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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 15.02.2008
Aktenzeichen: C-243/07 P
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 8 Abs. 1 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

15. Februar 2008

"Rechtsmittel - Gemeinschaftsmarke - Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 - Verwechslungsgefahr - Wortzeichen 'Terranus' - Zurückweisung der Anmeldung"

Parteien:

In der Rechtssache C-243/07 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 22. Mai 2007,

Carsten Brinkmann, wohnhaft in Köln (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwältin K. van Bebber,

Rechtsmittelführer,

andere Verfahrensbeteiligte:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Terra Networks, S.A. mit Sitz in Pozuelo de Alarcón (Spanien),

Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter A. Borg Barthet und M. Ilesic (Berichterstatter),

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Mit seinem Rechtsmittel begehrt Herr Brinkmann die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 22. März 2007, Brinkmann/HABM - Terra Networks (Terranus) (T-322/05, Slg. 2007, II-0000, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 10. Juni 2005 abgewiesen hat, durch die die Anmeldung des Wortzeichens "Terranus" als Gemeinschaftsmarke zurückgewiesen worden war (im Folgenden: streitige Entscheidung).

Rechtlicher Rahmen

2 Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) sieht vor:

"Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

...

b) wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird."

3 Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt:

"'Ältere Marken' im Sinne von Absatz 1 sind

a) Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls mit der für diese Marken in Anspruch genommenen Priorität, die den nachstehenden Kategorien angehören:

i) Gemeinschaftsmarken;

..."

Vorgeschichte des Rechtsstreits

4 Am 29. Januar 2001 meldete der Rechtsmittelführer beim HABM das Wortzeichen "Terranus" als Gemeinschaftsmarke an.

5 Die Marke wurde für die Dienstleistungen "Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen, Entwicklung und Vermittlung von Betriebskonzeptionen für Immobilien" in Klasse 36 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

6 Am 12. April 2002 legte die Terra Networks, S.A. (im Folgenden: Terra Networks) gegen die Anmeldung hinsichtlich aller darin beanspruchten Dienstleistungen Widerspruch ein.

7 Der Widerspruch war gestützt auf die Gefahr von Verwechslungen zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke von Terra Networks im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94. Die ältere Marke ist als spanische Marke für "Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte und Immobilienwesen" in Klasse 36 des Abkommens von Nizza und als Gemeinschaftsmarke für "Versicherungswesen, Online-Finanzgeschäfte, nicht in Bezug auf Investmentfonds, Online-Geld- und -Bankgeschäfte, ausgenommen Dienstleistungen in Bezug auf Investmentfonds; Immobilienwesen" in derselben Klasse eingetragen; es handelt sich bei ihr um folgende Bildmarke "terra":

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8 Mit Entscheidung vom 29. Oktober 2004 gab die Widerspruchsabteilung des HABM dem Widerspruch von Terra Networks statt und wies die Anmeldung des Rechtsmittelführers in vollem Umfang zurück.

9 Am 8. Dezember 2004 legte der Rechtsmittelführer gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung bei der Ersten Beschwerdekammer des HABM Beschwerde ein.

10 Die Beschwerdekammer wies mit der streitigen Entscheidung die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung der Widerspruchsabteilung. Im Wesentlichen vertrat die Beschwerdekammer die Auffassung, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen Anmeldemarke und älterer Marke, auch wenn er nicht besonders hoch sei, ausreiche, um beim deutschen Publikum zu einer Verwechslungsgefahr zwischen den unter den beiden fraglichen Marken feilgebotenen Dienstleistungen zu führen; dabei sei zum einen zu berücksichtigen, dass die unter den Marken angebotenen Dienstleistungen identisch seien, und zum anderen, dass der dominierende Wortbestandteil "terra", der vollständig im Wortzeichen "Terranus" enthalten sei, eine erhebliche Ähnlichkeit zwischen älterer und angemeldeter Marke begründe.

