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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 31.01.1991
Aktenzeichen: C-244/89
Rechtsgebiete: Verordnungen Nr. 2057/82, Verordnung Nr. 3730/85, Verordnung 3732/85


Vorschriften:

Verordnungen Nr. 2057/82 Art. 6
Verordnungen Nr. 2057/82 Art. 9
Verordnungen Nr. 2057/82 Art. 10 Abs. 2
Verordnungen Nr. 2057/82 Art. 14
Verordnung Nr. 3730/85
Verordnung 3732/85
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Zwar verweisen die Verordnungen Nr. 3730/85 zur Aufteilung bestimmter Fangquoten für in der Wirtschaftszone Norwegens und in der Fischereizone um Jan Mayen fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten und Nr. 3732/85 zur Aufteilung der Fangquoten für in den Gewässern der Färöer fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten nicht ausdrücklich auf Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten, doch müssen die Mitgliedstaaten diese Bestimmung gleichwohl als eine allgemeine Regel unbedingt beachten, die unentbehrlich ist, um die Wirksamkeit jedweder Regelung zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen zu gewährleisten, die auf der Aufteilung der der Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Fangmenge in Form der Zuteilung von Quoten an die Mitgliedstaaten aufbaut.

Ein Mitgliedstaat kann sich seiner Verpflichtung nach Artikel 10 Absatz 2, den Fang durch Fischereifahrzeuge, die seine Flagge führen oder in seinem Gebiet registriert sind, von dem Zeitpunkt an bis auf weiteres untersagen, zu dem die nationale Quote aufgrund der einer Quote unterliegenden Fänge durch diese Schiffe als ausgeschöpft gilt, nicht entledigen, indem er sich auf praktische Schwierigkeiten beruft, die ihn daran gehindert hätten, die bevorstehende Ausschöpfung der Quoten vorauszusehen. Die Überwachungsmaßnahmen nach der Verordnung Nr. 2057/82, insbesondere den Artikeln 6 und 9, wonach alle Anlandungen gemeldet und aufgezeichnet werden müssen, müssen nämlich, wenn sie ordnungsgemäß angewandt werden, den nationalen Behörden ausreichende Informationen liefern, die sie in die Lage versetzen, die Ausschöpfung der Quoten vorauszusehen und entsprechend tätig zu werden. Zudem hat der Mitgliedstaat, wenn er diese Maßnahmen als unzureichend ansieht, die Möglichkeit, nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 2057/82 über die Mindestanforderungen dieser Verordnung hinausgehende zusätzliche Vorschriften zu erlassen.

2. Eine Bestimmung allgemeiner Art kann selbständig nur auf Sachverhalte angewandt werden, für die das Gemeinschaftsrecht keine spezielleren Vorschriften vorsieht. Wenn eine Bestimmung allgemeinen Charakters durch eine besondere Vorschrift durchgeführt wird und der Gerichtshof die Verletzung dieser speziellen Verpflichtung durch einen Mitgliedstaat festgestellt hat, braucht somit nicht mehr geprüft zu werden, ob dieser Staat auch die allgemeine Bestimmung verletzt hat, auf die sich diese Verpflichtung gründet.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 31. JANUAR 1991. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN FRANZOESISCHE REPUBLIK. - FISCHEREI - VERWALTUNG DER QUOTEN - VERPFLICHTUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN. - RECHTSSACHE C-244/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 2. August 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 170/83 des Rates vom 25. Januar 1983 zur Einführung einer gemeinschaftlichen Regelung für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen (ABl. L 24, S. 1) und aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten (ABl. L 220, S. 1) in Verbindung mit Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3730/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Aufteilung bestimmter Fangquoten für in der Wirtschaftszone Norwegens und in der Fischereizone um Jan Mayen fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 361, S. 66) und Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3732/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Aufteilung der Fangquoten für in den Gewässern der Färöer fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 361, S. 76) verstossen hat, daß sie die Einhaltung der ihr für 1986 zugeteilten Quoten für Fänge "anderer Arten (als Beifänge)" in den norwegischen Gewässern und für Rotbarsch in den Gewässern der Färöer nicht sichergestellt hat.

