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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: C-213/06 P
Rechtsgebiete: Satzung des Gerichtshofs


Vorschriften:

Satzung des Gerichtshofs Art. 56
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

18. Juli 2007

"Rechtsmittel - Bediensteter auf Zeit - Kündigung des Vertrags"

Parteien:

In der Rechtssache C-213/06 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingereicht am 8. Mai 2006,

Europäische Agentur für den Wiederaufbau (EAR), Prozessbevollmächtigte: S. Orlandi und J.-N. Louis, avocats, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Georgios Karatzoglou, ehemaliger Bediensteter auf Zeit der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau, wohnhaft in Ioannina (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: S. Pappas, dikigoros,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter R. Schintgen, A. Tizzano (Berichterstatter), A. Borg Barthet und E. Levits,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2007,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Agentur für den Wiederaufbau (im Folgenden: EAR) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Februar 2006, Karatzoglou/EAR (T-471/04, Slg. ÖD 2006, I-A-0000 und II-0000, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Entscheidung vom 26. Februar 2004 über die Kündigung des Dienstvertrags von Herrn Karatzoglou (im Folgenden: streitige Entscheidung) aufgehoben hat.

Rechtlicher Rahmen

2 Die EAR wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 2454/1999 des Rates vom 15. November 1999 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1628/96 über die Hilfe für Bosnien-Herzegowina, Kroatien, die Bundesrepublik Jugoslawien und die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien (ABl. L 299, S. 1) errichtet.

3 Ausweislich des 19. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 2454/1999 wurde die EAR zur Deckung des Wiederaufbaubedarfs dieser Staaten gegründet, und sobald dieses Ziel erreicht ist, wird ihre Auflösung vorgeschlagen.

4 Die Vorschriften über die Funktionsweise der EAR wurden mit der Verordnung (EG) Nr. 2667/2000 des Rates vom 5. Dezember 2000 über die Europäische Agentur für Wiederaufbau (ABl. L 306, S. 7) erlassen. Diese Verordnung wurde mehrmals geändert, insbesondere zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1756/2006 des Rates vom 28. November 2006 (ABl. L 332, S. 18) (im Folgenden: Verordnung Nr. 2667/2000), mit der das Mandat der EAR bis zum 31. Dezember 2008 verlängert wurde.

5 Art. 10 der Verordnung Nr. 2667/2000 lautet:

"Das Personal der [EAR] unterliegt den Vorschriften und Regelungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften ...

Das Personal der [EAR] besteht aus einer streng begrenzten Zahl von Beamten, die von der Kommission oder den Mitgliedstaaten für leitende Funktionen abgestellt oder abgeordnet werden. Das übrige Personal besteht aus anderen Bediensteten, die die [EAR] für eine begrenzte Dauer einstellt, welche streng dem Bedarf entspricht."

6 Die Art. 2 und 3 der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind (ABl. L 56, S. 1), in der bis zum 30. April 2004 geltenden Fassung bestimmen das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Statut) bzw. die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: Beschäftigungsbedingungen).

7 Titel II Kapitel 9 ("Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses") der Beschäftigungsbedingungen enthielt in der zur maßgebenden Zeit geltenden Fassung die Art. 47 bis 50 und sah die verschiedenen Fälle vor, in denen die Verträge der Bediensteten auf Zeit gekündigt werden konnten.

8 Insbesondere bestimmte Art. 47 Abs. 2 Buchst. a der Beschäftigungsbedingungen, dass das Beschäftigungsverhältnis des Bediensteten auf Zeit bei Verträgen auf unbestimmte Dauer "nach Ablauf der im Vertrag vorgesehenen Kündigungsfrist" endet.

Sachverhalt

9 Nach Art. 4 seines Dienstvertrags (im Folgenden: Vertrag) wurde Herr Karatzoglou von der EAR mit Wirkung vom 7. November 2001 als Bediensteter auf Zeit für einen Zeitraum von 18 Monaten eingestellt.

