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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.07.2004
Aktenzeichen: C-272/01
Rechtsgebiete: Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer, Decreto-Lei Nr. 236/98 vom 1. August 1998 (Portugal


Vorschriften:

Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer Art. 1 Abs. 2
Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer Art. 4 Abs. 1
Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer Art. 6
Decreto-Lei Nr. 236/98 vom 1. August 1998 (Portugal)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 15. Juli 2004. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Portugiesische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 76/160/EWG - Qualität der Badegewässer - Nichteinhaltung der Grenzwerte - Fehlende Angabe aller Binnengewässerbadegebiete in Portugal - Unzureichende Zahl an Probenahmen. - Rechtssache C-272/01.

Parteien:

In der Rechtssache C-272/01

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch T. Figueira und G. Valero Jordana als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik , vertreten durch L. Fernandes, M. Telles Romão und M. João Lois als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Feststellung, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 in Verbindung mit den Artikeln 1 Absatz 2 und 3 sowie dem Anhang der Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer (ABl. 1976, L 31, S. 1) und aus Artikel 6 Absätze 1 und 2 dieser Richtlinie verstoßen hat, dass sie

- nicht alle notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die Qualität der Badegewässer den nach Artikel 3 der Richtlinie festgelegten Werten entspricht;

- nicht die im Anhang der Richtlinie vorgesehene Mindesthäufigkeit der Probenahmen eingehalten hat und

- nicht alle Binnengewässerbadegebiete in Portugal angegeben hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet und J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin),

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des Berichts der Berichterstatterin,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

23. Oktober 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 10. Juli 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben, mit der sie beantragt, festzustellen, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer (ABl. 1976, L 31, S. 1; im Folgenden: Richtlinie) in Verbindung mit den Artikeln 1 Absatz 2 und 3 sowie dem Anhang der Richtlinie und aus Artikel 6 Absätze 1 und 2 dieser Richtlinie verstoßen hat, dass sie

- nicht alle notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass die Qualität der Badegewässer den nach Artikel 3 der Richtlinie festgelegten Werten entspricht;

- nicht die im Anhang der Richtlinie vorgesehene Mindesthäufigkeit der Probenahmen eingehalten hat und

- nicht alle Binnengewässerbadegebiete in Portugal angegeben hat,

und der Portugiesischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

2. Die Portugiesische Republik beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsregelung

3. Die Richtlinie ist nach ihrer ersten Begründungserwägung darauf gerichtet, zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung die Verunreinigung der Badegewässer herabzusetzen und diese vor weiterer Qualitätsverminderung zu bewahren. Zu diesem Zweck sind im Anhang dieser Richtlinie eine Reihe chemisch-physikalischer und mikrobiologischer Parameter, die auf Badegewässer anzuwenden sind, aufgeführt sowie Leitwerte und zwingende Werte, anhand deren die Mitgliedstaaten die Grenzwerte für die Badegewässer festlegen.

4. Nach Artikel 1 Absatz 1 betrifft die Richtlinie die Qualitätsanforderungen an Badegewässer mit Ausnahme von Wasser für therapeutische Zwecke und Wasser für Schwimmbecken.

5. Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie bestimmt:

Im Sinne dieser Richtlinie versteht man unter:

a) Badegewässer die fließenden oder stehenden Binnengewässer oder Teile dieser Gewässer sowie Meerwasser, in denen das Baden

- von den zuständigen Behörden eines jeden Mitgliedstaats ausdrücklich gestattet ist oder

- nicht untersagt ist und in denen üblicherweise eine große Anzahl von Personen badet;

b) Badegebiet die Stelle, an der sich Badegewässer befinden;

c) Badesaison den Zeitraum, in dem unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten einschließlich der etwaigen örtlichen Badevorschriften sowie der meteorologischen Verhältnisse mit einem starken Zustrom von Badenden gerechnet werden kann.

6. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie legen die Mitgliedstaaten für alle Badegebiete oder für jedes einzelne Badegebiet die auf Badegewässer anwendbaren Werte für die im Anhang dieser Richtlinie aufgeführten Parameter fest. Artikel 3 Absatz 2 sieht vor, dass die nach Absatz 1 festgelegten Werte nicht weniger streng sein dürfen als die in Spalte I des Anhangs angegebenen Werte.

7. Nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Qualität der Badegewässer binnen zehn Jahren nach Bekanntgabe dieser Richtlinie den gemäß Artikel 3 festgelegten Grenzwerten entspricht.

8. Die Portugiesische Republik sah voraus, dass die Anwendung der Richtlinie bei ihrem Beitritt zu den Europäischen Gemeinschaften eine Reihe von Problemen aufwerfen werde, und beantragte eine abweichende Regelung für die Umsetzung und Anwendung der Richtlinie. Diese abweichende Regelung wurde ihr gemäß Artikel 395 und Teil III Nummer 3 des Anhangs XXXVI der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassungen der Verträge (ABl. 1985, L 302, S. 23) bis zum 1. Januar 1993 bewilligt.

9. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie werden im Rahmen der Anwendung des Artikels 4 die Badegewässer als den betreffenden Parametern entsprechend angesehen, wenn die gemäß der im Anhang der Richtlinie vorgesehenen Häufigkeit an derselben Schöpfstelle vorgenommenen Probenahmen erweisen, dass sie bei einem in diesem Absatz festgelegten Prozentsatz der Proben den Werten der Parameter für die betreffende Wasserqualität entsprechen.

10. Nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie führen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Probenahmen durch, deren Mindesthäufigkeit im Anhang dieser Richtlinie festgelegt wird. Artikel 6 Absatz 2 Sätze 1 und 3 sieht vor, dass Proben an den Stellen entnommen werden, wo durchschnittlich der stärkste tägliche Badebetrieb herrscht, und dass die Probenahme zwei Wochen vor Anfang der Badesaison beginnt.

11. Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie gestattet Abweichungen zum einen bei bestimmten, im Anhang der Richtlinie aufgeführten Parametern, wenn außergewöhnliche meteorologische oder geografische Verhältnisse vorliegen, und zum anderen, wenn die Badegewässer eine natürliche Anreicherung mit bestimmten Stoffen über die im Anhang dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte hinaus erfahren. Nimmt ein Mitgliedstaat eine Abweichung vor, so hat er dies gemäß Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie der Kommission unverzüglich unter Angabe der Gründe und der Dauer mitzuteilen.

12. Artikel 13 der Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten der Kommission regelmäßig - erstmalig vier Jahre nach der Bekanntgabe der Richtlinie - einen zusammenfassenden Bericht über die Badegewässer und ihre wesentlichsten Merkmale übermitteln (im Folgenden: Jahresbericht). Dieser Bericht wird seit dem 1. Januar 1993, dem Tag, an dem die Änderung des Artikels 13 durch die Richtlinie 91/692/EWG des Rates vom 23. Dezember 1991 zur Vereinheitlichung und zweckmäßigen Gestaltung der Berichte über die Durchführung bestimmter Umweltschutzrichtlinien (ABl. L 377, S. 48) wirksam wurde, jährlich abgegeben.

Nationale Regelung

13. Die Richtlinie wurde durch das Decreto-Lei Nr. 74/90 vom 7. März 1990 (Diário da República I, Serie A, Nr. 55, vom 7. März 1990) in das portugiesische Recht umgesetzt. Dieses Decreto-Lei wurde durch das Decreto-Lei Nr. 236/98 vom 1. August 1998 (Diário da República I, Serie A, Nr. 176 vom 1. August 1998) aufgehoben und ersetzt, in dem u. a. die auf Badegewässer anwendbaren Werte für die im Anhang der Richtlinie angegebenen Parameter vorgesehen sind.

14. Nach Artikel 3 Nummer 24 des Decreto-Lei Nr. 236/98 erstreckt sich die portugiesische Badesaison auf dem Festland über den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. September eines jeden Jahres, während sie in der Autonomen Region Azoren vom 15. Juni bis zum 15. September dauert.

15. Die in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich der Richtlinie gebrauchte Wendung in denen... eine große Anzahl von Personen badet ist in Artikel 3 Nummer 12 des Decreto-Lei Nr. 236/98 so definiert, dass dies in der Badesaison ungefähr 100 Badenden pro Tag entspricht.

Vorverfahren

16. Da die Kommission der Auffassung war, dass bei einigen portugiesischen Badegebieten die zwingenden Werte der Richtlinie nicht eingehalten und keine ausreichenden Probenahmen durchgeführt worden seien und dass die Portugiesische Republik außerdem nicht alle Binnengewässerbadegebiete angegeben habe, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren ein.

