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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.11.2003
Aktenzeichen: C-293/00
Rechtsgebiete: Entscheidung 2000/362/EG der Kommission vom 25. Mai 2000 zur Festsetzung des Gesamtbetrags der Finanzhilfe der Gemeinschaft zur Tilgung der klassischen Schweinepest in den Niederlanden im Jahre 1997, Entscheidung 90/424/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich, zuletzt geändert durch die Entscheidung 94/370/EG des Rates vom 21. Juni 1994, Richtlinie 80/217/EWG des Rates vom 22. Januar 1980 über Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung der klassischen Schweinepest in der Fassung der Richtlinie 91/685/EWG des Rates vom 11. November 1991


Vorschriften:

Entscheidung 2000/362/EG der Kommission vom 25. Mai 2000 zur Festsetzung des Gesamtbetrags der Finanzhilfe der Gemeinschaft zur Tilgung der klassischen Schweinepest in den Niederlanden im Jahre 1997 Art. 1
Art. 3 der Entscheidung 90/424/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich, zuletzt geändert durch die Entscheidung 94/370/EG des Rates vom 21. Juni 1994
Entscheidung 90/424/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich, zuletzt geändert durch die Entscheidung 94/370/EG des Rates vom 21. Juni 1994 Art. 41
Richtlinie 80/217/EWG des Rates vom 22. Januar 1980 über Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung der klassischen Schweinepest in der Fassung der Richtlinie 91/685/EWG des Rates vom 11. November 1991 Art. 9
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Schon nach dem Wortlaut von Artikel 3 Absatz 2 der Entscheidung 90/424 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich entsteht der Anspruch der Mitgliedstaaten auf eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft an ihren Ausgaben für Dringlichkeitsmaßnahmen beim Auftreten bestimmter Tierseuchen nur dann, wenn alle in der geltenden Gemeinschaftsregelung aufgezählten Voraussetzungen erfuellt sind. Außerdem besteht kein anteiliger Anspruch, wenn die von dieser Regelung geforderten Maßnahmen nur zum Teil getroffen wurden. Allerdings ist die Kommission, wenn ein Mitgliedstaat nicht all diese Voraussetzungen erfuellt hat, befugt, statt überhaupt keine finanzielle Beteiligung zu gewähren, den Betrag der Ausgaben, für die der Mitgliedstaat solch eine finanzielle Beteiligung beantragt, unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes um die durch die Nichterfuellung dieser Voraussetzungen angefallenen Ausgaben zu mindern und der finanziellen Beteiligung nur den Restbetrag zugrunde zu legen.

Ferner geht die Bekämpfung einer Seuche großen Ausmaßes nicht fehlerfrei vonstatten, und das Vorliegen einiger Fehler sollte der finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft grundsätzlich nicht im Weg stehen. Gehen solche Fehler jedoch über das hinaus, was vernünftigerweise als unvermeidlich und somit in einer komplexen und manchmal unübersichtlichen Lage entschuldbar angesehen werden kann, so dürfen ihre finanziellen Folgen nicht einmal zum Teil von der Gemeinschaft getragen werden, sondern müssen zu Lasten des Mitgliedstaats gehen, dem die für diese Fehler verantwortlichen Stellen unterstehen.

Was die Möglichkeit der Kommission anbelangt, sich auf Schätzungen zu stützen und pauschale Berichtigungen vorzunehmen, so kann man von ihr nicht verlangen, dass sie jedes gekeulte Tier und jede Vernichtung verseuchter Futtermittel oder Geräte im Einzelnen nachprüft. Sowohl dann, wenn ein Mitgliedstaat nicht alle in der Gemeinschaftsregelung vorgesehenen Voraussetzungen erfuellt hat, als auch, wenn Fehler begangen worden sind, für die der Mitgliedstaat die finanzielle Verantwortung übernehmen muss, ist es zulässig, dass sich die Kommission auf Schätzungen stützt oder pauschale Berichtigungen vornimmt, sofern diese Schätzungen und Berichtigungen auf der Grundlage der ihr vorliegenden Daten zu vertreten sind.

( vgl. Randnrn. 22, 24-25, 29 )

2. Nach der Entscheidung 90/424 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich muss der betroffene Mitgliedstaat eine bestimmte Zahl von Maßnahmen ergreifen, um in den Genuss der finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft an der Bekämpfung bestimmter Tierseuchen zu kommen. Da die Gemeinschaftsregelung aufgrund der Vielzahl vorstellbarer Situationen diese Maßnahmen nicht für jeden Einzelfall genau festlegen kann, muss die Kommission bei der Bewertung der von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten bei der Auswahl der zu treffenden Maßnahmen und der Art und Weise ihrer Durchführung über einen Handlungsspielraum verfügen und dass sie insoweit die Beurteilung durch den betreffenden Mitgliedstaat nicht durch ihre eigene ersetzen darf. Dies gilt umso mehr, als die anwendbare Gemeinschaftsregelung Bestimmungen mit weit gefassten und allgemeinen Begriffen enthält.

Stellt die Kommission dagegen unter Beachtung des Handlungsspielraums des betroffenen Mitgliedstaats fest, dass dieser die Krankheit unzureichend bekämpft hat und eine finanzielle Berichtigung vorzunehmen ist, obliegt diesem Mitgliedstaat der Beweis, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist.

( vgl. Randnrn. 32-34 )

3. Die Entscheidung 2000/362 zur Festsetzung des Gesamtbetrags der Finanzhilfe der Gemeinschaft zur Tilgung der klassischen Schweinepest in den Niederlanden im Jahre 1997 verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, soweit die gewährte Finanzhilfe eine Kürzung der den Tierhaltern gezahlten Entschädigungen um 25 % umfasst. Denn unter Berücksichtigung dessen, dass die von der Kommission zur Begründung dieser Entscheidung gegenüber den nationalen Maßnahmen angeführten Rügen technischer, administrativer und finanzieller Art für begründet gehalten werden, sind die von der Kommission errechneten finanziellen Folgen deutlich höher als die vorgenommene Berichtigung, was zeigt, dass die Kommission den Fehlern, die bei der Wahrnehmung des dem einzelnen Mitgliedstaat zustehenden Handlungsspielraums unvermeidbar sind, und der besonderen Komplexität der hier in Rede stehenden Seuche klassische Schweinepest gebührend Rechnung getragen hat.

