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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.02.1998
Aktenzeichen: C-245/95 P
Rechtsgebiete: EG-Satzung, Verordnung (EWG) Nr. 2849/92, Verordnung (EWG) Nr. 2423/88, Verordnung (EWG) Nr. 1739/85, EG-Satzung


Vorschriften:

EG-Satzung Art. 49
Verordnung (EWG) Nr. 2849/92 Art. 1
Verordnung (EWG) Nr. 2423/88
Verordnung (EWG) Nr. 1739/85
EG-Satzung Art. 37 Abs. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Der Kommission, deren Sitz sich in Brüssel befindet, kommt für die Einlegung eines Rechtsmittels eine Verlängerung der Verfahrensfristen um zwei Tage gemäß Artikel 1 des Beschlusses über die Verlängerung der Verfahrensfristen mit Rücksicht auf die räumliche Entfernung, der die Anlage II zur Verfahrensordnung des Gerichtshofes bildet, trotz des Umstands zugute, daß sie bereits eine Zustellungsanschrift für das Verfahren vor dem Gericht angegeben hat.

Denn diese Bestimmung berücksichtigt nur den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der betreffenden Partei, nicht den Ort, an dem diese Partei gemäß Artikel 44 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts oder Artikel 38 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes eine Zustellungsanschrift angegeben hat.

Im übrigen stellt das Rechtsmittelverfahren ein von dem vorherigen Verfahren vor dem Gericht getrenntes Verfahren dar, so daß die Angabe einer Zustellungsanschrift für die Zwecke des Verfahrens vor dem Gericht keine Auswirkungen für die Zwecke eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens hat.

2 Die Eröffnung einer Untersuchung im Sinne von Artikel 7 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/88, gleich ob bei der Einleitung eines Antidumpingverfahrens oder im Rahmen der Überprüfung einer Verordnung zur Einführung von Antidumpingzöllen, hängt immer vom Vorliegen ausreichender Beweismittel für das Vorliegen eines Dumpings und der sich daraus ergebenden Schädigung ab.

Wenn in diesem Zusammenhang die Gemeinschaftsorgane im Rahmen eines nach den Artikeln 14 und 15 der Grundverordnung eingeleiteten Überprüfungsverfahrens zu untersuchen haben, ob das Auslaufen einer vorher verhängten Antidumpingmaßnahme wiederum zu einer Schädigung oder zu einer drohenden Schädigung führen würde, ist diese Untersuchung unter Beachtung von Artikel 4 der Grundverordnung vorzunehmen.


Urteil des Gerichtshofes vom 10. Februar 1998. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen NTN Corporation und Koyo Seiko Co. Ltd. und Rat der Europäischen Union - Rechtsmittel - Dumping - Kugellager mit Ursprung in Japan. - Rechtssache C-245/95 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-245/95 P

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Eric White und Nicholas Khan, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Rechtsmittelführerin,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Dritte erweiterte Kammer) vom 2. Mai 1995 in den Rechtssachen T-163/94 und T-165/94 (NTN Corporation und Koyo Seiko/Rat, Slg. 1995, II-1381) wegen Aufhebung dieses Urteils,

andere Verfahrensbeteiligte:

NTN Corporation, Gesellschaft japanischen Rechts mit Sitz in Osaka (Japan), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Jürgen Schwarze und Malte Sprenger, Düsseldorf, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Claude Penning, 78, Grand-Rue, Luxemburg,

Koyo Seiko Co. Ltd, Gesellschaft japanischen Rechts mit Sitz in Osaka (Japan), Prozeßbevollmächtige: Rechtsanwalt Jacques Buhart, Paris, und Barrister Charles Kaplan, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Arendt und Medernach, 8-10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,