17. Nachdem sie die Portugiesische Republik zur Stellungnahme aufgefordert hatte, gab die Kommission am 11. Dezember 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab und forderte diesen Mitgliedstaat auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Zustellung nachzukommen. Da die Antworten der portugiesischen Behörden die Kommission nicht zufrieden stellten, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

Zur Klage

18. Die Kommission erhebt drei Rügen gegenüber der Portugiesischen Republik. Sie ist der Ansicht, die Portugiesische Republik habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen, dass sie

- die in der Richtlinie festgelegten Qualitätsnormen nicht eingehalten habe,

- nicht alle Badegebiete angegeben habe und

- nicht die Mindesthäufigkeit der Probenahmen eingehalten habe.

Zur ersten Rüge: Nichteinhaltung der in der Richtlinie festgelegten zwingenden Grenzwerte

Vorbringen der Parteien

19. Die Kommission wirft der Portugiesischen Republik vor, dass es eine erhebliche Zahl von Badegebieten gebe, deren Wasserqualität nicht den in der Richtlinie festgelegten zwingenden Werten entspreche. Dies verstoße gegen Artikel 4 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 der Richtlinie.

20. Nach Ansicht der Kommission geht aus der Tabelle in Nummer 2 ihres Berichts über die Badesaison 1998 hervor, dass im Lauf dieser Saison 10,5 % der Küstengewässer und 79,1 % der Binnengewässer nicht den Werten entsprochen haben.

21. Die Übereinstimmungsquoten hätten sich für die Saison 1998 klar gegenüber dem Jahr 1997 verschlechtert, in dem die Nichtübereinstimmungsquoten bei 9,8 % für Küstengewässer und 66,7 % für Binnengewässer gelegen hätten.

22. Die Kommission trägt vor, dass dem von den portugiesischen Behörden erstellten Bericht über die Qualität der Badegewässer in der Badesaison 1999 zu entnehmen sei, dass die Situation trotz einer Verbesserung noch nicht zufrieden stellend gewesen sei, da 6,1 % der Küstengewässer und 21,6 % der Binnengewässer den verbindlichen Werten nicht entsprochen hätten.

23. Im Übrigen betont die Kommission, dass ihre erste Rüge nicht auf den Zahlen beruhe, die ihr für die Badesaison 2000 übermittelt worden seien.

24. Die portugiesische Regierung beruft sich auf eine wesentliche und stetige Verbesserung in Portugal bis 1999. Diese Verbesserung betreffe sowohl die ausreichende Zahl von Probenahmen als auch die Grenzwerte.

25. Um die bekannten Schwierigkeiten in den Problemgebieten, die trotz dieser erheblichen Verbesserung fortbestuenden, zu meistern, hätten die portugiesischen Behörden verschiedene Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen angeregt, die der Kommission im Anschluss an die mit Gründen versehene Stellungnahme mitgeteilt worden seien. Was die erlassenen Maßnahmen betrifft, so erwähnt die portugiesische Regierung beispielhaft das in ihrem Schreiben vom 30. April 1999 aufgeführte Programm zur gesundheitlichen Überwachung der Badegebiete, die dem jeweiligen Jahresbericht über die Anwendung der Richtlinie beigefügten und die laufenden oder geplanten Sanierungsarbeiten umfassenden Programme zur Verbesserung der Gebiete, die in der jeweiligen Badesaison den Werten nicht entsprochen hätten, sowie das Programm der Maßnahmen, durch die die Qualität der Badegewässer geschützt und verbessert werden solle.

26. Die portugiesische Regierung trägt vor, dass die Übereinstimmungsquote der Badegebiete an der Küste ein Niveau nahe dem europäischen Durchschnitt von 90 % erreicht habe. 1999 habe die jeweilige Übereinstimmung bei fast 94 % gelegen.

27. Was die Binnengewässerbadegebiete angeht, widerspricht die portugiesische Regierung den Zahlen, die im Bericht der Kommission über die Badesaison 1998 angegeben sind. In jenem Jahr habe der Prozentsatz der nicht richtlinienkonformen Gewässer 54 % und nicht 79 % betragen.

