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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.06.2007
Aktenzeichen: C-278/06
Rechtsgebiete: EG, Verordnung (EWG) Nr. 3950/92, Verordnung (EG) Nr. 1256/1999


Vorschriften:

EG Art. 234
Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 Art. 7 Abs. 2
Verordnung (EG) Nr. 1256/1999
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

7. Juni 2007

"Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates geänderten Fassung - Art. 7 Abs. 2 - Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtverhältnisses - Vorübergehender Erwerb einer Referenzmenge durch einen Verpächter, der kein Milcherzeuger ist und nicht die Absicht hat, dies zu werden - Übertragung der Referenzmenge innerhalb kürzester Frist über eine staatliche Verkaufsstelle auf einen Erzeuger"

Parteien:

In der Rechtssache C-278/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 18. Mai 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Juni 2006, in dem Verfahren

Manfred Otten

gegen

Landwirtschaftskammer Niedersachsen,

Beigeladener:

Jonny Kück,

Beteiligte:

Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten R. Schintgen sowie der Richter A. Borg Barthet und M. Ilesic (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- von Herrn Otten, vertreten durch Rechtsanwalt G.-W. Bieniek,

- der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, vertreten durch H. Steggewentz als Bevollmächtigte,

- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Schieferer, F. Erlbacher und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 (ABl. L 160, S. 73) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3950/92).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits des Herrn Otten, eines ehemaligen Pächters von Flächen, die zu einem Milcherzeugungsbetrieb gehörten, gegen die Landwirtschaftskammer Niedersachsen wegen der Übertragung der Referenzmenge für Milch oder Milcherzeugnisse auf einen Verpächter, obwohl dieser, der selbst kein Erzeuger von Milch oder Milchprodukten ist, die genannte Menge wiederum innerhalb kürzester Frist über eine staatliche Verkaufsstelle auf einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Wegen des fortbestehenden Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Milchsektor wurde 1984 durch Art. 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148, S. 13) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 des Rates vom 31. März 1984 geänderten Fassung (ABl. L 90, S. 10) eine zusätzliche Abgabe auf Milchmengen eingeführt, die eine zu bestimmende Referenzmenge überschreiten.

4 Die Grundregeln für die Anwendung der Zusatzabgabe wurden durch die Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) festgelegt.

5 Die Verordnung Nr. 857/84 wurde durch die Verordnung Nr. 3950/92 aufgehoben, mit der diese Zusatzabgabenregelung bis zum 1. April 2000 verlängert wurde, obwohl ursprünglich vorgesehen war, dass sie bis zum 1. April 1993 gelten sollte.

6 Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 lautet:

"Ist bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverträge eine Verlängerung zu gleichartigen Bedingungen nicht möglich oder liegt ein rechtlich gleich gelagerter Fall vor und wurde zwischen den Beteiligten keine Vereinbarung getroffen, so werden die verfügbaren Referenzmengen der betreffenden Betriebe nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten oder festzulegenden Bestimmungen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten ganz oder teilweise auf die Erzeuger übertragen, die sie übernehmen."

7 Art. 8 der Verordnung bestimmt:

"Im Hinblick auf die Umstrukturierung der Milcherzeugung oder zur Verbesserung der Umweltbedingungen können die Mitgliedstaaten gemäß ausführlichen Vorschriften, die sie unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten festlegen, eine oder mehrere der nachstehenden Maßnahmen treffen:

...

b) sie können nach objektiven Kriterien die Bedingungen festlegen, unter denen sich die Erzeuger zu Beginn eines Zwölfmonatszeitraums durch die zuständige Behörde oder die von ihr benannte Stelle Referenzmengen gegen Entgelt zuweisen lassen können, die am Ende des vorangegangenen Zwölfmonatszeitraums von anderen Erzeugern gegen eine in einem Betrag oder in mehreren Jahresbeträgen angewiesene Entschädigung in Höhe dieses Entgelts endgültig freigesetzt wurden;

...

e) sie können auf Antrag des Erzeugers, der bei der zuständigen Behörde oder der von ihr benannten Stelle zu stellen ist, zur Verbesserung der Milcherzeugungsstruktur auf der Ebene des Betriebs oder im Hinblick auf die Extensivierung der Erzeugung die endgültige Übertragung von Referenzmengen ohne entsprechende Flächenübertragung und umgekehrt gestatten.

..."