Klage beim Gericht und angefochtenes Urteil

11 Der Rechtsmittelführer erhob mit am 18. August 2005 beim Gericht eingegangener Klageschrift eine Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung. Als einzigen Klagegrund machte er einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

12 In den Randnrn. 27 und 28 des angefochtenen Urteils hat das Gericht daran erinnert, dass "[d]ie Gefahr von Verwechslungen der Marken durch das Publikum, bei der es sich um die Gefahr handelt, dass das Publikum glauben könnte, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen stammten aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen, ... unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren des Einzelfalls umfassend zu beurteilen [ist] (Urteile des Gerichtshofs vom 29. September 1998, Canon, C-39/97, Slg. 1998, I-5507, Randnrn. 16 und 29, und vom 22. Juni 1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C-342/97, Slg. 1999, I-3819, Randnrn. 17 und 18; Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Oberhauser/HABM - Petit Liberto [Fifties], T-104/01, Slg. 2002, II-4359, Randnrn. 25 und 26)". In Randnr. 28 des Urteils hat das Gericht hinzugefügt: "Diese umfassende Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der durch sie erfassten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile Canon, Randnr. 17, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Randnr. 19, und Fifties, Randnrn. 27)."

13 In Randnr. 30 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass das für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigende Gebiet im vorliegenden Fall das der gesamten Europäischen Gemeinschaft sei.

14 In Randnr. 31 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zum einen daran erinnert, dass die von der Anmeldemarke und die von der älteren Marke erfassten Dienstleistungen identisch seien, was zwischen den Parteien unstreitig sei, und zum anderen daran, dass es sich um Dienstleistungen des täglichen Bedarfs handele. Die angesprochenen Verkehrskreise seien insbesondere die deutschen Durchschnittsverbraucher.

15 Zur visuellen, klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit der Anmeldemarke und der älteren Marke hat das Gericht in Randnr. 33 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass "[f]ür die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr ... auf den Gesamteindruck abzustellen [ist], den sie hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (Urteile [des Gerichtshofs vom 11. November 1997], SABEL, [C-251/95, Slg. 1997, I-6191], Randnr. 23, und Lloyd Schuhfabrik Meyer, Randnr. 25; Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2003, Phillips-Van Heusen/HABM - Pash Textilvertrieb und Einzelhandel [BASS], T-292/01, Slg. 2003, II-4335, Randnr. 47)".

16 Das Gericht hat in Randnr. 37 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass der Vergleich zwischen dem angemeldeten Wortzeichen "Terranus" und dem Wortelement "terra" der älteren Bildmarke als deren dominierenden Bestandteil einen gewissen Grad an Ähnlichkeit zwischen ihnen in visueller Hinsicht erkennen lasse. Denn der Bestandteil "terra" befinde sich in beiden Wortzeichen an gleicher Stelle, nämlich an deren Anfang. Insoweit hat das Gericht darauf hingewiesen, dass sich die Aufmerksamkeit des Verbrauchers im Allgemeinen insbesondere auf den Anfang des Wortes richte, weshalb diese visuellen Ähnlichkeitselemente ein größeres Gewicht als die unterschiedlichen Längen der fraglichen Zeichen hätten, die demgemäß in visueller Hinsicht keinen bedeutsamen Unterschied zwischen ihnen hervorrufen könnten.

17 Zum Vergleich der fraglichen Zeichen in klanglicher Hinsicht heißt es in Randnr. 38 des angefochtenen Urteils, dass der Bestandteil "terra" in der Aussprache der angemeldeten Marke dominiere und dass diese durch die Hinzufügung des Bestandteils "nus" nicht merklich verändert werde.

18 Zum Vergleich der fraglichen Zeichen in begrifflicher Hinsicht hat das Gericht in Randnr. 39 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass zwischen den beiden sich gegenüberstehenden Zeichen kein markanter begrifflicher Unterschied bestehe, weil "das Wort 'terra' für den in der lateinischen Terminologie nicht bewanderten Durchschnittsverbraucher eine vage Bedeutung [habe] und ... ebenso an einen Fantasiebegriff wie das Wort 'terranus' [erinnere]".

