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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.11.2000
Aktenzeichen: C-280/98 P
Rechtsgebiete: Entscheidung 94/601/EG vom 13. Juli 1994, EG-Vertrag, EG, Verordnung Nr. 17


Vorschriften:

Entscheidung 94/601/EG der Kommission vom 13. Juli 1994
EG-Vertrag Art. 85 Abs. 1
EG-Vertrag Art. 172
EG Art. 81 Abs. 1
EG Art. 229
EG Art. 190
Verordnung Nr. 17 Art. 15 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 In Verfahren über Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, mit denen gegen Unternehmen wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln Geldbußen festgesetzt werden, hat der Gemeinschaftsrichter im Rahmen der ihm durch Artikel 172 EG-Vertrag (jetzt Artikel 229 EG) und Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu beurteilen, ob die Höhe der Geldbußen angemessen ist. Diese Beurteilung kann die Vorlage und Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der Bußgeldentscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis gemäß Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) genügt.

(vgl. Randnrn. 39, 41)

2 In Artikel 15 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 17 heißt es: "Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen." Unter diesen Umständen sind die Anforderungen an das wesentliche Formerfordernis, um das es sich bei der Begründungspflicht handelt, erfuellt, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln. Fehlen diese Gesichtspunkte, so ist die Entscheidung wegen unzureichender Begründung für nichtig zu erklären.

Die Tatsache, dass später - bei einer Pressekonferenz oder im Lauf des gerichtlichen Verfahrens - genauere Informationen als diese Beurteilungsgesichtspunkte - wie die Umsätze der Unternehmen oder der Umfang der Herabsetzung der Geldbußen durch die Kommission - bekannt gegeben wurden, kann das Vorliegen einer ausreichenden Begründung der Entscheidung nicht in Frage stellen. Nähere Angaben des Autors einer angefochtenen Entscheidung, die eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen, fallen nicht unter die eigentliche Begründungspflicht, auch wenn sie für die innere Kontrolle der Entscheidungsgründe durch den Gemeinschaftsrichter nützlich sein können, da das Organ so die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen erläutern kann.

(vgl. Randnrn. 42-43, 45)

3 Das Gericht verfügt über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, wenn es über die Höhe von Geldbußen entscheidet, die gegen Unternehmen wegen ihres Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht festgesetzt wurden, und es ist nicht Sache des Gerichtshofes, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen.

Die Ausübung einer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung darf jedoch nicht dazu führen, dass Unternehmen, die an einer gegen Artikel 85 Absatz 1 EG- Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Ermittlung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden.

(vgl. Randnrn. 62-63)


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 16. November 2000. - Moritz J. Weig GmbH & Co. KG gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Rechtsmittel - Wettbewerb - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Geldbuße - Festsetzung der Höhe - Begründung - Mildernde Umstände. - Rechtssache C-280/98 P.

Parteien:

In der Rechtssache C-280/98 P

Moritz J. Weig GmbH & Co. KG mit Sitz in Mayen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Jestaedt, Brüssel, und V. von Bomhard, Hamburg, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts P. Dupont, 8-10, rue Mathias Hardt, Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Dritte erweiterte Kammer) vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-317/94 (Weig/Kommission, Slg. 1998, II-1235) wegen Aufhebung dieses Urteils,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt D. Schroeder, Köln, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. La Pergola sowie der Richter M. Wathelet (Berichterstatter), D. A. O. Edward, P. Jann und L. Sevón,

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: R. Grass

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Mai 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Moritz J. Weig GmbH & Co. KG hat mit Rechtsmittelschrift, die am 23. Juli 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-317/94 (Weig/Kommission, Slg. 1998, II-1235; im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht die Entscheidung 94/601/EG der Kommission vom 13. Juli 1994 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/C/33.833 - Karton) (ABl. L 243, S. 1; im Folgenden: Entscheidung) teilweise für nichtig erklärte und die Klage im Übrigen abwies.

Sachverhalt

2 Mit der Entscheidung setzte die Kommission gegen 19 Kartonhersteller und -lieferanten aus der Gemeinschaft wegen Verstößen gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) Geldbußen fest.

3 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass diese Entscheidung erging, nachdem die British Printing Industries Federation, eine Branchenorganisation der Mehrzahl der britischen Kartonbedrucker, und die Fédération française du cartonnage im Jahr 1990 informelle Beschwerden eingelegt hatten und nachdem Beamte der Kommission im April 1991 gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), ohne Vorankündigung in den Geschäftsräumen verschiedener Unternehmen und Branchenorganisationen des Kartonsektors Nachprüfungen vorgenommen hatten.

4 Aufgrund der im Rahmen dieser Nachprüfungen und im Anschluss an Ersuchen um Auskünfte und Vorlage von Dokumenten erlangten Informationen kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass sich die betreffenden Unternehmen von etwa Mitte 1986 bis (in den meisten Fällen) mindestens April 1991 an einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages beteiligt hätten. Sie beschloss daher, ein Verfahren gemäß dieser Bestimmung einzuleiten, und richtete mit Schreiben vom 21. Dezember 1992 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an jedes der fraglichen Unternehmen, die alle schriftlich darauf antworteten. Neun Unternehmen baten um eine mündliche Anhörung.

5 Am Ende des Verfahrens erließ die Kommission die Entscheidung, die folgende Bestimmungen enthält:

"Artikel 1

Buchmann GmbH, Cascades S.A., Enso-Gutzeit Oy, Europa Carton AG, Finnboard - the Finnish Board Mills Association, Fiskeby Board AB, Gruber & Weber GmbH & Co. KG, Kartonfabriek "De Eendracht" NV (unter der Firma BPB de Eendracht handelnd), NV Koninklijke KNP BT NV (ehemals Koninklijke Nederlandse Papierfabrieken NV), Laakmann Karton GmbH & Co. KG, Mo Och Domsjö AB (MoDo), Mayr-Melnhof Gesellschaft mbH, Papeteries de Lancey S.A., Rena Kartonfabrik A/S, Sarrió SpA, SCA Holding Ltd (ehemals Reed Paper & Board (UK) Ltd), Stora Kopparbergs Bergslags AB, Enso Española S.A. (früher Tampella Española S.A.) und Moritz J. Weig GmbH & Co. KG haben gegen Artikel 85 Absatz 1 des EG-Vertrages verstoßen, indem sie sich

- im Falle von Buchmann und Rena von etwa März 1988 bis mindestens Ende 1990,

- im Falle von Enso Española von mindestens März 1988 bis mindestens Ende April 1991 und

- im Falle von Gruber & Weber von mindestens 1988 bis Ende 1990,

- in den [übrigen] Fällen von Mitte 1986 bis mindestens April 1991,

an einer seit Mitte 1986 bestehenden Vereinbarung und abgestimmten Verhaltensweise beteiligten, durch die die Kartonanbieter in der Gemeinschaft

- sich regelmäßig an einer Reihe geheimer und institutionalisierter Sitzungen zwecks Erörterung und Festlegung eines gemeinsamen Branchenplans zur Einschränkung des Wettbewerbs trafen;

- sich über regelmäßige Preiserhöhungen für jede Kartonsorte in jeder Landeswährung verständigten;

- gleichzeitige und einheitliche Preiserhöhungen für die gesamte Gemeinschaft planten und durchführten;

- sich vorbehaltlich gelegentlicher Änderungen über die Aufrechterhaltung konstanter Marktanteile der führenden Hersteller verständigten;

- in zunehmendem Maße ab Anfang 1990 abgestimmte Maßnahmen zur Kontrolle des Kartonangebots in der Gemeinschaft trafen, um die Durchsetzung der vorerwähnten abgestimmten Preiserhöhungen sicherzustellen;

- als Absicherung der vorgenannten Maßnahmen Geschäftsinformationen (über Lieferungen, Preise, Abstellzeiten, Auftragsbestände und Kapazitätsauslastung) austauschten.

Artikel 2

Die in Artikel 1 bezeichneten Unternehmen stellen, soweit noch nicht geschehen, den genannten Verstoß unverzüglich ab. Sie sehen im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten im Kartonbereich künftig von allen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen ab, mit denen gleiches oder ähnliches bezweckt oder bewirkt wird, einschließlich jedes Austauschs von Geschäftsinformationen,

a) durch den die Teilnehmer mittel- oder unmittelbar Kenntnis von der Produktion, den Verkäufen, dem Auftragsbestand, der Kapazitätsausnutzung, den Verkaufspreisen, den Kosten oder den Absatzplänen anderer einzelner Hersteller erlangen, oder

b) durch den auch ohne Offenlegung individueller Informationen eine gemeinsame Reaktion der Branche auf wirtschaftliche Verhältnisse hinsichtlich der Preise oder der Kontrolle der Produktion gefördert oder erleichtert wird, oder

c) durch die die Teilnehmer in die Lage versetzt werden könnten, die Erfuellung oder Beachtung ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarungen betreffend die Preise oder die Marktaufteilung in der Gemeinschaft zu überwachen.

Jedes System für den Austausch allgemeiner Informationen (wie das FIDES-System oder dessen Nachfolgesystem), an dem sie sich beteiligen, ist so zu gestalten, dass es nicht nur alle Informationen, mit denen sich das Verhalten einzelner Hersteller ermitteln lässt, sondern auch alle Daten über den gegenwärtigen Stand der Auftragseingänge und der Auftragslage, die erwartete Kapazitätsausnutzung (in beiden Fällen auch in globaler Form) oder die Produktionskapazität jeder Maschine ausschließt.

Ein eventueller Informationsaustausch beschränkt sich auf die Beschaffung und Verbreitung von Produktions- und Verkaufsstatistiken in globaler Form, die nicht dazu benutzt werden können, ein gemeinsames Geschäftsverhalten zu fördern oder zu erleichtern.

Die Unternehmen nehmen außerdem von jedem Austausch weiterer wettbewerbsrelevanter Informationen über den zulässigen Informationsaustausch hinaus sowie von allen Treffen oder sonstigen Kontakten zur Erörterung des Aussagegehalts der ausgetauschten Informationen oder der möglichen oder wahrscheinlichen Reaktion der Branche oder einzelner Hersteller auf diese Informationen Abstand.

Für die notwendigen Änderungen an einem etwaigen Informationsaustauschsystem wird eine Frist von drei Monaten ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung eingeräumt.