8 Art. 9 der Verordnung Nr. 3950/92 sieht vor:

"Im Sinne dieser Verordnung bedeutet

...

c) 'Erzeuger': der Betriebsinhaber - eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen -, der einen Betrieb im geografischen Gebiet der Gemeinschaft bewirtschaftet und der

- Milch oder Milcherzeugnisse direkt an den Verbraucher verkauft bzw.

- an den Abnehmer liefert;

..."

Nationales Recht

9 Die Übertragung der Referenzmengen für die Lieferung von Milch oder Milcherzeugnissen wird durch die Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung (Zusatzabgabenverordnung) vom 12. Januar 2000 (BGBl. 2000 I S. 27, im Folgenden: ZAV) geregelt, die am 1. April 2000 in Kraft getreten ist.

10 Nach der ZAV können die Referenzmengen grundsätzlich nur noch zu drei Terminen eines jeden Jahres, am 1. April, am 1. Juli oder am 30. Oktober, über staatliche Verkaufsstellen in einem regulierten Verfahren nicht an die Milcherzeugungsflächen gebunden verkauft werden.

11 Da der landwirtschaftliche Pachtvertrag, um den es im Ausgangsverfahren geht, vor dem 1. April 2000 geschlossen wurde, findet über § 12 Abs. 2 Satz 1 ZAV § 7 Abs. 1 Satz 1 der Milch-Garantiemengen-Verordnung vom 25. Mai 1984 (BGBl. 1984 I S. 720) in der durch die 33. Änderungsverordnung vom 25. März 1996 (BGBl. 1996 I S. 535) geänderten Fassung Anwendung. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 der Milch-Garantiemengen-Verordnung fällt die Referenzmenge bei Beendigung des landwirtschaftlichen Pachtvertrags auf den Verpächter zurück.

12 Wird eine Referenzmenge auf einen Verpächter übertragen, der selbst nicht Milcherzeuger ist, so schreibt § 12 Abs. 2 Satz 1 der ZAV vor, dass 33 % dieser Menge zugunsten der Reserve des Landes einzuziehen sind.

Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage

13 Im Jahr 1974 pachtete der Rechtsvorgänger von Herrn Otten von Herrn Kück unbefristet eine Fläche 4,1862 ha für die Milcherzeugung.

14 1984 wurde dem Rechtsvorgänger von Herrn Otten daher im Rahmen der Einführung der Zusatzabgabenregelung für Milcherzeuger, die die ihnen zugeteilte Referenzmenge überschritten, eine bestimmte Referenzmenge für die gepachtete Milcherzeugungsfläche zugewiesen.

15 Im Jahr 2000 hoben Herr Otten und Herr Kück den zwischen ihnen bestehenden Pachtvertrag zum 1. Januar 2001 auf. Der Betrieb fiel daher zu diesem Zeitpunkt an Herrn Kück zurück.

16 Auf Antrag von Herrn Kück bescheinigte ihm die Landwirtschaftskammer Hannover mit Bescheid vom 14. Februar 2001, geändert am 27. April 2001, den Übergang einer Referenzmenge von 9 315 kg auf ihn. Zugleich verfügte sie, dass eine Referenzmenge von 4 588 kg zugunsten der Landesreserve eingezogen werde, da Herr Kück selbst keine Milch erzeuge.

17 Herr Otten legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, der von der Landwirtschaftskammer Hannover zurückgewiesen wurde.

18 Herr Otten erhob daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Stade, das die ergangenen Bescheide aufhob.

19 Mit Urteil vom 16. März 2005 wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zurück. Nach Ansicht dieses Gerichts fällt bei Beendigung eines Pachtverhältnisses über Milcherzeugungsbetriebe die entsprechende Referenzmenge nur dann an den Verpächter zurück, wenn dieser selbst Milcherzeuger ist oder die Fläche unverzüglich an einen Milcherzeuger überträgt.

20 Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen legte Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein.

21 Dieses Gericht ist der Ansicht, nach der Auslegung des Gerichtshofs im Urteil vom 20. Juni 2002, Thomsen (C-401/99, Slg. 2002, I-5775), sei der Durchgangserwerb durch einen Verpächter, der selbst kein Milcherzeuger sei, stets möglich, sofern dieser Erwerb zum einen vorübergehend und nach dem nationalen Recht erforderlich sei und zum anderen das Pachtverhältnis erneut auf einen Pächter übertragen werde, der Erzeuger sei. Das Endergebnis dieser beiden Übertragungen wird nach der Auslegung dieses Urteils durch das vorlegende Gericht als einheitlicher Gesamtvorgang der Übertragung der Referenzmenge von einem Erzeuger auf einen anderen Erzeuger betrachtet (Urteil Thomsen, Randnr. 43).