19 Das Gericht ist so in Randnr. 40 des angefochtenen Urteils, ebenso wie die Erste Beschwerdekammer, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anmeldemarke und die ältere Marke eine gewisse Ähnlichkeit in visueller und klanglicher Hinsicht aufwiesen, die durch die zwischen ihnen in begrifflicher Hinsicht bestehenden Unterschiede nicht neutralisiert werde. Es hat daher die bei ihm vom Rechtsmittelführer erhobene Klage abgewiesen.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

20 Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Rechtsmittelführer,

- das angefochtene Urteil aufzuheben und

- dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

21 Das HABM beantragt,

- das Rechtsmittel zurückzuweisen und

- Herrn Brinkmann zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Zum Rechtsmittel

22 Ist das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann der Gerichtshof nach Art. 119 seiner Verfahrensordnung jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, ohne mündliche Verhandlung zurückweisen.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

23 Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf einen einzigen Rechtsmittelgrund. Er hält es für rechtsfehlerhaft, dass das Gericht die Auffassung vertreten habe, das Wortzeichen "Terranus" könne Anlass zu einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bieten.

24 Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen.

25 Im Rahmen des ersten Teils trägt der Rechtsmittelführer vor, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass die in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt seien. Zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke bestehe sowohl im Sinne der genannten Bestimmung als auch nach der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Verwechslungsgefahr. Beim Durchschnittsverbraucher könne daher nicht der Eindruck entstehen, dass die von den beiden in Rede stehenden Zeichen erfassten Dienstleistungen von demselben Unternehmen oder von miteinander verbundenen Unternehmen stammten.

26 Insoweit macht der Rechtsmittelführer geltend, dass entgegen der vom Gericht in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellung lediglich die Dienstleistungen "Versicherungswesen und Immobilienwesen" von der Anmeldemarke und der älteren Marke übereinstimmend erfasst würden. Die Dienstleistungen "Entwicklung und Vermittlung von Betriebskonzeptionen für Immobilien" seien hingegen nur für die erste der genannten Marken vorgesehen. Daher seien die zu vergleichenden Dienstleistungen nicht identisch, sondern lediglich ähnlich. Der Rechtsmittelführer fügt hinzu, dass der Kreis der Abnehmer dieser Dienstleistungen der Entwicklung und Vermittlung von Immobilien-Betriebskonzeptionen auf Kaufleute oder Unternehmer beschränkt sei und dass daher die angesprochenen Verkehrskreise aus Fachleuten bestünden, nämlich insbesondere aus Experten aus dem Bankbereich und Eigentümern von Immobilien, nicht aber aus deutschen Durchschnittsverbrauchern.

27 Das HABM meint, dieses Vorbringen sei als unzulässig zurückzuweisen, denn es richte sich gegen eine Beurteilung von Tatsachen durch das Gericht. Dieses habe nämlich entschieden, dass "Immobilienwesen" auch die "Entwicklung und Vermittlung von Betriebskonzeptionen für Immobilien" umfasse und dass die entsprechenden Waren daher identisch seien. Diese Feststellung sei auch zwischen den Parteien erstinstanzlich nicht streitig gewesen. Da der Rechtsmittelführer somit ein neues Angriffsmittel vorbringe, sei dieses gemäß Art. 116 zweiter Gedankenstrich der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zurückzuweisen. Auch in Bezug auf das Vorbringen des Rechtsmittelführers zu den betroffenen Verkehrskreisen könnten die vom Gericht getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht in Frage gestellt werden, weil sich aus den Akten nicht ergebe, dass die betreffenden Dienstleistungen sich ausschließlich an ein Fachpublikum richteten und in besonderen Situationen erbracht würden.