Artikel 3

Gegen die nachstehenden Unternehmen werden für den in Artikel 1 festgestellten Verstoß folgende Geldbußen festgesetzt:

...

xix) gegen Moritz J. Weig GmbH & Co. KG eine Geldbuße in Höhe von 3 000 000 ECU;

..."

6 Das angefochtene Urteil enthält ferner folgende Angaben zum Sachverhalt:

"13 Der Entscheidung zufolge geschah die Zuwiderhandlung im Rahmen einer aus mehreren Gruppen oder Ausschüssen bestehenden Organisation namens "Produktgruppe Karton" (im Folgenden: PG Karton).

14 Im Rahmen dieser Organisation sei Mitte 1986 ein Ausschuss namens "Presidents' Working Group" (PWG) eingesetzt worden, der aus hochrangigen Vertretern der (etwa acht) führenden Kartonlieferanten der Gemeinschaft bestanden habe.

15 Der PWG habe sich u. a. mit der Erörterung und Abstimmung der Märkte, Marktanteile, Preise und Kapazitäten beschäftigt. Er habe insbesondere umfassende Beschlüsse über die zeitliche Folge und die Höhe der von den Herstellern vorzunehmenden Preiserhöhungen gefasst.

16 Der PWG habe der "Präsidentenkonferenz" (PK) Bericht erstattet, an der (mehr oder weniger regelmäßig) fast alle Generaldirektoren der betreffenden Unternehmen teilgenommen hätten. Die PK habe im maßgeblichen Zeitraum zweimal pro Jahr getagt.

17 Ende 1987 sei das "Joint Marketing Committee" (JMC) eingesetzt worden. Die Hauptaufgabe des JMC habe darin bestanden, zum einen zu ermitteln, ob und, wenn ja, wie sich Preiserhöhungen durchsetzen ließen, und zum anderen die vom PWG beschlossenen Preisinitiativen nach Ländern und wichtigsten Kunden im Detail auszuarbeiten, um zu einem einheitlichen Preissystem in Europa zu gelangen.

18 Schließlich habe die "Wirtschaftliche Kommission" (WK) u. a. die Preisentwicklung auf den nationalen Märkten und die Auftragslage erörtert und dem JMC oder - bis Ende 1987 - dessen Vorgänger, dem "Marketing Committee", über die Ergebnisse ihrer Arbeit berichtet. Die WK habe aus Vertriebs- und/oder Verkaufsleitern der meisten fraglichen Unternehmen bestanden und sei mehrmals pro Jahr zusammengetreten.

19 Aus der Entscheidung geht ferner hervor, dass die Tätigkeiten der PG Karton nach Ansicht der Kommission durch einen Informationsaustausch über die Treuhandgesellschaft FIDES mit Sitz in Zürich (Schweiz) unterstützt wurden. In der Entscheidung heißt es, die meisten Mitglieder der PG Karton hätten der FIDES regelmäßig Berichte über Auftragslage, Produktion, Verkäufe und Kapazitätsauslastung geliefert. Diese Berichte seien im Rahmen des FIDES-Systems bearbeitet worden, und die Teilnehmer hätten die zusammengefassten Daten erhalten.

20 Die Klägerin nahm nach den Erkenntnissen der Kommission in dem von der Entscheidung erfassten Zeitraum an Sitzungen der PK sowie ab 1988 an Sitzungen des JMC und des PWG teil."

7 Sechzehn der achtzehn anderen beschuldigten Unternehmen sowie vier finnische Unternehmen, die als Mitglieder der Wirtschaftsvereinigung Finnboard gesamtschuldnerisch für die Zahlung der gegen diese festgesetzten Geldbuße haftbar gemacht wurden, erhoben ebenfalls Klage gegen die Entscheidung (Rechtssachen T-295/94, T-301/94, T-304/94, T-308/94 bis T-311/94, T-319/94, T-327/94, T-334/94, T-337/94, T-338/94, T-347/94, T-348/94, T-352/94 und T-354/94 sowie verbundene Rechtssachen T-339/94 bis T-342/94).

Das angefochtene Urteil

8 Auf den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung hin erklärte das Gericht in Bezug auf die Rechtsmittelführerin Artikel 1 der Entscheidung insoweit, als darin festgestellt wird, dass sich die Klägerin vor März 1988 an einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages beteiligt habe, und Artikel 2 Absätze 1 bis 4 mit Ausnahme folgender Passagen für nichtig:

"Die in Artikel 1 bezeichneten Unternehmen stellen, soweit noch nicht geschehen, den genannten Verstoß unverzüglich ab. Sie sehen im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten im Kartonbereich künftig von allen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen ab, mit denen Gleiches oder Ähnliches bezweckt oder bewirkt wird, einschließlich jedes Austauschs von Geschäftsinformationen,

a) durch den die Teilnehmer mittel- oder unmittelbar Kenntnis von der Produktion, den Verkäufen, dem Auftragsbestand, der Kapazitätsausnutzung, den Verkaufspreisen, den Kosten oder den Absatzplänen anderer einzelner Hersteller erlangen.

Jedes System für den Austausch allgemeiner Informationen (wie das FIDES-System oder dessen Nachfolgesystem), an dem sie sich beteiligen, ist so zu gestalten, dass es alle Informationen, mit denen sich das Verhalten einzelner Hersteller ermitteln lässt, ausschließt."

9 Im Übrigen wies das Gericht den Antrag zurück.

10 Überdies machte die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht acht Klagegründe im Zusammenhang mit der Festsetzung der Geldbuße geltend. Gegen die Gründe des angefochtenen Urteils, die sich auf diese Festsetzung beziehen, richtet sich das Rechtsmittel. In Anbetracht des Vorbringens, auf das die Rechtsmittelführerin ihr Rechtsmittel stützt, werden im Folgenden nur die Teile des angefochtenen Urteils wiedergegeben, in denen auf die Rügen einer Verletzung von Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG), des Fehlens wirtschaftlicher Auswirkungen der Zuwiderhandlungen, der Überhöhtheit des allgemeinen Bußgeldniveaus und der unzureichenden Berücksichtigung der Kooperation der Rechtsmittelführerin im Verfahren eingegangen wird.

Zum Klagegrund der Verletzung von Artikel 190 des Vertrages

11 Die Rechtsmittelführerin warf der Kommission im Wesentlichen vor, die Entscheidung unzureichend begründet zu haben, da die Adressaten nicht prüfen könnten, ob die gegen sie verhängte Geldbuße der Höhe nach gerechtfertigt sei und ob sie in angemessenem Verhältnis zu den Geldbußen der anderen Unternehmen stehe.

12 Dazu führte das Gericht Folgendes aus:

"182 Nach ständiger Rechtsprechung hat die Pflicht zur Begründung von Einzelfallentscheidungen den Zweck, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung zutreffend begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht; dabei hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des fraglichen Rechtsakts und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (vgl. u. a. Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 1996 in der Rechtssache T-49/95, Van Megen Sports/Kommission, Slg. 1996, II-1799, Randnr. 51).

183 Handelt es sich um eine Entscheidung, mit der wie im vorliegenden Fall gegen mehrere Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft Geldbußen festgesetzt werden, so ist bei der Bestimmung des Umfangs der Begründungspflicht insbesondere zu berücksichtigen, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln ist, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss des Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C-137/95 P, SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I-1611, Randnr. 54).

184 Außerdem verfügt die Kommission bei der Festlegung der Höhe der einzelnen Geldbußen über ein Ermessen und ist nicht verpflichtet, insoweit eine genaue mathematische Formel anzuwenden (in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59).

185 Die zur Ermittlung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen und der Höhe der individuellen Geldbußen herangezogenen Kriterien finden sich in den Randnummern 168 und 169 der Entscheidung. Zudem führt die Kommission in Bezug auf die individuellen Geldbußen in Randnummer 170 aus, dass die Unternehmen, die an den Sitzungen des PWG teilgenommen hätten, grundsätzlich als "Anführer" des Kartells und die übrigen Unternehmen als dessen "gewöhnliche Mitglieder" angesehen worden seien. Dabei wird die Klägerin nicht zu den "Anführern" des Kartells gezählt, und in Randnummer 170 Absatz 3 heißt es: "Obschon Weig von 1988 an Mitglied des PWG war, scheint sie in der Gestaltung der Politik des Kartells keine so wichtige Rolle wie die großen Industriekonzerne gespielt zu haben." Schließlich weist die Kommission in den Randnummern 171 und 172 darauf hin, dass die gegen Rena und Stora festgesetzten Geldbußen erheblich niedriger auszufallen hätten, um deren aktiver Kooperation mit der Kommission Rechnung zu tragen, und dass acht andere Unternehmen, darunter die Klägerin, ebenfalls in den Genuss einer in geringerem Umfang herabgesetzten Geldbuße kommen könnten, da sie in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die vorgebrachten Tatsachenbehauptungen der Kommission in der Substanz nicht bestritten hätten.

186 In ihren beim Gericht eingereichten Schriftsätzen und in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts hat die Kommission erläutert, dass die Geldbußen auf der Grundlage des von den einzelnen Adressaten der Entscheidung auf dem Kartonmarkt der Gemeinschaft im Jahr 1990 erzielten Umsatzes berechnet worden seien. Gegen die als "Anführer" des Kartells angesehenen Unternehmen seien Geldbußen mit einem Basissatz von 9 % und gegen die übrigen Unternehmen Geldbußen mit einem Basissatz von 7,5 % festgesetzt worden. Im Fall der Klägerin hat die Kommission erläutert, dass sie einen Satz von 8 % des individuellen Umsatzes angewandt habe, da das Unternehmen zwar "Mitglied des PWG" gewesen sei, aber keine so wichtige Rolle wie die übrigen Unternehmen, die an den Sitzungen dieses Gremiums teilnahmen, gespielt zu haben scheine. Schließlich habe die Kommission gegebenenfalls dem kooperativen Verhalten bestimmter Unternehmen während des Verwaltungsverfahrens Rechnung getragen. Bei zwei Unternehmen seien die Geldbußen aus diesem Grund um zwei Drittel und bei anderen Unternehmen um ein Drittel herabgesetzt worden.

187 Im Übrigen ergibt sich aus einer von der Kommission vorgelegten Tabelle, die Angaben zur Festlegung der Höhe aller individuellen Geldbußen enthält, dass diese zwar nicht durch streng mathematische Anwendung allein der oben genannten Zahlen ermittelt wurden, dass diese Zahlen jedoch bei der Berechnung der Geldbußen systematisch herangezogen wurden.

