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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 01.04.1993
Aktenzeichen: C-25/91
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Verordnung Nr. 4028/86


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 175
Verordnung Nr. 4028/86 Art. 37 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die in Artikel 175 des Vertrages festgelegten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage sind nicht erfuellt, wenn das beklagte Organ im Anschluß an die Aufforderung zum Tätigwerden nach Ablauf der Zweimonatsfrist des Artikels 175 Absatz 2, aber vor Klageerhebung Stellung genommen hat.

In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, daß diese Stellungnahme des Organs das Anliegen des Klägers nicht befriedigt, denn Artikel 175 betrifft die Untätigkeit durch Unterlassung einer Entscheidung oder einer Stellungnahme und nicht die Vornahme eines Aktes, der nicht dem entspricht, was die Betroffenen gewollt oder für notwendig gehalten haben.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 1. APRIL 1993. - PESQUERAS ECHEBASTAR SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - FISCHEREI - GEMEINSCHAFTSZUSCHUSS ZUM BAU EINES FISCHEREIFAHRZEUGS - VERORDNUNG NR. 4028/86. - RECHTSSACHE C-25/91.

Entscheidungsgründe:

1 Die Aktiengesellschaft Pesquerias Echebastar (nachstehend: Echebastar) mit Sitz in Bermeo (Spanien) hat mit Klageschrift, die am 25. Januar 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, beantragt, erstens gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag die Untätigkeit der Kommission festzustellen, weil diese nicht über die Gewährung eines Gemeinschaftszuschusses für den Bau eines neuen Fischereifahrzeugs an Echebastar entschieden und damit gegen ihre Verpflichtungen aus der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 des Rates vom 18. Dezember 1986 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und Aquakultur (ABl. L 376, S. 7) verstossen hat; zweitens festzustellen, daß Echebastar nach den Vorschriften dieser Verordnung Anspruch auf einen Gemeinschaftszuschuß für den Bau eines neuen Fischereifahrzeugs hat; drittens nach den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag die Wiedergutmachung des Schadens anzuordnen, den sie infolge der Untätigkeit der Kommission erlitten haben will.

2 Im Oktober 1987 reichte Echebastar bei der Kommission über die spanischen Behörden einen Antrag auf Gewährung eines Gemeinschaftszuschusses für das Vorhaben des Baus eines Fischereifahrzeugs vom Typ Thunfischfänger und Tiefkühlfahrzeug ein.

3 Am 22. November 1989 teilte die Kommission Echebastar mit, das betreffende Vorhaben könne einen Gemeinschaftszuschuß nicht erhalten, weil "die Mittel für die Finanzierung von Vorhaben im Jahre 1989 nicht ausreichen".

4 Mit Schreiben vom 30. November 1989 an die Kommission machte Echebastar insbesondere geltend, daß sie gemäß Artikel 37 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4028/86 Anspruch darauf habe, daß ihr Antrag bei Zurückweisung auf die erste, bis zum 30. April 1990 erfolgende Zuteilung des folgenden Haushaltsjahres übertragen werde.

5 Am 17. Mai 1990 antwortete die Kommission Echebastar, ihr Vorhaben werde geprüft, es werde "eine Entscheidung hierüber spätestens am 31. Oktober 1990" getroffen, und das Unternehmen werde über den Inhalt dieser Entscheidung unverzueglich unterrichtet.

6 Mit Schreiben vom 20. September 1990, das die Kommission am 2. Oktober erhielt, forderte Echebastar die Kommission gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag auf, über ihren Antrag auf Gewährung eines Zuschusses nach Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 4028/86 zu entscheiden.

7 Als die Kommission Ende November 1989 über alle Angaben, insbesondere die der spanischen Behörden, verfügte, teilte sie den Antragstellern, deren Vorhaben die Voraussetzungen der Verordnung Nr. 4028/86 erfuellten, mit, daß sie infolge der Erschöpfung der verfügbaren Mittel nicht hätten berücksichtigt werden können. So benachrichtigte die Kommission mit Schreiben vom 18. Dezember 1990, daß Echebastar am 21. Januar 1991 zuging, unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 17. Mai 1990 Echebastar wie folgt: "... Ihr Vorhaben konnte einen Zuschuß aus dem folgenden Grund nicht erhalten: Die verfügbaren Mittel für 1990 reichten nicht aus."

8 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des rechtlichen Rahmens, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

9 Echebastar sieht die Aufforderung zum Tätigwerden im Sinne des Artikels 175 EWG-Vertrag in ihrem Schreiben vom 20. September 1990, das die Kommission am 2. Oktober 1990 erhalten habe. Die in dieser Vorschrift vorgesehene Zweimonatsfrist sei daher am 2. Dezember abgelaufen. Da die Kommission dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachgekommen sei, sei die Klage zulässig. Das Schreiben der Kommission vom 18. Dezember 1990 stelle überdies keine Stellungnahme im Sinne des Artikels 175 dar. Dieses Schreiben enthalte nämlich keinen Hinweis auf den Standpunkt des Organs zu den von ihm geforderten Maßnahmen.

10 Die Kommission verweist auf ihr Schreiben vom 18. Dezember 1990, das der Adressat am 21. Januar 1991 erhalten habe, und hält die am 25. Januar 1991 erhobene Untätigkeitsklage für unzulässig, da die Voraussetzungen für ihre Erhebung nicht erfuellt seien.

11 Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Antrags auf Feststellung der Untätigkeit der Kommission ist darauf hinzuweisen, daß das beklagte Organ im Anschluß an die Aufforderung zum Tätigwerden nach Ablauf der Zweimonatsfrist des Artikels 175 Absatz 2 EWG-Vertrag, aber vor Klageerhebung Stellung genommen hat. Folglich ist die Kommission auf die Aufforderung von Echebastar nicht untätig geblieben, und die Erfordernisse des Artikels 175 EWG-Vertrag sind nicht erfuellt.

12 In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, daß diese Stellungnahme der Kommission das Anliegen von Echebastar nicht befriedigt. Nach der Rechtsprechung betrifft nämlich Artikel 175 EWG-Vertrag die Untätigkeit durch Unterlassung einer Entscheidung oder einer Stellungnahme und nicht die Vornahme eines Aktes, der nicht dem entspricht, was die Betroffenen gewollt oder für notwendig gehalten haben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. November 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-15/91 und C-108/91, Buckl u. a., Slg. 1992, I-6061, Randnrn. 16 und 19).

13 Die Klage ist somit unzulässig, soweit sie auf die Feststellung einer Untätigkeit der Kommission gerichtet ist.

14 Was den Antrag auf Feststellung betrifft, daß Echebastar Anspruch auf den Zuschuß habe, genügt der Hinweis, daß der Gerichtshof im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 175 EWG-Vertrag keine Anordnungen zur Zahlung an ein Gemeinschaftsorgan richten darf. Mithin ist die Klage unzulässig, soweit sie diesen Antrag betrifft.

15 Was schließlich den Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß im vorliegenden Fall der Kommission keine Untätigkeit vorgeworfen werden kann. Die Klage ist daher abzuweisen, soweit sie diesen Antrag betrifft.

16 Nach alledem ist die Klage von Echebastar insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

17 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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