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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 25.10.1990
Aktenzeichen: C-257/90 R
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, VerfO


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 2
EWG-Vertrag Art. 175 Abs. 3
EWG-Vertrag Art. 178
EWG-Vertrag Art. 215 Abs. 2
VerfO Art. 83 § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTSHOFES VOM 25. OKTOBER 1990. - ITALSOLAR SPA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - VOM EUROPAEISCHEN ENTWICKLUNGSFONDS FINANZIERTE INTERVENTION - AUSSCHREIBUNGSVERFAHREN - WIEDERZULASSUNG ZUM AUSSCHREIBUNGSVERFAHREN. - RECHTSSACHE C-257/90 R.

Entscheidungsgründe:

1 Die Italsolar SpA hat mit Klageschrift, die am 22. August 1990 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß den Artikeln 173 Absatz 2, 175 Absatz 3, 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben in erster Linie auf Aufhebung der der Antragstellerin mit Schreiben der Generaldirektion Entwicklung vom 12. Juni 1990 mitgeteilten Entscheidung der Kommission, in dem die Generaldirektion bestätigt, daß das Angebot der Antragstellerin in bezug auf die Lose 2 und 3 eines Auftrags zur Lieferung und zum Einbau photölektrischer Solaranlagen in den Ländern des Sahel vom Exekutivsekretär des Comité permanent inter-Etats de lutte contre la sécheresse dans le Sahel ( Ständiger Zwischenstaatlicher Ausschuß für den Kampf gegen die Trockenheit im Sahel ) ( im folgenden : CILSS ) nicht angenommen worden sei. Die Klage zielt hilfsweise auf die Feststellung ab, daß die Kommission nicht die Maßnahmen ergriffen hat, zu denen sie gegenüber der Antragstellerin im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens verpflichtet war. Schließlich ist die Klage auf Ersatz des Schadens gerichtet, der der Antragstellerin durch ihren Ausschluß von der Ausschreibung entstanden ist.

2 Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Antragstellerin ausserdem nach den Artikeln 185 und 186 EWG-Vertrag einen Antrag im Verfahren der einstweiligen Anordnung auf Aussetzung des Vollzugs der genannten Entscheidung oder auf Erlaß aller sonstigen einstweiligen Maßnahmen, die zur Wiederzulassung der Antragstellerin zu dem Ausschreibungsverfahren führen können, eingereicht.

3 Die Kommission hat am 20. September 1990 zu dem Antrag auf einstweilige Anordnung schriftlich Stellung genommen; die Parteien haben am 12. Oktober 1990 mündlich verhandelt.

4 Den Akten ist zu entnehmen, daß die Antragstellerin nach einem Vorauswahlverfahren im Juli 1989 aufgefordert wurde, an einer vom CILSS veranstalteten beschränkten Aufforderung zur Angebotsabgabe für die Lieferung und den Einbau photölektrischer Solaranlagen in den im CILSS zusammengeschlossenen Ländern teilzunehmen.

5 Dieser Auftrag gehört zu einem Regionalprogramm zur Sonnenenergienutzung, das vom Europäischen Entwicklungsfonds nach den Vorschriften des am 8. Dezember 1984 in Lomé unterzeichneten Dritten AKP-EWG-Abkommens ( ABl. L 86 vom 31. 3. 1986 ) finanziert wird.

6 Gemäß den Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen fand die Öffnung der Angebote einschließlich des Angebots der Antragstellerin am 7. November 1989 am Sitz der Kommission in Brüssel statt.

7 Mit Telex vom 3. Mai 1990, bestätigt durch Schreiben vom 7. Mai 1990, teilte der CILSS, der nach den Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen den Auftrag zu vergeben hat, der Antragstellerin mit, daß ihr Angebot nicht angenommen worden sei.

8 Da die Antragstellerin der Ansicht war, daß ihr Angebot für die Lose 2 und 3 des Auftrags das niedrigste gewesen und zu Unrecht abgelehnt worden sei, wandte sie sich am 7. Mai 1990 an die Kommission.

9 Unter diesen Umständen kam es zu dem genannten Schreiben der Kommission vom 12. Juni 1990, in dem bestätigt wurde, daß das Angebot der Antragstellerin vom CILSS nicht angenommen worden sei. In diesem Schreiben wird ferner darauf hingewiesen, daß das Programm, zu dem dieser Auftrag gehöre, unter der Verantwortung des CILSS durchgeführt werde, der die Befugnis zur Entscheidung über die Vergabe des Auftrags habe und nicht verpflichtet sei, seine Entscheidungen zu begründen.