188 In der Entscheidung wird aber nicht erläutert, dass die Geldbußen auf der Grundlage des von den einzelnen Unternehmen auf dem Kartonmarkt der Gemeinschaft im Jahr 1990 erzielten Umsatzes berechnet wurden. Auch die zur Berechnung der festgesetzten Geldbußen angewandten Basissätze von 9 % für die als "Anführer" angesehenen Unternehmen und von 7,5 % für die "gewöhnlichen Mitglieder" sind in der Entscheidung nicht zu finden. Gleiches gilt für den Umfang der Herabsetzung bei Rena und Stora einerseits und bei acht anderen Unternehmen andererseits.

189 Im vorliegenden Fall ist erstens davon auszugehen, dass die Randnummern 169 bis 172 der Entscheidung bei einer Auslegung im Licht der in der Entscheidung zu findenden eingehenden Darstellung der jedem ihrer Adressaten zur Last gelegten Sachverhalte ausreichende und sachgerechte Angaben zu den Gesichtspunkten enthalten, die bei der Beurteilung der Schwere und der Dauer der von den einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung herangezogen wurden (in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991 in der Rechtssache T-2/89, Petrofina/Kommission, Slg. 1991, II-1087, Randnr. 264). Die Entscheidung enthält insoweit eine spezielle Begründung zur Beurteilung der Schwere der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung (Randnr. 170 Absatz 3), der sich entnehmen lässt, weshalb sie weder den "Anführern" des Kartells noch dessen "gewöhnlichen Mitgliedern" gleichgestellt wurde.

190 Ebenso enthält Randnummer 168 der Entscheidung, die im Licht der allgemeinen Erwägungen über die Geldbußen in Randnummer 167 zu sehen ist, ausreichende Angaben zu den Gesichtspunkten, die bei der Festlegung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen herangezogen wurden.

191 Zweitens würde, wenn die Höhe der jeweiligen Geldbußen wie hier auf der Grundlage der systematischen Heranziehung einiger ganz bestimmter Daten ermittelt wird, die Angabe all dieser Faktoren in der Entscheidung den Unternehmen die Beurteilung der Frage erleichtern, ob die Kommission bei der Festlegung der Höhe der individuellen Geldbuße Fehler begangen hat und ob die Höhe jeder individuellen Geldbuße in Anbetracht der angewandten allgemeinen Kriterien gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall wäre mit der Angabe der fraglichen Faktoren - Referenzumsatz, Referenzjahr, angewandte Basissätze und Umfang der Herabsetzung der Geldbußen - in der Entscheidung keine möglicherweise gegen Artikel 214 des Vertrages verstoßende implizite Preisgabe des genauen Umsatzes der Adressaten der Entscheidung verbunden gewesen. Denn der Endbetrag der individuellen Geldbußen ergibt sich, wie die Kommission selbst ausgeführt hat, nicht aus einer streng mathematischen Anwendung dieser Faktoren.

192 Die Kommission hat im Übrigen in der Verhandlung eingeräumt, dass sie in der Entscheidung die systematisch berücksichtigten und in der Pressekonferenz am 13. Juli 1994, dem Tag ihres Erlasses, bekannt gegebenen Faktoren durchaus hätte aufzählen können. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung einer Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung in der Entscheidung selbst enthalten sein muss und dass nachträgliche Erläuterungen der Kommission nur unter außergewöhnlichen Umständen berücksichtigt werden können (vgl. Urteil des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr. 131; in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1991 in der Rechtssache T-30/89, Hilti/Kommission, Slg. 1991, II-1439, Randnr. 136).

193 Gleichwohl ist festzustellen, dass die Begründung zur Festlegung der Höhe der Geldbußen in den Randnummern 167 bis 172 der Entscheidung mindestens ebenso detailliert ist wie die Begründung in früheren Entscheidungen der Kommission, die ähnliche Zuwiderhandlungen betrafen. Zwar ist der Klagegrund eines Begründungsmangels von Amts wegen zu berücksichtigen, doch hatte der Gemeinschaftsrichter zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch in keinem Fall die Praxis der Kommission bei der Begründung der festgesetzten Geldbußen gerügt. Erst im Urteil vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-148/89 (Tréfilunion/Kommission, Slg. 1995, II-1063, Randnr. 142) und in zwei anderen Urteilen vom selben Tag in den Rechtssachen T-147/89 (Société métallurgique de Normandie/Kommission, Slg. 1995, II-1057, abgekürzte Veröffentlichung) und T-151/89 (Société des treillis et panneaux soudés/Kommission, Slg. 1995, II-1191, abgekürzte Veröffentlichung) hat es das Gericht erstmals als wünschenswert bezeichnet, dass die Unternehmen die Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße im Einzelnen in Erfahrung bringen können, ohne zu diesem Zweck gerichtlich gegen die Entscheidung der Kommission vorgehen zu müssen.

194 Folglich muss die Kommission, wenn sie in einer Entscheidung eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln feststellt und gegen die daran beteiligten Unternehmen Geldbußen verhängt und wenn sie systematisch bestimmte Grundelemente bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen heranzieht, diese Elemente in der Entscheidung selbst angeben, um es deren Adressaten zu ermöglichen, die Richtigkeit der Höhe der Geldbuße zu überprüfen und festzustellen, ob eine Diskriminierung vorliegt.

195 Unter den zuvor in Randnummer 193 genannten besonderen Umständen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kommission bereit war, im gerichtlichen Verfahren alle Auskünfte über den Berechnungsmodus der Geldbußen zu geben, kann das Fehlen einer speziellen Begründung für den Berechnungsmodus der Geldbußen in der Entscheidung im vorliegenden Fall nicht als Verstoß gegen die Begründungspflicht angesehen werden, der die völlige oder teilweise Nichtigerklärung der festgesetzten Geldbußen rechtfertigt. Die Klägerin hat überdies auch nicht dargelegt, dass sie daran gehindert worden wäre, von ihren Verteidigungsrechten sachgerecht Gebrauch zu machen.

196 Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen."

Zum Klagegrund des Fehlens wirtschaftlicher Auswirkungen der Zuwiderhandlungen

13 Die Rechtsmittelführerin trug vor, bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung und bei der Bußgeldbemessung seien die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-13/89, ICI/Kommission, Slg. 1992, II-1021, Randnr. 359). Im vorliegenden Fall hätten sich die Preisabsprachen aber überhaupt nicht oder allenfalls geringfügig auf den Markt ausgewirkt.

14 Hierzu führte das Gericht aus:

"211 Gemäß Randnummer 168, siebter Gedankenstrich, der Entscheidung hat die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen u. a. berücksichtigt, dass das Kartell, "was die Erreichung seiner Ziele betrifft, weitgehend erfolgreich" war. Es ist unstreitig, dass mit dieser Erwägung auf die Auswirkungen der in Artikel 1 der Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung auf den Markt Bezug genommen wird.

212 Zur Überprüfung der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung braucht nach Ansicht des Gerichts nur die Beurteilung der Auswirkungen der Preisabsprache - der einzigen Auswirkungen, die die Klägerin bestreitet - untersucht zu werden. Aus der Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Feststellung, wonach die Ziele weitgehend erreicht worden seien, im Wesentlichen auf den Auswirkungen der Preisabsprache beruht (vgl. Randnrn. 100 bis 102, 115 und 135 bis 137).

213 Bei der Preisabsprache hat die Kommission die allgemeinen Auswirkungen beurteilt. Selbst wenn die von der Klägerin gemachten individuellen Angaben - wie sie behauptet - zeigen sollten, dass die Preisabsprache für sie geringere als die auf dem europäischen Kartonmarkt als Ganzem festgestellten Auswirkungen hatte, würden diese individuellen Gegebenheiten daher als solche nicht ausreichen, um die Beurteilung der Kommission in Frage zu stellen.

214 Wie die Kommission in der Verhandlung bestätigt hat, ist der Entscheidung zu entnehmen, dass zwischen drei Arten von Auswirkungen unterschieden wurde. Außerdem hat sich die Kommission darauf gestützt, dass die Hersteller selbst die Preisinitiativen im Wesentlichen als Erfolg gewertet hätten.

215 Die erste von der Kommission berücksichtigte und von der Klägerin nicht in Abrede gestellte Art von Auswirkungen besteht darin, dass die vereinbarten Preiserhöhungen den Kunden tatsächlich angekündigt wurden. Die neuen Preise dienten somit als Referenz bei der individuellen Aushandlung der tatsächlichen Verkaufspreise mit den Kunden (vgl. u. a. Randnrn. 100 und 101 Absätze 5 und 6 der Entscheidung).

216 Die zweite Art von Auswirkungen besteht darin, dass die Entwicklung der tatsächlichen Verkaufspreise der Entwicklung der angekündigten Preise folgte. Hierzu führt die Kommission aus, dass "sich die Hersteller nicht darauf [beschränkten], die vereinbarten Preiserhöhungen anzukündigen, sondern... - mit wenigen Ausnahmen - auch alles [taten], um sicherzustellen, dass sie bei den Kunden durchgesetzt wurden" (Randnr. 101 Absatz 1 der Entscheidung). Sie räumt ein, dass den Kunden bisweilen Zugeständnisse hinsichtlich des Termins des Inkrafttretens der Erhöhungen gemacht oder - vor allem bei Großaufträgen - individuelle Rabatte oder Skonti gewährt worden seien und dass "die durchschnittliche Netto-Preiserhöhung, die nach allen Nachlässen, Rabatten und sonstigen Zugeständnissen erzielt wurde, stets geringer [war] als der volle Betrag der angekündigten Preisanhebung" (Randnr. 102 letzter Absatz der Entscheidung). Unter Bezugnahme auf Schaubilder im LE-Bericht macht sie jedoch geltend, in dem von der Entscheidung erfassten Zeitraum habe es einen "engen linearen Zusammenhang" zwischen der Entwicklung der angekündigten Preise und der Entwicklung der tatsächlichen Verkaufspreise - ausgedrückt in Landeswährung oder umgerechnet in Ecu - gegeben. Sie zieht daraus folgenden Schluss: "Die erzielten Netto-Preiserhöhungen vollzogen die Preisankündigungen - wenngleich mit etwas zeitlichem Abstand - nach. Der Verfasser des Berichts räumte bei der mündlichen Anhörung selbst ein, dass dies für die Jahre 1988 und 1989 zutrifft" (Randnr. 115 Absatz 3 der Entscheidung).