( vgl. Randnrn. 48-50 )


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 6. November 2003. - Königreich der Niederlande gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/362/EG der Kommission vom 25. Mai 2000 zur Festsetzung des Gesamtbetrags der Finanzhilfe der Gemeinschaft zur Tilgung der klassischen Schweinepest in den Niederlanden im Jahre 1997. - Rechtssache C-293/00.

Parteien:

In der Rechtssache C-293/00

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. A. Fierstra, C. Wissels und J. G. M. van Bakel als Bevollmächtigte,

Kläger,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch T. van Rijn als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

eklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/362/EG der Kommission vom 25. Mai 2000 zur Festsetzung des Gesamtbetrags der Finanzhilfe der Gemeinschaft zur Tilgung der klassischen Schweinepest in den Niederlanden im Jahre 1997 (ABl. L 129, S. 33), soweit die den Niederlanden von der Gemeinschaft im Rahmen der Tilgung der klassischen Schweinepest im Jahre 1997 gewährte Finanzhilfe zu einer Kürzung der den Tierhaltern gewährten Entschädigung um 25 % führt,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer C. W. A. Timmermans in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. A. O. Edward (Berichterstatter) und S. von Bahr,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 26. März 2003,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. Juni 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit Klageschrift, die am 31. Juli 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat das Königreich der Niederlande gemäß Artikel 230 EG die Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/362/EG der Kommission vom 25. Mai 2000 zur Festsetzung des Gesamtbetrags der Finanzhilfe der Gemeinschaft zur Tilgung der klassischen Schweinepest in den Niederlanden im Jahre 1997 (ABl. L 129, S. 33, nachfolgend: angefochtene Entscheidung) beantragt, soweit die den Niederlanden von der Gemeinschaft im Rahmen der Tilgung der klassischen Schweinepest im Jahre 1997 gewährte Finanzhilfe zu einer Kürzung der den Tierhaltern gewährten Entschädigung um 25 % führt.

Die Gemeinschaftsregelung

2 Die angefochtene Entscheidung bestimmt:

Artikel 1

Der Gesamtbetrag der Finanzhilfe der Gemeinschaft zur Tilgung der klassischen Schweinepest in den Niederlanden im Jahre 1997 wird auf 109 937 795 EUR festgesetzt.

Artikel 2

Der Restbetrag der Finanzhilfe der Gemeinschaft in Höhe von 35 507 928 EUR wird im Rahmen der Verfügbarkeit der Mittel nach und nach ausgezahlt.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an das Königreich der Niederlande gerichtet."

3 Die Begründungserwägungen dieser Entscheidung lauten wie folgt:

(1) 1997 sind in den Niederlanden Fälle von klassischer Schweinepest gemeldet worden. Das Auftreten dieser Seuche stellt eine ernste Gefahr für die Schweinebestände der Gemeinschaft dar. Zur schnellstmöglichen Tilgung der Seuche kann die Gemeinschaft die betroffenen Mitgliedstaaten finanziell unterstützen.

(2) Am 22. Juni 1998 haben die Niederlande für sämtliche Ausgaben, die sie 1997 in ihrem Hoheitsgebiet getätigt haben, einen Erstattungsantrag eingereicht, der am 2. Juni 1999 durch einen neuen Antrag ersetzt wurde.

(3) Mit den Entscheidungen 98/25/EG und 1999/18/EG hat die Kommission den Niederlanden zur Tilgung der klassischen Schweinepest eine gemeinschaftliche Finanzhilfe gewährt. Im Rahmen dieser Entscheidungen wurden zwei erste Vorschüsse in Höhe von insgesamt 74 429 868 EUR gezahlt.

(4) Es ist angezeigt, den Gesamtbetrag der Gemeinschaftsfinanzierung festzusetzen.

(5) Die Kommission hat die Anwendung der einschlägigen Veterinärvorschriften der Gemeinschaft und die Erfuellung der Bedingungen für die Gemeinschaftsfinanzierung geprüft.

(6) Die Prüfung hat ergeben, dass nicht alle eingereichten Ausgaben bezuschusst werden können. Diese Ergebnisse werden von einem Bericht des Rechnungshofs bestätigt.

(7) Die ersten Bemerkungen der Kommission sind den zuständigen niederländischen Behörden am 13. Januar 1998 offiziell mitgeteilt worden.

(8) Weitere Bemerkungen sowie das Verfahren für die Berechnung der zuschussfähigen Ausgaben sind den genannten Behörden am 5. Mai 1999 bzw. am 29. Oktober 1999 offiziell mitgeteilt worden.

(9) Der Ständige Veterinärausschuss hat keine Stellungnahme abgegeben. Die Kommission hat dem Rat am 17. Februar 2000 gemäß Artikel 41 der Entscheidung 90/424/EWG diese Maßnahmen vorgeschlagen. Es war damit Sache des Rates, innerhalb von drei Monaten Stellung zu nehmen.

(10) Der Rat hat nicht in der gesetzten Frist Stellung genommen. Diese Maßnahmen sollten daher nunmehr durch die Kommission erlassen werden."

4 Die angefochtene Entscheidung beruht auf Artikel 3, insbesondere Absätze 2 und 5, der Entscheidung 90/424/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich (ABl. L 224, S. 19), zuletzt geändert durch die Entscheidung 94/370/EG des Rates vom 21. Juni 1994 (ABl. L 168, S. 31) (nachfolgend: Entscheidung 90/424).