28 Im Rahmen des zweiten Teils seines Rechtsmittelgrundes führt der Rechtsmittelführer aus, dass das Gericht die Kennzeichnungskraft der älteren Marke hätte prüfen müssen, denn Marken, die kennzeichnungsschwach seien, wie dies hier der Fall sei, könnten keine Verwechslungsgefahr begründen. Gebe man nämlich dass Wortzeichen "terra" in die Suchfunktion des Online-Registers der Marken der Klasse 36 des Abkommens von Nizza ein, sei die Anzahl der dort aufgeführten Marken derart groß, dass man von einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Marken mit einem derartigen Bestandteil ausgehen müsse. Das Wort "terra" sei zudem das lateinische Wort für "Erde" und damit bezogen auf Waren und Dienstleistungen der Klasse 36 beschreibend. Die genannten eingetragenen Marken seien jedoch Zusammensetzungen, d. h., sie bestünden nicht allein aus dem Wort "terra". Dies spreche im vorliegenden Fall für die Eintragung des Wortzeichens "Terranus" als Gemeinschaftsmarke. Um eine Ähnlichkeit der beiden Marken und eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, sei daher nur ein geringer Unterschied zwischen der Anmeldemarke und der bereits eingetragenen Marke erforderlich.

29 Das HABM macht geltend, dass das Vorbringen, wonach der Bestandteil "terra" der älteren Marke in Bezug auf Dienstleistungen der Klasse 36 des Abkommens von Nizza beschreibend sei, eine Tatsachenbeurteilung bilde und dass diese von der in Randnr. 39 des angefochtenen Urteils angestellten abweiche, wonach das Wort "terra" für den in der lateinischen Terminologie nicht bewanderten Durchschnittsverbraucher eine vage Bedeutung habe und allenfalls an einen Fantasiebegriff erinnere. Soweit der Rechtsmittelführer hierzu vortrage, es gebe für die gleiche Klasse 36 bereits 24 geschützte Marken, handele es sich um einen neuen Sachvortrag, der im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens nicht zulässig sei.

30 Was das Vorbringen des Rechtsmittelführers zur Beurteilung der Kennzeichnungskraft des Bestandteils "terra" betreffe, wonach das Gericht die große Anzahl der Marken mit diesem Bestandteil und insbesondere die zahlreichen Markeneintragungen mit diesem Bestandteil in Klasse 36 hätte in Betracht ziehen müssen, so sei dieses Vorbringen außerdem nicht nur unzulässig, sondern auch unbegründet. Denn die Existenz von 24 Marken mit einem identischen Markenbestandteil, die für die betreffenden Dienstleistungen eingetragen seien, erlaube keinesfalls den Schluss, dass ein derartiger Bestandteil als kennzeichnungsschwach einzustufen sei. Vielmehr müsse nachgewiesen werden, dass diese Marken benutzt würden, denn eine geringe Kennzeichnungskraft könne sich nur aus dem Kontakt des angesprochenen Verbrauchers mit einer Vielzahl ähnlicher Marken und nicht aus der Einsicht des Verbrauchers in das Register ergeben.

31 Im Rahmen des dritten Teils seines Rechtsmittelgrundes trägt der Rechtsmittelführer vor, es fehle an einer Ähnlichkeit zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke, jedenfalls aber habe diese Ähnlichkeit sowohl in visueller als auch in phonetischer und begrifflicher Hinsicht geringes Gewicht. In visueller Hinsicht sei das Wortzeichen "Terranus" länger als das der älteren Marke "terra", die außerdem ein Bildelement aufweise; deshalb seien die Zeichen leicht unterscheidbar. In phonetischer Hinsicht bestünden zwischen den beiden Zeichen Unterschiede zum einen im Hinblick auf die Anzahl der Silben, die sie umfassten, und zum anderen hinsichtlich der Betonung. In begrifflicher Hinsicht stelle das genannte Zeichen ein Fantasiewort dar, während das in ihm enthaltene Wort "terra" den Verkehrskreisen bekannt sei. Der Verkehr sei daran gewöhnt, dass Begriffe, die sich an einen bestimmten Wortstamm angelehnten, infolge einer Variation eine vollkommen andere Bedeutung erlangen könnten und daher inhaltlich nicht mehr mit dem Ausgangsbegriff in Verbindung zu bringen seien.