Klägerinnen in der ersten Instanz,

unterstützt durch

NSK Ltd, Gesellschaft japanischen Rechts mit Sitz in Tokio (Japan), und acht ihrer europäischen Tochtergesellschaften, NSK Bearings Europe Ltd, Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in London, NSK-RHP France SA, Gesellschaft französischen Rechts mit Sitz in Guyancourt (Frankreich), NSK-RHP UK Ltd, Gesellschaft englischen Rechts mit Sitz in Ruddington (Vereinigtes Königreich), NSK-RHP Deutschland GmbH, Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Ratingen (Deutschland), NSK-RHP Italia SpA, Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in Mailand (Italien), NSK-RHP Nederland BV, Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in Amstelveen (Niederlande), NSK-RHP European Distribution Centre BV, Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in Amstelveen (Niederlande), und NSK-RHP Iberica SA, Gesellschaft spanischen Rechts mit Sitz in Barcelona (Spanien), alle vertreten durch David Vaughan, QC, beauftragt von Solicitor Robin Griffith, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Marc Loesch, 8, rue Zithe, Luxemburg,

Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren,

Rat der Europäischen Union, vertreten durch Rechtsberater Antonio Tanca, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, Zustellungsbevollmächtigter: Alessandro Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,

Beklagter in der ersten Instanz,

und

Federation of European Bearing Manufacturers' Associations, Frankfurt am Main,

Streithelferin in der ersten Instanz,

erläßt

DER GERICHTSHOF

unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten C. Gulmann, H. Ragnemalm (Berichterstatter) und M. Wathelet sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, P. J. G. Kapteyn, J. L. Murray, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, G. Hirsch, P. Jann und L. Sevón,

Generalanwalt: P. Léger

Kanzler: R. Grass

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. September 1997,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Rechtsmittelschrift, die am 12. Juli 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 2. Mai 1985 in den Rechtssachen T-163/94 und T-165/94 (NTN Corporation und Koyo Seiko/Rat, Slg. 1995, II-1381; im folgenden: das angefochtene Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2849/92 des Rates vom 28. September 1992 zur Änderung des durch die Verordnung (EWG) Nr. 1739/85 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Kugellager mit einem größten äußeren Durchmesser von mehr als 30 mm mit Ursprung in Japan (ABl. L 286, S. 2; Berichtigung: ABl. 1993, L 72, S. 36) für nichtig erklärt hat, soweit er der NTN Corporation (im folgenden: NTN) und der Koyo Seiko Co. Ltd (im folgenden: Koyo Seiko) einen Antidumpingzoll auferlegt.

2 Die Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 des Rates vom 11. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 209, S. 1; im folgenden: Grundverordnung) stellt in Artikel 2 Absatz 1 den Grundsatz auf, daß auf jede Ware, die Gegenstand eines Dumpings ist, ein Antidumpingzoll erhoben werden kann, wenn "deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht".

3 Artikel 4 derselben Verordnung führt die maßgebenden Faktoren für die Feststellung auf, daß eine bedeutende Schädigung eines bestehenden Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft vorliegt oder droht oder die Errichtung eines solchen Wirtschaftszweigs erheblich verzögert wird.

4 Nach Artikel 7 Absatz 9 Buchstabe a der Grundverordnung muß eine von der Kommission vorgenommene Untersuchung "in der Regel innerhalb eines Jahres nach der Verfahrenseinleitung abgeschlossen sein". Die Untersuchung kann aus verschiedenen Gründen eingestellt werden: entweder wenn im Sinne von Artikel 9 keine Schutzmaßnahme erforderlich ist oder wenn im Sinne von Artikel 10 die Beteiligten Verpflichtungen angenommen haben oder aber wenn im Sinne von Artikel 12 endgültige Zölle festgesetzt werden.

5 Nach Artikel 14 werden Verordnungen zur Festsetzung von Antidumpingzöllen auf Antrag eines Mitgliedstaats, auf Veranlassung der Kommission oder auch, wenn eine betroffene Partei Beweismittel hinsichtlich veränderter Umstände vorlegt, die ausreichen, um die Notwendigkeit einer Überprüfung zu rechtfertigen, und mindestens ein Jahr seit Abschluß der Untersuchung vergangen ist, auf Antrag dieser Partei ganz oder teilweise einer Überprüfung unterzogen. Die Untersuchung wird dann gemäß Artikel 7 erneut eröffnet, sofern die Umstände dies erfordern.

