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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.09.1994
Aktenzeichen: C-293/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
EWG-Vertrag Art. 30
EWG-Vertrag Art. 36
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 30 EWG-Vertrag ist so auszulegen, daß er der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die das Inverkehrbringen von Arbeiten aus Edelmetall verbietet, die nicht mit einer den Anforderungen dieser Regelung entsprechenden, den Feingehalt angebenden Punzierung versehen sind, sofern diese Arbeiten nicht nach den Rechtsvorschriften des Ausfuhrmitgliedstaats mit einer Punzierung versehen worden sind, die den gleichen Informationsgehalt wie die nach der Regelung des Einfuhrmitgliedstaats vorgeschriebene Punzierung hat und für den Verbraucher in diesem Staat verständlich ist. Auch kann, falls eine nationale Regelung verlangt, daß die Punze von einer unabhängigen Stelle anzubringen ist, das Inverkehrbringen von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Edelmetallarbeiten verboten werden, wenn diese Arbeiten nicht tatsächlich von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat gepunzt worden sind.

Die Würdigung des Sachverhalts, die erforderlich ist, um festzustellen, ob die in der Punze enthaltenen Angaben gleichwertig sind, ist Sache des nationalen Gerichts, das auch zu prüfen hat, ob die Edelmetallarbeiten von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat gepunzt worden sind.

Artikel 30 EWG-Vertrag steht der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, die das Inverkehrbringen von Edelmetallarbeiten verbietet, auf denen die Angabe des Herstellungszeitpunkts fehlt, die jedoch aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt worden sind und dort ohne diese Angabe rechtmässig in den Verkehr gebracht werden.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 15. SEPTEMBER 1994. - STRAFVERFAHREN GEGEN LUDOMIRA NEELTJE BARBARA HOUTWIPPER. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: ARRONDISSEMENTSRECHTBANK ZUTPHEN - NIEDERLANDE. - FREIER WARENVERKEHR - EDELMETALLE - VORGESCHRIEBENE PUNZE. - RECHTSSACHE C-293/93.

Entscheidungsgründe:

1 Die Arrondissementsrechtbank Zutphen (Niederlande) hat mit Beschluß vom 17. Mai 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Mai 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, um die Vereinbarkeit der Waarborgwet 1986 (niederländisches Punzierungsgesetz) beurteilen zu können.

2 Diese Frage stellt sich in einem Strafverfahren vor der Arrondissementsrechtbank Zutphen gegen Frau Houtwipper, die angeklagt ist, Gold- und Silberringe im Besitz gehabt oder mit ihnen Handel getrieben zu haben, obwohl diese Ringe nicht mit dem nach der Waarborgwet vorgeschriebenen Kontrollzeichen versehen waren.

3 Nach Artikel 1 der Waarborgwet müssen Arbeiten aus Edelmetall einen der folgenden Feingehalte (Anteil des reinen Edelmetalls) haben:

° Platin: 950 Tausendstel;

° Gold: 916, 833, 750 oder 585 Tausendstel

° Silber: 925, 835 oder 800 Tausendstel.

4 Nach demselben Artikel werden diese Feingehalte durch nach diesem Gesetz eingestanzte Zeichen (Punzen) garantiert.

5 Nach Artikel 7 wird eine juristische Person benannt, deren Aufgabe darin besteht, die oben angegebenen Feingehalte zu kontrollieren, die Arbeiten zu punzen und ihre Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht zu überwachen; diese Aufgabe ist in völliger Unabhängigkeit zu versehen.

6 Die Artikel 9 und 10 sehen vor, daß Edelmetallarbeiten mit folgenden eingestanzten Zeichen zu versehen sind: i) dem Feingehaltszeichen, ii) dem Zeichen der Punzierungsstelle, die die Punze eingestanzt hat, iii) einem Buchstaben, der das Jahr angibt, iv) bei Arbeiten, die aus mehreren Stücken bestehen, die nicht getrennt gepunzt werden können, ein Zeichen, das das jeweilige Gewicht der Teile angibt.

7 In Artikel 30 Absatz 1 ist bestimmt:

"Kein Unternehmer darf Platin-, Gold- oder Silberarbeiten, die nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes gepunzt sein müssen, im Besitz haben oder mit ihnen Handel treiben, wenn sie nicht die vorgeschriebene Punze tragen...".

