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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.05.2001
Aktenzeichen: C-258/99
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 1610/96/EWG


Vorschriften:

Verordnung Nr. 1610/96/EWG Art. 1
Verordnung Nr. 1610/96/EWG Art. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Begriff Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel umfasst die chemischen Elemente und deren Verbindungen, wie sie natürlich vorkommen oder industriell hergestellt werden, einschließlich jeglicher bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigung, mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen, auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse. Zwei Erzeugnisse, die sich nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der in ihnen enthaltenen Verunreinigung unterscheiden, wobei deren prozentualer Anteil in dem einen Erzeugnis höher als in dem anderen ist, sind als ein und dasselbe Erzeugnis im Sinne dieses Artikels zu betrachten. In diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass für das Inverkehrbringen eines neuen Pflanzenschutzmittels, bei dem sich das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung von demjenigen bei dem alten Pflanzenschutzmittel unterscheidet, eine Genehmigung erforderlich ist, ist nicht dafür erheblich, ob die Erzeugnisse, die die Pflanzenschutzmittel bilden, identisch sind.

( vgl. Randnr. 25, 29, 32, Tenor 1-3 )

2. Die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 1 Buchstaben a und d der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel sind auf jeden Fall nicht alle erfuellt, wenn sich ein Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel, das nach einem patentierten Verfahren hergestellt worden ist und für dessen Inverkehrbringen eine Genehmigung erteilt worden ist, von einem zu einem früheren Zeitpunkt als Pflanzenschutzmittel zugelassenen Erzeugnis nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der in ihm enthaltenen Verunreinigung unterscheidet, wobei der Prozentsatz der wirksamen Verbindung bei dem erstgenannten Erzeugnis höher ist als bei dem zweiten, und das betreffende Verfahrenspatent als Grundpatent bezeichnet worden ist.

( vgl. Randnr. 38, Tenor 4 )


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 10. Mai 2001. - BASF AG gegen Bureau voor de Industriële Eigendom. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Arrondissementsrechtbank 's-Gravenhage - Niederlande. - Verordnung (EG) Nr. 1610/96 - Pflanzenschutzmittel - Ergänzendes Schutzzertifikat. - Rechtssache C-258/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-258/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) von der Arrondissementsrechtbank Den Haag (Niederlande) in dem bei dieser anhängigen Rechtsstreit

BASF AG

gegen

Bureau voor de Industriële Eigendom (BIE)

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel (ABl. L 198, S. 30)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann (Berichterstatter), der Richter V. Skouris, J.-P. Puissochet und R. Schintgen sowie der Richterin F. Macken,

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Abteilungsleiterin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der BASF AG, vertreten durch P. Kuipers und W. VerLoren van Themaat, beide advocaat,

- des Bureau voor de Industriële Eigendom (BIE), vertreten durch C. Eskes und R. A. Grootoonk als Bevollmächtigte,

- der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und A. Dittrich als Bevollmächtigte,

- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill als Bevollmächtigte im Beistand von D. Alexander, Barrister,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Banks und H. M. H. Speyart als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der BASF AG, vertreten durch P. Kuipers und W. VerLoren, der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fierstra als Bevollmächtigten, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch D. Alexander, und der Kommission, vertreten durch H. M. H. Speyart, in der Sitzung vom 12. Oktober 2000

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. November 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Arrondissementsrechtbank Den Haag hat mit Urteil vom 2. Juli 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Juli 1999, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel (ABl. L 198, S. 30) zur Vorabentscheidung vorlegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Verfahren über eine Klage der BASF AG (im Folgenden: BASF) gegen die Entscheidung des Bureau voor de Industriële Eigendom (BIE) (Büro für das gewerbliche Eigentum, im Folgenden: BIE), mit der es dieses abgelehnt hat, ihr ein ergänzendes Schutzzertifikat (im Folgenden: ESZ) für das unter der Bezeichnung Chloridazon" als Pflanzenschutzmittel bekannte Erzeugnis auszustellen.