6 Nach Artikel 15 Absatz 3 der Grundverordnung erfolgt eine Überprüfung der Maßnahme durch die Kommission, wenn "eine betroffene Partei nach[weist], daß das Auslaufen der Maßnahme wiederum zu einer Schädigung oder einer drohenden Schädigung führen würde".

7 Durch die Verordnung (EWG) Nr. 1739/85 des Rates vom 24. Juni 1985 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren bestimmter Kugellager und Kegelrollenlager mit Ursprung in Japan (ABl. L 167, S. 3), der durch die Verordnung Nr. 2849/92 geändert wurde, wurde auf Einfuhren von Kugellagern mit einem größten äußeren Durchmesser von mehr als 30 mm mit Ursprung in Japan ein endgültiger Antidumpingzoll von 1,2 % bis 21,7 % eingeführt. So wurden die Erzeugnisse der NTN und der Koyo Seiko mit endgültigen Antidumpingzöllen von 3,2 % und von 5,5 % belegt.

8 Die Federation of European Bearing Manufacturers' Associations (im folgenden: FEBMA) reichte am 27. Dezember 1988 einen Antrag auf Überprüfung der durch die Verordnung Nr. 1739/85 eingeführten Antidumpingzölle ein.

9 Nach Auffassung der Kommission enthielt dieser Antrag ausreichende Beweismittel, um eine Überprüfung zu rechtfertigen, und sie eröffnete eine Untersuchung nach Artikel 14 der Grundverordnung.

10 Am 28. September 1992 erließ der Rat die Verordnung Nr. 2849/92, in deren Artikel 1 es heißt:

"Der nach Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1739/85 eingeführte endgültige Antidumpingzoll wird für die nachstehend genannten Waren wie folgt geändert:

1. Auf die Einfuhren von Kugellagern mit einem größten äußeren Durchmesser von mehr als 30 mm des KN-Codes 8482 10 90 mit Ursprung in Japan wird ein endgültiger Antidumpingzoll erhoben.

2. Der Antidumpingzoll, ausgedrückt als Prozentsatz des Nettopreises frei Grenze der Gemeinschaft, unverzollt, beträgt 13,7 % (Taric-Zusatzcode 8677). Eine Ausnahme bilden die Waren, die von folgenden Unternehmen hergestellt werden und für die folgende Antidumpingzölle gelten:

...

- NTN Corporation, Osaka,...11,6 %

..."

11 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht den Anträgen der NTN und der Koyo Seiko stattgegeben und Artikel 1 der Verordnung Nr. 2849/92 aufgehoben, soweit er ihnen einen Antidumpingzoll auferlegt. Das Gericht war nämlich zu der Auffassung gelangt, daß eine Reihe der Feststellungen des Rates tatsächlich oder rechtlich falsch oder bei der Würdigung der Schädigung oder drohenden Schädigung wegen Unvollständigkeit irreführend seien. Das Gericht hatte ferner festgestellt, daß das Überprüfungsverfahren nicht innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen worden sei.

12 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Randnummern 1 bis 25 des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Rechtsmittel

13 Die Kommission beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen und der NTN sowie der Koyo Seiko die Kosten aufzuerlegen. Der Rat hat keinen Schriftsatz eingereicht, aber dem Gerichtshof mitgeteilt, daß er sich den Ausführungen der Kommission anschließe. Da die FEBMA die Fristen hat verstreichen lassen, hat sie keinen Schriftsatz einreichen können (Beschluß vom 14. Februar 1996 in der Rechtssache C-245/95 P, Kommission/NTN Corporation, Slg. 1996, I-553).

14 Die NTN und die Koyo Seiko beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Hilfsweise beantragt die Koyo Seiko für den Fall der Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Verordnung Nr. 2849/92 für nichtig zu erklären, soweit sie von ihr betroffen ist.