217 Bei der Beurteilung dieser zweiten Art von Auswirkungen war die Kommission zweifellos zu der Annahme berechtigt, dass die Existenz eines linearen Zusammenhangs zwischen der Entwicklung der angekündigten Preise und der Entwicklung der tatsächlichen Verkaufspreise den Beweis für eine Auswirkung der Preisinitiativen auf die letztgenannten Preise entsprechend dem von den Herstellern verfolgten Ziel darstellte. Denn unstreitig hat die Praxis individueller Verhandlungen mit den Kunden auf dem fraglichen Markt zur Folge, dass die tatsächlichen Verkaufspreise im Allgemeinen nicht mit den angekündigten Preisen übereinstimmen. Es war daher nicht zu erwarten, dass der Anstieg der tatsächlichen Verkaufspreise mit den Erhöhungen der angekündigten Preise übereinstimmen würde.

218 Hinsichtlich des Bestehens einer Wechselbeziehung zwischen den angekündigten Preiserhöhungen und dem Anstieg der tatsächlichen Verkaufspreise hat die Kommission zu Recht auf den LE-Bericht Bezug genommen, da in diesem die Entwicklung des Kartonpreises in dem von der Entscheidung erfassten Zeitraum unter Heranziehung der von mehreren Herstellern gemachten Angaben untersucht wird.

219 Dieser Bericht bestätigt jedoch in zeitlicher Hinsicht nur teilweise, dass es einen "engen linearen Zusammenhang" gab. Bei der Prüfung des Zeitraums von 1987 bis 1991 ergeben sich nämlich drei gesonderte Abschnitte. Während der Anhörung vor der Kommission hat der Verfasser des LE-Berichts seine Schlussfolgerungen hierzu wie folgt zusammengefasst: "Es gibt keinen engen Zusammenhang, auch nicht in zeitlichem Abstand, zwischen den angekündigten Preiserhöhungen und den Marktpreisen zu Beginn des Zeitraums, von 1987 bis 1988. 1988/89 besteht ein solcher Zusammenhang, und dann löst sich der Zusammenhang auf und verhält sich im Zeitraum 1990/91 recht seltsam [oddly]" (Anhörungsprotokoll, S. 28). Ferner führte er aus, dass diese Veränderungen im Lauf der Zeit eng mit den Nachfrageschwankungen zusammenhingen (vgl. u. a. Anhörungsprotokoll, S. 20).

220 Diese mündlichen Schlussfolgerungen des Verfassers stimmen mit der in seinem Bericht vorgenommenen Analyse und insbesondere mit den Schaubildern überein, in denen die Entwicklung der angekündigten Preise mit der Entwicklung der tatsächlichen Verkaufspreise verglichen wird (LE-Bericht, Schaubilder 10 und 11, S. 29). Somit ist festzustellen, dass die Kommission nur teilweise nachgewiesen hat, dass es den von ihr geltend gemachten "engen linearen Zusammenhang" gab.

221 In der Verhandlung hat die Kommission erklärt, dass sie noch eine dritte Art von Auswirkungen der Preisabsprache berücksichtigt habe, die darin bestehe, dass die tatsächlichen Verkaufspreise stärker gestiegen seien, als wenn es keinerlei Absprache gegeben hätte. Hierzu hat die Kommission unter Hinweis darauf, dass Zeitpunkt und Reihenfolge der Ankündigungen von Preiserhöhungen vom PWG festgelegt worden seien, in der Entscheidung die Ansicht vertreten, es sei "unter solchen Umständen undenkbar, dass die abgestimmten Preisankündigungen keine Auswirkungen auf das tatsächliche Preisniveau hatten" (Randnr. 136 Absatz 3 der Entscheidung). Im LE-Bericht (Abschnitt 3) wurde jedoch eine Modellrechnung vorgenommen, die die Vorhersage des Preisniveaus ermöglicht, das sich aus den objektiven Marktbedingungen ergibt. Nach diesem Bericht hätte sich das anhand objektiver wirtschaftlicher Faktoren in der Zeit von 1975 bis 1991 ermittelte Preisniveau mit unerheblichen Abweichungen ebenso entwickelt wie das Niveau der tatsächlichen Verkaufspreise; dies gilt auch für den von der Entscheidung erfassten Zeitraum.

222 Trotz dieser Ergebnisse lässt die im Bericht vorgenommene Analyse nicht den Schluss zu, dass die konzertierten Preisinitiativen es den Herstellern nicht ermöglicht haben, höhere tatsächliche Verkaufspreise als bei freiem Wettbewerb zu erzielen. Insoweit ist es möglich, wie die Kommission in der Verhandlung ausgeführt hat, dass die bei dieser Analyse herangezogenen Faktoren durch die Existenz der Absprache beeinflusst wurden. So hat die Kommission zu Recht geltend gemacht, dass das abgesprochene Verhalten z. B. den Anreiz für die Unternehmen verringern konnte, ihre Kosten zu senken. Sie hat jedoch keinen direkten Fehler in der im LE-Bericht enthaltenen Analyse gerügt und auch keine eigenen wirtschaftlichen Analysen zur hypothetischen Entwicklung der tatsächlichen Verkaufspreise bei Fehlen jeder Abstimmung vorgelegt. Unter diesen Umständen geht ihre Behauptung, dass die tatsächlichen Verkaufspreise ohne die Absprache zwischen den Herstellern niedriger gewesen wären, fehl.

223 Folglich gibt es für die Existenz dieser dritten Art von Auswirkungen der Preisabsprache keinen Beweis.

224 Auf die vorstehenden Feststellungen hat die subjektive Einschätzung der Hersteller keinen Einfluss, auf die die Kommission ihre Annahme gestützt hat, dass das Kartell, was die Erreichung seiner Ziele betreffe, weitgehend erfolgreich gewesen sei. Dabei hat die Kommission auf eine von ihr in der Verhandlung vorgelegte Liste von Schriftstücken Bezug genommen. Selbst wenn man unterstellt, dass sie ihre Beurteilung des möglichen Erfolges der Preisinitiativen auf Schriftstücke stützen konnte, in denen die subjektiven Empfindungen einiger Hersteller zum Ausdruck kommen, ist aber festzustellen, dass mehrere Unternehmen, zu denen auch die Klägerin gehört, in der Verhandlung zu Recht auf zahlreiche andere Aktenstücke verwiesen haben, in denen von den Problemen die Rede ist, die die Hersteller bei der Durchführung der vereinbarten Preiserhöhungen hatten. Unter diesen Umständen reicht die Bezugnahme der Kommission auf Erklärungen der Hersteller selbst nicht aus, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass das Kartell, was die Erreichung seiner Ziele betrifft, weitgehend erfolgreich war.

225 In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen sind die von der Kommission geltend gemachten Auswirkungen der Zuwiderhandlung nur teilweise bewiesen. Das Gericht wird die Tragweite dieses Ergebnisses im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung von Geldbußen bei der Beurteilung der Schwere der im vorliegenden Fall festgestellten Zuwiderhandlung prüfen (siehe unten, Randnr. 246)."

Zum Klagegrund, dass das allgemeine Bußgeldniveau überhöht sei

15 Vor dem Gericht machte die Rechtsmittelführerin geltend, die vorliegend festgestellte Zuwiderhandlung sei nicht der verwerflichste Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages, und wandte sich deshalb insbesondere im Hinblick auf die frühere Entscheidungspraxis gegen das allgemeine Bußgeldniveau.

16 Das Gericht äußerte sich dazu wie folgt:

"241 Im vorliegenden Fall hat die Kommission bei der Festsetzung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen der Dauer der Zuwiderhandlung (Randnr. 167 der Entscheidung) und folgenden Erwägungen Rechnung getragen (Randnr. 168 der Entscheidung):

"- Preis- und Marktaufteilungsabsprachen stellen als solche schwere Wettbewerbsbeschränkungen dar;

- das Kartell erstreckte sich praktisch auf das ganze Gebiet der Gemeinschaft;

- der EG-Kartonmarkt ist ein bedeutender Industriesektor, der jedes Jahr einen Wert von bis zu 2,5 Milliarden ECU darstellt;

- die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen repräsentieren praktisch den gesamten Markt;

- das Kartell wurde in einem System regelmäßiger Sitzungen institutionalisiert, in denen der Kartonmarkt in der Gemeinschaft im Einzelnen reguliert wurde;

- es wurden aufwendige Schritte unternommen, um die wahre Natur und das wahre Ausmaß der Absprachen zu verschleiern (Fehlen jeglicher offiziellen Sitzungsniederschriften oder Dokumente für den PWG und das JMC; Vorkehrungen gegen das Anfertigen von Notizen; Maßnahmen mit dem Ziel, die Zeitpunkte und die zeitliche Reihenfolge der Preiserhöhungsankündigungen so zu inszenieren, dass die Unternehmen behaupten können, einem Preisführer zu folgen usw.);

- das Kartell war, was die Erreichung seiner Ziele betrifft, weitgehend erfolgreich."

242 Außerdem geht, wie bereits ausgeführt, aus einer Antwort der Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichts hervor, dass gegen die als "Anführer" des Kartells angesehenen Unternehmen Geldbußen mit einem Basissatz von 9 % und gegen die übrigen Unternehmen Geldbußen mit einem Basissatz von 7,5 % des von den Adressaten der Entscheidung auf dem Kartonmarkt der Gemeinschaft im Jahr 1990 erzielten Umsatzes festgesetzt wurden.

243 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen der Tatsache Rechnung tragen darf, dass offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft immer noch verhältnismäßig häufig sind, und dass es ihr daher freisteht, das Niveau der Geldbußen anzuheben, um deren abschreckende Wirkung zu verstärken. Folglich ist die Kommission dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der in der Verordnung Nr. 17 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80, 101/80, 102/80 und 103/80, Musique Diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 105 bis 108, und Urteil ICI/Kommission, Randnr. 385).

244 Zweitens hat die Kommission zu Recht geltend gemacht, dass aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles kein direkter Vergleich zwischen dem allgemeinen Niveau der Geldbußen in der streitigen Entscheidung und dem Niveau nach der früheren Entscheidungspraxis der Kommission - insbesondere in der Polypropylen-Entscheidung, die die Kommission selbst als die mit dem vorliegenden Fall am besten vergleichbare Entscheidung ansieht - vorgenommen werden kann. Im Gegensatz zu dem Fall, der Gegenstand der Polypropylen-Entscheidung war, wurde hier nämlich bei der Festlegung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen kein genereller mildernder Umstand berücksichtigt. Außerdem zeigen die zur Verschleierung der Absprache getroffenen Maßnahmen, dass sich die betreffenden Unternehmen der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens voll und ganz bewusst waren. Die Kommission konnte diese Maßnahmen folglich bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigen, da sie einen besonders schwerwiegenden Aspekt der Zuwiderhandlung darstellten, der diese von den zuvor aufgedeckten Zuwiderhandlungen unterscheidet.

