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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.11.2000
Aktenzeichen: C-217/99
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ein Mitgliedstaat verstößt gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und den folgenden Artikeln, wenn er in einer Regelung über das Inverkehrbringen von Nährstoffen und Lebensmitteln, denen Nährstoffe zugesetzt wurden, festlegt, dass auf dem Etikett von Lebensmitteln, die Nährstoffe enthalten, die Anmeldenummer bei den nationalen Behörden der Lebensmittelüberwachung angegeben sein muss.

Eine solche Verpflichtung ist nämlich geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu hemmen, da sie den Einführer dazu zwingen kann, die Aufmachung seiner Erzeugnisse dem jeweiligen Vermarktungsgebiet anzupassen und dadurch Mehrkosten für Verpackung und Etikettierung hinzunehmen. Auch wenn sich die Verbraucher anhand der Anmeldenummer vergewissern können, dass den zuständigen Behörden Anmeldeunterlagen vorgelegt wurden, ergibt sich aus dieser Angabe nichts für ihre Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Menge sie das Erzeugnis konsumieren sollten. Die Nummer ist für sie deshalb nicht so nützlich, dass dies ihre Wiedergabe zum Schutz der öffentlichen Gesundheit voll rechtfertigen könnte. Eine solche Maßnahme ist zum Schutz der öffentlichen Gesundheit auch nicht erforderlich, da andere Angaben auf dem Etikett für diesen Zweck nützliche Informationen vermitteln.

(vgl. Randnrn. 17, 26, 29-30 und Tenor)


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 16. November 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien. - Vertragsverletzung - Freier Warenverkehr - Maßnahmen gleicher Wirkung - Nährstoffe und Lebensmittel, die Nährstoffe enthalten - Anmeldepflicht - Pflicht zur Angabe der Anmeldenummer auf dem Etikett. - Rechtssache C-217/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-217/99

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater H. van Lier als Bevollmächtigten, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Klägerin,

gegen

Königreich Belgien, zunächst vertreten durch Y. Houyet, beigeordneter Berater in der Generaldirektion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, und dann durch P. Rietjens, Generaldirektor dieser Direktion, als Bevollmächtigte, rue des Petits Carmes, 15, Brüssel (Belgien),

Beklagter,

wegen Feststellung, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und den folgenden Artikeln verstoßen hat, dass es in Artikel 6 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung vom 3. März 1992 über das Inverkehrbringen von Nährstoffen und von Lebensmitteln, denen Nährstoffe zugesetzt wurden (Moniteur belge vom 15. April 1992, S. 8467), festgelegt hat, dass auf dem Etikett der Erzeugnisse, die unter die Verordnung fallen, die in deren Artikel 4 vorgesehene Anmeldenummer anzugeben ist,

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter V. Skouris (Berichterstatter) und J.-P. Puissochet,

Generalanwalt: N. Fennelly

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 11. Mai 2000, in der die Kommission durch H. van Lier und das Königreich Belgien durch A. Snoecx, Beraterin im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigte vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Juni 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 8. Juni 1999 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und den folgenden Artikeln verstoßen hat, dass es in Artikel 6 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung vom 3. März 1992 über das Inverkehrbringen von Nährstoffen und von Lebensmitteln, denen Nährstoffe zugesetzt wurden (Moniteur belge vom 15. April 1992, S. 8467; im Folgenden: Königliche Verordnung), festgelegt hat, dass auf dem Etikett der Erzeugnisse, die unter die Verordnung fallen, die in deren Artikel 4 vorgesehene Anmeldenummer anzugeben ist.

Nationales Recht

2 Artikel 1 der Königlichen Verordnung definiert Nährstoffe als Stoffe, die der Organismus benötigt, die er nicht selbst erzeugen kann und die ihm in hinreichender Menge durch Lebensmittel zugeführt werden müssen.

3 Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Königlichen Verordnung dürfen solche Stoffe und sie enthaltende Lebensmittel nur nach vorheriger Anmeldung beim Dienst für Lebensmittelüberwachung des Ministeriums für Gesundheit und Umwelt (im Folgenden: Überwachungsbehörde) in den Verkehr gebracht werden.

4 Für die Form der Anmeldung bestimmt Artikel 4 Absätze 2 und 3 der Königlichen Verordnung:

"Die Anmeldeunterlagen sind in doppelter Ausfertigung einzureichen und müssen mindestens folgende Informationen umfassen:

1. die Produktart;

2. das Verzeichnis der Bestandteile (qualitativ und quantitativ);

3. den ernährungswissenschaftlichen Untersuchungsbericht;

4. das Etikett;

5. die erforderlichen Angaben zur Beurteilung des Nährwerts;

6. die Verpflichtungserklärung, das Erzeugnis häufig und in unregelmäßigen Abständen zu untersuchen und die Untersuchungsergebnisse zur Verfügung [der Überwachungsbehörde] zu halten.