15 Der Gerichtshof hat mit Beschluß vom 14. Februar 1996 in der Rechtssache C-245/95 P (Kommission/NTN Corporation, Slg. 1996, I-559) die NSK Ltd und acht ihrer europäischen Tochtergesellschaften, die NSK Bearings Europe Ltd, die NSK-RHP France SA, die NSK-RHP UK Ltd, die NSK-RHP Deutschland GmbH, die NSK-RHP Italia SpA, die NSK-RHP Nederland BV, die NSK-RHP European Distribution Centre BV und die NSK-RHP Iberica SA (im folgenden zusammen als NSK bezeichnet) als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der NTN und der Koyo Seiko zugelassen.

16 Die NSK beantragt, den Anträgen der NTN und der Koyo Seiko stattzugeben, festzustellen, daß die Nichtigerklärung des Artikels 1 der Verordnung Nr. 2849/92 auch für sie gilt, und schließlich der Kommission die Kosten ihrer Streithilfe aufzuerlegen.

17 Die Kommission beantragt, die Entscheidung über die Kosten der NSK bis zum abschließenden Urteil des Gerichts vorzubehalten.

18 Ihr Rechtsmittel stützt die Kommission auf zwei Gründe. Dem Gericht sei insoweit ein Rechtsfehler zum einen bei der Auslegung des Begriffes der Schädigung im Sinne der Grundverordnung und zum anderen bei der Auslegung und Anwendung des Artikels 7 Absatz 9 Buchstabe a der Grundverordnung unterlaufen, als es die Ansicht vertreten habe, daß die übermäßige Dauer der Überprüfung notwendigerweise zur Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 2849/92 führe.

Zur Zulässigkeit

19 Die Koyo Seiko macht geltend, das Rechtsmittel sei unzulässig. Zur Begründung führt sie an, der Kommission könne der Beschluß des Gerichtshofes über die Verlängerung der Verfahrensfristen mit Rücksicht auf die räumliche Entfernung (Artikel 1 der Anlage II zur Verfahrensordnung des Gerichtshofes) nicht zugute kommen, der folgendes bestimme: "Mit Ausnahme der Fälle, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Großherzogtum Luxemburg haben, werden die Verfahrensfristen mit Rücksicht auf die Entfernung verlängert, und zwar - für das Königreich Belgien um zwei Tage..." Die Rechtsmittelschrift sei zwei Monate und zwei Tage nach der Zustellung des angefochtenen Urteils eingereicht worden, d. h. nach Ablauf der Frist von zwei Monaten gemäß Artikel 49 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes, sofern diese Frist nicht mit Rücksicht auf die räumliche Entfernung verlängert werden müsse, da die Kommission ihren Sitz in Brüssel habe. Die Verlängerung der Frist mit Rücksicht auf die räumliche Entfernung gelte jedoch nicht, wenn bereits Verfahren stattgefunden hätten und die Verfahrensbeteiligten Bevollmächtigte mit Zustellungsanschrift in Luxemburg benannt hätten.

20 Hierzu ist festzustellen, daß der Beschluß über die Verlängerung der Verfahrensfristen mit Rücksicht auf die räumliche Entfernung, der die Anlage II zur Verfahrensordnung des Gerichtshofes bildet, in Artikel 1 vorsieht, daß mit Ausnahme der Fälle, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Luxemburg haben, die Verfahrensfristen mit Rücksicht auf die Entfernung um eine Anzahl von Tagen verlängert werden, die je nach der Entfernung des Staates, in dem die betreffende Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, unterschiedlich ist.

21 Für die Anwendung dieser Bestimmung wird nur der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der betreffenden Partei berücksichtigt, nicht der Ort, an dem diese Partei gemäß Artikel 44 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts oder Artikel 38 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes eine Zustellungsanschrift angegeben hat.

22 Im übrigen verweist Artikel 112 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes ausdrücklich auf Artikel 38 § 2 der Verfahrensordnung, was darauf hindeutet, daß das Rechtsmittelverfahren ein von dem vorherigen Verfahren vor dem Gericht getrenntes Verfahren darstellt, so daß die Angabe einer Zustellungsanschrift für die Zwecke des Verfahrens vor dem Gericht keine Auswirkungen für die Zwecke eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens hat.