245 Drittens ist auf die lange Dauer und die Offenkundigkeit der Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages hinzuweisen, die trotz der Warnung begangen wurde, die die frühere Entscheidungspraxis der Kommission und insbesondere die Polypropylen-Entscheidung hätte darstellen müssen. Das Vorbringen der Klägerin, dass die PG Karton rechtmäßige Tätigkeiten ausgeübt habe, ist unerheblich, da festgestellt wurde, dass die Gremien dieses Berufsverbands - insbesondere PWG und JMC - einen im Wesentlichen wettbewerbswidrigen Zweck hatten.

246 Aufgrund dieser Gesichtspunkte rechtfertigen die in Randnummer 168 der Entscheidung wiedergegebenen Kriterien das von der Kommission festgelegte allgemeine Niveau der Geldbußen. Das Gericht hat zwar bereits festgestellt, dass die Auswirkungen der Preisabsprache, die die Kommission der Bestimmung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen zugrunde gelegt hat, nur teilweise bewiesen sind. Angesichts der vorstehenden Erwägungen kann dieses Ergebnis die Beurteilung der Schwere der festgestellten Zuwiderhandlung jedoch nicht spürbar beeinflussen. Insoweit lässt sich schon allein daraus, dass die Unternehmen die vereinbarten Preiserhöhungen tatsächlich angekündigt und dass die angekündigten Preise als Grundlage für die Bestimmung der individuellen tatsächlichen Verkaufspreise gedient haben, ableiten, dass die Preisabsprache eine schwere Wettbewerbsbeschränkung sowohl bezweckt als auch bewirkt hat. Das Gericht ist daher im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Ansicht, dass die Feststellungen zu den Auswirkungen der Zuwiderhandlung keine Herabsetzung des von der Kommission festgelegten allgemeinen Niveaus der Geldbußen rechtfertigen.

247 Der Klagegrund greift daher nicht durch."

Zum Klagegrund der unzureichenden Berücksichtigung der Kooperation der Rechtsmittelführerin im Verfahren

17 Die Rechtsmittelführerin machte geltend, die Kommission hätte berücksichtigen müssen, dass sie auf das Auskunftsverlangen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 wahrheitsgemäß und vollständig geantwortet habe, dass die sofortige Einstellung ihrer Beteiligung an den Sitzungen der PG Karton und an allen möglicherweise rechtswidrigen Praktiken nach den von der Kommission am 23. April 1991 durchgeführten Nachprüfungen nach der Rechtsprechung und der Praxis der Kommission als mildernder Umstand anzusehen sei und dass die Kommission bei der Bußgeldbemessung ihre aktive Kooperation nicht berücksichtigt habe, die zum beschleunigten Abschluss des Verfahrens beigetragen habe.

18 Das Gericht vertrat insoweit folgende Auffassung:

"280 Die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße wurde um ein Drittel herabgesetzt, weil sie der Entscheidung zufolge in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die gegen sie vorgebrachten Tatsachenbehauptungen der Kommission in der Substanz nicht bestritt.

281 Eine Herabsetzung der Geldbuße wegen einer Kooperation im Verwaltungsverfahren vor der Kommission ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Verhalten des Unternehmens es der Kommission ermöglicht hat, eine Zuwiderhandlung leichter festzustellen und gegebenenfalls zu beenden (Urteil ICI/Kommission, Randnr. 393). Folglich kann bei einem Unternehmen, das im Verwaltungsverfahren ausdrücklich erklärt, dass es die von der Kommission vorgebrachten Tatsachenbehauptungen nicht bestreite, davon ausgegangen werden, dass es zur Erleichterung der in der Feststellung und Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft bestehenden Aufgabe der Kommission beigetragen hat. Die Kommission ist nämlich berechtigt, ein solches Verhalten als Eingeständnis der behaupteten Tatsachen und damit als Beweis für die Begründetheit der fraglichen Behauptungen zu werten.

282 Im vorliegenden Fall enthält das Vorbringen der Klägerin keinen Beleg dafür, dass sie über die Anerkennung der Tatsachenbehauptungen der Kommission hinaus mit dieser kooperierte.

283 Mit dem ersten Teil des Klagegrundes macht die Klägerin geltend, sie habe auf das Auskunftsverlangen der Kommission nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 wahrheitsgemäß und vollständig geantwortet. Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt aber eine Mitwirkung an der Untersuchung, die nicht über das hinausgeht, wozu die Unternehmen nach Artikel 11 Absätze 4 und 5 der Verordnung Nr. 17 verpflichtet sind, keine Herabsetzung der Geldbuße (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-12/89, Solvay/Kommission, Slg. 1992, II-907, Randnrn. 341 und 342). Im Übrigen hätte die Klägerin, die seit März 1988 an der Zuwiderhandlung teilnahm und daher die Aufgaben des PWG und des JMC kannte, durchaus - ebenso wie Stora - aktiver als geschehen mit der Kommission kooperieren können, wodurch eine größere Herabsetzung der Geldbuße gerechtfertigt gewesen wäre. Folglich muss ihr Vorbringen, dass sie damals nicht die nötigen Informationen besessen habe, um der Kommission aktiv zu helfen, zurückgewiesen werden.

284 Zum zweiten Teil des Klagegrundes, der sich darauf stützt, dass die Klägerin ihre Beteiligung an den Sitzungen der PG Karton und an allen möglicherweise rechtswidrigen Praktiken nach den von der Kommission am 23. April 1991 durchgeführten Nachprüfungen... sofort eingestellt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln ist, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (siehe oben, Randnr. 183). Auch wenn die Einstellung der Zuwiderhandlung vor der Übersendung der Beschwerdepunkte somit grundsätzlich als Umstand angesehen werden kann, der die Schwere der Zuwiderhandlung eines Unternehmens mindert, war die Kommission unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht zu einer solchen Bewertung verpflichtet. Da die Klägerin nichts vorgebracht hat, was zum Nachweis dafür dienen könnte, dass die Kommission im vorliegenden Fall den Ermessensspielraum überschritten hat, über den sie bei der Auswahl der Gesichtspunkte verfügt, die bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen berücksichtigt werden, ist der zweite Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

285 Auch dem dritten Teil des Klagegrundes, der sich darauf stützt, dass die Klägerin aktiv mit der Kommission kooperiert habe, kann nicht gefolgt werden.

286 Die Klägerin trägt vor, sie habe vollständige Angaben zu ihrer Teilnahme an den Sitzungen der verschiedenen Gremien der PG Karton gemacht. Sie habe ferner bei der Anhörung vor der Kommission ausdrücklich erklärt, dass sie die von dieser vorgebrachten Tatsachenbehauptungen in der Substanz nicht bestreite. Eine derartige Kooperation mit der Kommission rechtfertigte jedoch keine über das tatsächlich gewährte Drittel hinausgehende Herabsetzung der Geldbuße. Die Stellungnahme von Herrn Roos, die der Kommission von der Klägerin mit ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt wurde, enthält nichts, was spürbar zur Erleichterung der Aufgabe des Organs beitragen konnte. Insoweit genügt der Hinweis, dass in der Entscheidung nur an einer Stelle - im Übrigen indirekt - auf die Angaben in dieser Stellungnahme Bezug genommen wird (Randnr. 59 letzter Absatz).

287 Schließlich ist zum Vorbringen der Klägerin, dass sie im Verhältnis zu Stora benachteiligt worden sei, darauf hinzuweisen, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, der ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorliegt, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile des Gerichtshofes vom 13. Dezember 1984 in der Rechtssache 106/83, Sermide, Slg. 1984, 4209, Randnr. 28, und vom 28. Juni 1990 in der Rechtssache C-174/89, Hoche, Slg. 1990, I-2681, Randnr. 25; im gleichen Sinne Urteil des Gerichts vom 15. März 1994 in der Rechtssache T-100/92, La Pietra/Kommission, Slg. ÖD 1994, II-275, Randnr. 50).

288 Stora hat im vorliegenden Fall gegenüber der Kommission Aussagen gemacht, die eine eingehende Beschreibung von Art und Gegenstand der Zuwiderhandlung, der Funktionsweise der verschiedenen Gremien der PG Karton und der Beteiligung der einzelnen Hersteller an der Zuwiderhandlung enthalten. Durch diese Aussagen hat Stora Auskünfte gegeben, die weit über das hinausgehen, was die Kommission gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 verlangen kann. Auch wenn die Kommission in der Entscheidung erklärt, dass sie Beweise erlangt habe, die die in den Aussagen von Stora enthaltenen Auskünfte bestätigten (Randnrn. 112 und 113), geht aus ihr klar hervor, dass die Aussagen von Stora für die Kommission den wichtigsten Beweis für das Vorliegen der Zuwiderhandlung darstellten. Somit ist davon auszugehen, dass es für die Kommission ohne die Aussagen von Stora zumindest sehr viel schwieriger gewesen wäre, die den Gegenstand der Entscheidung bildende Zuwiderhandlung fest- und gegebenenfalls abzustellen. In Anbetracht dessen kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihre Geldbuße nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung in gleichem Maß wie die von Stora hätte herabgesetzt werden müssen.

289 Da die Klägerin über die Anerkennung der von der Kommission vorgebrachten Tatsachenbehauptungen hinaus nicht mit dieser kooperierte, wurde sie auch nicht gegenüber den anderen Unternehmen benachteiligt, deren Geldbuße um ein Drittel herabgesetzt wurde.

290 Nach alledem ist der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen."

19 Nachdem das Gericht alle zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbuße geltend gemachten Klagegründe zurückgewiesen hatte, vertrat es in Randnummer 305 des angefochtenen Urteils die Ansicht, hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Geldbuße sei gleichwohl zu berücksichtigen, dass die Rechtsmittelführerin "nur für eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages in der Zeit von März 1988 bis April 1991 zur Verantwortung gezogen werden kann".

20 Das Gericht setzte die Geldbuße "in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung" auf 2 500 000 ECU fest (Randnr. 306 des angefochtenen Urteils).