2 Die Verordnung Nr. 3730/85, deren Geltungsdauer durch die Verordnung (EWG) Nr. 114/86 des Rates vom 20. Januar 1986 (ABl. L 17, S. 4) bis zum 31. Dezember 1986 verlängert wurde, sah vor, daß im

Jahre 1986 Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Mitgliedstaats führten, im Rahmen des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und Norwegen über die gegenseitigen Fischereirechte für 1986 in den nördlich von 62 Grad nördlicher Breite gelegenen Gewässern der Wirtschaftszone Norwegens und in der Fischereizone um Jan Mayen nur die in Anhang I festgesetzten Fänge - für Frankreich 65 t für "andere Arten (als Beifänge)" - tätigen durften.

3 Nach dem Verfahren des Fischereiabkommens zwischen der EWG einerseits und der Regierung von Dänemark und der Landesregierung der Färöer andererseits, das im Anhang zur Verordnung (EWG) Nr. 2211/80 des Rates vom 27. Juni 1980 (ABl. L 226, S. 11) veröffentlicht ist, traf die Gemeinschaft mit den Färöern für 1986 eine Vereinbarung über die gegenseitigen Fischereirechte. Nach der Verordnung Nr. 3732/85 durften im Jahre 1986 Fischereifahrzeuge, die die Flagge eines Mitgliedstaats führten, im Rahmen dieser Vereinbarung in den der Fischereihoheit der Färöer unterstehenden Gewässern nur die im Anhang festgesetzten Fänge - für Frankreich 440 t Rotbarsch - tätigen.

4 Nach der jährlichen Aufstellung der Fänge, die die Französische Republik der Kommission am 29. Januar 1987 übermittelte und die der Erwiderung als Anlage beigefügt ist, waren die Frankreich für das Jahr 1986 zugeteilten Quoten im September 1986 in bezug auf Beifänge in den norwegischen Gewässern und im Mai 1986 in bezug auf Rotbarsch in den Gewässern der Färöer ausgeschöpft.

5 Als Beifänge wurden von französischen Fischereifahrzeugen in den norwegischen Gewässern im Jahre 1986 insgesamt 105 t Fisch gefangen, die Überfischung betrug also 40 t.

6 Unstreitig ergriff die Französische Republik neben der Übermittlung der Angaben über die von ihren Fischern mitgeteilten Fänge zu keiner Zeit andere Maßnahmen, so daß die Kommission erst durch die Verordnung (EWG) Nr. 3465/86 (ABl. L 319, S. 29), die am 14. November 1986 in Kraft trat, nach Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2057/82 die Beifangtätigkeit in den norwegischen Gewässern nördlich von 62 Grad Nord durch Schiffe, die die französische Flagge führten, verbieten konnte.

7 In bezug auf Rotbarsch aus den Gewässern der Färöer teilten die französischen Stellen der Kommission mit Fernschreiben vom 12. Mai 1986 mit, daß die französische Quote erreicht sei, und beantragten bei ihr, die Einstellung der Fangtätigkeit auf diese Art in diesem Sektor anzuordnen. Nach einem Quotenaustausch zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 170/83, der der Kommission mit Fernschreiben vom 2. Juni 1986 mitgeteilt wurde, wurde die Fangquote Frankreichs für Rotbarsch in den Gewässern der Färöer auf 510 t erhöht. Diese erhöhte Quote, die praktisch Ende September 1986 erreicht war (506 t), wurde im November 1986 überschritten, nachdem im Oktober kein Fang stattgefunden hatte. Für 1986 beliefen sich die gesamten von Frankreich angemeldeten Rotbarschfänge in den Gewässern der Färöer auf 617 t; die Überfischung betrug damit 107 t.

8 Nachdem die Französische Republik keine Maßnahme ergriffen hatte, um ihren Fischereifahrzeugen den Fang von Rotbarsch in diesem

Sektor vorläufig zu untersagen, erließ die Kommission mit der Verordnung (EWG) Nr. 1601/86 (ABl. L 140, S. 22), die am 27. Mai 1986 in Kraft trat, aufgrund der ihr von den französischen Stellen mit Fernschreiben vom 12. Mai 1986 mitgeteilten Angaben gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2057/82 ein solches Verbot.