8 Artikel 48 enthält eine Ausnahme von der Punzierungspflicht für aus Belgien oder Luxemburg eingeführte Edelmetallarbeiten, die in diesen Ländern amtlich gepunzt worden sind.

9 Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, daß die Waarborgwet den Handel mit in die Niederlande eingeführten Gegenständen aus Gold oder aus Silber verbietet, die keine niederländische, belgische oder luxemburgische Punze tragen, selbst wenn diese Gegenstände die Punze eines anderen Mitgliedstaats tragen; es hat daher dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist eine Regelung von der Art des Artikels 30 der Waarborgwet 1986 (Punzierungsgesetz 1986; Stb. 38/1987) im Lichte der Artikel 30 und 36 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Vertrag vom 25. März 1957, Trb. 1957, 74 und 91) gültig?

10 Diese Frage kann nur auf der Grundlage des Artikels 30 und nicht des Artikels 36 des Vertrages beantwortet werden, da Maßnahmen der durch die fragliche Regelung vorgeschriebenen Art nicht in den Anwendungsbereich der in Artikel 36 abschließend aufgezählten Ausnahmen fallen (Urteil vom 22. Juni 1982 in der Rechtssache 220/81, Robertson, Slg. 1982, 2349, Randnr. 8).

11 Nach dem "Cassis-de-Dijon"-Urteil (Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78, Rewe, Slg. 1979, 649) stellen Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die sich in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften daraus ergeben, daß auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmässig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, Vorschriften über die Anforderungen angewandt werden, denen sie (etwa hinsichtlich ihrer Bezeichnung, ihrer Form, ihrer Abmessungen, ihres Gewichts, ihrer Zusammensetzung, ihrer Aufmachung, ihrer Etikettierung oder ihrer Verpackung) entsprechen müssen, selbst dann, wenn diese Vorschriften unterschiedslos für alle Erzeugnisse gelten, nach Artikel 30 verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung dar, sofern sich die Anwendung dieser Vorschriften nicht durch einen Zweck rechtfertigen lässt, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht.

12 Der Markt für Edelmetallarbeiten unterliegt unterschiedlichen nationalen Regelungen insbesondere in bezug auf die zulässigen Feingehalte, Art und Anzahl der eingestanzten Zeichen, die Toleranzgrenze in bezug auf den Gehalt an Edelmetallen in den Legierungen und die Methoden für die Überwachung der eingestanzten Zeichen.

13 Solche Regelungen erschweren und verteuern die Einfuhren, wenn sie wie die Waarborgwet vorschreiben, daß Arbeiten aus Edelmetall, die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt werden, in denen sie rechtmässig in den Verkehr gebracht und entsprechend den Rechtsvorschriften dieser Staaten gepunzt worden sind, im Einfuhrmitgliedstaat erneut gepunzt werden müssen. Wie die deutsche Regierung ausgeführt hat, erfordern sie nämlich die Einschaltung eines Importeurs und die Entrichtung eines Entgelts an die Überwachungsstelle und verursachen Verzögerungen bei der Vermarktung der Erzeugnisse, die sich auf deren Kosten auswirken.

14 Jedoch kann die Verpflichtung des Importeurs, in Edelmetallarbeiten ein Zeichen einzustanzen, das den Feingehalt angibt, grundsätzlich geeignet sein, einen wirksamen Schutz der Verbraucher zu gewährleisten und die Lauterkeit des Handelsverkehrs zu fördern. Denn da der Verbraucher nicht in der Lage ist, durch Betasten oder Augenschein den genauen Feingehalt eines Gegenstandes aus Edelmetall zu bestimmen, könnte er beim Kauf eines solchen Gegenstandes in Ermangelung der Punze leicht getäuscht werden.

15 Daher hat der Gerichtshof im Urteil Robertson (a. a. O.) festgestellt, daß ein Mitgliedstaat keine erneute Punzierung von Erzeugnissen vorschreiben darf, die aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführt werden, in dem sie rechtmässig in den Verkehr gebracht und nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats mit einer Punze versehen worden sind, sofern die in dieser Punze enthaltenen Angaben unabhängig von deren Form den im Einfuhrmitgliedstaat vorgeschriebenen Angaben entsprechen und für die Verbraucher in diesem Staat verständlich sind.