Das Rechtsmittel

21 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und infolgedessen die gegen sie festgesetzte Geldbuße für nichtig zu erklären oder zumindest herabzusetzen.

22 Zur Stützung ihres Rechtsmittels beruft sich die Rechtsmittelführerin auf zwei Gründe, die sie daraus ableitet, dass das Gericht den Umfang der Begründungspflicht verkannt und durch eine unzureichende Herabsetzung der Geldbuße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 172 EG-Vertrag (jetzt Artikel 229 EG) verstoßen habe.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

23 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es die Entscheidung nicht für unzureichend begründet und deshalb automatisch für nichtig erklärt habe, obwohl es in Randnummer 188 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Kommission die bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen systematisch herangezogenen Faktoren in der Entscheidung nicht angegeben habe.

24 Solche Angaben müssten nach ständiger Rechtsprechung, auf die das Gericht in Randnummer 192 des angefochtenen Urteils hinweise, in der Entscheidung selbst enthalten sein; nachträgliche Erläuterungen der Kommission gegenüber der Presse oder im Verfahren vor dem Gericht könnten nur unter außergewöhnlichen Umständen berücksichtigt werden. Wie das Gericht in Randnummer 192 ausdrücklich festgestellt habe, habe die Kommission in der Verhandlung eingeräumt, dass sie in der Entscheidung die fraglichen Gesichtspunkte durchaus hätte aufzählen können. Unter diesen Umständen hätte das Gericht nicht berücksichtigen dürfen, "dass die Kommission bereit war, im gerichtlichen Verfahren alle Auskünfte über den Berechnungsmodus der Geldbußen zu geben" (Randnr. 195 des angefochtenen Urteils).

25 Hätte die Rechtsmittelführerin die von der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen verwendete Methode bereits bei Erlass der Entscheidung gekannt, so hätte die Anwendung dieser Methode auf ihren Fall vor dem Gericht erörtert werden können. Durch das Nachschieben der Begründung im gerichtlichen Verfahren sei ihr eine Instanz genommen worden, so dass sie die Berechnung der Höhe der Geldbuße im Rahmen eines Rechtsmittels vor dem Gerichtshof anfechten müsse.

26 Schließlich sei dem Gericht vorzuwerfen, dass es die in seinen Urteilen Tréfilunion/Kommission, Société métallurgique de Normandie/Kommission und Société des treillis et panneaux soudés/Kommission (im Folgenden: Betonstahlmatten-Urteile), auf die in Randnummer 193 des angefochtenen Urteils verwiesen werde, vorgenommene Auslegung der Anforderungen von Artikel 190 des Vertrages im Bereich der Festsetzung von Geldbußen zeitlich begrenzt habe, obwohl der Gerichtshof stets entschieden habe, dass durch seine Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts erläutert und verdeutlicht werde, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift von Anfang an zu verstehen und anzuwenden sei oder gewesen wäre, sofern im auslegenden Urteil nichts anderes bestimmt werde.

27 Die Kommission trägt vor, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteil vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95 P, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I-4411, Randnrn. 32 ff., und Beschluss SPO u. a./Kommission, Randnr. 54) stehe ein Ermessen bei der Ermittlung der Höhe einer Geldbuße in einem konkreten Fall sowohl der Kommission als auch dem Gericht zu, wenn es die Geldbuße in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung gemäß Artikel 172 des Vertrages und Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 ändere. Dieses Ermessen bedeute, dass eine Begründung, in der die Berechnungsweise der Geldbuße minutiös angegeben werde, nicht erforderlich sei.

28 Das Gericht habe in Randnummer 189 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass die Randnummern 169 bis 172 der Entscheidung "ausreichende und sachgerechte Angaben zu den Gesichtspunkten enthalten, die bei der Beurteilung der Schwere und der Dauer der von den einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung herangezogen wurden".

29 Die Randnummern 191 bis 195 des angefochtenen Urteils seien überfluessig. Überdies habe die Rechtsmittelführerin die Betonstahlmatten-Urteile falsch verstanden. Das Gericht habe dort, wie im angefochtenen Urteil, die Begründung der Entscheidung der Kommission für ausreichend erklärt und zugleich den Wunsch nach größerer Transparenz der angewandten Berechnungsmethode geäußert. Dabei habe das Gericht die fehlende Transparenz nicht als Begründungsmangel der Entscheidung eingestuft. Der Standpunkt des Gerichts sei allenfalls in dem Sinne aus dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung abzuleiten, dass den Adressaten von Entscheidungen nicht zugemutet werden solle, ein Verfahren vor dem Gericht einzuleiten, um alle Einzelheiten der von der Kommission angewandten Berechnungsmethode zu erfahren. Solche Erwägungen könnten jedoch für sich genommen keinen Grund für eine Nichtigerklärung der Entscheidung darstellen.

30 Zuerst sind die verschiedenen Stufen der Erwägungen darzulegen, mit denen das Gericht auf den Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht bei der Berechnung der Geldbußen eingegangen ist.

31 Das Gericht hat zunächst in Randnummer 182 des angefochtenen Urteils auf die ständige Rechtsprechung hingewiesen, nach der die Pflicht zur Begründung von Einzelfallentscheidungen den Zweck hat, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung zutreffend begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht; dabei hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des fraglichen Rechtsakts und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (vgl. neben der vom Gericht genannten Rechtsprechung u. a. Urteil vom 15. April 1997 in der Rechtssache C-22/94, Irish Farmers Association u. a., Slg. 1997, I-1809, Randnr. 39).

32 Sodann hat das Gericht in Randnummer 183 des angefochtenen Urteils ausgeführt, wenn es sich um eine Entscheidung handele, mit der wie im vorliegenden Fall gegen mehrere Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft Geldbußen festgesetzt würden, sei bei der Bestimmung des Umfangs der Begründungspflicht insbesondere zu berücksichtigen, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen von einer Vielzahl von Gesichtspunkten abhänge, zu denen die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehörten, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss SPO u. a./Kommission, Randnr. 54).

33 Insoweit hat das Gericht in Randnummer 189 des angefochtenen Urteils folgende Auffassung vertreten:

"[D]ie Randnummern 169 bis 172 der Entscheidung [enthalten] bei einer Auslegung im Licht der in der Entscheidung zu findenden eingehenden Darstellung der jedem ihrer Adressaten zur Last gelegten Sachverhalte ausreichende und sachgerechte Angaben zu den Gesichtspunkten..., die bei der Beurteilung der Schwere und der Dauer der von den einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung herangezogen wurden (in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991 in der Rechtssache T-2/89, Petrofina/Kommission, Slg. 1991, II-1087, Randnr. 264). Die Entscheidung enthält insoweit eine spezielle Begründung zur Beurteilung der Schwere der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung (Randnr. 170 Absatz 3), der sich entnehmen lässt, weshalb sie weder den "Anführern" des Kartells noch dessen "gewöhnlichen Mitgliedern" gleichgestellt wurde."

34 In Randnummer 190 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hinzugefügt: "Ebenso enthält Randnummer 168 der Entscheidung, die im Licht der allgemeinen Erwägungen über die Geldbußen in Randnummer 167 zu sehen ist, ausreichende Angaben zu den Gesichtspunkten, die bei der Festlegung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen herangezogen wurden."

35 In den Randnummern 191 bis 195 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Tragweite der Ausführungen in den Randnummern 189 und 190 jedoch in nicht widerspruchsfreier Weise abgeschwächt.

36 Den Randnummern 191 und 192 des angefochtenen Urteils zufolge enthält die Entscheidung keine genauen Angaben zu den Faktoren, die die Kommission bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen systematisch herangezogen hat, obwohl sie diese hätte offen legen können und den Unternehmen damit die Beurteilung der Frage erleichtert hätte, ob die Kommission bei der Festlegung der Höhe der individuellen Geldbuße Fehler begangen hat und ob deren Höhe in Anbetracht der angewandten allgemeinen Kriterien gerechtfertigt ist. In Randnummer 193 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hinzugefügt, es sei in den Betonstahlmatten-Urteilen als wünschenswert bezeichnet worden, dass die Unternehmen die Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße im Einzelnen in Erfahrung bringen könnten, ohne zu diesem Zweck gerichtlich gegen die Entscheidung der Kommission vorgehen zu müssen.

37 Schließlich ist das Gericht in Randnummer 195 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass das "Fehlen einer speziellen Begründung für den Berechnungsmodus der Geldbußen in der Entscheidung" aufgrund der besonderen Umstände des Falles - Offenlegung der Berechnungsfaktoren im gerichtlichen Verfahren und neue Auslegung von Artikel 190 des Vertrages in den Betonstahlmatten-Urteilen - nicht zu beanstanden sei.

38 Bevor auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin hin die Stichhaltigkeit der Erwägungen geprüft wird, die das Gericht zu der Frage angestellt hat, welche Konsequenzen sich für die Einhaltung der Begründungspflicht aus der Offenlegung der Berechnungsfaktoren im gerichtlichen Verfahren und der Neuartigkeit der Betonstahlmatten-Urteile ergeben könnten, ist zu klären, ob die Kommission zur Erfuellung der in Artikel 190 des Vertrages aufgestellten Begründungspflicht außer den Gesichtspunkten, die ihr die Ermittlung von Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung ermöglichten, eingehendere Angaben zum Berechnungsmodus der Geldbußen in die Entscheidung hätte aufnehmen müssen.

39 In Verfahren über Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, mit denen gegen Unternehmen wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln Geldbußen festgesetzt werden, verfügt das Gericht über zweierlei Befugnisse.

40 Zum einen hat es gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. In diesem Rahmen muss es u. a. die Einhaltung der in Artikel 190 des Vertrages aufgestellten Begründungspflicht überwachen, bei deren Verletzung die Entscheidung für nichtig erklärt werden kann.

41 Zum anderen hat es im Rahmen der ihm durch Artikel 172 des Vertrages und Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu beurteilen, ob die Höhe der Geldbußen angemessen ist. Diese Beurteilung kann die Vorlage und Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der Entscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis gemäß Artikel 190 des Vertrages genügt.

42 Bei der Prüfung, ob die Begründungspflicht eingehalten wurde, ist zu beachten, dass es in Artikel 15 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 17 heißt: "Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen."

43 Unter diesen Umständen sind im Hinblick auf die in den Randnummern 182 und 183 des angefochtenen Urteils erwähnte Rechtsprechung die Anforderungen an das wesentliche Formerfordernis, um das es sich bei der Begründungspflicht handelt, erfuellt, wenn die Kommission in ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln. Fehlen diese Gesichtspunkte, so ist die Entscheidung wegen unzureichender Begründung für nichtig zu erklären.