10 Zunächst ist daran zu erinnern, daß nach Artikel 83 § 1 der Verfahrensordnung ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Organs oder ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung nur zulässig ist, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gerichtshof angefochten hat oder wenn der Antrag von einer Partei eines beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits gestellt wird und die einstweilige Anordnung sich auf diesen bezieht.

11 Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Zulässigkeit der von der Antragstellerin erhobenen Klage, soweit sie auf die Aufhebung einer in dem erwähnten Schreiben der Kommission vom 12. Juni 1990 enthaltenen Entscheidung abzielt.

12 Es ist jedoch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens der einstweiligen Anordnung nicht notwendig, zu dieser Zulässigkeitsfrage Stellung zu nehmen.

13 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß nach Artikel 83 § 2 der Verfahrensordnung eine Entscheidung über die Aussetzung des Vollzugs oder über einstweilige Anordnungen davon abhängig ist, daß Umstände vorliegen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, und daß die Notwendigkeit der Aussetzung des Vollzugs oder der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht wird.

14 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Dringlichkeit eines Antrags auf Aussetzung des Vollzugs oder auf eine einstweilige Anordnung danach zu beurteilen, ob eine einstweilige Entscheidung notwendig ist, um zu verhindern, daß der Partei, die die Aussetzung des Vollzugs oder die Anordnung beantragt, ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht.

15 Was diesen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden angeht, der der Partei droht, die die Aussetzung des Vollzugs oder die einstweilige Anordnung beantragt, so wird nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( siehe zuletzt Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 23. Mai 1990 in den verbundenen Rechtssachen C-51/90 R und C-59/90 R, Comos Tank BV u. a./Kommission, Slg. 1990, 0000 ) ein finanzieller Schaden grundsätzlich nur dann als ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden angesehen, wenn er im Falle eines Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht vollständig ersetzt werden kann.

16 Hierzu führt die Antragstellerin aus, daß der ihr drohende Schaden nicht nur finanzieller Art sei, sondern sich daraus ergebe, daß sie gegenüber ihren Mitbewerbern ohne Begründung von einem Auftrag ausgeschlossen werde, der einzig sei in einem der geographischen Gebiete, in denen die Technologie der photölektrischen Energie, was die ausschließliche Tätigkeit der Antragstellerin sei, zum erstenmal angewendet werde. Der Bedarf in diesem Gebiet werde für viele kommende Jahre gedeckt sein, und die Tatsache, daß sie nicht wenigstens ein Los des fraglichen Auftrags erhalte, habe zur Folge, daß die künftige Entwicklung der Tätigkeit der Antragstellerin schwer belastet werde.

17 Deshalb müssten die beantragte Aussetzung des Vollzugs oder die beantragten einstweiligen Maßnahmen dazu führen, daß die Antragstellerin zu dem Ausschreibungsverfahren für den streitigen Auftrag, der noch nicht endgültig vergeben sei, einstweilen wieder zugelassen werde. Auf diese Weise sei es möglich, bis zur endgültigen Entscheidung des Rechtsstreits jeden Schaden zu verhindern.

18 Nach den Ausschreibungsunterlagen steht die Befugnis zur Vergabe oder Nichtvergabe des Auftrags nicht der Kommission, sondern dem CILSS zu, der im Namen und für Rechnung seiner Mitgliedstaaten handelt, was im Einklang mit Artikel 192 des erwähnten Dritten AKP-EWG-Abkommens steht, wonach die AKP-Staaten bei den vor allem vom Europäischen Entwicklungsfonds finanzierten Maßnahmen für die Vorbereitung, die Aushandlung und die Vergabe der Aufträge verantwortlich sind.

19 Eine Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Kommission oder eine gegen sie erlassene einstweilige Anordnung kann daher nicht dazu führen, daß die Antragstellerin zu dem Ausschreibungsverfahren wieder zugelassen wird.

20 Die Entscheidung über den Ausschluß oder die Wiederzulassung der Antragstellerin zu dem Ausschreibungsverfahren für den fraglichen Auftrag ist Sache des CILSS. Nach den allgemeinen Bedingungen der Verdingungsunterlagen und gemäß Artikel 238 des Dritten AKP-EWG-Abkommens können die Entscheidungen einer Verwaltung der AKP-Staaten von einem Bieter im Wege der Schiedsgerichtsbarkeit angefochten werden; diesen Verfahrensweg hat die Antragstellerin bereits beschritten.

21 Demnach hat die Antragstellerin weder nachgewiesen, daß die beantragten Maßnahmen notwendig sind, um einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden zu verhindern, noch auch nur, daß sie geeignet sind, eine solche Wirkung zu entfalten. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist folglich zurückzuweisen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT

beschlossen :

1 ) Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2 ) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 25. Oktober 1990.

Ende der Entscheidung

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