32 Das HABM macht geltend, dass das Gericht in den Randnrn. 33 bis 40 des angefochtenen Urteils hinsichtlich der visuellen und phonetischen Ähnlichkeit zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke eine Beurteilung der Tatsachen vorgenommen habe. Es sei insoweit zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Ähnlichkeit nicht durch die zwischen den Marken in begrifflicher Hinsicht bestehenden Unterschiede neutralisiert werde. Eine derartige Beurteilung der Tatsachen könne aber im Rahmen eines Rechtsmittels nicht in Frage gestellt werden. Folglich sei der dritte Teil des Rechtsmittelgrundes als unzulässig zurückzuweisen.

Würdigung durch den Gerichtshof

33 Soweit der Rechtsmittelführer im Rahmen der drei Teile seines einzigen Rechtsmittelgrundes vorträgt, dass die betreffenden Verkehrskreise aus Fachleuten und nicht den deutschen Durchschnittsverbrauchern bestünden, dass die zu vergleichenden Dienstleistungen nicht identisch, sondern ähnlich seien, dass das Wort "terra" in Bezug auf Dienstleistungen und Waren der Klasse 36 des Abkommens von Nizza beschreibend sei und dass die visuelle, phonetische und begriffliche Ähnlichkeit zwischen der Anmeldemarke und der älteren Marke gering sei, wendet er sich in Wirklichkeit lediglich gegen die vom Gericht vorgenommene Beurteilung der Tatsachen.

34 Insoweit ist daran zu erinnern, dass das Rechtsmittel nach Art. 225 Abs. 1 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs auf Rechtsfragen beschränkt ist. Daher ist das Gericht allein dafür zuständig, die relevanten Tatsachen festzustellen und zu beurteilen und die Beweiswürdigung anzustellen. Die Würdigung dieser Tatsachen und Beweismittel ist somit, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Überprüfung durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteil vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C-193/06 P, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35 Die vom Gericht in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils vorgenommene Beurteilung, dass die betroffenen Verkehrskreise aus den deutschen Durchschnittsverbrauchern bestünden und dass die zu vergleichenden Dienstleistungen nicht ähnlich, sondern identisch seien, stellt eine Tatsachenwürdigung dar.

36 Um eine Tatsachenwürdigung handelt es sich ebenso bei der vom Gericht in den Randnrn. 33 bis 40 des angefochtenen Urteils niedergelegten Analyse, wonach die Anmeldemarke und die ältere Marke in visueller und phonetischer Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit aufwiesen, die durch die zwischen ihnen in begrifflicher Hinsicht bestehenden Unterschiede nicht neutralisiert werde, und wonach das Wort "terra" in Anbetracht seiner vagen Bedeutung in Bezug auf Dienstleistungen und Waren der Klasse 36 nicht beschreibend sei.

37 Somit sind, da im vorliegenden Fall keine Verfälschung der dem Gericht unterbreiteten Tatsachen und Beweismittel geltend gemacht worden ist, die oben in Randnr. 33 angeführten Argumente als offensichtlich unzulässig zu verwerfen.

38 Im Rahmen des zweiten Teils des Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer ferner geltend, dass es für die Klasse 36 des Abkommens von Nizza bereits zahlreiche Entscheidungen des HABM gebe, die Marken mit dem Bestandteil "terra" beträfen, und dass daher zwischen den fraglichen Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe.

39 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungen der Beschwerdekammern des HABM über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke gemäß der Verordnung Nr. 40/94 gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. September 2005, BioID/HABM, C-37/03 P, Slg. 2005, I-7975, Randnr. 47, und vom 12 Januar 2006, Deutsche Sisi-Werke/HABM, C-173/04 P, Slg. 2006, I-551, Randnr. 48).

40 Dieses Vorbringen im Rahmen des zweiten Teils des Rechtsmittelgrundes ist daher als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

41 Da keiner der drei Teile des einzigen Rechtsmittelgrundes durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

42 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach deren Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rechtsmittelführer mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Herr Brinkmann trägt die Kosten.



Ende der Entscheidung

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