44 Das Gericht hat in den Randnummern 189 und 190 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die Kommission diesen Anforderungen genügt hat. Wie das Gericht feststellt, werden in den Randnummern 167 bis 172 der Entscheidung die Kriterien aufgeführt, die die Kommission bei der Berechnung der Geldbußen herangezogen hat. So betrifft Randnummer 167 u. a. die Dauer der Zuwiderhandlung; sie enthält ferner, ebenso wie Randnummer 168, die Erwägungen, auf die sich die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und der Höhe der Geldbußen gestützt hat; in Randnummer 169 sind die Umstände genannt, die die Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen gegen die einzelnen Unternehmen berücksichtigt hat; in Randnummer 170 werden die als "Anführer" des Kartells eingestuften Unternehmen genannt, die im Vergleich zu den anderen Unternehmen eine besondere Verantwortung trugen; schließlich werden in den Randnummern 171 und 172 die Konsequenzen für die Höhe der Geldbußen gezogen, die sich daraus ergeben, dass verschiedene Hersteller bei den Nachprüfungen zur Ermittlung des Sachverhalts oder in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte mit der Kommission zusammenarbeiteten.

45 Die Tatsache, dass später - bei einer Pressekonferenz oder im Lauf des gerichtlichen Verfahrens - genauere Informationen wie die Umsätze der Unternehmen oder der Umfang der Herabsetzung der Geldbußen durch die Kommission bekannt gegeben wurden, kann die Feststellungen in den Randnummern 189 und 190 des angefochtenen Urteils nicht in Frage stellen. Nähere Angaben des Autors einer angefochtenen Entscheidung, die eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen, fallen nicht unter die eigentliche Begründungspflicht, auch wenn sie für die innere Kontrolle der Entscheidungsgründe durch den Gemeinschaftsrichter nützlich sein können, da das Organ so die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen erläutern kann.

46 Die Kommission darf zwar nicht durch den ausschließlichen und mechanischen Rückgriff auf mathematische Formeln auf ihr Ermessen verzichten. Es steht ihr jedoch frei, ihre Entscheidung mit einer Begründung zu versehen, die über die in Randnummer 43 des vorliegenden Urteils genannten Anforderungen hinausgeht und u. a. Zahlenangaben enthält, von denen sie sich vor allem hinsichtlich der angestrebten Abschreckungswirkung leiten ließ, als sie bei der Festsetzung von Geldbußen gegen mehrere Unternehmen, die in unterschiedlich starkem Maß an der Zuwiderhandlung teilgenommen hatten, ihr Ermessen ausübte.

47 Es kann wünschenswert sein, dass die Kommission von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, um den Unternehmen nähere Angaben zur Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße zu verschaffen. Darüber hinaus kann dies zur Transparenz des Verwaltungshandelns beitragen und dem Gericht die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung erleichtern, in deren Rahmen es außer der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auch die Angemessenheit der festgesetzten Geldbuße zu beurteilen hat. Diese Befugnis ändert jedoch, wie die Kommission ausgeführt hat, nichts am Umfang der Begründungspflicht.

48 Folglich hat das Gericht die Tragweite von Artikel 190 des Vertrages verkannt, als es in Randnummer 194 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertrat, dass "die Kommission, wenn sie... systematisch bestimmte Grundelemente bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen heranzieht, diese Elemente in der Entscheidung selbst angeben [muss]". Ferner hat es sich in den Gründen des angefochtenen Urteils dadurch widersprochen, dass es im Anschluss an die Feststellung in Randnummer 189, dass die Entscheidung "ausreichende und sachgerechte Angaben zu den Gesichtspunkten [enthält], die bei der Beurteilung der Schwere und der Dauer der von den einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung herangezogen wurden", in Randnummer 195 vom "Fehlen einer speziellen Begründung für den Berechnungsmodus der Geldbußen in der Entscheidung" sprach.

49 Der somit vom Gericht begangene Rechtsfehler kann jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, denn nach den vorstehenden Erwägungen hat das Gericht den Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht bei der Berechnung der Geldbußen ungeachtet der Randnummern 191 bis 195 des angefochtenen Urteils zu Recht zurückgewiesen.

50 Da aus der Begründungspflicht nicht folgt, dass die Kommission in ihrer Entscheidung Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbußen machen musste, brauchen die verschiedenen Rügen der Rechtsmittelführerin, die auf dieser falschen Prämisse beruhen, nicht geprüft zu werden.

51 Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

52 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, bei der Festsetzung ihrer Geldbuße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 172 des Vertrages verstoßen zu haben.

53 Der zweite Rechtsmittelgrund besteht aus vier Teilen.

54 Mit den ersten beiden Teilen, die zusammen zu prüfen sind, rügt die Rechtsmittelführerin, dass das Gericht folgende Berechnungsmethode der Kommission nicht angewandt habe, obwohl es sie für rechtens erklärt habe:

relevanter Umsatz x Prozentsatz für die Schwere der Zuwiderhandlung x Prozentsatz für die Dauer (im vorliegenden Fall maximal 60 Monate) = Summe (Grundbetrag);

Grundbetrag Kooperationsminderung = Geldbuße.

55 Unter diesen Umständen sei die Rechtsmittelführerin gegenüber den Unternehmen benachteiligt worden, bei denen bereits die Kommission eine kürzere Beteiligung an der Zuwiderhandlung anerkannt und entsprechend ihrer Formel eine geringere Geldbuße verhängt habe. Dies sei in den Rechtssachen Buchmann/Kommission (Urteil vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-295/94, Slg. 1998, II-813), Gruber + Weber/Kommission (Urteil vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-310/94, Slg. 1998, II-1043) und Enso Española/Kommission (Urteil vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-348/94, Slg. 1998, II-1875) geschehen.

56 Sie sei auch dadurch benachteiligt worden, dass das Gericht bei anderen Unternehmen zur Herabsetzung der Geldbußen ebenfalls die Berechnungsmethode der Kommission angewandt habe. Dies ergebe sich aus den Urteilen Enso Española/Kommission und Gruber + Weber/Kommission sowie den Urteilen vom 14. Mai 1998 in den Rechtssachen T-311/94 (BPB de Eendracht/Kommission, Slg. 1998, II-1129) und T-347/94 (Mayr-Melnhof/Kommission, Slg. 1998, II-1751). Aus diesen Urteilen gehe zwar nicht hervor, wie das Gericht die Herabsetzung der Geldbußen errechnet habe, aber die Anwendung der Methode der Kommission hätte unter Berücksichtigung der vom Gericht herangezogenen Beurteilungskriterien (Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung, relevanter Umsatz, Prozentsatz der Schwere) praktisch zum gleichen Ergebnis geführt. Dies bedeute, dass sich das Gericht in diesen Rechtssachen von der Vorgehensweise der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen habe leiten lassen.

57 Im vorliegenden Fall habe das Gericht im Anschluss an die Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin an der Zuwiderhandlung (deren Gesamtdauer 60 Monate betragen habe) während der ersten 22 Monate nicht beteiligt gewesen sei, die Geldbuße auf 2 500 000 ECU festgesetzt, obwohl es bei Anwendung der Formel der Kommission die neu festzusetzende Geldbuße wie folgt hätte berechnen müssen:

56 500 000 ECU x 0,08 x 38/60 = 2 863 000 ECU (Grundbetrag)

2 863 000 ECU 954 000 ECU = 1 909 000 ECU (Betrag der Geldbuße).

58 Die Kommission ist der Ansicht, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei der Antrag auf Überprüfung der vom Gericht neu festgesetzten Geldbuße unzulässig, da die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eine umfassende Bewertung aller Sachverhaltsumstände voraussetze, so dass sie im Rechtsmittelverfahren nicht möglich sei (vgl. Urteil Ferriere Nord/Kommission, Randnr. 31, und Urteil vom 6. April 1995 in der Rechtssache C-310/93 P, BPB Industries und British Gypsum/Kommission, Slg. 1995, I-865, Randnr. 34).

59 In der Sache gehe zur angeblichen Nichtanwendung der Berechnungsmethode der Kommission durch das Gericht aus Randnummer 306 des angefochtenen Urteils hervor, dass das Gericht die Geldbuße der Rechtsmittelführerin in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, d. h. im Rahmen seines Ermessensspielraums, festgesetzt habe.

60 Mit Ausnahme der Rechtssache Enso Española/Kommission beträfen die von der Rechtsmittelführerin erwähnten Rechtssachen nicht die Dauer der Zuwiderhandlung, sondern den von der Kommission zugrunde gelegten Umsatz (Rechtssachen Gruber + Weber/Kommission und Mayr-Melnhof/Kommission) oder eine Kombination von minderer Schwere der Beteiligung an der Zuwiderhandlung und kürzerer Dauer der Zuwiderhandlung (Rechtssache BPB de Eendracht/Kommission).

61 In der letztgenannten Rechtssache hätte eine rein arithmetische Verringerung der Geldbuße nach Maßgabe der Dauer der Teilnahme zu einer Herabsetzung der Geldbuße auf 729 167 ECU geführt. Das Gericht habe aber, gerade auch in Anbetracht der geringeren sachlichen Beteiligung des Unternehmens an der Zuwiderhandlung, eine Geldbuße von 750 000 ECU festgesetzt. Ebenso habe das Gericht in der Rechtssache Enso Española/Kommission die Geldbuße von 1 750 000 ECU auf 1 200 000 ECU reduziert. Eine zur Dauer der Zuwiderhandlung proportionale Verringerung hätte zu einer Geldbuße von 1 181 250 ECU geführt. Entgegen der Annahme der Rechtsmittelführerin habe das Gericht nicht bloß eine mathematische Formel herangezogen, sondern die Geldbuße unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung festgesetzt, wie aus Randnummer 306 des angefochtenen Urteils hervorgehe.

62 Das Gericht verfügt über eine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, wenn es über die Höhe von Geldbußen entscheidet, die gegen Unternehmen wegen ihres Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht festgesetzt wurden, und es ist nicht Sache des Gerichtshofes, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen (Urteil Ferriere Nord/Kommission, Randnr. 31).

63 Die Ausübung einer Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung darf jedoch nicht dazu führen, dass Unternehmen, die an einer gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, bei der Ermittlung der Höhe ihrer Geldbußen ungleich behandelt werden.

