden.

13) Artikel 119 EWG-Vertrag gilt nicht für Systeme, denen immer nur Angehörige eines Geschlechts angeschlossen waren.

Ende der Entscheidung

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