23 Daher kommt der Kommission, deren Sitz sich in Brüssel befindet, eine Verlängerung der Verfahrensfristen mit Rücksicht auf die räumliche Entfernung von zwei Tagen zugute. Das am 12. Juli 1995 gegen das Urteil vom 2. Mai 1995, der Kommission zugestellt am 10. Mai 1995, eingelegte Rechtsmittel ist somit zulässig.

24 Zu den Anträgen der NSK ist darauf hinzuweisen, daß gemäß Artikel 37 Absatz 4 der EG-Satzung des Gerichtshofes mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können. Daher sind die Anträge der NSK auf Feststellung, daß die Nichtigerklärung des Artikels 1 der Verordnung Nr. 2849/92 auch für sie gilt, unzulässig.

Zur Schädigung

25 Nach Ansicht der Kommission stellt die Anwendung der Kriterien in Artikel 4 der Grundverordnung für die Beurteilung des Vorliegens einer Schädigung oder einer drohenden Schädigung im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens einen Rechtsfehler dar.

26 Dieser Rechtsmittelgrund betrifft die Randnummern 58 bis 60 des angefochtenen Urteils, die wie folgt lauten:

"58 Was die Überprüfung einer Verordnung anbelangt, durch die Antidumpingzölle auferlegt werden, enthält die Grundverordnung Hinweise nur in bezug auf die Umstände, deren Feststellung erforderlich ist, damit eine Überprüfung eingeleitet werden kann. Zum einen bestimmt Artikel 14 Absatz 2, daß, wenn sich zeigt, "daß eine Überprüfung angebracht ist,... die Untersuchung gemäß Artikel 7 erneut eröffnet wird, sofern die Umstände dies erfordern". Folglich hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. Dezember 1993 in der Rechtssache C-216/91 (Rima Eletrometalurgia/Rat, Slg. 1993, I-6303, Randnr. 16) unter Bezugnahme auf Artikel 7 Absatz 1 der Grundverordnung entschieden, daß "die Eröffnung einer Untersuchung, gleich ob bei der Einleitung eines Antidumpingverfahrens oder im Rahmen der Überprüfung einer Verordnung zur Einführung von Antidumpingzöllen, immer vom Vorliegen ausreichender Beweismittel für das Vorliegen eines Dumping und der sich daraus ergebenden Schädigung abhängt". Zum anderen bestimmt Artikel 15 Absatz 3 der Grundverordnung, daß, sofern "... eine betroffene Partei nach[weist], daß das Auslaufen der Maßnahme wiederum zu einer Schädigung oder einer drohenden Schädigung führen würde", die Kommission eine Überprüfung der Maßnahmen durchzuführen hat. Somit enthält die Verordnung zwar Bestimmungen über die Umstände, die nachzuweisen sind, damit ein Überprüfungsverfahren eingeleitet werden kann, sie enthält jedoch keine speziellen Bestimmungen über die Schädigung, deren Vorliegen in der Verordnung zur Änderung der bestehenden Zölle nachzuweisen ist.

59 Mangels spezieller Bestimmungen über die Feststellung der Schädigung im Rahmen eines nach den Artikeln 14 und 15 der Grundverordnung eingeleiteten Überprüfungsverfahrens ist folglich in einer Verordnung, durch die nach Abschluß dieses Verfahrens die bestehenden Antidumpingzölle geändert werden, eine Schädigung im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Grundverordnung nachzuweisen.

60 Folglich ist zu untersuchen, ob in den Begründungserwägungen der angefochtenen Verordnung eine Schädigung im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Grundverordnung nachgewiesen ist."

27 Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht die Grundverordnung falsch ausgelegt und nicht das angemessene Kriterium in bezug auf die Schädigung angewandt. Die Verwendung eines unrichtigen Kriteriums habe die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen sowie das Ergebnis des Gerichts in Randnummer 115 des angefochtenen Urteils beeinflußt.

28 Bei der Überprüfung zur Klärung der Frage, ob die geltenden Maßnahmen noch notwendig und angemessen seien, um die durch das Dumping verursachte Schädigung zu beseitigen, sei dem Umstand Rechnung zu tragen, daß noch Antidumpingmaßnahmen in Kraft seien. Das anzuwendende Kriterium bestehe daher nicht darin, ob noch eine Schädigung vorliege oder drohe, sondern darin, ob das Dumping und die Schädigung fortdauerten oder wieder aufträten, wenn die Maßnahmen entfielen.