10 Art. 5 Buchst. b des Vertrags sieht vor:

"Dieser Vertrag kann von dem Organ oder von dem Mitglied des Personals aus den in den Art. 47 bis 50 der [Beschäftigungsbedingungen] festgelegten Gründen gemäß den dort genannten Voraussetzungen gekündigt werden ..."

11 Am Ende der ursprünglichen Vertragsdauer von 18 Monaten kamen die Parteien überein, ihre Vertragsbeziehungen mit einem Vertrag auf unbestimmte Dauer fortzusetzen. Sie änderten folglich den ursprünglichen Vertrag durch einen Zusatzvertrag vom 7. Mai 2003 (im Folgenden: Zusatzvertrag).

12 Art. 4 des Vertrags in der durch den Zusatzvertrag geänderten Fassung bestimmt:

"Der Vertrag wird auf unbestimmte Dauer geschlossen. Seine Geltung erstreckt sich jedoch nicht über den Zeitpunkt der Auflösung der [EAR] hinaus.

Die [EAR] behält sich das Recht vor, den Vertrag bei einem bedeutenden Rückgang oder der Einstellung ihrer Tätigkeiten vor Auflösung der [EAR] zu kündigen."

13 Nach dem Zusatzvertrag bleiben alle anderen Artikel des ursprünglichen Vertrags einschließlich des Art. 5 unverändert.

14 Mit Schreiben vom 26. Februar 2004 teilte der Direktor der [EAR] Herrn Karatzoglou die Kündigung des Vertrags mit folgenden Worten mit:

"Ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass entschieden wurde, Ihren Arbeitsvertrag mit der [EAR] zu beenden. Gemäß Art. 47 Abs. 2 der [Beschäftigungsbedingungen] und Art. 5 Buchst. b Unterabs. 2 Ihres Vertrags beträgt die Kündigungsfrist drei Monate ab dem 27. Februar 2004."

15 Am 27. Mai 2004 legte Herr Karatzoglou gegen die streitige Entscheidung Beschwerde nach Art. 90 des Statuts ein. Diese Beschwerde wurde stillschweigend zurückgewiesen, da die EAR innerhalb der nach dem Statut vorgesehenen Frist von vier Monaten keine Antwort erteilte.

Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

16 Mit Klageschrift, die am 6. Dezember 2004 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Herr Karatzoglou Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

17 Diese Klage war auf fünf Gründe gestützt:

- Verstoß gegen die Begründungspflicht;

- Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes;

- Verstoß gegen Art. 47 der Beschäftigungsbedingungen in Bezug auf die Kündigungsfrist;

- Ermessensmissbrauch;

- Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.

18 Das Gericht prüfte den zweiten Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. In den Randnrn. 33 und 34 seines Urteils wies es auf die Gemeinschaftsrechtsprechung hin, wonach sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes jeder berufen kann, aus dessen Lage sich ergibt, dass die Gemeinschaftsbehörden bei ihm begründete Erwartungen geweckt haben, indem sie ihm konkrete Zusicherungen gemacht haben, wobei diese Zusicherungen auf jeden Fall den Bestimmungen des Statuts entsprechen müssen.

19 Im Licht dieses Grundsatzes prüfte das Gericht die Frage, ob mit Art. 4 des Vertrags in der durch den Zusatzvertrag geänderten Fassung Herrn Karatzoglou rechtmäßig zugesichert wurde, dass sein Vertrag nur bei einem bedeutenden Rückgang oder einer Einstellung der Tätigkeiten der EAR vor Beendigung ihres Auftrags gekündigt werde.

20 In den Randnrn. 36 und 37 des angefochtenen Urteils nahm das Gericht an, dass die Änderung von Art. 4 des Vertrags durch den Zusatzvertrag "eine unklare Situation in Bezug auf den Vertragsinhalt geschaffen" habe. Zum einen habe sich nämlich der Vertrag in seinem unveränderten Art. 5 auf die Kündigungsmodalitäten der Art. 47 bis 50 der Beschäftigungsbedingungen bezogen, nach denen die EAR den Vertrag eines Bediensteten auf Zeit u. a. ohne Begründung kündigen konnte. Zum anderen hatte nach Ansicht des Gerichts durch das Hinzufügen von Art. 4 Abs. 2 "für den Kläger der Eindruck entstehen können, dass die EAR ihr Kündigungsrecht auf die Fälle beschränkt habe, dass ihre Tätigkeiten vor Beendigung ihres Auftrags zurückgingen oder eingestellt würden".