5 In Artikel 3 der Entscheidung 90/424 heißt es:

(1) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten im Fall des Ausbruchs einer der folgenden Tierseuchen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats:

-...

- klassische Schweinepest,

-...

(2) Der betroffene Mitgliedstaat erhält eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft an der Seuchentilgung, sofern als Sofortmaßnahmen bei Seuchenverdacht zumindest eine Sperre über den betreffenden Betrieb verhängt und nach amtlicher Bestätigung der Seuche Folgendes veranlasst wurde:

- Keulung aller anfälligen, infizierten, seuchenkranken und seuchen- sowie ansteckungsverdächtigen Tierarten und deren unschädliche Beseitigung sowie, im Fall der Gefluegelinfluenza, unschädliche Beseitigung der Eier;

- Vernichtung verseuchter Futtermittel und verseuchter Geräte, sofern diese nicht gemäß dem dritten Gedankenstrich desinfiziert werden können;

- Reinigung und Desinfizierung des Betriebs sowie der sich im Betrieb befindenden Geräte sowie Ungezieferbekämpfung im Betrieb und an den Geräten;

- Einrichtung von Schutzzonen;

- Vorkehrungen gegen die Seuchenverschleppung;

- Festsetzung einer Wartefrist für die Wiederaufstockung des Bestands nach der Keulung;

- zügige, angemessene Entschädigung der Tierhalter.

(2a) Der betroffene Mitgliedstaat erhält ebenfalls eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft, wenn beim Ausbruch einer der in Absatz 1 aufgeführten Seuchen zwei oder mehrere Mitgliedstaaten bei der Kontrolle dieser Seuche, insbesondere bei der Durchführung der epizootiologischen Untersuchung und der Maßnahmen zur Überwachung der Seuche eng zusammenarbeiten. Die besondere finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft wird unbeschadet der im Rahmen der betreffenden gemeinsamen Marktorganisationen vorgesehenen Maßnahmen nach dem Verfahren des Artikels 41 beschlossen.

(3) Der betroffene Mitgliedstaat teilt der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten die gemäß den Gemeinschaftsvorschriften eingeleiteten Maßnahmen zur Meldung und Tilgung der Tierseuchen und ihre Ergebnisse unverzüglich mit. Im Rahmen des durch den Beschluss 68/361/EWG eingesetzten Ständigen Veterinärausschusses, nachstehend ,Ausschuss genannt, wird die Lage schnellstmöglich geprüft. Über die spezifische finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft wird, unbeschadet der im Rahmen der entsprechenden gemeinsamen Marktorganisationen vorgesehenen Maßnahmen, nach dem Verfahren des Artikels 41 entschieden.

(4) Ist angesichts der Seuchenentwicklung innerhalb der Gemeinschaft eine Fortsetzung der Maßnahme gemäß Absatz 2 angezeigt, so kann über die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft, die über den in Absatz 5 erster Gedankenstrich vorgesehenen Satz von 50 % hinausgehen könnte, nach dem Verfahren des Artikels 40 neu entschieden werden. Dabei können alle auch nicht unter Absatz 2 fallenden Maßnahmen beschlossen werden, die der betreffende Mitgliedstaat durchführen muss, um den Erfolg der Aktion zu sichern.

(5) Unbeschadet der im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisationen zu ergreifenden Marktstützungsmaßnahmen muss die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft, die erforderlichenfalls gestaffelt wird, betragen:

- 50 % der Ausgaben des Mitgliedstaats für die Entschädigung der Bestandseigentümer für die Tötung und unschädliche Beseitigung seiner Tiere sowie gegebenenfalls deren Erzeugnisse, das Reinigen und Desinfizieren seines Betriebs und der Geräte, die Ungezieferbekämpfung im Betrieb und an den Geräten sowie die Vernichtung verseuchter Futtermittel und verseuchter Geräte gemäß Absatz 2 zweiter Gedankenstrich,

- 100 % der Ausgaben für Impfstoffe und 50 % für die Impfkosten, falls gemäß Absatz 4 die Durchführung von Impfungen beschlossen wurde."

6 Artikel 41 der Entscheidung 90/424 lautet:

(1) Wird auf das in diesem Artikel festgelegte Verfahren Bezug genommen, so befasst der Vorsitzende des mit Beschluss 68/361/EWG eingesetzten Ständigen Veterinärausschusses, im Folgenden ,Ausschuss genannt, diesen Ausschuss unverzüglich von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats.

(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuss einen Entwurf zu treffender Maßnahmen. Der Ausschuss gibt seine Stellungnahme zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist ab, die der Vorsitzende unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der betreffenden Frage festsetzen kann. Die Stellungnahme wird mit der Mehrheit abgegeben, die in Artikel 148 Absatz 2 des Vertrages für die Annahme der vom Rat auf Vorschlag der Kommission zu fassenden Beschlüsse vorgesehen ist. Bei der Abstimmung im Ausschuss werden die Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten gemäß dem vorgenannten Artikel gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.

(3) a) Die Kommission erlässt die beabsichtigten Maßnahmen, wenn sie mit der Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmen.

b) Stimmen die beabsichtigten Maßnahmen mit der Stellungnahme des Ausschusses nicht überein oder liegt keine Stellungnahme vor, so unterbreitet die Kommission dem Rat unverzüglich einen Vorschlag für die zu treffenden Maßnahmen. Der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

Hat der Rat nach Ablauf einer Frist von drei Monaten von seiner Befassung an keinen Beschluss gefasst, so werden die vorgeschlagenen Maßnahmen von der Kommission erlassen und unverzüglich zur Anwendung gebracht."