Das Gemeinschaftsrecht

3 Nach der fünften und der sechsten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1610/96 war vor deren Erlass die Laufzeit des tatsächlichen Patentschutzes unzureichend für die Amortisierung der in der Forschung vorgenommenen Investitionen und für die Aufbringung der nötigen Mittel für den Fortbestand einer leistungsfähigen Forschung, was nachteilige Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit dieses Wirtschaftsbereichs hatte. Die Verordnung soll eben diese Unzulänglichkeit durch die Schaffung des ESZ für Pflanzenschutzmittel beheben.

4 Artikel 1 der Verordnung Nr. 1610/96 bestimmt:

Im Sinne dieser Verordnung sind:

1. ,Pflanzenschutzmittel Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in welcher sie an den Anwender geliefert werden, und die dazu bestimmt sind,

...

d) unerwünschte Pflanzen zu vernichten oder

...

2. ,Stoffe chemische Elemente und deren Verbindungen, wie sie natürlich vorkommen oder industriell hergestellt werden, einschließlich jeglicher bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigung;

3. ,Wirkstoffe Stoffe und Mikroorganismen, einschließlich Viren, mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung

a) gegen Schadorganismen,

b) auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse;

4. ,Zubereitungen Gemenge, Gemische oder Lösungen aus zwei oder mehreren Stoffen, davon mindestens einem Wirkstoff, die als Pflanzenschutzmittel angewendet werden;

...

8. ,Erzeugnis der Wirkstoff im Sinne von Nummer 3 oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels;

9. ,Grundpatent ein Patent, das ein Erzeugnis im Sinne von Nummer 8 als solches, eine Zubereitung im Sinne von Nummer 4, ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses oder eine Verwendung eines Erzeugnisses schützt und das von seinem Inhaber für die Zwecke des Verfahrens zur Erteilung eines Zertifikats angegeben wird."

5 Artikel 3 der Verordnung Nr.1610/96, der die Bedingungen für die Erteilung des Zertifikats regelt, lautet wie folgt:

(1) Das Zertifikat wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel 7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung

a) das Erzeugnis durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt ist;

b) für das Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 91/414/EWG oder gemäß einer gleichwertigen einzelstaatlichen Rechtsvorschrift erteilt wurde;

c) für das Erzeugnis nicht bereits ein Zertifikat erteilt wurde;

d) die unter Buchstabe b) erwähnte Genehmigung die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Pflanzenschutzmittel ist.

(2) Verfügt ein Inhaber über mehrere Patente für dasselbe Erzeugnis, so dürfen ihm nicht mehrere Zertifikate für dieses Erzeugnis erteilt werden. Sind jedoch zwei oder mehr Anmeldungen von zwei oder mehr Inhabern unterschiedlicher Patente für dasselbe Erzeugnis anhängig, so kann jedem dieser Inhaber ein Zertifikat für dieses Erzeugnis erteilt werden."

Das Ausgangsverfahren

6 Am 27. Februar 1967 erteilte der niederländische Minister für Landwirtschaft und Fischerei BASF die Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Zulassung) 3594 N für das Schädlingsbekämpfungsmittel Pyramin", das als Wirkstoff Chloridazon enthält.

7 Am 23. Juni 1982 wurde BASF das europäische Patent EP 0 026 847, gültig für zehn namentlich bezeichnete Staaten einschließlich des Königreichs der Niederlande, für ein Verfahren zur Herstellung von Chloridazon erteilt.

8 Am 19. Januar 1987 erteilte der niederländische Minister für Landwirtschaft und Fischerei BASF die Zulassung 9582 N für das Schädlingsbekämpfungsmittel Pyramin DF", das als Wirkstoff Chloridazon enthält.

9 Chloridazon ist ein Stoff, der sich aus zwei Bestandteilen, nämlich 4-amino-5-chlor-1-phenyl-pyridazon-6 und 5-amino-4-chlor-1-phenyl-pyridazon-6, zusammensetzt. Der erste Bestandteil ist wirksam und der zweite Bestandteil, bei dem es sich um ein Isomer des ersten handelt, ist nicht oder kaum wirksam und muss demgemäß als Verunreinigung betrachtet werden.