9 Die Kommission leitet aus den festgestellten Quotenüberschreitungen her, daß es die Französische Republik unterlassen habe, für das Jahr 1986 die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der ihr für Beifänge in den norwegischen Gewässern und für Rotbarsch in den Gewässern der Färöer zugeteilten Quoten sicherzustellen.

10 Zur Begründung ihrer Klage macht die Kommission im Kern geltend, daß die Quotenüberschreitungen die Folge des Umstands seien, daß die Französische Republik die den Mitgliedstaaten nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 obliegenden Verpflichtungen verletzt habe, die Fangtätigkeit rechtzeitig vorläufig einzustellen.

11 Ausserdem gingen diese Überschreitungen darauf zurück, daß es die Französische Republik unterlassen habe, gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einzelheiten der Nutzung der ihr zugeteilten Quoten festzulegen.

12 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Rüge der verspäteten Einstellung des Fischfangs

13 Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Französischen Republik vor, die ihr gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 obliegenden Pflichten dadurch verletzt zu haben, daß sie es unterlassen habe, den Fang der betreffenden Fischbestände bis auf weiteres einzustellen, sobald die Ausschöpfung der Quoten unmittelbar bevorzustehen schien.

14 Zur Beurteilung der Frage, ob der Standpunkt der Kommission berechtigt ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 bestimmt: "Jeder Mitgliedstaat setzt den Zeitpunkt fest, an dem aufgrund der Fänge aus einem Bestand oder einer Bestandsgruppe, die einer Quotenregelung unterliegen, durch Fischereifahrzeuge, welche die Flagge dieses Mitgliedstaats führen oder in diesem Mitgliedstaat registriert sind, die diesem für den Bestand oder die Bestandsgruppe zugeteilte Quote als ausgeschöpft gilt. Er untersagt von diesem Zeitpunkt an bis auf weiteres den Fang von Fischen dieses Bestands oder dieser Bestandsgruppe durch diese Fischereifahrzeuge sowie die Aufbewahrung an Bord, das Umladen und die Anlandung von Fängen, die nach diesem Zeitpunkt gemacht worden sind, und legt einen Zeitpunkt fest, bis zu dem das Umladen und die Anlandungen oder die letzten Mitteilungen über die Fänge noch möglich sind. Diese Maßnahme wird unverzueglich der Kommission mitgeteilt, welche die anderen Mitgliedstaaten hiervon unterrichtet."

15 Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 ist nicht ausdrücklich unter den Bestimmungen aufgeführt, die bei der Bewirtschaftung der unter den Mitgliedstaaten aufgeteilten Fangquoten für die in

der Wirtschaftszone Norwegens, in der Fischereizone um Jan Mayen und in den Gewässern der Färöer fischenden Fischereifahrzeuge zu beachten sind. Die Artikel 2 der Verordnungen Nrn. 3730/85 und 3732/85 bestimmen nämlich lediglich, daß die Mitgliedstaaten und die Kapitäne von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats beim Fischfang in den in diesen Verordnungen genannten Gewässern den Artikeln 3 bis 9 der Verordnung Nr. 2057/82 unterliegen.

16 Hierzu ist festzustellen, daß, wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. März 1990 in der Rechtssache C-62/89 (Kommission/Frankreich, Slg. 1990, I-925, Randnr. 14) entschieden hat, zwar die Verordnungen Nrn. 3730/85 und 3732/85 nicht ausdrücklich auf Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 verweisen, daß aber die Mitgliedstaaten gleichwohl diese Bestimmung, deren Anwendbarkeit im übrigen vorliegend von der Französischen Republik nicht in Abrede gestellt worden ist, als eine allgemeine Regel unbedingt beachten müssen, die unentbehrlich ist, um die Wirksamkeit jedweder Regelung zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen zu gewährleisten, die auf der Aufteilung der der Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Fangmenge in Form der Zuteilung von Quoten an die Mitgliedstaaten aufbaut. Unter diesen Umständen ist Artikel 10 der Verordnung Nr. 2057/82 vorliegend anzuwenden.

17 Was im einzelnen die Rüge der Kommission angeht, so ist darauf hinzuweisen, daß, wie der Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 20. März 1990 (Kommission/Frankreich, a. a. O.) für Recht erkannt hat, aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 folgt, daß die Mitgliedstaaten gehalten sind, rechtzeitig alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Überschreitung der betreffenden Quoten

zu verhindern, damit die Einhaltung der den Mitgliedstaaten zwecks Erhaltung der Fischereiressourcen zugeteilten Quoten sichergestellt wird (Randnr. 17).

