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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 03.07.2008
Aktenzeichen: C-201/08
Rechtsgebiete: Richtlinie 2003/30/EG


Vorschriften:

Richtlinie 2003/30/EG Art. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS

3. Juli 2008

"Beschleunigtes Verfahren - Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen - Wegfall der Steuerbefreiung für den in einem Energieerzeugnis enthaltenen Anteil an Biokraftstoff - Ersatz durch eine Pflicht zur Beimischung von Biokraftstoff zu konventionellem Kraftstoff"

Parteien:

In der Rechtssache C-201/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hessischen Finanzgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Mai 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Mai 2008, in dem Verfahren

Plantanol GmbH & Co. KG

gegen

Hauptzollamt Darmstadt

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

auf Vorschlag des Richters A. Ó Caoimh, Berichterstatter,

nach Anhörung des Generalanwalts J. Mazák

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (ABl. L 123, S. 42) sowie der gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Plantanol GmbH & Co. KG und dem Hauptzollamt Darmstadt über die Zahlung der Energiesteuer für Mai 2007.

3 Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die in Deutschland ansässige Klägerin des Ausgangsverfahrens seit 2005 einen mit dem Namen "Plantanol-Diesel" bezeichneten Kraftstoff vertreibt, der aus einem Gemisch aus nativem Pflanzenöl (raffiniertem Rapsöl), fossilem Dieselkraftstoff und Kraftstoff-Additiven besteht.

4 Das Hessische Finanzgericht führt in dieser Entscheidung aus, dass § 50 des Energiesteuergesetzes vom 15. Juli 2006 (BGBl. 2006 I S. 1534) in der Fassung des Biokraftstoffquotengesetzes vom 18. Dezember 2006 (BGBl. 2006 I S. 3180) den Anteil an Biokraftstoffen aus Pflanzenöl, der in einem Gemisch mit Energieerzeugnissen enthalten ist, seit dem 1. Januar 2007 nicht mehr von der Energiesteuer befreit.

5 Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Vereinbarkeit dieser nationalen Vorschrift mit Art. 3 der Richtlinie 2003/96 sowie mit den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Unter diesen Umständen hat es dem Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, um zu klären, ob die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Vorschrift mit der genannten Bestimmung dieser Richtlinie und den genannten Grundsätzen unvereinbar ist.

6 In seiner Vorlageentscheidung beantragt das Hessische Finanzgericht, das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 104a Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs einem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen.

7 Nach dieser Bestimmung kann auf Antrag des nationalen Gerichts der Präsident des Gerichtshofs auf Vorschlag des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts ausnahmsweise beschließen, ein Vorabentscheidungsersuchen einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen der Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn sich aus den angeführten Umständen die außerordentliche Dringlichkeit der Entscheidung über die zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage ergibt.

8 Seinen Antrag auf ein beschleunigtes Verfahren begründet das vorlegende Gericht damit, dass die Existenz der Klägerin des Ausgangsverfahrens, die ihren Geschäftsbetrieb vorläufig zum 15. Juli 2007 eingestellt habe, vom Ausgang des bei ihm anhängigen Klageverfahrens abhänge. Ferner sei das Ausgangsverfahren über den zugrunde liegenden Sachverhalt hinaus von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, da die streitige nationale Regelung die Investitionen wertlos werden lasse, die von den Landnutzern und den Produzenten von Biokraftstoffen aufgrund der Steuervorteile getätigt worden seien, um die Entwicklung von Biokraftstoffen zu fördern.

9 Hierzu ist festzustellen, dass sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs weder aus der Gefahr eines wirtschaftlichen Verlusts (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 18. März 2005, Friesland Coberco Dairy Foods, C-11/05, Randnrn. 12 und 13, und vom 23. Januar 2007, Consel Gi. Emme, C-467/06, Randnr. 8) noch aus der wirtschaftlichen Bedeutung des Ausgangsverfahrens (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 24. September 2004, IATA und ELFAA, C-344/04, Randnr. 9, vom 18. Juli 2007, Kommission/Polen, C-193/07, Randnr. 13, und vom 8. November 2007, Mihal, C-456/07, Randnr. 8) eine außerordentliche Dringlichkeit im Sinne des Art. 104a Abs. 1 der Verfahrensordnung ergeben kann. Das gilt umso mehr, wenn die für Biokraftstoffe bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wie vom vorlegenden Gericht ausgeführt, nicht nur auf die streitige Steuer, sondern auch auf gestiegene Rohstoffkosten zurückzuführen sind.

10 Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Tatsache, dass von der Entscheidung, die das vorlegende Gericht zu treffen hat, nachdem es den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht hat, potenziell eine große Zahl von Personen oder Rechtsverhältnissen betroffen ist, als solche ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen, der geeignet wäre, den Rückgriff auf ein beschleunigtes Verfahren zu rechtfertigen (vgl. u. a. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 21. November 2005, Conféderation générale du travail u. a., C-385/05, Randnr. 13, vom 21. September 2006, KÖGÁZ u. a., C-283/06 und C-312/06, Randnr. 9, und vom 25. September 2006, Cedilac, C-368/06, Randnr. 7).

11 Daher kann dem Antrag des Hessischen Finanzgerichts, das Vorabentscheidungsersuchen einem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, nicht stattgegeben werden.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Präsident des Gerichtshofs beschlossen:

Der Antrag des Hessischen Finanzgerichts, die Rechtssache C-201/08 dem beschleunigten Verfahren nach Art. 104a Abs. 1 der Verfahrensordnung zu unterwerfen, wird zurückgewiesen.



Ende der Entscheidung

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