10 Es steht fest, dass das Verhältnis zwischen dem wirksamen Bestandteil und der Verunreinigung bei Pyramin höchstens 80 % zu mindestens 20 % und bei Pyramin DF mindestens 90 % zu höchstens 10 % beträgt und dass die Änderung dieses Verhältnisses durch das neue, im Grundpatent EP 0 026 847 beschriebene Herstellungsverfahren erzielt wird.

11 Am 3. März 1997 reichte BASF beim BIE einen Antrag auf Erteilung eines ESZ für Chloridazon als Pflanzenschutzmittel ein.

12 Das BIE lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 26. September 1997 ab. Der von BASF gegen diesen Bescheid am 19. Februar 1998 eingelegte Widerspruch wurde vom BIE für unbegründet erklärt. BASF erhob daher am 31. März 1998 bei der Arrondissementsrechtbank Den Haag Klage gegen den Bescheid, mit dem ihr Widerspruch abgelehnt wurde.

13 Das vorlegende Gericht führt aus, das BIE habe den Antrag von BASF mit der Begründung abgelehnt, dass die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1610/96 aufgestellte Voraussetzung nicht erfuellt sei. Nach Ansicht des BIE könne die Zulassung 9582 N, auf die sich BASF berufe, nicht als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne dieser Bestimmung betrachtet werden, da sowohl diese Zulassung als auch die Zulassung 3594 N für Pflanzenschutzmittel erteilt worden seien, die Chloridazon als einzigen Wirkstoff enthielten. Da nämlich Verunreinigungen der in Randnummer 9 dieses Urteils bezeichneten Art nicht unter den Begriff Erzeugnis" in der Definition gemäß Artikel 1 Nummer 8 der Verordnung Nr. 1610/96 fielen, sei davon auszugehen, dass sich diese beiden Zulassungen auf dasselbe Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 bezögen.

14 BASF macht geltend, das stärker konzentrierte Chloridazon, das mit Hilfe des im Patent EP 0 026 847 von 1982 beschriebenen Verfahrens gewonnen und unter der Bezeichnung Pyramin DF" vertrieben werde, sei ein anderes Erzeugnis als das zuvor hergestellte und unter der Bezeichnung Pyramin" vertriebene Chloridazon. Die 1987 für Pyramin DF erteilte Zulassung müsse daher als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1610/96 betrachtet werden.

15 Hierzu macht BASF insbesondere geltend, ein Erzeugnis im Sinne der Verordnung Nr. 1610/96 umfasse den Wirkstoff und die Verunreinigungen. Daher handele es sich um ein anderes Erzeugnis, wenn das Anteilsverhältnis zwischen dem Wirkstoff und den Verunreinigungen wesentlich verändert werde. Im Übrigen beweise der Umstand, dass für das unter Verwendung des neuen Patentes gewonnene und unter der Bezeichnung Pyramin DF" bekannte Chloridazon eine neue Zulassung erteilt worden sei, dass dieses ein neues Erzeugnis im Sinne der Verordnung darstelle. Ferner führt BASF aus,wenn das ESZ nur für die Erzeugnisse gewährt werden dürfte, die einen anderen oder neuen Wirkstoff enthielten, wie dies das BIE im Kern geltend mache, so würden die Verfahrenspatente nicht angemessen geschützt und die Verordnung Nr. 1610/96 würde zweckentfremdet. Denn derartige Patente bezögen sich im Allgemeinen nicht auf völlig neue Erzeugnisse, sondern auf bestehende Erzeugnisse, deren Zusammensetzung sich aufgrund neu erfundener Verfahren unterscheide.