21 Das Gericht war somit in den Randnrn. 38 und 39 des angefochtenen Urteils der Auffassung, dass Herr Karatzoglou annehmen konnte, dass Art. 4 des Vertrags in der durch den Zusatzvertrag geänderten Fassung den Zweck hatte, im Voraus den Grund für eine eventuelle spätere Kündigung anzugeben, nämlich einen bedeutenden Rückgang oder eine Einstellung der Tätigkeiten der EAR vor Beendigung ihrer Mission, so dass nach der vertraglichen Regelung in der durch den Zusatzvertrag geänderten Fassung Art. 5 Buchst. b dieses Vertrags nur teilweise angewandt werden konnte. Darüber hinaus war es der Auffassung, dass Herr Karatzoglou habe erwarten können, dass unklare Bestimmungen eines Arbeitsvertrags zugunsten der schwächeren Vertragspartei ausgelegt würden.

22 Das Gericht zog in den Randnrn. 41 bis 45 des angefochtenen Urteils daraus die Schlussfolgerung, dass "die so beim Kläger geschaffene Überzeugung" als rechtmäßig anzusehen sei, da insbesondere keine Vorschrift der Beschäftigungsbedingungen es der EAR untersage, ihr Kündigungsrecht vertraglich einzuschränken.

23 Da das Gericht dem zweiten Klagegrund stattgegeben hatte, hob es die streitige Entscheidung ohne Prüfung der anderen Klagegründe auf.

Anträge der Beteiligten vor dem Gerichtshof

24 Die EAR beantragt,

- das angefochtene Urteil aufzuheben;

- den Rechtsstreit selbst zu entscheiden und die Klage von Herrn Karatzoglou abzuweisen;

- dem Beteiligten die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

25 Herr Karatzoglou beantragt,

- das Rechtsmittel als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;

- der EAR die Kosten aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels

26 Herr Karatzoglou macht geltend, das Rechtsmittel sei unzulässig, da es verspätet eingelegt worden sei. Die Frist von zwei Monaten nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs habe am 8. Mai 2006 geendet, während das Rechtsmittel am 9. Mai eingelegt worden sei.

27 Das Rechtsmittel wurde jedoch am 8. Mai 2006 mit Telefax und damit innerhalb der in Art. 56 vorgeschriebenen Frist von zwei Monaten eingelegt. Der Tag, auf den sich Herr Karatzoglou beruft, ist derjenige, an dem die Urschrift der Rechtsmittelschrift eingereicht wurde.

28 Nach Art. 37 § 6 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist "der Tag, an dem eine Kopie der unterzeichneten Urschrift des Schriftsatzes ... mittels Fernkopierer oder sonstiger beim Gerichtshof vorhandener technischer Kommunikationsmittel bei der Kanzlei eingeht, für die Wahrung der Verfahrensfristen maßgebend, sofern die unterzeichnete Urschrift des Schriftsatzes ... spätestens zehn Tage danach bei der Kanzlei eingereicht [wird]".

29 Es ist deshalb festzustellen, dass die nach dieser Vorschrift erforderliche Bedingung im vorliegenden Fall erfüllt ist. Das Rechtsmittel ist somit zulässig.

Zum Rechtsmittel

30 Mit ihrem Rechtsmittel rügt die EAR, dass das Gericht mehrere Rechtsfehler begangen habe. Im Wesentlichen macht sie mit einem ersten Rechtsmittelgrund geltend, dass das Gericht den Wortlaut des Vertrags in einer offensichtlich dem Parteiwillen widersprechenden Weise ausgelegt habe, und beruft sich mit einem zweiten Rechtsmittelgrund darauf, dass das Gericht zu Unrecht einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes angenommen habe.