22 Diese Auslegung müsse auch im Ausgangsverfahren gelten, bei dem die Übertragung der Flächen im Rahmen der zweiten Übertragung und nach der nationalen Neuregelung von der Übertragung der Referenzmengen getrennt erfolge.

23 Ferner werden nach dieser Auslegung die Referenzmengen zur Erzeugung oder Vermarktung von Milch verwendet, so dass ein Erzeuger aus ihnen nicht unter Ausnutzung ihres Marktwerts rein finanzielle Vorteile ziehen kann (Urteile vom 20. Juni 2002, Mulligan u. a., C-313/99, Slg. 2002, I-5719, Randnr. 30, und Thomsen, Randnr. 39, sowie im gleichen Sinne Urteil vom 13. April 2000, Karlsson u. a., C-292/97, Slg. 2000, I-2737, Randnr. 57).

24 Unter diesen Umständen hat das Bundesverwaltungsgericht folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 dahin auszulegen, dass bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverhältnisse über einen Milcherzeugungsbetrieb oder eine Milcherzeugungsfläche daran gebundene Referenzmengen auch dann an den Verpächter zurückfallen können, wenn dieser nicht selbst Erzeuger ist oder wird, sofern er die Referenzmenge in kürzester Frist über eine staatliche Verkaufsstelle an einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt?

Zur Vorlagefrage

25 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 dahin auszulegen ist, dass bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverhältnisse über einen Milcherzeugungsbetrieb daran gebundene Referenzmengen an den Verpächter zurückfallen können, soweit dieser nicht Erzeuger ist oder zu werden beabsichtigt und sie in kürzester Frist über eine staatliche Verkaufsstelle an einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt.

26 Vorab sei darauf hingewiesen, dass sich aus dem allgemeinen Sinn und Zweck der Gemeinschaftsregelung über die Zusatzabgabe für Milch ergibt, dass grundsätzlich einem Landwirt eine Referenzmenge nur eingeräumt werden kann, wenn er Erzeuger ist (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil vom 26. Oktober 2006, Kibler, C-275/05, Slg. 2006, I-10569, Randnr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27 Denn nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 kann bei Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtvertrags über einen Milchwirtschaftsbetrieb die an diesen gebundene Referenzmenge grundsätzlich nur dann ganz oder teilweise an den Verpächter zurückfallen, wenn er die Eigenschaft eines Erzeugers im Sinne von Art. 9 Buchst. c dieser Verordnung besitzt (Urteil Thomsen, Randnr. 41).

28 Daher kann ein Durchgangserwerb der Referenzmengen durch den Verpächter aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts nur angenommen werden, sofern er erforderlich und von möglichst kurzer Dauer ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Thomsen, Randnr. 43).

29 Diese Auslegung lässt sich auf den Fall des Ausgangsverfahrens übertragen. Erstens können nach dem sechsten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1256/1999 die Mitgliedstaaten für die Übertragung von Referenzmengen andere Möglichkeiten als die individuellen Transaktionen zwischen Erzeugern vorsehen. Zweitens verstößt es, wie sich aus Randnr. 43 des Urteils Thomsen ergibt, gegen den allgemeinen Sinn und Zweck der Gemeinschaftsregelung über die Zusatzabgabe für Milch sowie gegen den Grundsatz, dass einem Landwirt, der kein Milcherzeuger ist, keine Referenzmengen zugeteilt werden dürfen, Verpächtern, die nicht Milcherzeuger zu werden beabsichtigen, die Referenzmengen für einen längeren Zeitraum zum Durchgangserwerb zuzuteilen.

30 Der Umstand, dass im Fall des Ausgangsverfahrens die Übertragung der Referenzmenge von der Übertragung des Betriebs getrennt ist, kann an dieser Auslegung nichts ändern.