7 Die Richtlinie 80/217/EWG des Rates vom 22. Januar 1980 über Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung der klassischen Schweinepest (ABl. L 47, S. 11) in der Fassung der Richtlinie 91/685/EWG des Rates vom 11. November 1991 (ABl. L 377, S. 1) (nachfolgend: Richtlinie 80/217) bestimmt in ihrem Artikel 9:

(1) Unmittelbar nach der amtlichen Bestätigung des Seuchenbefunds in einem Schweinehaltungsbetrieb grenzen die zuständigen Behörden um den Seuchenherd eine Schutzzone mit einem Mindestradius von 3 km und eine Überwachungszone mit einem Mindestradius von 10 km ab.

...

(4) In der Schutzzone werden folgende Maßnahmen getroffen:

a) schnellstmögliche Erhebung aller Schweinehaltungsbetriebe. Nach Ausweisung der Zone werden diese Betriebe binnen spätestens sieben Tagen von einem amtlichen Tierarzt besichtigt;

b) Verbot der Umsetzung und Beförderung von Schweinen über öffentliche Verkehrs- und Privatwege. Dieses Verbot gilt nicht für die Durchfuhr von Schweinen über das Straßennetz oder auf dem Schienenweg, sofern das Fahrzeug nicht hält und keine Tiere entladen werden. Jedoch kann von diesen Bestimmungen nach dem Verfahren des Artikels 16 abgewichen werden, soweit es sich um Schlachtschweine handelt, die von Orten außerhalb dieser Schutzzone stammen und für einen Schlachthof in dieser Zone bestimmt sind;

c) Verbot des Verkehrs von in der Schutzzone verwendeten Lastkraftwagen und sonstigen Fahrzeugen mit Ausrüstungen zur Beförderung von Schweinen oder sonstigen Tieren und von Materialien, die Träger von Ansteckungsstoffen sein könnten (z.B. Futtermittel, Dung, Flüssigmist usw.),

i) aus den in der Schutzzone gelegenen Betrieben,

ii) aus der Schutzzone selbst,

iii) aus einem Schlachthof,

sofern sie nicht nach von der zuständigen Behörde festgelegten Verfahren gereinigt und desinfiziert worden sind. Gleichermaßen darf kein Lastkraftwagen oder sonstiges Fahrzeug, das für die Beförderung von Schweinen verwendet worden ist, die Zone verlassen, ohne zuvor von der zuständigen Behörde überprüft worden zu sein;

d) Verbot der Verbringung anderer Tierarten aus oder zu einem Betrieb, sofern nicht die Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegt;

e) Unterrichtung der zuständigen Behörde über alle in einem Betrieb verendeten oder erkrankten Schweine; die zuständige Behörde veranlasst die erforderlichen Untersuchungen auf Vorliegen der klassischen Schweinepest;

f) Verbot der Verbringung von Schweinen aus einem Haltungsbetrieb binnen 21 Tagen nach der Grobreinigung und Vordesinfektion des Seuchenbetriebes gemäß Artikel 10. Nach 21 Tagen kann die Genehmigung erteilt werden, dass die Schweine den Betrieb verlassen dürfen, jedoch nur,

i) um auf direktem Wege zu einem von der zuständigen Behörde bestimmten und möglichst in der Schutz- oder Überwachungszone gelegenen Schlachthof befördert zu werden und sofern folgende Bedingungen erfuellt sind:

- Untersuchung des gesamten Schweinebestands des Betriebs;

- klinische Untersuchung der umzusetzenden Schlachtschweine, einschließlich Messung der Körpertemperatur bei einer bestimmten Anzahl Schweine;

- Kennzeichnung der einzelnen Schweine durch Ohrmarken;

- Beförderung in von der zuständigen Behörde verplombten Fahrzeugen.

Der für den Schlachthof zuständigen Behörde wird mitgeteilt, dass Schweine zu diesem Schlachthof verbracht werden sollen.

Bei der Ankunft im Schlachthof sind diese Tiere von anderen Schweinen getrennt zu halten und zu schlachten. Die zur Beförderung der Schweine verwendeten Fahrzeuge und Ausrüstungen sind unverzüglich zu reinigen und zu desinfizieren.

...

(8) Abweichend von Absatz 4 Buchstabe f und Absatz 6 Buchstabe f kann die zuständige Behörde genehmigen, dass Schweine aus einem Betrieb verbracht werden, um zu einem Tierkörperverwertungsbetrieb oder einem Ort befördert zu werden, wo sie nach der Tötung verbrannt oder vergraben werden. Diese Tiere werden durch Stichproben auf Vorhandensein des Virus der klassischen Schweinepest untersucht. Bei der Stichprobenuntersuchung wird den Kriterien für Blutprobenahmen gemäß Anhang IV Rechnung getragen.

Es sind alle erforderlichen Vorkehrungen wie Reinigung und Entseuchung des Lastkraftwagens zu treffen, um einer transportbedingten Verschleppung des Seuchenvirus entgegenzuwirken.

(9) Werden die Verbote gemäß Absatz 4 Buchstabe f und Absatz 6 Buchstabe f angesichts weiterer Seuchenfälle für länger als 30 Tage aufrechterhalten und treten infolgedessen Probleme bei der Schweinehaltung auf, so kann die zuständige Behörde auf begründeten Antrag des Bestandsbesitzers genehmigen, dass Schweine einen in der Schutzzone bzw. der Überwachungszone gelegenen Betrieb verlassen, sofern folgende Bedingungen erfuellt sind:

a) Überprüfung des Sachverhalts durch den amtlichen Tierarzt;

b) Untersuchung des gesamten Schweinebestands des Betriebs;

c) klinische Untersuchung der umzusetzenden Schweine, einschließlich Messung der Körpertemperatur bei einer bestimmten Anzahl Schweine;

d) Kennzeichnung der einzelnen Schweine durch Ohrmarken;

e) Standort des Bestimmungsbetriebes in der Schutzzone oder in der Überwachungszone.

Es sind alle erforderlichen Vorkehrungen wie Reinigung und Entseuchung des Lastkraftwagens zu treffen, um einer transportbedingten Verschleppung des Seuchenvirus entgegenzuwirken."