18 Die Französische Republik sucht ihre Versäumnisse durch vier Einwände zu rechtfertigen.

19 Erstens verweist sie auf praktische Schwierigkeiten, die sie daran gehindert hätten, die bevorstehende Ausschöpfung der betroffenen Quoten vorauszusehen. Die Französische Republik macht hierzu zunächst geltend, daß die Gewässer, um die es im vorliegenden Verfahren gehe, sehr weit entfernt lägen, so daß die Angaben über die Fänge im Zeitpunkt ihres Empfangs bereits überholt sein könnten, und sie hebt den Saisoncharakter der fraglichen Fänge hervor. Im Falle der Quoten für Beifänge in den norwegischen Gewässern seien diese Schwierigkeiten noch durch den Umstand verstärkt worden, daß die französische Quote niedrig gewesen sei, während die in diesen Gewässern fischenden Fischereifahrzeuge über grosse Kapazitäten verfügten. Ferner habe die Verordnung (EWG) Nr. 2807/83 der Kommission vom 22. September 1983 zur Festlegung der Einzelheiten der Aufzeichnung von Informationen über den Fischfang durch die Mitgliedstaaten (ABl. L 276, S. 1), die die Einrichtung eines Gemeinschaftslogbuchs vorsehe, vor dem 1. April 1986 noch nicht gegolten, und die Einführung eines Systems zur Verarbeitung der Daten in den Logbüchern habe eine Anpassungszeit erfordert.

20 Diesem Einwand der Französischen Republik kann nicht gefolgt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (siehe beispielsweise Urteil vom 20. März 1990, Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnr. 23) kann sich ein Mitgliedstaat nämlich zur Rechtfertigung eines Versäumnisses bei der Einführung eines wirkungsvollen Kontrollmechanismus nicht auf praktische Schwierigkeiten berufen. Vielmehr obliegt es den im Rahmen

der gemeinsamen Marktorganisation für Fischereierzeugnisse mit der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen betrauten Mitgliedstaaten, diese Schwierigkeiten durch den Erlaß geeigneter Maßnahmen zu überwinden.

21 Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß, wie der Generalanwalt unter Nr. 12 seiner Schlussanträge dargelegt hat, nach der Verordnung Nr. 2057/82, insbesondere den Artikeln 6 und 9, wonach alle Anlandungen gemeldet und aufgezeichnet werden müssen, die ordnungsgemässe Durchführung der Überwachungsmaßnahmen den französischen Behörden ausreichende Informationen hätte liefern müssen, die sie in die Lage versetzt hätten, die Ausschöpfung der Quoten vorauszusehen und entsprechend tätig zu werden. Zudem hätte die Französische Republik, wenn sie diese Maßnahmen als unzureichend angesehen hätte, die Möglichkeit gehabt, nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 2057/82 über die Mindestanforderungen dieser Verordnung hinausgehende zusätzliche Vorschriften zu erlassen. Zu Recht hat die Kommission darauf hingewiesen, daß die Französische Republik von den Kapitänen der Fischereifahrzeuge hätte verlangen können, daß sie die Fangangaben, über die sie verfügten, per Funk übermittelten, oder daß sie ein Lizenzsystem hätte einführen können, durch das die Fischereifahrzeuge im voraus die Genehmigung erhalten hätten, eine bestimmte Menge des den Quoten unterliegenden Fisches zu fangen.

22 Was die angebliche Notwendigkeit einer Anpassungszeit zur Einführung eines Systems angeht, das die Sammlung und Verarbeitung der Angaben aus den Logbüchern erlaubt, so ist darauf hinzuweisen, daß, wie der Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 20. März 1990 (Kommission/Frankreich, a. a. 0., Randnr. 25) entschieden hat, die Verordnung Nr. 2807/83, die am 1. April 1985 in Kraft getreten

ist, lediglich ein vereinheitlichtes Modell des Logbuchs eingeführt hat. Die Verpflichtung, ein Logbuch zu führen, das die Fangmengen für jeden Bestand sowie Zeitpunkt und Ort dieser Fänge ausweist, ist demgegenüber bereits in Artikel 3 der Verordnung Nr. 2057/82 vorgesehen, die am 1. Januar 1983 in Kraft getreten ist. Unter diesen Umständen durfte erwartet werden, daß die Französische Republik 1986 ein System eingeführt haben würde, das sie in die Lage versetzte, die in den Logbüchern enthaltenen Angaben wirksam zu nutzen.