16 Die Arrondissementsrechtbank Den Haag vertritt die Ansicht, aus der Verordnung Nr. 1610/96 gehe hervor, dass diese zu dem Zweck erlassen worden sei, mit Hilfe des ESZ einen ausreichenden Schutz für die Pflanzenschutzforschung zu gewährleisten, und dass zu diesem Zweck nicht zwischen Erzeugnispatenten und Verfahrenspatenten unterschieden werde. Nach der Auslegung, die das BIE dieser Verordnung gebe, könne ein ESZ praktisch niemals für ein Verfahrenspatent erlangt werden, denn seine Anwendung ermögliche es im Allgemeinen nicht, ein völlig neues Erzeugnis - das neue Wirkstoffe enthalte - zu gewinnen, sondern nur, die Zusammensetzung eines bestehenden Erzeugnisses zu verändern. In den meisten Fällen sei nämlich bereits für das bestehende Erzeugnis eine Zulassung erteilt worden, so dass die später ausgestellte Zulassung nicht als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1610/96 für das veränderte, nach dem patentierten Verfahren hergestellte Erzeugnis herangezogen werden könne.

17 Das vorlegende Gericht fragt sich, ob diese Auffassung dem Sinn und Zweck der Verordnung Nr. 1610/96 entspricht, und insbesondere, ob die Ausstellung eines ESZ für ein Verfahrenspatent von dem mehr oder weniger zufälligen Umstand abhängig gemacht werden kann, dass noch keine Zulassung für das bestehende Erzeugnis erteilt worden ist, dessen Zusammensetzung durch das patentierte Verfahren verändert wird.

18 Daher hat die Arrondissementsrechtbank Den Haag das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. a) Ist aufgrund der Definitionen in Artikel 1 Nummern 2, 3 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 (im Folgenden: die Verordnung) unter Erzeugnis" im Sinne von Artikel 3 der Verordnung ein Wirkstoff oder eine Zusammensetzung von Wirkstoffen der in Artikel 1 Nummer 3 näher beschriebenen Art zu verstehen, wie sie in der Natur vorkommen oder industriell hergestellt werden, einschließlich aller bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigungen?

b) Liegt ein und dasselbe Erzeugnis im Sinne der Verordnung vor, wenn durch ein neues Verfahren ein Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel gewonnen wird, das eine geringere Menge unvermeidlicher Verunreinigungen enthält als ein bestehendes Pflanzenschutzmittel mit dem gleichen Wirkstoff?

c) Macht es für die Beantwortung der Frage 1b einen Unterschied, ob für das neue Pflanzenschutzmittel eine neue Zulassung erforderlich ist, und wenn ja, inwieweit?

2. Sind die Voraussetzungen des Artikels 3 Buchstaben a und d der Verordnung erfuellt, wenn ein Pflanzenschutzmittel durch ein patentiertes Verfahren gewonnen wird, als dessen Folge das Mittel eine geringere Menge unvermeidlicher Verunreinigungen enthält als ein bestehendes Pflanzenschutzmittel mit dem gleichen Wirkstoff, für das neue Pflanzenschutzmittel eine neue Zulassung erteilt wurde und das betreffende Verfahrenspatent als Grundpatent im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a bezeichnet worden ist?

Zur ersten Frage

Zum ersten Teil der ersten Frage

19 Mit dem ersten Teil der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht eine Präzisierung des Begriffes Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 erhalten.

20 Nach Artikel 1 Nummer 8 der Verordnung Nr. 1610/96 ist unter Erzeugnis der Wirkstoff im Sinne von Nummer 3 von Artikel 1 oder die Wirkstoffzusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels zu verstehen.

21 Nach Artikel 1 Nummer 3 der Verordnung sind Wirkstoffe namentlich Stoffe mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen, auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse.

22 Artikel 1 Nummer 2 der Verordnung definiert Stoffe als chemische Elemente und deren Verbindungen, wie sie natürlich vorkommen oder industriell hergestellt werden, einschließlich jeglicher bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigung.