8 Artikel 14b der Richtlinie 80/217 sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat nach bestimmten Kriterien einen Notstandsplan mit Maßnahmen erstellt, die bei Ausbruch der klassischen Schweinepest auf einzelstaatlicher Ebene zu treffen sind. Diese Pläne sind der Kommission bis zum 1. Januar 1993 vorzulegen und werden von dieser geprüft und, gegebenenfalls nach Abänderung, genehmigt.

9 Die Richtlinie 80/217 ist in der Zwischenzeit durch die Richtlinie 2001/89/EG des Rates vom 23. Oktober 2001 über Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung der klassischen Schweinepest (ABl. L 316, S. 5) ersetzt worden.

Sachverhalt

10 Das Auftreten der klassischen Schweinepest in den Niederlanden wurde am 4. Februar 1997 in Venhorst (Provinz Nord-Brabant) in einer Region mit der höchsten Schweinedichte in den Niederlanden festgestellt. (Die Schweineproduktion der Niederlande findet zu 90 % im Süden und im Osten des Landes statt.) Die Krankheit verbreitete sich schnell und nahm ein sehr großes Ausmaß an, so dass insgesamt 429 befallene Betriebe geräumt und 629 388 befallene Schweine beseitigt wurden. 1 250 Betriebe wurden vorsorglich geräumt (1 013 697 Schweine).

11 Die niederländische Regierung weist darauf hin, dass die Zahl der beseitigten Schweine fast der gewöhnlichen Produktion eines ganzen Jahres entspreche. Die Seuche habe eine Region befallen, in der sich unterschiedlich strukturierte Schweinehaltungsbetriebe befänden (sowohl Basiszuchtbetriebe als auch Spitzenzuchtbetriebe, Zwischenzuchtbetriebe und Aufzuchtbetriebe, Vermehrungsbetriebe und Schlachtschweinbetriebe).

12 Die niederländische Regierung fügt hinzu, dass die Struktur der Schweinehaltung in den Niederlanden das Ergebnis der Spezialisierung des Sektors sei. Die Produktion dort stelle sich in Form einer Pyramide dar, an deren Spitze die sehr spezialisierten Betriebe ständen, die den genetischen Fortschritt verwirklichten. Die Basis der Pyramide bestehe aus Schlachtschweinbetrieben, die Fleisch für den Verzehr erzeugten. Auf den mittleren Ebenen fänden sich die Betriebe, die Kreuzungen vornähmen, und die Betriebe, in denen Ferkel für Schlachtschweinbetriebe gezüchtet würden.

Verfahren vor dem Gerichtshof

13 Das Königreich der Niederlande hat, da es die angefochtene Entscheidung für rechtsfehlerhaft hält, die vorliegende Klage erhoben, mit der es beantragt,

1. die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die den Niederlanden von der Gemeinschaft im Rahmen der Tilgung der klassischen Schweinepest im Jahre 1997 gewährte Finanzhilfe zu einer Kürzung der den Tierhaltern gewährten Entschädigung um 25 % führt;

2. der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

14 Die Kommission beantragt, die Klage des Königreichs der Niederlande als unbegründet abzuweisen und ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Vorbemerkungen

15 Die niederländische Regierung stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe. Sie macht erstens geltend, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einem unzutreffenden Sachverhalt (erster Klagegrund). Zweitens habe die Kommission durch den Erlass der Entscheidung einen Rechtsverstoß begangen. Denn zum einen biete die Entscheidung 90/424 keine Möglichkeit, die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft zu berichtigen, jedenfalls nicht so, wie die Kommission es getan habe (erster Teil des zweiten Klagegrundes). Zum anderen habe die Kommission die Tatsachen rechtsfehlerhaft ausgelegt (zweiter Teil des zweiten Klagegrundes). Ferner sei die angefochtene Entscheidung unverhältnismäßig (dritter Klagegrund). Außerdem stelle das Fehlen einer ausdrücklichen und rechtlich hinreichend genau formulierten Rechtsgrundlage für eine finanzielle Berichtigung einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit dar (vierter Klagegrund). Schließlich sei die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf Artikel 253 EG unzureichend begründet (fünfter Klagegrund).

16 Mit dem ersten Teil des zweiten Klagegrundes und dem vierten Klagegrund wird in Frage gestellt, ob überhaupt eine pauschale oder sonstige Berichtigung der finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft nach Artikel 3 Absätze 2 und 5 der Entscheidung 90/424 vorgenommen werden darf. Das Bestehen einer solchen Möglichkeit ist zuerst zu prüfen, da es eine Vorbedingung für die Prüfung der weiteren Klagegründe darstellt.

Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes und zum vierten Klagegrund

Vorbringen der Parteien

17 Die niederländische Regierung macht in ihrer Klageschrift geltend, die Entscheidung 90/424 ermögliche es nicht, eine pauschale finanzielle Berichtigung vorzunehmen. Die Durchführung der in Artikel 3 Absatz 5 der Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen verleihe jedem Mitgliedstaat ohne weitere Voraussetzungen Anspruch auf eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft in Höhe von 50 % der getätigten Ausgaben. In Anbetracht des Ausmaßes der Krise und der Komplexität der dadurch entstandenen Lage seien im Nachhinein festgestellte technische und administrative Mängel unvermeidbar gewesen und könnten daher keinen Anlass zu einer finanziellen Berichtigung geben. Die Vornahme einer solchen pauschalen finanziellen Berichtigung verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

18 Die Kommission weist darauf hin, dass die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft von der Erfuellung der u. a. in Artikel 3 Absatz 2 der Entscheidung 90/424 vorgesehenen Voraussetzungen abhänge. Da diese Voraussetzungen nicht oder nicht ganz erfuellt worden seien, sei sie befugt, die genannte Beteiligung um den Betrag zu mindern, der sich aus der Nichterfuellung der genannten Voraussetzungen ergebe.