23 Der zweite Einwand der Französischen Republik geht dahin, daß im vorliegenden Fall nicht mit Sicherheit nachgewiesen sei, daß tatsächlich eine Überschreitung der beiden betreffenden Quoten vorliege bzw. welches Ausmaß sie habe. Hierzu verweist die Französische Republik zunächst auf die fehlende Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene der Umrechnungsköffizienten, die die Mitgliedstaaten auf angelandeten ausgenommenen Fisch anwendeten, um die Lebendfangtonnage zu errechnen. Auch seien einige der Gewässer, in denen die Rotbarschfänge getätigt worden seien, im Hinblick auf die Fischereihoheit zwischen dem Vereinigten Königreich und den Färöern umstritten.

24 Zu der angeblichen Unsicherheitsmarge bei der Anwendung der Umrechnungsköffizienten ist festzustellen, daß, wie der Gerichtshof bereits auf denselben Einwand hin in seinem Urteil vom 20. März 1990 (Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnr. 28) ausgeführt hat, die französischen Behörden selbst diesen Koeffizienten herangezogen haben, um die der Kommission gemeldeten Fangzahlen zu ermitteln. Unter diesen Umständen kann die Französische Republik nicht die Verläßlichkeit dieser Berechnungsart in Zweifel ziehen. Eine Unsicherheitsmarge wäre, selbst wenn sie bestehen sollte, ohnehin

begrenzt und könnte mit Sicherheit eine so beträchtliche Quotenüberschreitung nicht erklären, wie sie vorliegend in Höhe von 21 % bei der erhöhten Quote für Rotbarsch und in Höhe von 60 % bei der Quote für Beifänge festgestellt wurde.

25 Was sodann die angeblichen Hoheitsstreitigkeiten zwischen dem Vereinigten Königreich und den Färöern betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat (Urteil vom 20. März 1990, Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnr. 30), gemäß Artikel 2 Buchstabe b des Fischereiabkommens zwischen der EWG einerseits und der Regierung von Dänemark und der Landesregierung der Färöer andererseits die Behörden der Färöer jedes Jahr "die Fangquoten für die Fischereifahrzeuge der Gemeinschaft sowie die Gebiete, die im Rahmen dieser Fangquoten abgefischt werden dürfen", festsetzen. Das Verzeichnis der Quoten und Fanggebiete wird der Kommission übermittelt und dient als Grundlage für die Aufteilung der Quoten unter den Mitgliedstaaten. Angesichts des Fehlens jeglichen Vorbehalts wegen einer angeblichen Hoheitsstreitigkeit zwischen dem Vereinigten Königreich und den Färöern in diesem Abkommen oder irgendeines Einspruchs gegen das von den Behörden der Färöer mitgeteilte Gebiet seitens des angeblich betroffenen Mitgliedstaats ist es der Französischen Republik nicht gelungen, die Tatsache in Frage zu stellen, daß die gesamten von der Kommission in diesem Verfahren berücksichtigten Fangmengen in dem zur Fischereihoheit der Färöer gehörenden Gebiet gefischt worden sind. Unter diesen Umständen kann sich die Französische Republik zur Rechtfertigung der Nichteinhaltung der betreffenden Quoten nicht auf dieses Vorbringen stützen.

26 Drittens macht die Französische Republik geltend, daß jedenfalls die Gesamtquote der Gemeinschaft für die betreffenden Bestände in den norwegischen Gewässern und denjenigen der Färöer im Jahre 1986 nicht ausgeschöpft worden sei, so daß die französischen Quotenüberschreitungen weder andere Mitgliedstaaten geschädigt, noch die Erreichung des von den Gemeinschaftsvorschriften angestrebten Ziels der Erhaltung der Bestände oder die von der Gemeinschaft mit den betroffenen Drittländern geschlossenen Abkommen gefährdet hätten.