28. Nach Ansicht der portugiesischen Regierung werfen die Binnengewässerbadegebiete komplexere Probleme auf.

Würdigung durch den Gerichtshof

29. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde (vgl. u. a. Urteil vom 15. März 2001 in der Rechtssache C147/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I2387, Randnr. 26).

30. Im vorliegenden Fall wurde der Portugiesischen Republik in der mit Gründen versehenen Stellungnahme eine Frist von zwei Monaten nach ihrer Zustellung gesetzt, um dieser Stellungnahme nachzukommen. Da diese mit Gründen versehene Stellungnahme am 11. Dezember 1998 zugestellt wurde, ist die Frist am 11. Februar 1999 abgelaufen. Auf dieses Datum ist somit für die Prüfung des Vorliegens einer Vertragsverletzung abzustellen.

31. Auch wenn nicht bekannt ist, welche genauen Werte die betreffenden Badegewässer am 11. Februar 1999 aufwiesen, besteht kein Zweifel, dass die Qualität dieser Gewässer bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht den im Anhang der Richtlinie enthaltenen zwingenden Werten entsprach. Die Berichte über die Qualität der portugiesischen Badegewässer in der vorangegangenen und der nachfolgenden Badesaison lassen nämlich keinen anderen Schluss zu als den, dass diese Gewässer nicht den Werten entsprachen.

32. So geht aus dem von den portugiesischen Behörden selbst erstellten Bericht über die Qualität der Badegewässer in der Badesaison 1998 hervor, dass die Badegewässer in dieser Badesaison nicht vollständig den im Anhang der Richtlinie festgelegten zwingenden Werten entsprachen.

33. Unstreitig wurden die im Anhang der Richtlinie aufgeführten zwingenden Werte bei den portugiesischen Badegewässern trotz einer gewissen, von der Kommission anerkannten Verbesserung auch in der Badesaison 1999 nicht vollständig eingehalten.

34. Zu den von der portugiesischen Regierung angeführten Maßnahmen und Schwierigkeiten ist daran zu erinnern, dass Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie die Mitgliedstaaten zur Erreichung eines Ergebnisses verpflichtet, nämlich dazu, dass die Qualität der Badegewässer den zwingenden Werten der Richtlinie entspricht. Die Mitgliedstaaten können sich nach der Richtlinie - abgesehen von den in ihr vorgesehenen Abweichungen - nicht auf besondere Umstände berufen, um die Nichterfuellung dieser Verpflichtung zu rechtfertigen (vgl. u. a. Urteile vom 12. Februar 1998 in der Rechtssache C92/96, Kommission/Spanien, Slg. 1998, I505, Randnr. 28, und vom 25. Mai 2000 in der Rechtssache C307/98, Kommission/Belgien, Slg. 2000, I3933, Randnr. 49).

35. Die portugiesische Regierung beruft sich auf keine in der Richtlinie vorgesehene Abweichung.

36. Folglich ist die erste Rüge der Kommission begründet.

Zur zweiten Rüge: unvollständige Angabe der Binnengewässerbadegebiete

Vorbringen der Parteien

37. Die Kommission wirft den portugiesischen Behörden vor, nicht alle Binnengewässerbadegebiete im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Richtlinie angegeben zu haben. Sie stellt eine Differenz fest zwischen der Anzahl der angegebenen Binnengewässerbadegebiete, nämlich 26 im Jahr 1998, und der in einem operationellen Programm, das ihren Dienststellen von der Portugiesischen Republik für die Gewährung einer Gemeinschaftsfinanzierung vorgelegt worden sei, angegebenen Anzahl von Flussstränden, nämlich 91.

38. Die portugiesische Regierung trägt vor, dass das Programm zur Nutzung der Flussstrände für die Gebiete im Landesinneren neue, mit Erholungs und Spielaktivitäten verknüpfte Räume schaffen wolle und insoweit ganz gewiss zum Baden geeignete Gebiete erfasse. Gleichzeitig wolle dieses Programm jedoch die Flussgebiete unter Umwelt- und Landschaftsgestaltungsgesichtspunkten aufwerten. Viele dieser Gebiete seien aufgrund der natürlichen Bedingungen zum Baden ungeeignet.

39. In den von diesem Programm erfassten Gebieten an Binnengewässern, in denen das Baden nicht verboten sei, bade keine große Anzahl von Personen.