19 In der mündlichen Verhandlung hat die niederländische Regierung ausgeführt, dass ihrer Ansicht nach die Kommission jedenfalls nur dann zur Minderung der Beteiligung der Gemeinschaft berechtigt sei, wenn es einen deutlichen und angemessenen Zusammenhang zwischen den begangenen Fehlern und der vorgenommenen Minderung gebe.

Würdigung durch den Gerichtshof

20 Nach Artikel 3 Absatz 5 erster Gedankenstrich der Entscheidung 90/424 beträgt die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft 50 % der Ausgaben des Mitgliedstaats für die Entschädigung der Bestandseigentümer für die Tötung und unschädliche Beseitigung seiner Tiere sowie gegebenenfalls deren Erzeugnisse, das Reinigen und Desinfizieren seines Betriebs und der Geräte, die Ungezieferbekämpfung im Betrieb und an den Geräten sowie die Vernichtung verseuchter Futtermittel und verseuchter Geräte gemäß Absatz 2 zweiter Gedankenstrich".

21 Artikel 3 Absatz 2 der Entscheidung 90/424 stellt die Voraussetzungen für die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft auf. Zu diesen Voraussetzungen zählen u. a. die Keulung bestimmter Kategorien von Tieren, die Reinigung des Betriebes, die Beseitigung der Kadaver sowie die Vernichtung verseuchter Futtermittel und nicht desinfizierbarer Geräte, die Einrichtung von Schutzzonen, Vorkehrungen gegen die Seuchenverschleppung und die zügige und angemessene Entschädigung der Tierhalter.

22 Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift entsteht der Anspruch auf die finanzielle Beteiligung nur dann, wenn alle in der geltenden Gemeinschaftsregelung aufgezählten Voraussetzungen erfuellt sind. Wenn also auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfuellt ist, hat der betroffene Mitgliedstaat bereits keinen Anspruch auf die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft. Der Anspruch besteht auch nicht anteilig, wenn die von der Gemeinschaftsregelung geforderten Maßnahmen nur zum Teil getroffen wurden.

23 Diese Regelung erklärt sich daraus, dass bereits die Nichterfuellung auch nur einer dieser Voraussetzungen die erfolgreiche Bekämpfung der klassischen Schweinepest ernsthaft gefährden kann.

24 Es ist jedoch einzuräumen, dass die Kommission, wenn ein Mitgliedstaat nicht alle in der Gemeinschaftsregelung aufgezählten Voraussetzungen erfuellt hat, befugt ist, statt überhaupt keine finanzielle Beteiligung zu gewähren, den Betrag der Ausgaben, für die der Mitgliedstaat die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft beantragt, unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes um die durch die Nichterfuellung dieser Voraussetzungen angefallenen Ausgaben zu mindern und der finanziellen Beteiligung nur den Restbetrag zugrunde zu legen.

25 Ferner ist einzuräumen, dass die Bekämpfung einer Seuche großen Ausmaßes niemals fehlerfrei vonstatten geht und dass das Vorliegen einiger Fehler der finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft grundsätzlich nicht im Weg stehen sollte. Gehen solche Fehler jedoch über das hinaus, was vernünftigerweise als unvermeidlich und somit in einer komplexen und manchmal unübersichtlichen Lage entschuldbar angesehen werden kann, so dürfen ihre finanziellen Folgen nicht einmal zum Teil von der Gemeinschaft getragen werden, sondern müssen zu Lasten des Mitgliedstaats gehen, dem die für diese Fehler verantwortlichen Stellen unterstehen.

26 Entgegen dem Vorbringen der niederländischen Regierung in der Klageschrift stellt die Beteiligung des Mitgliedstaats an den Ausgaben in Höhe von 50 % keine ausreichende Vorsichtsmaßnahme dafür dar, dass die Stellen dieses Staates nicht die Grenzen des für die Bekämpfung einer Seuche Erforderlichen und Angemessenen überschreiten. Auch wenn diese Kostenteilung dazu anhält, die Kosten möglichst gering zu halten, muss sich die Gemeinschaft nach der Gemeinschaftsregelung nicht unabhängig davon, ob die Kosten der Höhe nach gerechtfertigt sind, in Höhe von 50 % an diesen beteiligen.

27 Die finanzielle Beteiligung der Kommission ist nämlich auf die gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Entscheidung 90/424 getroffenen Maßnahmen beschränkt. Die Ausgaben des Mitgliedstaats im Sinne von Artikel 3 Absatz 5 müssen somit auf diejenigen beschränkt werden, die für die Durchführung dieser Maßnahmen erforderlich und angemessen sind.

28 Wenn die Stellen eines Mitgliedstaats bei der Bekämpfung einer Seuche Fehler begangen haben, die zu vom Mitgliedstaat zu verantwortenden Kosten (siehe oben, Randnr. 25) geführt haben, kann die Kommission daher die Gemeinschaftsbeteiligung um den diesen Fehlern entsprechenden Betrag mindern.

29 Was die Möglichkeit der Kommission anbelangt, sich auf Schätzungen zu stützen und pauschale Berichtigungen vorzunehmen, so kann man von ihr nicht verlangen, dass sie jedes gekeulte Tier und jede Vernichtung verseuchter Futtermittel oder Geräte im Einzelnen nachprüft. Sowohl dann, wenn ein Mitgliedstaat nicht alle in der Gemeinschaftsregelung vorgesehenen Voraussetzungen erfuellt hat, als auch wenn Fehler begangen worden sind, für die der Mitgliedstaat die finanzielle Verantwortung übernehmen muss, ist es zulässig, dass sich die Kommission auf Schätzungen stützt oder pauschale Berichtigungen vornimmt, sofern diese Schätzungen und Berichtigungen auf der Grundlage der ihr vorliegenden Daten zu vertreten sind.