27 Insoweit genügt, wie der Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 20. März 1990 (Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnr. 32) festgestellt hat, der Hinweis, daß die Gesamtfangmenge der Gemeinschaft in den betroffenen Gewässern für das Jahr 1986, deren Umfang erst nach Ende dieses Jahres feststand, die Verpflichtung eines Mitgliedstaats unberührt lässt, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausschöpfung der ihm zugeteilten einzelstaatlichen Quote zu verhindern.

28 Schließlich beanstandet die Französische Republik mit ihrem vierten Einwand die Kriterien, die die Kommission zur Beurteilung der Bewirtschaftung und der Überwachung der Quoten durch die Mitgliedstaaten anwendet. Erstens dürfe die Kommission bei der Entscheidung, ob sie ein Verfahren nach Artikel 169 EWG-Vertrag wegen Quotenüberschreitung einleiten solle, nicht das Ausmaß der Überfischung im Verhältnis zur Gesamtquote berücksichtigen, sondern müsse auf den absoluten Wert dieser Überfischung, also auf deren Tonnage, abstellen. So müsse die Kommission die Marge der Überschreitung der betreffenden Quoten mit derjenigen bei anderen Quoten vergleichen, die sie für unbedeutend halte und derentwegen sie deshalb kein Verfahren eingeleitet habe; sie müsse auch die Kapazität der Fischereifahrzeuge berücksichtigen, die die Quoten nutzten. Zweitens müsse die Kommission bei der Beurteilung der Frage, wie

schwerwiegend die zwischen dem Zeitpunkt der Ausschöpfung der Quoten und dem der Einstellung der Fangtätigkeit eingetretene Verzögerung sei, die Fristen nach den Gemeinschaftsvorschriften berücksichtigen, die die Kapitäne der Fahrzeuge verpflichteten, den nationalen Behörden die Angaben in ihren Logbüchern mindestens alle 15 Tage und jedenfalls binnen 48 Stunden nach der Anlandung zu übermitteln, und die den Mitgliedstaaten eine Frist von 15 Tagen gewährten, um der Kommission ihre monatliche Fangerklärung zu übermitteln.

29 Zum ersten Punkt ist auszuführen, daß, wie die Kommission zu Recht geltend macht, eine Beurteilung des Ausmasses der Überschreitung einer Quote nach ihrem absoluten Wert, also nach ihrer Tonnage, nicht von Interesse ist, da die den Mitgliedstaaten zugeteilten Quoten mengenmässig sehr unterschiedlich sind. Hingegen lässt sich durch eine Beurteilung nach dem Prozentsatz der Überfischung zeigen, ob die Quoten wirksam bewirtschaftet und überwacht werden. Wie die Kommission weiter vorträgt, verpflichtete der Umstand, daß die französischen Fischereifahrzeuge, die die fraglichen Gewässer beführen, über eine hohe Fangkapazität verfügten, die französischen Stellen zu um so grösserer Wachsamkeit, schwächte jedoch in keiner Weise ihre Verpflichtung ab, die Einhaltung der Quoten zu gewährleisten.

30 Zum zweiten Punkt ist festzustellen, daß die Kommission zu Recht darauf hingewiesen hat, daß sich ein Mitgliedstaat nicht auf die Mindestanforderungen der Gemeinschaftsvorschriften berufen kann, um sich seiner Verantwortung in bezug auf die Einhaltung der ihm zugeteilten Fischfangquoten zu entledigen. Zur Frist von 15 Tagen für

die Mitteilung der Fänge ist darauf hinzuweisen, daß die Mitgliedstaaten verlangen können, daß ihnen diese Angaben schneller, beispielsweise über Funk, übermittelt werden. Zudem lässt sich mit der Frist von 15 Tagen für die Mitteilung der monatlichen Fangzahlen an die Kommission in keinem Fall rechtfertigen, daß die Französische Republik es unterlassen hat, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um bis auf weiteres jede Fangtätigkeit zu untersagen, sobald die Ausschöpfung der Quote unmittelbar bevorzustehen schien.