31 Denn nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs wird zwar eine Referenzmenge grundsätzlich nur durch die Übertragung der Betriebsflächen übertragen, für die sie bestimmt ist, vorausgesetzt, diese Übertragung erfolgt gemäß den in Art. 7 der Verordnung Nr. 3950/92 vorgesehenen Formen und Bedingungen, doch können die Referenzmengen in den im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Ausnahmefällen ohne Betriebe übertragen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Mulligan u. a., Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32 Art. 8 Buchst. b und e der Verordnung Nr. 3950/92 ermächtigt die Mitgliedstaaten zwar, eine oder mehrere der dort aufgeführten Maßnahmen einzeln oder zusammen zu erlassen, ermächtigt sie aber nicht, neue Arten von Maßnahmen in diesem Bereich vorzusehen (Urteil vom 14. Oktober 2004, Spanien/Kommission, C-173/02, Slg. 2004, I-9735, Randnr. 26).

33 Die Mitgliedstaaten können nämlich gemäß Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 3950/92 im Hinblick auf die Umstrukturierung der Milcherzeugung oder zur Verbesserung der Umweltbedingungen nach objektiven Kriterien die Bedingungen festlegen, unter denen sich die Erzeuger zu Beginn eines Zwölfmonatszeitraums durch die zuständige Behörde oder die von ihr benannte Stelle Referenzmengen gegen Entgelt zuweisen lassen, die am Ende des vorangegangenen Zwölfmonatszeitraums von anderen Erzeugern endgültig freigesetzt wurden.

34 Nach Art. 8 Buchst. e der Verordnung Nr. 3950/92 können die Mitgliedstaaten auch auf Antrag des Erzeugers bei der zuständigen Behörde oder der von ihr benannten Stelle die endgültige Übertragung von Referenzmengen ohne den entsprechenden Betrieb gestatten.

35 Somit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die Möglichkeit der Übertragung einer Referenzmenge über eine staatliche Verkaufsstelle auf einen Erzeuger ohne Übertragung des damit verbundenen Betriebs beabsichtigt.

36 Die vorstehende Auslegung wird nicht durch die Randnrn. 42 und 43 des Urteils Thomsen in Frage gestellt, das eine Übertragung der Referenzmengen unter Berücksichtigung der an den Milcherzeugungsbetrieb gebundenen Flächen betraf, denn aus diesem Urteil geht nicht hervor, dass der Verpächter die Referenzmenge nicht ohne den Betrieb, an den sie gebunden war, innerhalb kürzester Frist nach Beendigung des Pachtverhältnisses über eine staatliche Verkaufsstelle auf einen Dritten hätte übertragen können.

37 Der Umstand, dass im Fall des Ausgangsverfahrens die an einen Milcherzeugungsbetrieb gebundene Referenzmenge vorübergehend an den Verpächter zurückfällt, der kein Milcherzeuger ist, ist nicht maßgeblich, soweit diese Lage nicht von längerer Dauer ist und die betreffende Referenzmenge binnen kürzester Frist auf einen Dritten übertragen wird, der tatsächlich die Eigenschaft eines Milcherzeugers besitzt.

38 Daher kann ein Durchgangserwerb einer an einen Betrieb gebundenen Referenzmenge durch einen Verpächter, der kein Erzeuger ist, zu dem Zweck, sie auf eine staatliche Verkaufsstelle für Referenzmengen zu übertragen, damit diese die betreffende Menge binnen kürzester Frist an Erzeuger verkaufen kann, nicht als Verstoß gegen Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 betrachtet werden.

39 Diese Auslegung ist im Übrigen mit dem Hauptziel dieser Bestimmung vereinbar, das darin besteht, zu verhindern, dass Referenzmengen Personen zugeteilt werden, die aus dieser Zuteilung einen rein finanziellen Vorteil ziehen möchten (vgl. in diesem Sinne Urteil Thomsen, Randnr. 45).

40 Nach allem ist auf die Frage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3950/92 dahin auszulegen ist, dass bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverhältnisse über einen Milcherzeugungsbetrieb daran gebundene Referenzmengen an den Verpächter zurückfallen können, soweit dieser nicht Erzeuger ist oder zu werden beabsichtigt, und sie in kürzester Frist über eine staatliche Verkaufsstelle an einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt.

Kostenentscheidung:

Kosten

41 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1256/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverhältnisse über einen Milcherzeugungsbetrieb daran gebundene Referenzmengen an den Verpächter zurückfallen können, soweit dieser nicht Erzeuger ist oder zu werden beabsichtigt, und sie in kürzester Frist über eine staatliche Verkaufsstelle an einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt.



Ende der Entscheidung

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