40. Die im Decreto-Lei Nr. 236/98 festgelegte Zahl von Badenden pro Tag dürfe nicht als rigides Kriterium angesehen werden. Es handele sich vielmehr um eine Richtzahl, der die portugiesischen Behörden Rechnung zu tragen hätten, um unter den in diesem Decreto-Lei und im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie festgelegten Bedingungen anspruchsvollere Gesundheitskontrollen durchzuführen.

41. Zusammenfassend trägt die portugiesische Regierung vor, dass die Anwendung der nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie zu folgenden Ergebnissen führe:

- Seien die Gewässer als Badegewässer eingestuft, erlaubten die portugiesischen Behörden das Baden ausdrücklich, wenn die Wasserqualität keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung berge; die betreffenden Gebiete würden dann in den der Kommission übermittelten Jahresbericht über die Qualität der Badegewässer aufgenommen;

- seien die Gewässer nicht als Badegewässer eingestuft, würden aber üblicherweise von einer großen Zahl von Badenden besucht, werde ihre Qualität unter Berücksichtigung der Parameter und der Häufigkeit der Probenahmen kontrolliert, die in der Richtlinie festgelegt seien; diese Gewässer würden als Badegewässer eingestuft, wenn sich aufgrund der Ergebnisse mindestens einer Untersuchungsreihe während der vorangegangenen Badesaison herausstelle, dass diese Parameter eingehalten würden; entsprächen die festgestellten Werte nicht den Parametern der Richtlinie, werde das Baden ausdrücklich verboten; diese Gewässer würden nur dann in den Jahresbericht über die Qualität der Badegewässer aufgenommen, wenn sie als solche eingestuft seien.

42. Gestützt auf eine Untersuchung der Gebiete, die Gegenstand des Programms zur Nutzung der Flussstrände sind, stellt die Kommission fest, dass die Badegebiete an Binnengewässern im Allgemeinen von einer Zahl von Badenden pro Tag besucht würden, die unter der von den portugiesischen Behörden festgelegten Grenze liege. Folglich erfassten diese Behörden weiterhin nicht alle Badegebiete an Binnengewässern.

Würdigung durch den Gerichtshof

43. Die den Mitgliedstaaten nach den Artikeln 3 und 4 der Richtlinie auferlegten Verpflichtungen gelten für alle Badegebiete.

44. Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie ist ein Badegebiet die Stelle, an der sich Badegewässer befinden. Gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie setzt die Einstufung als Badegewässer voraus, dass in den dort aufgeführten Gewässern das Baden von den zuständigen Behörden eines jeden Mitgliedstaats ausdrücklich gestattet ist oder nicht untersagt ist und in ihnen üblicherweise eine große Anzahl von Personen badet.

45. Zwischen den Parteien besteht eine grundlegende Meinungsverschiedenheit über die Einstufung der Flussstrände, deren Zahl die Zahl der als Badegebiete angegebenen Gebiete übersteigt.

46. Die Kommission zieht mit ihrer Argumentation implizit die Vereinbarkeit des Decreto-Lei Nr. 236/98 mit der Richtlinie insoweit in Zweifel, als jenes den Begriff der großen Anzahl von Badenden so auslege, dass er in der Badesaison ungefähr 100 Badenden pro Tag entspreche.

47. Die Kommission hat jedoch der Portugiesischen Republik im Vorverfahren nicht vorgeworfen, Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie nicht zutreffend in das innerstaatliche Recht umgesetzt zu haben, soweit diese Bestimmung auf eine große Anzahl von Badenden Bezug nimmt. Die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission sowie die Klage müssen aber auf die gleichen Gründe und das gleiche Vorbringen gestützt sein (vgl. Urteil vom 24. November 1992 in der Rechtssache C237/90, Kommission/Deutschland, Slg. 1992, I5973, Randnr. 20).

48. Folglich kann die Kommission im vorliegenden Verfahren nicht geltend machen, dass die Flussstrände, die von einer Zahl von Badenden besucht werden, die unter der im Decreto-Lei Nr. 236/98 festgelegten Grenze liegt, und an denen das Baden weder ausdrücklich erlaubt noch verboten ist, nicht als Badegebiete im Sinne der Richtlinie angegeben worden sind.