31 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund, der zuerst zu prüfen ist, trägt die EAR insbesondere vor, dass die Voraussetzungen, die nach der Gemeinschaftsrechtsprechung für die Geltendmachung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes verlangt würden, im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien. Die EAR ist unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Gerichts (vgl. Urteil vom 7. November 2002, G/Kommission, T-199/01, Slg. ÖD 2002, I-A-217 und II-1085, Randnr. 38) der Ansicht, dass sich aus widersprüchlichen Vereinbarungen, wie sie in dem Vertrag enthalten seien, keine "konkrete, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherung" ergeben könne. Darüber hinaus entsprächen die Zusicherungen, die Herrn Karatzoglou gemacht worden sein sollten, nicht den für die EAR geltenden Vorschriften, insbesondere nicht Art. 23 der Verordnung Nr. 2454/1999, wonach sie verpflichtet sei, Bedienstete nur für eine begrenzte Dauer einzustellen, die streng dem Bedarf entspreche.

32 Herr Karatzoglou erwidert, dass das Gericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass ihm gegenüber hinsichtlich der Einschränkung der Gründe für eine Kündigung seines Vertrags ausreichend präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen gemacht worden seien. Die EAR habe sich nicht damit begnügt, ihm gegenüber unbestimmte Zusicherungen zu machen, sondern habe zur Änderung des rechtlichen Rahmens seiner Beschäftigung mit ihm einen Zusatzvertrag zum Vertrag geschlossen. Darüber hinaus stehe der Vertrauensschutz, auf den er sich berufe, vollkommen im Einklang mit dem geltenden Recht, da die Beschäftigungsbedingungen es der zuständigen Behörde nicht verböten, ihr Kündigungsrecht für Arbeitsverträge vertraglich einzuschränken.

33 In dieser Hinsicht ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu den Grundprinzipien der Gemeinschaft gehört (vgl. u. a. Urteil vom 5. Mai 1981, Dürbeck, 112/80, Slg. 1981, 1095, Randnr. 48). Aus der Rechtsprechung ergibt sich ebenfalls, dass sich auf diesen Grundsatz jeder berufen kann, bei dem die Gemeinschaftsverwaltung durch konkrete Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (Urteile vom 16. Dezember 1987, Delauche/Kommission, 111/86, Slg. 1987, 5345, Randnr. 24, vom 25. Mai 2000, Kögler/Gerichtshof, C-82/98 P, Slg. 2000, I-3855, Randnr. 33, sowie vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C-182/03 und C-217/03, Slg. 2006, I-5479, Randnr. 147). Die Zusicherungen müssen außerdem den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Juni 1985, Pauvert/Rechnungshof, 228/84, Slg. 1985, 1969, Randnrn. 14 und 15, sowie vom 6. Februar 1986, Vlachou/Rechnungshof, 162/84, Slg. 1986, 481, Randnr. 6).

34 Das Gericht hat zwar in den Randnrn. 33 und 34 des angefochtenen Urteils zutreffend auf diese Rechtsprechung verwiesen, doch hat es die darin festgelegten Kriterien fehlerhaft angewandt.

35 Insbesondere ergibt sich aus diesem Urteil, dass Herrn Karatzoglou keine "konkrete Zusicherung" gegeben wurde, die irgendein berechtigtes Vertrauen hinsichtlich der Dauer seines Arbeitsvertrags wecken konnte.