16 Es ist Sache des nationalen Gerichts, die Würdigung des Sachverhalts vorzunehmen, die erforderlich ist, um fetzustellen, ob eine solche Entsprechung gegeben ist.

17 Die fragliche Regelung verlangt weiter, daß die Punze von einer juristischen Person angebracht wird, die bestimmte Voraussetzungen in bezug auf Befähigung und Unabhängigkeit erfuellt.

18 Hierzu ist zu bemerken, daß ein Mitgliedstaat das Inverkehrbringen von im Ausfuhrmitgliedstaat von einer unabhängigen Stelle gepunzten Edelmetallarbeiten in seinem Hoheitsgebiet nicht mit der Begründung ablehnen darf, daß die Garantiefunktion der Punze nur durch die Einschaltung der zuständigen Stelle des Einfuhrmitgliedstaats gewährleistet werden kann.

19 Insoweit ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, daß doppelte Kontrollen, im Ausfuhrland und im Einfuhrland, nicht gerechtfertigt sein können, wenn die Ergebnisse der im Herkunftsmitgliedstaat durchgeführten Kontrolle den im Einfuhrmitgliedstaat bestehenden Anforderungen genügen (siehe u. a. Urteil vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 272/80, Frans-Nederlandse Maatschappij voor Biologische Producten, Slg. 1981, 3277, Randnr. 15). Die Garantiefunktion der Punze ist jedoch erfuellt, wenn diese von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat angebracht worden ist.

20 In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der deutschen Regierung zurückzuweisen, daß ein Mitgliedstaat das Inverkehrbringen von Edelmetallarbeiten, die die Hersteller selbst im Ausfuhrmitgliedstaat gepunzt haben, in seinem Gebiet nicht verbieten dürfe, wenn die Einhaltung der Rechtsvorschriften und daher der Schutz der Verbraucher und des lauteren Handelsverkehrs durch ein Bündel von Maßnahmen gewährleistet seien, die geeignet seien, die Garantiefunktion der Punzierung zu erfuellen. Dies sei bei der deutschen Regelung der Fall, die herstellereigene Qualitätsmaßnahmen, öffentlich-rechtliche Sanktionen im Falle von Verstössen, das Tätigwerden bestimmter Verbände mit Abmahnungsbefugnis im Rahmen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, die Garantiehaftung des Herstellers und schließlich eine besonders qualifizierte Ausbildung der Gold- und Silberschmiede vorsehe.

21 Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs ausgeführt hat, sind in besonderem Maß auf dem Markt für Edelmetallarbeiten Betrügereien zu befürchten. Kleine Veränderungen des Feingehalts könnten nämlich die Gewinnspanne des Herstellers ganz erheblich beeinflussen. So könne eine Verringerung des Feingehalts um ein Tausendstel die Gewinnspanne um bis zu 10 % erhöhen.

22 In Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung ist die Wahl geeigneter Maßnahmen, um dieser Gefahr zu begegnen, Sache der Mitgliedstaaten, die dabei über ein weites Ermessen verfügen. Die Wahl zwischen der vorherigen Kontrolle durch eine unabhängige Stelle und einer Regelung, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland besteht, ist eine Angelegenheit der Rechtspolitik der Mitgliedstaaten; der Gerichtshof übt dabei seine Kontrolle nur im Fall eines offensichtlichen Ermessensfehlers aus. Ein solcher liegt jedoch hier nicht vor, wie der Generalanwalt in den Abschnitten 27 und 28 seiner Schlussanträge dargelegt hat.

23 Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die Punzierung aus anderen Mitgliedstaaten eingeführter Edelmetallarbeiten von einer Stelle durchgeführt worden ist, die Garantien für ihre Unabhängigkeit bietet, wobei diese Garantien nicht notwendigerweise mit den in der nationalen Regelung vorgesehenen übereinstimmen müssen.

24 Die in Rede stehende niederländische Regelung verlangt auch, daß in Edelmetallarbeiten ein Buchstabe einzustanzen ist, der das Jahr angibt. Daher ist zu prüfen, ob ein Verbot des Inverkehrbringens von Edelmetallarbeiten, die eine solche Angabe nicht enthalten, als Maßnahme des Schutzes der Verbraucher und der Lauterkeit des Handelsverkehrs gerechtfertigt ist.

25 Selbst wenn man unterstellt, daß die Verbraucher oder einzelne von ihnen das Herstellungsjahr der Edelmetallarbeiten erfahren möchten, kann ein solches Interesse kein so erhebliches Hindernis für den freien Warenverkehr rechtfertigen.