49. Zwar geht aus den Schriftsätzen der portugiesischen Regierung hervor, dass die Flussstrände nur dann als Badegewässer eingestuft werden, wenn sich die Übereinstimmung ihrer Werte aufgrund der Ergebnisse mindestens einer Untersuchungsreihe während der vorangegangenen Badesaison bestätigt, also unter einer Bedingung, die in der Richtlinie nicht vorgesehen ist.

50. Die Kommission hat jedoch nicht vorgetragen, dass diese Praxis Flussstrände beeinträchtige, an denen die Gewässer von einer großen Zahl von Badenden, wie sie in der portugiesischen Regelung festgelegt ist, besucht werden.

51. Folglich ist die zweite Rüge der Kommission zurückzuweisen.

Zur dritten Rüge: Nichteinhaltung der in der Richtlinie vorgesehenen Mindesthäufigkeit der Probenahmen

Vorbringen der Parteien

52. Auf der Grundlage von Artikel 6 Absätze 1 und 2 der Richtlinie wirft die Kommission der Portugiesischen Republik vor, dass die Quote der Probenahmen, auch wenn sie sowohl in den Meeresbadegebieten als auch in den Binnengewässerbadegebieten 100 % betrage, lediglich die angegebenen Badegebiete betreffe. Dadurch, dass die Portugiesische Republik die Mindesthäufigkeit der Probenahmen wegen einer unzureichenden Angabe der Binnengewässerbadegebiete nicht eingehalten habe, habe sie gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 verstoßen.

53. Die portugiesische Regierung wirft der Kommission vor, die Nichteinhaltung der Häufigkeit der Probenahmen auf der Grundlage der erwähnten Argumentation, d. h. hinsichtlich der nicht angegebenen Badegewässer, zu keinem Zeitpunkt im Vorverfahren geltend gemacht zu haben. Das Vorbringen in der Klageschrift müsse dem in der mit Gründen versehenen Stellungnahme entsprechen, sonst sei es unzulässig. Im vorliegenden Fall habe die Kommission den Streitgegenstand dadurch geändert, dass sie in der Klageschrift Argumente vorgebracht habe, die im Vorverfahren nicht zur Sprache gekommen seien. Dies sei eine schwere Verletzung der Verteidigungsrechte der Portugiesischen Republik und damit eines grundlegenden Prinzips der Gemeinschaftsrechtsordnung.

54. Die Kommission verweist auf Nummer 11 Buchstabe d ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme, wonach [f]olglich... die Flussstrandgewässer der Anwendung der Richtlinienbestimmungen [unterliegen], da der Umstand, dass das Baden nicht gefördert wird, nicht bedeutet, dass es verboten wäre, so dass diese Strände nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben a und b der Richtlinie als Badegebiete eingestuft werden müssten. Daraus folgt auch, dass die betreffenden Gewässer nicht den in der Richtlinie vorgesehenen Werten entsprechen.

Würdigung durch den Gerichtshof

55. Da die dritte Rüge die Nichteinhaltung der Mindesthäufigkeit der Probenahmen wegen unzureichender Angabe der Binnengewässerbadegebiete betrifft und im vorliegenden Urteil die zweite Rüge betreffend diesen Vorwurf einer unvollständigen Angabe zurückgewiesen worden ist, genügt die Feststellung, dass auch der dritten Rüge keinesfalls stattgegeben werden kann.

56. Nach alledem ist festzustellen, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie in Verbindung mit den Bestimmungen des Artikels 3 sowie des Anhangs dieser Richtlinie verstoßen hat, dass sie nicht alle notwendigen Bestimmungen erlassen hat, um sicherzustellen, dass die Qualität der Badegewässer den nach Artikel 3 der Richtlinie festgelegten zwingenden Grenzwerten entspricht.

57. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

58. Nach Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trgt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da die Kommission und die Portugiesische Republik mit ihrem Vorbringen teils obsiegt haben und teils unterlegen sind, haben sie jeweils ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 76/160/EWG des Rates vom 8. Dezember 1975 über die Qualität der Badegewässer in Verbindung mit den Bestimmungen des Artikels 3 sowie des Anhangs dieser Richtlinie verstoßen, dass sie nicht alle notwendigen Bestimmungen erlassen hat, um sicherzustellen, dass die Qualität der Badegewässer den nach Artikel 3 der Richtlinie festgelegten zwingenden Grenzwerten entspricht.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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