36 Das Gericht hat nämlich in Randnr. 36 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass "die Änderung von Art. 4 des ursprünglichen Vertrags durch den Zusatzvertrag ... eine unklare Situation in Bezug auf den Vertragsinhalt geschaffen [hat]". In Randnr. 37 dieses Urteils hat es ausgeführt, dass "[die EAR] ohne das Hinzufügen von Art. 4 Abs. 2 ... unstreitig berechtigt gewesen [wäre], den Vertrag [von Herrn Karatzoglou], wie in Art. 5 Buchst. b des ursprünglichen Vertrags vorgesehen, aus einem der in den Art. 47 bis 50 der Beschäftigungsbedingungen genannten Gründe vorbehaltlich der Beachtung der dort festgelegten Voraussetzungen zu kündigen. Dagegen konnte das Hinzufügen von Art. 4 Abs. 2 [beim Beteiligten] den Eindruck erwecken, dass die EAR ihre Befugnis, den Vertrag zu kündigen, auf die Fälle eines Rückgangs oder einer Einstellung der Tätigkeiten der EAR vor Beendigung ihres Auftrags beschränkt hat."

37 Daraus ergibt sich, dass das Gericht selbst angenommen hat, dass die vertragliche Situation von Herrn Karatzoglou zumindest nicht sicher war.

38 Eine solche Unklarheit kann entgegen der Auffassung des Gerichts in den Randnrn. 38 bis 40 des angefochtenen Urteils nicht Grundlage "konkreter Zusicherungen" sein. Der neue Art. 4 des Vertrags konnte nämlich sowohl in dem von Herrn Karatzoglou als auch in dem von der EAR vertretenen Sinne ausgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Kögler/Gerichtshof, Randnr. 34).

39 Darüber hinaus ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil auch sonst nichts, was bei Herrn Karatzoglou zu einer Überzeugung in Bezug auf die Dauer seines Vertrags führen konnte. Das Gericht schließt nämlich allein aufgrund der Vertragssituation nach Änderung von Art. 4 des ursprünglichen Vertrags von Herrn Karatzoglou auf das Vorliegen solcher Zusicherungen.

40 Im Übrigen kann in dieser Hinsicht nicht der vom Gericht in Randnr. 39 des angefochtenen Urteils angeführte Grundsatz geltend gemacht werden, dass die schwächere Partei eines Arbeitsvertrags erwarten kann, dass unklare Bestimmungen eines solchen Vertrags zu ihren Gunsten ausgelegt werden.

41 Es genügt nämlich der Hinweis, dass der Umstand, dass Herr Karatzoglou als die schwächere Vertragspartei angesehen werden kann, keine Auswirkungen auf die Feststellung hat, dass es im vorliegenden Fall keine konkreten Zusicherungen der Gemeinschaftsverwaltung gab. Erwägungen zur Vertragssituation von Herrn Karatzoglou gegenüber seinem Arbeitgeber können nicht das Fehlen einer der für das Vorliegen eines Vertrauensschutzes erforderlichen Voraussetzungen ausgleichen.

42 Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Feststellung eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht erfüllt waren.

43 Folglich hat das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es der Auffassung war, dass die streitige Entscheidung das berechtigte Vertrauen von Herrn Karatzoglou darauf, dass sein Vertrag nur bei einem bedeutenden Rückgang oder einer Einstellung der Tätigkeiten der EAR vor Beendigung ihres Auftrags gekündigt werde, verletzt habe.

44 Nach alledem ist dem zweiten Rechtsmittelgrund stattzugeben.

45 Infolgedessen ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass es erforderlich ist, die anderen mit dem Rechtsmittel geltend gemachten Rügen zu prüfen.

Zur Zurückverweisung der Sache an das Gericht

46 Der Gerichtshof kann gemäß Art. 61 Abs. 1 seiner Satzung bei Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

47 Da das Gericht nur einen der fünf Klagegründe von Herrn Karatzoglou geprüft hat, ist der Gerichtshof der Ansicht, dass er die Rechtssache nicht entscheiden kann. Folglich ist diese zur Entscheidung über den Antrag des Beteiligten auf Aufhebung der streitigen Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen; die Kostenentscheidung ist vorzubehalten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Februar 2006, Karatzoglou/EAR (T-471/04), wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung über den Antrag des Herrn Karatzoglou auf Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau (EAR) vom 26. Februar 2004 über die Kündigung seines Dienstvertrags zurückverwiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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