Innerhalb eines Monats nach Eingang der Anmeldeunterlagen übersendet [die Überwachungsbehörde] dem Anmelder eine Empfangsbestätigung. Die Empfangsbestätigung trägt eine Anmeldenummer."

5 Nach dem letzten Absatz dieser Bestimmung darf die Überwachungsbehörde u. a. zur Etikettierung Stellung nehmen oder Empfehlungen abgeben und insbesondere den Abdruck von Warnhinweisen verlangen. Sie kann auch Auskünfte zur biologischen Verfügbarkeit des Nährstoffs oder der Nährstoffe verlangen.

6 Für die Etikettierung bestimmt Artikel 6 Absatz 1 der Königlichen Verordnung:

"Unbeschadet allgemeiner und besonderer Vorschriften über die Etikettierung von Lebensmitteln und die Werbung für sie ist auf dem Etikett der in den Artikeln 2 und 3 genannten Lebensmittel anzugeben:

1. die Anmeldenummer gemäß Artikel 4;

2. die Mindestdauer, für die der angegebene Nährstoffgehalt garantiert ist."

7 Gemäß Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Königlichen Verordnung ist u. a. auf dem Etikett der Lebensmittelverpackung die empfohlene Verzehrmenge und der Nährstoffgehalt des Erzeugnisses anzugeben.

8 Gemäß Artikel 11 der Königlichen Verordnung werden Verstöße gegen ihre Vorschriften nach dem Gesetz vom 24. Januar 1977 über den Gesundheitsschutz der Verbraucher im Hinblick auf Lebensmittel und andere Erzeugnisse ermittelt, verfolgt und geahndet.

Sachverhalt und vorgerichtliches Verfahren

9 Da die in der Königlichen Verordnung festgelegten Erfordernisse nach Meinung der Kommission, bei der verschiedene Beschwerden eingegangen waren, den Handel mit den von der Verordnung erfassten Erzeugnissen behindern konnten, wandte sie sich, um die daraus erwachsenden Schwierigkeiten beizulegen, an die belgischen Behörden.

10 Die von ihr angesprochenen Probleme ließen sich durch Zusammenkünfte und Schriftwechsel ausräumen, allerdings mit Ausnahme der in Artikel 6 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung normierten Verpflichtung zur Angabe der Anmeldenummer auf dem Etikett der betroffenen Erzeugnisse.

11 Da diese Verpflichtung nach Auffassung der Kommission eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag darstellt, richtete sie am 28. Juni 1996 an das Königreich Belgien ein Warnschreiben.

12 Da der Kommission das Antwortschreiben der belgischen Behörden vom 31. Oktober 1996 nicht ausreichend erschien, richtete sie am 4. Februar 1998 an das Königreich Belgien eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie ihre Auffassung bekräftigte.

13 Da die Kommission auch die Antwort der belgischen Behörden vom 29. Juli 1998 auf die mit Gründen versehene Stellungnahme nicht für ausreichend erachtete, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründetheit

14 In ihrer Klageschrift macht die Kommission geltend, die streitige Regelung laufe Artikel 30 EG-Vertrag zuwider, denn obwohl sie unterschiedslos für inländische Erzeugnisse und solche aus anderen Mitgliedstaaten gelte, sei sie geeignet, den Handel dadurch zu beschränken, dass sie die Vermarktung der betroffenen Erzeugnisse in Belgien von einer Änderung ihrer Verpackung oder Etikettierung abhängig mache; infolge dieser Verteuerung der Produktaufmachung bilde sie ein Hindernis für den Handel.

15 Die belgische Regierung hält dem entgegen, die fragliche Verpflichtung, auf dem Etikett der von der Königlichen Verordnung erfassten Erzeugnisse die Anmeldenummer anzugeben, sei kein solches Hindernis für den freien Warenverkehr, denn aus ihr etwa entstehende Mehrkosten wären von den belgischen Verbrauchern zu tragen.