31 Da keinem der von der Französischen Republik gegen die Rüge der Kommission vorgetragenen Einwände gefolgt werden kann, ist festzustellen, daß die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 in Verbindung mit Artikel 1 der Verordnung Nr. 3730/85 und Artikel 1 der Verordnung Nr. 3732/85 verstossen hat, daß sie die Einhaltung der ihr für das Jahr 1986 in bezug auf Beifänge in den norwegischen Gewässern und auf Rotbarsch in den Gewässern der Färöer zugeteilten Quoten nicht sichergestellt hat.

Zu der Nebenrüge

32 In der Klageschrift wirft die Kommission der Französischen Republik ferner vor, sie habe ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 verletzt, wonach "die Mitgliedstaaten... in Übereinstimmung mit den geltenden Gemeinschaftsbestimmungen die Einzelheiten für die Nutzung der ihnen zugeteilten Quoten fest[legen]".

33 In Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichtshofes, mit dem dieser die Kommission gebeten hat, die konkreten Umstände anzugeben, mit denen dargetan werden sollte, daß die Französische Republik gegen Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 verstossen hat, hat die Kommission zunächst ausgeführt, daß diese Bestimmung allgemeine Bedeutung habe und sich auf alle erforderlichen Einzelheiten erstrecke, um zu gewährleisten, daß die Quoten in Übereinstimmung mit den entsprechenden Gemeinschaftsvorschriften genutzt würden, und daß deshalb jeder Fall der Überfischung, der von einem Mitgliedstaat zu vertreten sei, einen Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 2 darstelle. Da die Vorschriften der Verordnung Nr. 2057/82 einschließlich des Artikels 10 Absatz 2, obwohl sie älter als die Verordnung Nr. 170/83 seien, nur die allgemeine Verpflichtung nach Artikel 5 Absatz 2 genauer definierten, stelle jeder Verstoß gegen Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82 bereits für sich einen Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83 dar. Schließlich sei die verspätete Einstellung der Fangtätigkeiten darauf zurückzuführen, daß die Französische Republik nicht über die von der Verordnung Nr. 2057/82 verlangten Maßnahmen hinaus die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um die Angaben über die Fänge zu erhalten, die sie in die Lage versetzen sollten, der Quotenüberschreitung vorzubeugen; infolgedessen sei dieses Versäumnis bei der Bewirtschaftung der Quoten ebenfalls als Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 2 anzusehen.

34 Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden. Eine Bestimmung allgemeiner Art kann nämlich selbständig nur auf Sachverhalte angewandt werden, für die das Gemeinschaftsrecht keine spezielleren Vorschriften vorsieht. Wenn eine Bestimmung

allgemeinen Charakters, wie Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 170/83, durch eine besondere Vorschrift, wie im vorliegenden Fall Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2057/82, durchgeführt wird und der Gerichtshof die Verletzung dieser speziellen Verpflichtung durch einen Mitgliedstaat festgestellt hat, braucht somit nicht mehr geprüft zu werden, ob dieser Staat auch die allgemeine Bestimmung verletzt hat, auf die sich diese Verpflichtung gründet.

35 Die Kommission muß zudem nach ständiger Rechtsprechung (siehe beispielsweise Urteil vom 20. März 1990, Kommission/Frankreich, a. a. O., Randnr. 37) im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 169 EWG-Vertrag das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachweisen. Deshalb muß die Kommission zur Begründung ihrer Klage die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte vortragen, die erforderlich sind, damit der Gerichtshof prüfen kann, ob die behauptete Vertragsverletzung vorliegt. Es ist festzustellen, daß die Kommission im vorliegenden Fall die entsprechenden Argumente erst in der Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofes vorgetragen hat.

36 Unter diesen Umständen ist die Nebenrüge der Kommission zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

37 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2057/82 des Rates vom 29. Juni 1982 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten in Verbindung mit Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3730/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Aufteilung bestimmter Fangquoten für in der Wirtschaftszone Norwegens und in der Fischereizone um Jan Mayen fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten und Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3732/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Aufteilung der Fangquoten für in den Gewässern der Färöer fischende Fischereifahrzeuge auf die Mitgliedstaaten verstossen, daß sie die Einhaltung der ihr für das Jahr 1986 in bezug auf Fänge von "anderen Arten (als Beifänge)" in den norwegischen Gewässern und von Rotbarsch in den Gewässern der Färöer zugeteilten Quoten nicht sichergestellt hat.

2) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3) Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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