23 Aus Artikel 1 Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 2 und 3 der Verordnung Nr. 1610/96 ergibt sich, dass der Begriff Erzeugnis die chemischen Elemente und deren Verbindungen, wie sie natürlich vorkommen oder industriell hergestellt werden, einschließlich jeglicher bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigung, mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen, auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse umfasst.

24 Für Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96, der die Bedingungen für die Erteilung des ESZ regelt, ist der Begriff Erzeugnis von zentraler Bedeutung. Dabei deutet nichts darauf hin, dass sich dieser Begriff von dem Begriff des Erzeugnisses unterscheidet, wie ihn Artikel 1 der Verordnung für deren Zwecke definiert.

25 Daher ist auf den ersten Teil der ersten Frage zu antworten, dass der Begriff Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 die chemischen Elemente und deren Verbindungen, wie sie natürlich vorkommen oder industriell hergestellt werden, einschließlich jeglicher bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigung, mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen, auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse umfasst.

Zum zweiten Teil der ersten Frage

26 Mit dem zweiten Teil der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob zwei Erzeugnisse, die sich nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung, die in ihnen enthalten sind, unterscheiden, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem einen Erzeugnis höher ist als bei dem anderen, als ein und dasselbe Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 zu betrachten sind.

27 Aus der Antwort aus dem ersten Teil der ersten Frage ergibt sich, dass es sich um dasselbe Erzeugnis handelt, wenn zwei Erzeugnisse aus der gleichen chemischen Verbindung, einschließlich jeglicher bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigung, mit der gleichen allgemeinen oder spezifischen Wirkung gegen Schadorganismen, auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse bestehen.

28 Somit erweist es sich, dass ein Erzeugnis unabhängig von den Verunreinigungen, die es enthält, anhand seiner chemischen Verbindung und seiner Wirkung auf die in der vorstehenden Randnummer erwähnten Zielobjekte bestimmt werden kann. Erst recht kann sich die Art eines Erzeugnisses nicht wegen der bloßen Änderung der anteiligen Menge der darin enthaltenen Verunreinigungen ändern, wenn sowohl die chemische Verbindung als auch deren Wirkung auf die erwähnten Zielobjekte gleich bleiben.

29 Daher ist auf den zweiten Teil der ersten Frage zu antworten, dass zwei Erzeugnisse, die sich nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung, die in ihnen enthalten sind, unterscheiden, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem einen Erzeugnis höher ist als bei dem anderen, als ein und dasselbe Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 zu betrachten sind.

Zum dritten Teil der ersten Frage

30 Mit dem dritten Teil der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Umstand, dass für das neue Pflanzenschutzmittel, bei dem sich das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung von demjenigen bei dem alten Pflanzenschutzmittel unterscheidet, eine Zulassung erforderlich ist, dafür erheblich ist, ob die Erzeugnisse, die diese Pflanzenschutzmittel bilden, identisch sind.

31 Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, gehört die Zulassung nicht zu den Kriterien, die die Verordnung Nr. 1610/96 für die Definition des Begriffes Erzeugnis aufstellt.

32 Daher ist auf den dritten Teil der ersten Frage zu antworten, dass der Umstand, dass für das Inverkehrbringen neuen Pflanzenschutzmittels, bei dem sich das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung von demjenigen bei dem alten Pflanzenschutzmittel unterscheidet, eine Genehmigung erforderlich ist, nicht dafür erheblich ist, ob die Erzeugnisse, die die Pflanzenschutzmittel bilden, identisch sind.

Zur zweiten Frage

33 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Voraussetzungen in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a und d der Verordnung Nr. 1610/96 erfuellt sind, wenn ein Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel nach einem patentierten Verfahren hergestellt worden ist, für das Erzeugnis eine Zulassung erteilt worden ist, es sich von einem zu einem füheren Zeitpunkt als Pflanzenschutzmittel zugelassenen Erzeugnis nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der in ihm enthaltenen Verunreinigung, die in ihm enthalten sind, unterscheidet, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem erstgenannten Erzeugnis höher ist als bei dem zweiten, und das betreffende Verfahrenspatent als Grundpatent bezeichnet worden ist.