16 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bezweckt Artikel 30 EG-Vertrag ein Verbot jeder Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (Urteil vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837, Randnr. 5). Soweit die Rechtsvorschriften nicht angeglichen sind, untersagt Artikel 30 EG-Vertrag grundsätzlich Hemmnisse für den innergemeinschaftlichen Handel, die sich daraus ergeben, dass Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften, etwa hinsichtlich ihrer Aufmachung, ihrer Etikettierung oder ihrer Verpackung, entsprechen müssen, selbst dann, wenn diese Vorschriften unterschiedslos für inländische und eingeführte Erzeugnisse gelten (Urteil vom 24. November 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-267/91 und C-268/91, Keck und Mithouard, Slg. 1993, I-6097, Randnr. 15).

17 Obgleich sie für alle Erzeugnisse unterschiedslos gilt, ist eine Verpflichtung wie die aus Artikel 6 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu hemmen. Sie kann den Einführer nämlich zwingen, die Aufmachung seiner Erzeugnisse dem jeweiligen Vermarktungsgebiet anzupassen und dadurch Mehrkosten für Verpackung und Etikettierung hinzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-51/93, Meyhui, Slg. 1994, I-3879, Randnr. 13, und vom 3. Juni 1999 in der Rechtssache C-33/97, Colim, Slg. 1999, I-3175, Randnr. 36).

18 Selbst wenn diese Mehrkosten, wie die belgische Regierung geltend macht, letztlich von den belgischen Verbrauchern zu tragen wären, wäre für die Wirtschaftsteilnehmer schon der Umstand, dass sie die Mehrkosten zunächst selbst aufzubringen hätten, ein Hindernis, denn er könnte sie von einem eventuell beabsichtigten Vertrieb der fraglichen Erzeugnisse in Belgien abschrecken.

19 Die belgische Regierung wendet weiter ein, die streitige Regelung beschränke den freien Warenverkehr auch deshalb nicht, weil es ähnliche Verpflichtungen auch in anderen Mitgliedstaaten gebe und weil die Anmeldenummer auf dem Etikett nützlich sei, wenn die fraglichen Nährstoffe und die sie enthaltenden Erzeugnisse außerhalb Belgiens vertrieben würden, denn in Ermangelung einer Rechtsangleichung belege sie, dass eine Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes stattgefunden habe, und gebe den Behörden der Gemeinschaft und der übrigen Mitgliedstaaten sowie den Verbrauchern die Möglichkeit, Informationen über das Erzeugnis einzuholen.

20 Dieses Vorbringen greift nicht durch. Zum einen nämlich kann ein Mitgliedstaat, gegen den eine Vertragsverletzungsklage erhoben wurde, die Nichterfuellung einer Verpflichtung aus dem Gemeinschaftsrecht nicht damit rechtfertigen, dass andere Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nicht nachkämen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Dezember 1997 in der Rechtssache C-265/95, Kommission/Frankreich, Slg. 1997, I-6959, Randnr. 63), und zum anderen bliebe die streitige Regelung auch dann, wenn die Anmeldenummer beim Vertrieb der betroffenen Erzeugnisse in anderen Mitgliedstaaten nützlich sein sollte, ein Hemmnis für die Einführung dieser Erzeugnisse auf dem belgischen Markt. Denn die Vertragsverletzung, deren Feststellung die Kommission begehrt, betrifft nicht die Vermarktung der Erzeugnisse in anderen Mitgliedstaaten, sondern ihre Einführung auf dem belgischen Markt.

21 Demnach ist die streitige Verpflichtung als ein Hemmnis für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten anzusehen und somit durch Artikel 30 EG-Vertrag verboten.

22 Die belgische Regierung macht ferner geltend, selbst wenn die fragliche Regelung ein Hemmnis sei, sei sie doch durch ihren Hauptzweck des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt, der unter die Ausnahmeregelung des Artikels 36 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 30 EG) falle. Die Wiedergabe der Anmeldenummer auf dem Etikett gewährleiste dem Verbraucher, dass das Erzeugnis von den zuständigen Behörden überprüft worden sei.

23 Nach Ansicht der Kommission rechtfertigt der Schutz der öffentlichen Gesundheit die streitige Verpflichtung hingegen nicht, denn diese ermögliche nur die Nachprüfung, dass den zuständigen Behörden in einem Verwaltungsverfahren bestimmte Unterlagen vorgelegt worden seien und dass das Erzeugnis somit angemeldet worden sei. Diese Anmeldung solle den Behörden bestimmte Informationen an die Hand geben, damit sie Stellungnahmen oder Empfehlungen zur Etikettierung abgeben könnten. Den Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisteten außerdem andere Regelungen der Königlichen Verordnung, etwa die vorgeschriebenen Angaben des Nährstoffgehalts, der Mindestdauer, für die dieser garantiert wurde, und der empfohlenen Verzehrmengen sowie die Sanktionsregelung. Die obligatorische Angabe der Anmeldenummer auf dem Etikett sei folglich nicht gerechtfertigt, jedenfalls aber weder erforderlich noch nach dem von der belgischen Regierung verfolgten Ziel verhältnismäßig.