29 Artikel 14 Absatz 3 der Grundverordnung sehe die Änderung der bestehenden Antidumpingmaßnahmen vor, "sofern die... Überprüfung dies rechtfertigt". Dieser sehr allgemeine Wortlaut deute darauf hin, daß die Feststellung einer Schädigung im Rahmen einer anfänglichen Untersuchung erforderlich sei, jedoch nicht bei der Änderung einer Antidumpingmaßnahme. Diese Bestimmung spreche auch dafür, daß die Antidumpingzölle auch dann angepaßt werden könnten, wenn, wie im vorliegenden Fall, keine zusätzliche Schädigung festgestellt werde.

30 Indem das Gericht nicht das angemessene Kriterium in bezug auf die Schädigung angewandt habe, habe es auch in Randnummer 99 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, daß der Rat einen Rechtsirrtum begangen habe, soweit er die rückläufige Marktentwicklung im fraglichen Wirtschaftszweig berücksichtigt habe.

31 Die NTN, die Koyo Seiko und die NSK vertreten demgegenüber die Ansicht, daß das Gericht das angemessene Kriterium, nämlich das Vorliegen oder Drohen einer Schädigung im Sinne von Artikel 4 der Grundverordnung, richtig angewandt habe. Insbesondere habe die Kommission das "Kriterium der Gefahr eines Wiederauftretens der Schädigung" erfunden, das in der anwendbaren Regelung nicht erwähnt werde und im übrigen nicht stichhaltig sei. Auf alle Fälle habe das Gericht in den Randnummern 111 bis 115 des angefochtenen Urteils ausdrücklich die Frage des Wiedereintritts der Schädigung im Rahmen einer weiten Auslegung des Begriffes der drohenden Schädigung behandelt und dieses Argument im Ergebnis hauptsächlich mit der Begründung zurückgewiesen, daß der Rat Tatsachenirrtümer begangen habe.

32 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Verordnungen zur Festsetzung von Antidumpingzöllen nach den Artikeln 14 und 15 der Grundverordnung einer Überprüfung unterzogen werden können.

33 Nach Artikel 14 der Grundverordnung findet eine Überprüfung - mit oder ohne erneute Eröffnung der Untersuchung - statt, wenn eine betroffene Partei Beweismittel hinsichtlich veränderter Umstände vorlegt, die ausreichen, um die Notwendigkeit dieser Überprüfung zu rechtfertigen. Nach Artikel 14 Absatz 3 kann die Überprüfung zur Änderung der verhängten Zölle oder zu ihrer Aufhebung mit oder ohne Rückwirkung führen.

34 Somit erklärt sich die fehlende Bezugnahme auf den Begriff der Schädigung in Artikel 14 der Grundverordnung damit, daß das maßgebende Kriterium für die Vornahme einer Überprüfung nach dieser Bestimmung nicht notwendigerweise das Vorliegen oder das Drohen einer Schädigung ist, sondern viel allgemeiner veränderte Umstände, zu denen auch die Rückkehr zu gesunden Handelspraktiken gehört.

35 Trägt eine betroffene Partei substantiiert vor, daß das Auslaufen der Antidumpingzölle wiederum zu einer Schädigung oder zu einer drohenden Schädigung führen würde, nimmt die Kommission gemäß Artikel 15 der Grundverordnung eine Überprüfung der Maßnahme vor.

36 Die Untersuchung im Rahmen eines nach den Artikeln 14 und 15 der Grundverordnung eingeleiteten Überprüfungsverfahrens wird durch keine spezielle Bestimmung geregelt. Wie das Gericht in Randnummer 59 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, gibt es auch keine speziellen Bestimmungen über die Feststellung der Schädigung.