64 Die aus einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot abgeleitete Rüge der Rechtsmittelführerin beruht auf der Prämisse, dass das Gericht in den Urteilen Buchmann/Kommission, Enso Española/Kommission, Gruber + Weber/Kommission, BPB de Eendracht/Kommission und Mayr-Melnhof/Kommission anders als in ihrem Fall die Berechnungsmethode der Kommission anwenden wollte.

65 Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in den genannten Urteilen ist diese Prämisse als zutreffend anzusehen. In diesen Urteilen kommt zwar keineswegs die Absicht des Gerichts zum Ausdruck, tatsächlich die Berechnungsmethode der Kommission anzuwenden, das Gericht hat aber die Richtigkeit dieser Methode nicht ausdrücklich in Frage gestellt; zudem entspricht die Geldbuße, die das Gericht in diesen Urteilen festsetzte, alles in allem dem Betrag, der sich bei Anwendung der Methode auf die neuen zahlenmäßigen Beurteilungen insbesondere des Umsatzes und der Schwere oder der Dauer der Zuwiderhandlung durch das Gericht ergeben hätte.

66 So hat das Gericht in der Rechtssache Enso Española/Kommission - die, wie die Kommission ausgeführt hat, der vorliegenden Rechtssache insofern am meisten ähnelt, als das Gericht dort ebenfalls die bei der Berechnung der Geldbuße zu berücksichtigende Dauer der Zuwiderhandlung verringert hat, aber keinem anderen Argument der Klägerin gefolgt ist, das eine Herabsetzung der Geldbuße gerechtfertigt hätte - die Geldbuße auf 1 200 000 ECU festgesetzt; dies entspricht in etwa dem Betrag, zu dem es bei Anwendung der Berechnungsmethode der Kommission gekommen wäre (1 150 000 ECU).

67 Wie der Generalanwalt in Nummer 42 seiner Schlussanträge feststellt, weicht die Höhe der Geldbuße der Rechtsmittelführerin aber eindeutig von dieser allgemeinen Vorgehensweise ab, ohne dass das Gericht dafür eine sachliche Rechtfertigung geliefert hätte. Denn während die Anwendung der Methode zu einem Betrag von 1 900 000 ECU geführt hätte, hat das Gericht eine weit höhere Geldbuße von 2 500 000 ECU festgesetzt, so dass die Rechtsmittelführerin in der Annahme, dass das angefochtene Urteil zweifellos mit einem Schreib- oder Rechenfehler behaftet sei, beim Gericht einen Antrag auf Berichtigung des Urteils stellte, der mit Beschluss vom 16. September 1998 zurückgewiesen wurde. In diesem Beschluss stellte der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts ungeachtet des vorgenannten Sachverhalts fest, dass das angefochtene Urteil "hinsichtlich der... Höhe der Geldbuße weder einen Schreib- oder Rechenfehler noch eine offenbare Unrichtigkeit" enthalte.

68 Es ist folglich als erwiesen anzusehen, dass das Gericht in Randnummer 306 des angefochtenen Urteils gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen hat, so dass den ersten beiden Teilen des zweiten Rechtsmittelgrundes zu folgen ist.

69 Mit dem dritten Teil rügt die Rechtsmittelführerin, dass das Gericht im Anschluss an die Feststellung, dass die Kommission nicht alle von ihr behaupteten wirtschaftlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt nachgewiesen habe, die von der Kommission festgesetzte Geldbuße nicht herabgesetzt habe.

70 Die Kommission trägt vor, das Gericht könne sich bei der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eine eigene Meinung über die angemessene Höhe der Geldbuße bilden. Wie das Gericht in Randnummer 246 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, lasse sich schon daraus, dass die Unternehmen die vereinbarten Preiserhöhungen tatsächlich angekündigt und dass die angekündigten Preise als Grundlage für die Bestimmung der individuellen tatsächlichen Verkaufspreise gedient hätten, ableiten, dass die Preisabsprache eine schwere Wettbewerbsbeschränkung sowohl bezweckt als auch bewirkt habe. Die Nichtberücksichtigung mildernder Umstände im vorliegenden Fall habe das Gericht in Randnummer 244 des angefochtenen Urteils mit den zur Verschleierung der Absprache getroffenen Maßnahmen und in Randnummer 245 mit der langen Dauer und der Offenkundigkeit der Zuwiderhandlung gerechtfertigt, die trotz der Warnung begangen worden sei, die die frühere Entscheidungspraxis der Kommission hätte darstellen müssen.

71 Das Gericht habe somit im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu dem Schluss kommen dürfen, dass die Feststellungen zu den Auswirkungen der Zuwiderhandlung keine Herabsetzung des von der Kommission festgelegten allgemeinen Niveaus der Geldbußen rechtfertigten.

72 Das Gericht hat in Randnummer 241 des angefochtenen Urteils speziell die Erwägungen aufgezählt, die in der Entscheidung zur Schwere der Zuwiderhandlung angestellt werden, und diese anschließend überprüft.

73 Es hat der Kommission das Recht zuerkannt, das allgemeine Niveau der Geldbußen gegenüber der früheren Entscheidungspraxis anzuheben, um ihre abschreckende Wirkung zu verstärken (Randnr. 243 des angefochtenen Urteils) und um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die betreffenden Unternehmen Maßnahmen zur Verschleierung der Absprache getroffen hätten; dies stelle "einen besonders schwerwiegenden Aspekt der Zuwiderhandlung [dar], der diese von den zuvor aufgedeckten Zuwiderhandlungen unterscheidet" (Randnr. 244 des angefochtenen Urteils). Das Gericht hat ferner auf die lange Dauer und die Offenkundigkeit der Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages hingewiesen (Randnr. 245 des angefochtenen Urteils).

74 In Randnummer 246 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, angesichts der vorstehenden Erwägungen könne die Tatsache, dass die Kommission die Auswirkungen der Preisabsprache nur teilweise bewiesen habe, "die Beurteilung der Schwere der festgestellten Zuwiderhandlung... nicht spürbar beeinflussen". Dazu hat es ausgeführt: "Insoweit lässt sich schon allein daraus, dass die Unternehmen die vereinbarten Preiserhöhungen tatsächlich angekündigt und dass die angekündigten Preise als Grundlage für die Bestimmung der individuellen tatsächlichen Verkaufspreise gedient haben, ableiten, dass die Preisabsprache eine schwere Wettbewerbsbeschränkung sowohl bezweckt als auch bewirkt hat."

75 Daraus ergibt sich, dass das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung die Ansicht vertreten hat, dass seine Feststellungen zu den Auswirkungen der Zuwiderhandlung nichts an der Beurteilung von deren Schwere durch die Kommission ändern, also die Schwere der festgestellten Zuwiderhandlung nicht verringern könnten. Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles und des Kontexts der Zuwiderhandlung, die in der Entscheidung berücksichtigt und in den Randnummern 69 und 70 des vorliegenden Urteils dargestellt wurden, sowie der Abschreckungswirkung der verhängten Geldbußen - sämtlich Gesichtspunkte, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes in die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung einfließen können (vgl. Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 106, Beschluss SPO u. a./Kommission, Randnr. 54, und Urteil Ferriere Nord/Kommission, Randnr. 33) - hat das Gericht keinen Anlass gesehen, die Geldbuße herabzusetzen.

76 Folglich ist der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

77 Mit dem vierten Teil dieses Rechtsmittelgrundes rügt die Rechtsmittelführerin, dass das Gericht bei der Überprüfung der Höhe der Geldbuße ihrer Kooperation im Vergleich zum Verhalten anderer am Kartell beteiligter Unternehmen nicht gebührend Rechnung getragen habe.

78 Sie habe der Kommission nämlich mit Schreiben vom 23. März 1993 ausdrücklich ihre Kooperation angeboten; sie habe nicht nur das Vorliegen einer Zuwiderhandlung eingeräumt, sondern bei der Anhörung vor der Kommission auch angegeben, dass es sich dabei um abgestimmte Preiserhöhungsinitiativen gehandelt habe. Sie habe als einziges Unternehmen bei dieser Anhörung ausdrücklich einen Verstoß zugegeben.

79 Wie schon die Kommission zu Recht ausgeführt hat, hat das Gericht in den Randnummern 280 bis 289 des angefochtenen Urteils im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen der Rüge einer unzureichenden Berücksichtigung der Kooperation der Rechtsmittelführerin im Verfahren nicht gefolgt werden könne. Zu dieser Schlussfolgerung ist das Gericht nach einer Würdigung des Sachverhalts gelangt, die vor dem Gerichtshof nicht angegriffen werden kann (vgl. Urteil vom 16. September 1997 in der Rechtssache C-362/95 P, Blackspur DIY u. a./Rat und Kommission, Slg. 1997, I-4775, Randnr. 42).

80 Der vierte Teil des Rechtsmittelgrundes ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

81 Nach alledem ist dem Rechtsmittel in Bezug auf Randnummer 306 und Punkt 3 des Tenors des angefochtenen Urteils stattzugeben.

82 Nach Artikel 54 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf, wenn das Rechtsmittel begründet ist. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen. Da die Rechtssache zur Entscheidung reif ist, ist über die Höhe der gegen die Rechtsmittelführerin festzusetzenden Geldbuße endgültig zu entscheiden.

Zur Nichtigkeitsklage

83 Angesichts der Randnummern 174 bis 305 des angefochtenen Urteils und insbesondere der Tatsache, dass die Rechtsmittelführerin nur für eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages in der Zeit von März 1988 bis April 1991 zur Verantwortung gezogen werden kann, ist die Geldbuße der Rechtsmittelführerin auf 1 900 000 EUR festzusetzen.

Kostenentscheidung:

Kosten

84 Nach Artikel 122 Absatz 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

85 Da die Rechtsmittelführerin mit den meisten ihrer Rechtsmittelgründe unterlegen ist, hat sie ihre eigenen Kosten sowie zwei Drittel der Kosten zu tragen, die der Kommission im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Punkt 3 des Tenors des Urteils des Gerichts erster Instanz vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-317/94 (Weig/Kommission) wird aufgehoben.

2. Die Höhe der in Artikel 3 der Entscheidung 94/601/EG der Kommission vom 13. Juli 1994 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/C/33.833 - Karton) gegen die Moritz J. Weig GmbH & Co. KG verhängten Geldbuße wird auf 1 900 000 EUR festgesetzt.

3. Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

4. Die Moritz J. Weig GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten, die der Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

5. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt ein Drittel der Kosten, die ihr im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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