24 Nach Meinung der belgischen Regierung ist die streitige Verpflichtung angesichts des Zieles, die öffentliche Gesundheit zu schützen, erforderlich und verhältnismäßig.

25 Hinsichtlich der Frage, ob die streitige Regelung durch Erwägungen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist, ist zunächst zu klären, welchen Informationswert die Wiedergabe der Anmeldenummer auf dem Etikett der fraglichen Erzeugnisse für die Verbraucher hat. Dafür ist insbesondere zu prüfen, ob die Nummer ihnen Informationen vermittelt, die ihnen einen gesundheitsbewussten Verbrauch dieser Erzeugnisse erlauben.

26 Wie die belgische Regierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, besteht die Anmeldenummer lediglich aus einer Reihe von Ziffern, die für das Produkt und das Unternehmen stehen. Die Verbraucher können aus der Nummer nur ersehen, dass das Erzeugnis bei der Überwachungsbehörde angemeldet wurde, aber nicht, wie hoch sein Nährstoffgehalt ist, welche Kontrollen oder Untersuchungen durchgeführt wurden, ob die Überwachungsbehörde Stellungnahmen oder Empfehlungen abgegeben hat und ob diesen entsprochen wurde. Auch wenn sich die Verbraucher somit anhand der Nummer vergewissern können, dass den zuständigen Behörden Anmeldungsunterlagen vorgelegt wurden, ergibt sich aus der Nummer nichts für ihre Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Menge sie das Erzeugnis konsumieren sollten. Die Nummer ist für sie deshalb nicht so nützlich, dass dies ihre Wiedergabe zum Schutz der öffentlichen Gesundheit voll rechtfertigen könnte.

27 Ungeachtet dessen muss eine nationale Regelung, die eine Verpflichtung wie die hier streitige vorsieht, im rechten Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen (vgl. u. a. Urteil Colim, Randnr. 40).

28 In einem Fall wie dem Ausgangssachverhalt trägt eine nationale Regelung, die die Einfuhren von Erzeugnissen beschränkt oder beschränken kann, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur Rechnung und ist mit dem EG-Vertrag nur vereinbar, soweit sie für einen wirksamen Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen erforderlich ist. Eine nationale Regelung fällt daher nicht unter die Ausnahme des Artikel 36 EG-Vertrag, wenn die Gesundheit oder das Leben von Menschen genauso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden könnten, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beschränken (Urteil vom 11. Juli 2000 in der Rechtssache C-473/98, Toolex Alpha, Slg. 2000, I-5681, Randnr. 40).

29 Wie oben in Randnummer 26 festgestellt, bietet die Anmeldenummer auf dem Etikett dem Verbraucher nur die Gewähr, dass das Erzeugnis bei der Überwachungsbehörde angemeldet wurde; hingegen bietet sie keine weitere Information, durch die die Gesundheit des Verbrauchers wirksam geschützt werden könnte. Für diesen Zweck nützliche Informationen vermitteln dagegen andere Angaben auf dem Etikett wie die Bezeichnung des Erzeugnisses, die Identität des Herstellers oder Vertreibers, der Nährstoffgehalt, die Mindestdauer, für die dieser garantiert wird, oder die empfohlene Verzehrmenge. Die in der Königlichen Verordnung festgelegte streitige Verpflichtung ist deshalb zum Schutz der öffentlichen Gesundheit nicht erforderlich.

30 Nach alledem ist festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 30 ff. EG-Vertrag verstoßen hat, dass es in Artikel 6 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung festgelegt hat, dass auf dem Etikett der Erzeugnisse, die unter die Verordnung fallen, die in deren Artikel 4 vorgesehene Anmeldenummer anzugeben ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

31 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Belgien beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind dem Königreich Belgien die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und den folgenden Artikeln verstoßen, dass es in Artikel 6 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung vom 3. März 1992 über das Inverkehrbringen von Nährstoffen und von Lebensmitteln, denen Nährstoffe zugesetzt wurden, festgelegt hat, dass auf dem Etikett der Erzeugnisse, die unter die Verordnung fallen, die in deren Artikel 4 vorgesehene Anmeldenummer anzugeben ist.

2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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