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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.11.1999
Aktenzeichen: C-212/98
Rechtsgebiete: Richtlinie 93/83/EWG


Vorschriften:

Richtlinie 93/83/EWG
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Ein Mitgliedstaat kann sich nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen.

2 Die Entscheidung über die Anrufung des Gerichtshofes steht im Ermessen der Kommission, wenn der Mitgliedstaat, an den eine mit Gründen versehene Stellungnahme gerichtet worden ist, den ihm zur Last gelegten Verstoß nicht innerhalb der Frist abgestellt hat, die ihm die Kommission gemäß Artikel 169 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 Absatz 2 EG) setzt.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 25. November 1999. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Nichtumsetzung der Richtlinie 93/83/EWG. - Rechtssache C-212/98.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 9. Juni 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) erhoben auf Feststellung, daß Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstossen hat, daß es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen und/oder ihr mitgeteilt hat, um der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. L 248, S. 15; im folgenden: Richtlinie) nachzukommen.

2 Gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten bis zum 1. Januar 1995 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie nachzukommen, und die Kommission unverzueglich davon in Kenntnis zu setzen.

3 Da die Kommission keine Mitteilung der irischen Regierung über die Umsetzung dieser Richtlinie erhalten hatte und auch nicht über anderweitige Informationen verfügte, aus denen sie hätte schließen können, daß Irland seiner Verpflichtung nachgekommen sei, forderte sie diesen Staat mit Schreiben vom 16. Mai 1995 auf, sich binnen zwei Monaten zu äussern.

4 Die irische Regierung antwortete mit Schreiben vom 28. Juli 1995, daß die irischen Behörden den Irish Copyright Act von 1963 umfassend überarbeiteten und daß die Bestimmungen der Richtlinie in das geänderte Gesetz aufgenommen würden.

5 Da die Kommission von der irischen Regierung keine weitere Information erhalten hatte, richtete sie an diese am 17. Juli 1996 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie sie aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Stellungnahme nachzukommen.

6 Mit Schreiben vom 2. und 9. August 1996 antworteten die irischen Behörden auf die mit Gründen versehene Stellungnahme und teilten der Kommission mit, daß sie beabsichtigten, die erforderlichen Rechtsvorschriften so bald wie möglich zu erlassen.

7 Da die Kommission keine Information über die Umsetzung der Richtlinie erhalten hatte, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

8 Die Kommission macht geltend, Irland habe diese Richtlinie nicht innerhalb der festgesetzten Frist umgesetzt und damit seine Verpflichtungen aus dem Vertrag verletzt.

9 Die irische Regierung bestreitet nicht, daß die Richtlinie nicht innerhalb der festgesetzten Frist umgesetzt wurde. Sie weist jedoch darauf hin, daß diese Umsetzung in die irische Rechtsordnung wegen eines Urteils des Supreme Court nur durch ein formelles Gesetz geschehen könne. Infolgedessen habe sich die Notwendigkeit einer Überarbeitung des Copyright Act von 1963 ergeben. Sie habe sich bemüht, alles Erforderliche zu tun, um rechtzeitig die für die Umsetzung der Richtlinie in nationales irisches Recht nötigen Verfahren einzuleiten. Daher beantragt sie, das Verfahren auszusetzen, um der Kommission Gelegenheit zu geben, die Klage nach Überprüfung der irischen Rechtsvorschriften zurückzunehmen.

10 Die Kommission weist bezueglich des Antrags der irischen Regierung auf Aussetzung des Verfahrens darauf hin, daß seit dem Tag, an dem Irland Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie hätte erlassen müssen, vier Jahre vergangen seien. Sie habe die vorliegende Klage erst dreieinhalb Jahre nach diesem Stichtag erhoben. Wenn sie nicht innerhalb der üblichen, vom Gerichtshof festgelegten Fristen tätig würde, würde sie zweifellos ihre Verpflichtungen als Hüterin des Vertrages verletzen.

11 Zu den von der irischen Regierung angeführten Schwierigkeiten einer rechtzeitigen Umsetzung der Richtlinie ist daran zu erinnern, daß nach ständiger Rechtsprechung ein Mitgliedstaat sich nicht auf Vorschriften, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen kann, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (vgl. insbesondere Urteil vom 14. September 1999 in der Rechtssache C-401/98, Kommission/Griechenland, Slg. 1999, I-0000, Randnr. 9).

12 Zum Antrag der irischen Regierung auf Aussetzung des Verfahrens ist zu bemerken, daß die Entscheidung über die Anrufung des Gerichtshofes im Ermessen der Kommission steht, wenn der Mitgliedstaat, an den eine mit Gründen versehene Stellungnahme gerichtet worden ist, den ihm zur Last gelegten Verstoß nicht innerhalb der Frist abgestellt hat, die ihm die Kommission gemäß Artikel 169 Absatz 2 EG-Vertrag setzt (vgl. Urteil vom 6. Dezember 1989 in der Rechtssache C-329/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 4159). Da die Kommission in ihrer Erwiderung mitgeteilt hat, daß sie die Klage aufrechterhalte, besteht kein Anlaß, das Verfahren auszusetzen.

13 Da die Richtlinie nicht innerhalb der festgesetzten Frist umgesetzt worden ist, ist die Klage der Kommission somit begründet.

14 Daher ist festzustellen, daß Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verstossen hat, daß es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

15 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission dies beantragt hat und Irland mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Irland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung verstossen, daß es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

2. Irland trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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