37 Jedoch verweist Artikel 14 der Grundverordnung für die Regelung der Untersuchung ausdrücklich auf Artikel 7 dieser Verordnung. Demnach findet Artikel 7 unterschiedslos Anwendung auf die ursprüngliche Untersuchung und auf die erneute Eröffnung einer Untersuchung.

38 Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Grundverordnung erstreckt sich die Untersuchung sowohl auf das Dumping als auch auf die dadurch verursachte Schädigung. Die Eröffnung einer Untersuchung im Sinne von Artikel 7 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 2423/89, gleich ob bei der Einleitung eines Antidumpingverfahrens oder im Rahmen der Überprüfung einer Verordnung zur Einführung von Antidumpingzöllen, hängt immer vom Vorliegen ausreichender Beweismittel für das Vorliegen eines Dumpings und der sich daraus ergebenden Schädigung ab.

39 Artikel 4 Absatz 2 der Grundverordnung zählt die Kriterien auf, die bei der Beurteilung des Vorliegens einer Schädigung im Rahmen einer Untersuchung zu berücksichtigen sind. Nach Artikel 4 Absatz 1 dieser Verordnung dürfen Schädigungen, die durch bestimmte andere Faktoren hervorgerufen werden, nicht den gedumpten Einfuhren zugerechnet werden.

40 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß das Gericht im angefochtenen Urteil nur - ohne sie allerdings zu zitieren - die Rechtsprechung des Gerichtshofes anwendet, in der dieser unter ähnlichen Umständen die Voraussetzungen untersucht hat, unter denen der Rat im Rahmen einer Überprüfung Antidumpingzölle durch Preisverpflichtungen ersetzt hatte, um prüfen zu können, ob diese Ersetzung auf einer richtigen Feststellung der Schädigung nach den durch Artikel 4 Absatz 2 der damals anwendbaren Grundverordnung aufgestellten Kriterien beruhte (Urteile vom 11. Juli 1990 in den Rechtssachen C-305/86 und 160/87, Neotype Techmashexport/Kommission und Rat, Slg. 1990, I-2945, Randnr. 50, und in der Rechtssache C-323/88, Sermes, Slg. 1990, I-3027, Randnr. 27).

41 Selbst wenn die Grundverordnung kein Kriterium im Zusammenhang mit der Gefahr eines Wiederauftretens der Schädigung enthält, bleibt doch im Rahmen einer Überprüfung zu untersuchen, ob das Auslaufen einer vorher verhängten Antidumpingmaßnahme erneut zu einer Schädigung oder einer drohenden Schädigung führen kann. Allerdings muß bei dieser Untersuchung Artikel 4 der Grundverordnung beachtet werden.

42 Daher hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es die in Artikel 4 der Grundverordnung aufgestellten Kriterien bei der Prüfung der Frage angewandt hat, ob das Auslaufen der Antidumpingzölle, die durch die Verordnung Nr. 1739/85 eingeführt worden waren, erneut zu einer Schädigung oder einer drohenden Schädigung führen kann.

43 Somit hat das Gericht ebenfalls zu Recht in den Randnummern 98 und 99 des angefochtenen Urteils festgestellt, daß der Rat einen Rechtsfehler begangen hat, als er die rückläufige Entwicklung in dem betreffenden Wirtschaftszweig berücksichtigte, obwohl Artikel 4 Absatz 1 der Grundverordnung dies nicht zuläßt. In dieser Bestimmung heißt es nämlich: "Schädigungen, die durch andere Faktoren - wie zum Beispiel... Rückgang der Nachfrage - hervorgerufen werden, die einzeln oder zusammen ebenfalls nachteilige Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft haben, dürfen nicht den gedumpten oder subventionierten Einfuhren zugerechnet werden."

44 Der erste Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

45 Da die vom Gericht festgestellte Unterlassung des Rates, eine Schädigung oder drohende Schädigung im Sinne von Artikel 4 der Grundverordnung nachzuweisen, für die Nichtigerklärung von Artikel 1 der Verordnung Nr. 2849/92 genügt, braucht der zweite Rechtsmittelgrund, Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 9 Buchstabe a der Grundverordnung, nicht geprüft zu werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

46 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Ende der Entscheidung

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