30 Der erste Teil des zweiten Klagegrundes und der vierte Klagegrund sind somit zurückzuweisen.

Zum ersten Klagegrund und zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes

31 Mit dem ersten Klagegrund und dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes macht die niederländische Regierung geltend, die Kommission habe die Tatsachen, die ihrer Ansicht nach die finanzielle Berichtigung rechtfertigen, fehlerhaft ermittelt und ausgelegt. Vor der Prüfung dieser Klagegründe sind der Umfang der gerichtlichen Nachprüfung und die Verteilung der Beweislast darzulegen.

Zum Umfang der gerichtlichen Nachprüfung und zur Verteilung der Beweislast

32 Nach der Entscheidung 90/424 muss der betroffene Mitgliedstaat eine bestimmte Zahl von Maßnahmen ergreifen, um in den Genuss der finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft an der Bekämpfung der klassischen Schweinepest zu kommen. Da die Gemeinschaftsregelung aufgrund der Vielzahl vorstellbarer Situationen diese Maßnahmen nicht für jeden Einzelfall genau festlegen kann, muss die Kommission bei der Bewertung der von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten bei der Auswahl der zu treffenden Maßnahmen und der Art und Weise ihrer Durchführung über einen Handlungsspielraum verfügen und dass sie insoweit die Beurteilung durch den betreffenden Mitgliedstaat nicht durch ihre eigene ersetzen darf.

33 Dies gilt umso mehr, als die anwendbare Gemeinschaftsregelung Bestimmungen mit weit gefassten und allgemeinen Begriffen enthält, die wie der Begriff zügige, angemessene Entschädigung" unterschiedlich auslegbar sind.

34 Hat die Kommission dagegen unter Beachtung des Handlungsspielraums des betroffenen Mitgliedstaats festgestellt, dass dieser die Krankheit unzureichend bekämpft hat und eine finanzielle Berichtigung vorzunehmen ist, obliegt diesem Mitgliedstaat, wie die Generalanwältin in Nummer 66 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, der Beweis, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, kann er mit einer Klage gegen die von der Kommission vorgenommene finanzielle Berichtigung nicht durchdringen.

35 Dieser Ansatz steht im Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes in Rechnungsabschlusssachen betreffend den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), wonach der Mitgliedstaat am besten in der Lage ist, die für den Rechnungsabschluss des EAGFL erforderlichen Angaben beizubringen und nachzuprüfen, so dass es ihm obliegt, die Richtigkeit seiner Kontrollen oder seiner Zahlen eingehend und vollständig nachzuweisen und so gegebenenfalls die Fehlerhaftigkeit der Behauptungen der Kommission darzutun (siehe u. a. Urteil vom 9. Januar 2003 in der Rechtssache C-157/00, Griechenland/Kommission, Slg. 2003, I-153, Randnr. 17).

Zu den von der Kommission erhobenen Beanstandungen

36 Die Kommission hat die finanzielle Berichtigung sowohl auf Beanstandungen technischer Art als auch auf Beanstandungen administrativer und finanzieller Art gestützt. Bei den Beanstandungen technischer Art geht es darum, wie die Niederlande die Tilgungsmaßnahmen durchgeführt haben. Die Kommission hat die Ansicht vertreten, dass die Richtlinie 80/217 nicht vollständig angewandt worden sei, und auf folgende Unzulänglichkeiten hingewiesen: Fehlen eines Notstandsplans, verspätete Diagnose der Verseuchung durch die klassische Schweinepest, zu häufige Verbringungen von Tieren in den Schutzzonen in Verbindung mit unzureichenden Hygienegarantien, Aussetzung der vorbeugenden Räumung und fehlende Errichtung einer Schutzzone in einem Fall. Ohne diese Unzulänglichkeiten hätte die Seuche kürzer gedauert und wäre somit weniger kostspielig gewesen.

37 Die Beanstandungen administrativer und finanzieller Art beziehen sich auf die Organisation der Entschädigung, infolge deren ein zu hohes Preisniveau angewandt worden sei. Mit diesen Beanstandungen macht die Kommission geltend, die Organisation der Schätzung der Schweine habe sich als mangelhaft erwiesen, der Wert der Tiere sei zu hoch geschätzt worden, die Tiere seien im Schätzungszeitraum in Bezug auf ihre Kategorie neu eingestuft worden, das Gewicht des Tierfutters sei zu hoch veranschlagt worden, und für bestimmte Tiere sei eine doppelte Zahlung erfolgt. Außerdem beanstandet die Kommission das von den niederländischen Stellen angewandte System zur Neuschätzung, das eine nahezu systematische Pauschalerhöhung der Entschädigung bewirkt habe.

38 Die Generalanwältin hat ab Nummer 71 ihrer Schlussanträge die Gründe dargestellt, aus denen sie der Ansicht ist, dass die von der Kommission vorgebrachten Beanstandungen sowohl technischer (Nrn. 71 bis 136) als auch administrativer und finanzieller (Nrn. 137 bis 183) Art keinerlei offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission erkennen lassen.

39 Der Gerichtshof schließt sich dem an.

40 Somit sind der erste Klagegrund und der zweite Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund

41 Mit ihrem dritten Klagegrund macht die niederländische Regierung geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Vorbringen der Parteien

42 Nach Ansicht der niederländischen Regierung besteht ein starkes Missverhältnis zwischen den Mängeln, die von der Kommission festgestellt (oder als solche angesehen) worden seien, und der von ihr vorgenommenen finanziellen Berichtigung. Die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die Lage in den Niederlanden besonders komplex gewesen sei, und sie habe zu Unrecht aus den Daten Schlüsse gezogen, die sie auf der Grundlage einer begrenzten und nicht repräsentativen Stichprobe gewonnen habe.

43 Außerdem werde selbst im Rahmen des Rechnungsabschlusses des EAGFL eine Berichtigung um 25 % nur vorgenommen, wenn ein Mitgliedstaat keinerlei Kontrollsystem anwende oder es nur sehr lückenhaft durchführe und wenn es Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten in großem Maßstab und für Nachlässigkeiten bei der Bekämpfung nicht ordnungsgemäßer oder betrügerischer Praktiken gebe.