26 Wie die deutsche Regierung zu Recht geltend macht, kann ein solches Interesse nur bestimmte Artikel betreffen, bei denen es dem Hersteller überlassen bleiben kann, für die Befriedigung dieses Interesses zu sorgen. Hingegen haben die Verbraucher grundsätzlich kein Interesse daran, den Herstellungszeitpunkt von auf dem Markt zu niedrigen oder mittleren Preisen verkauftem Schmuck, der Modeartikeln entspricht, zu erfahren. Schließlich kann die Angabe des Jahres der Punzierung dann, wenn die Punzierung von einer dritten Stelle vorgenommen wird, nicht immer zuverlässig Auskunft über das Jahr der Herstellung geben, da das Jahr der Punzierung und das Jahr der Herstellung zumal bei Importwaren auseinanderfallen können.

27 Daher ist die Frage der Arrondissementsrechtbank Zutphen wie folgt zu beantworten:

1) Artikel 30 EWG-Vertrag ist so auszulegen, daß er der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die das Inverkehrbringen von Arbeiten aus Edelmetall verbietet, die nicht mit einer den Anforderungen dieser Regelung entsprechenden, den Feingehalt angebenden Punzierung versehen sind, sofern diese Arbeiten nicht nach den Rechtsvorschriften des Ausfuhrmitgliedstaats mit einer Punzierung versehen worden sind, die den gleichen Informationsgehalt wie die nach der Regelung des Einfuhrmitgliedstaats vorgeschriebene Punzierung hat und für den Verbraucher in diesem Staat verständlich ist.

2) Verlangt eine nationale Regelung, daß die Punze von einer unabhängigen Stelle anzubringen ist, darf das Inverkehrbringen von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Edelmetallarbeiten nicht verboten werden, wenn diese Arbeiten tatsächlich von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat gepunzt worden sind.

3) Die Würdigung des Sachverhalts, die erforderlich ist, um festzustellen, ob die in der Punze enthaltenen Angaben gleichwertig sind, ist Sache des nationalen Gerichts, das auch zu prüfen hat, ob die Edelmetallarbeiten von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat gepunzt worden sind.

4) Artikel 30 EWG-Vertrag steht der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, die das Inverkehrbringen von Edelmetallarbeiten verbietet, auf denen die Angabe des Herstellungszeitpunkts fehlt, die jedoch aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt worden sind und dort ohne diese Angabe rechtmässig in den Verkehr gebracht werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

28 Die Auslagen der niederländischen, der deutschen, der griechischen, der französischen und der portugiesischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm von der Arrondissementsrechtbank Zutphen mit Beschluß vom 17. Mai 1993 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

1) Artikel 30 EWG-Vertrag ist so auszulegen, daß er der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die das Inverkehrbringen von Arbeiten aus Edelmetall verbietet, die nicht mit einer den Anforderungen dieser Regelung entsprechenden, den Feingehalt angebenden Punzierung versehen sind, sofern diese Arbeiten nicht nach den Rechtsvorschriften des Ausfuhrmitgliedstaats mit einer Punzierung versehen worden sind, die den gleichen Informationsgehalt wie die nach der Regelung des Einfuhrmitgliedstaats vorgeschriebene Punzierung hat und für den Verbraucher in diesem Staat verständlich ist.

2) Verlangt eine nationale Regelung, daß die Punze von einer unabhängigen Stelle anzubringen ist, darf das Inverkehrbringen von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Edelmetallarbeiten nicht verboten werden, wenn diese Arbeiten tatsächlich von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat gepunzt worden sind.

3) Die Würdigung des Sachverhalts, die erforderlich ist, um festzustellen, ob die in der Punze enthaltenen Angaben gleichwertig sind, ist Sache des nationalen Gerichts, das auch zu prüfen hat, ob die Edelmetallarbeiten von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat gepunzt worden sind.

4) Artikel 30 EWG-Vertrag steht der Anwendung einer nationalen Regelung entgegen, die das Inverkehrbringen von Edelmetallarbeiten verbietet, auf denen die Angabe des Herstellungszeitpunkts fehlt, die jedoch aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt worden sind und dort ohne diese Angabe rechtmässig in den Verkehr gebracht werden.

Ende der Entscheidung

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