34 Wie in Randnummer 29 dieses Urteils festgestellt worden ist, sind zwei Erzeugnisse als ein und dasselbe Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 zu betrachten, wenn sie sich nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung, die in ihnen enthalten sind, unterscheiden, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem einen höher als bei dem anderen ist.

35 Somit enthalten zwei Pflanzenschutzmittel dasselbe Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96, wenn das eine Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel nach einem patentierten Verfahren hergestellt worden ist, für dieses Erzeugnis eine Zulassung erteilt worden ist, es sich von einem zu einem früheren Zeitpunkt als Pflanzenschutzmittel zugelassenen Erzeugnis nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung, die in ihm enthalten sind, unterscheidet, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem erstgenannten höher als bei dem zweiten ist.

36 Die Zulassung für dieses Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel, das nach einem patentierten Verfahren hergestellt worden ist, kann jedoch nicht als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses betrachtet werden, da dieses Erzeugnis bereits Gegenstand einer früheren Zulassung als Pflanzenschutzmittel war.

37 Daher ist in Bezug auf das Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel, das nach einem patentierten Verfahren hergestellt worden ist, die Voraussetzung des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 1610/96 nicht erfuellt.

38 Ohne dass zu der Frage Stellung genommen zu werden braucht, ob die Voraussetzung des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1610/96 erfuellt ist, ist somit auf die zweite Frage zu antworten, dass die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 1 Buchstaben a und d der Verordnung Nr. 1610/96 auf jeden Fall nicht alle erfuellt sind, wenn sich ein Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel, das nach einem patentierten Verfahren hergestellt worden ist und für dessen Inverkehrbringen eine Genehmigung für das erteilt worden ist, von einem zu einem früheren Zeitpunkt als Pflanzenschutzmittel zugelassenen Erzeugnis nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung, die in ihm enthalten sind, unterscheidet, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem erstgenannten Erzeugnis höher ist als bei dem zweiten, und das betreffende Verfahrenspatent als Grundpatent bezeichnet worden ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

39 Die Auslagen der niederländischen und der deutschen Regierung sowie der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm von der Arrondissementsrechtbank Den Haag mit Urteil vom 2. Juli 1999 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Der Begriff Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel umfasst die chemischen Elemente und deren Verbindungen, wie sie natürlich vorkommen oder industriell hergestellt werden, einschließlich jeglicher bei der Herstellung nicht zu vermeidenden Verunreinigung, mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen, auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse.

2. Zwei Erzeugnisse, die sich nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung, die in ihnen enthalten sind, unterscheiden, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem einen Erzeugnis höher ist als bei dem anderen, sind als ein und dasselbe Erzeugnis im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 1610/96 zu betrachten.

3. Der Umstand, dass für das Inverkehrbringen eines neuen Pflanzenschutzmittels, bei dem sich das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung von demjenigen bei dem alten Pflanzenschutzmittel unterscheidet, eine Genehmigung erforderlich ist, ist nicht dafür erheblich, ob die Erzeugnisse, die die Pflanzenschutzmittel bilden, identisch sind.

4. Die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 1 Buchstaben a und d der Verordnung Nr. 1610/96 sind auf jeden Fall nicht alle erfuellt, wenn sich ein Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel, das nach einem patentierten Verfahren hergestellt worden ist und für dessen Inverkehrbringen eine Genehmigung erteilt worden ist, von einem zu einem früheren Zeitpunkt als Pflanzenschutzmittel zugelassenen Erzeugnis nur durch das Anteilsverhältnis zwischen der wirksamen chemischen Verbindung und der Verunreinigung, die in ihm enthalten sind, unterscheidet, wobei der prozentuale Anteil der wirksamen chemischen Verbindung bei dem erstgenannten Erzeugnis höher ist als bei dem zweiten, und das betreffende Verfahrenspatent als Grundpatent bezeichnet worden ist.

Ende der Entscheidung

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