44 Die Kommission weist darauf hin, dass sich die Zusatzkosten zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts, die sich aus zwei der zehn festgestellten Mängel ergäben, auf mindestens 79 Millionen Euro beliefen. Die finanzielle Berichtigung um 25 % mache nur 42 % dieser Zusatzkosten aus, während die übrigen 58 % vom Gemeinschaftshaushalt getragen würden. Nach Ansicht der Kommission ergibt sich aus diesen Zahlen eindeutig, dass sie nicht versucht habe, ihre Möglichkeiten in der Sache bis aufs Letzte auszuschöpfen, und der Art und den Umständen der in den Niederlanden ausgebrochenen Seuche Rechnung getragen habe.

45 Außerdem sei ein Verweis auf das System des EAGFL für die Niederlande nicht von Vorteil. Der Gerichtshof habe nämlich mehrfach erklärt, dass die Kommission berechtigt sei, ungerechtfertigte Ausgaben in vollem Umfang abzulehnen.

Würdigung durch den Gerichtshof

46 Die Beanstandungen, die die Kommission erhoben hat und bezüglich deren die niederländische Regierung nicht hat beweisen können, dass sie auf offensichtlichen Beurteilungsfehlern beruhen, rechtfertigen eine finanzielle Berichtigung um 25 %.

47 Die Kommission hat sich nämlich bei der Berechnung der finanziellen Folgen der festgestellten Mängel zum einen auf eine Studie der Universität Wageningen (Niederlande) und zum anderen, hinsichtlich der Beanstandungen administrativer und finanzieller Art, auf eigene Schätzungen gestützt.

48 Die Studie der Universität Wageningen über die finanziellen Folgen der Mängel technischer Art gibt sachdienliche Hinweise für die Ermittlung der Höhe der finanziellen Berichtigung. Die Schätzungen der Kommission im Zusammenhang mit den Beanstandungen administrativer und finanzieller Art weichen nicht grundlegend von den Zahlen ab, die die niederländische Regierung im schriftlichen Verfahren genannt hat, wobei die erhobenen Beanstandungen für begründet gehalten werden.

49 Außerdem sind die von der Kommission errechneten finanziellen Folgen deutlich höher als die vorgenommene Berichtigung, was zeigt, dass die Kommission den Fehlern, die bei der Wahrnehmung des dem einzelnen Mitgliedstaat zustehenden Handlungsspielraums unvermeidbar sind, und der besonderen Komplexität der hier in Rede stehenden Seuche klassische Schweinepest gebührend Rechnung getragen hat.

50 Es liegt also kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor, und der dritte Klagegrund ist ebenfalls zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund

51 Nach Ansicht der niederländischen Regierung ist die angefochtene Entscheidung nicht ordnungsgemäß begründet und verstößt daher gegen die Begründungspflicht nach Artikel 253 EG.

Vorbringen der Parteien

52 Die niederländische Regierung ist der Auffassung, dass die Kommission insbesondere die Rechtsgrundlage nicht näher genannt habe, auf die sie sich bei der finanziellen Berichtigung um 25 % gestützt habe. Sie habe auch nicht angegeben, wie sie dazu gekommen sei, die im Zusammenhang mit der Zahlung einer Entschädigung an die Tierhalter stehende Kostenanmeldung zu berichtigen. Eine ausführliche Begründung wäre umso mehr erforderlich gewesen, als die Kommission zuvor nie Einwände gegen das in den Niederlanden angewandte System zur Neuschätzung geltend gemacht habe.

53 Die Kommission bestreitet, dass sie gegen die Begründungspflicht verstoßen habe. Sie weist darauf hin, dass sich der Umfang der Begründungspflicht insbesondere danach bemesse, in welchem Ausmaß der Adressat der Entscheidung an deren Zustandekommen beteiligt gewesen sei. Insoweit verweist sie darauf, dass zwischen ihr und den niederländischen Stellen ein ausführlicher Schriftwechsel stattgefunden habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

54 Die in Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung muss zwar die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den beanstandeten Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig erkennen lassen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann; sie braucht jedoch nicht sämtliche tatsächlich oder rechtlich erheblichen Gesichtspunkte zu enthalten (siehe u. a. Urteil vom 10. Dezember 2002 in der Rechtssache C-491/01, British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, Slg. 2002, I-11453, Randnr. 165).

55 Ob die Begründungspflicht gewahrt ist, ist außerdem nicht nur im Hinblick auf den Wortlaut des beanstandeten Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (Urteil British American Tobacco [Investments] und Imperial Tobacco, Randnr. 166).

56 Dies gilt erst recht, wenn der betroffene Mitgliedstaat eng an der Ausarbeitung des beanstandeten Rechtsakts beteiligt war und daher weiß, auf welchen Gründen er beruht (siehe für den Rechnungsabschluss des EAGFL Urteil vom 1. Oktober 1998 in der Rechtssache C-27/94, Niederlande/Kommission, Slg. 1998, I-5581, Randnr. 36, und für die zulässige Gesamtfangmenge von Fischen Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C-120/99, Italien/Rat, Slg. 2001, I-7997, Randnr. 29).

57 Hier hat die Kommission die Ergebnisse ihrer Kontrollbesuche den niederländischen Stellen übermittelt und deren Stellungnahme eingeholt. Außerdem hat sie unstreitig die beabsichtigten Berichtigungen vor Erlass der angefochtenen Entscheidung begründet. Das Königreich der Niederlande war somit eng an der Ausarbeitung der angefochtenen Entscheidung beteiligt und kannte die Gründe, aus denen die Kommission der Ansicht war, die streitigen Beträge in Abzug bringen zu können.

58 Da mithin kein Begründungsmangel vorliegt, ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

59 Da somit alle Klagegründe zurückgewiesen worden sind, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

60 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich der Niederlande mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Das Königreich der Niederlande trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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