Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 30.09.1992
Aktenzeichen: C-295/92
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 2
EWG-Vertrag Art. 92 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Entscheidung der Kommission, eine staatliche Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen, ist unzulässig, wenn die streitige Beihilfe ausschließlich einer Gruppe von Unternehmen zugute kommt, mit denen weder die Klägerin noch die von ihr vertretenen Wirtschaftsteilnehmer im Wettbewerb stehen. In einer derartigen Situation ist die Klägerin nämlich nicht unmittelbar und individuell durch die angefochtene Entscheidung betroffen.


BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES VOM 30. SEPTEMBER 1992. - LANDBOUWSCHAP GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - NICHTIGKEITSKLAGE - ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION, KEINE EINWAENDE GEGEN EINE STAATLICHE BEIHILFE ZU ERHEBEN - UNZULAESSIGKEIT. - RECHTSSACHE C-295/92.

Entscheidungsgründe:

1 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 3. Juli 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag die Nichtigerklärung der an das Königreich der Niederlande gerichteten Entscheidung der Kommission vom 29. April 1992 beantragt, mit der diese beschlossen hat, keine Einwände gegen die in dem Gesetzentwurf zur Änderung der Wet Algemene Bepalingen Milieuhygiëne (im folgenden: WABM) enthaltenen Elemente staatlicher Beihilfe zu erheben.

2 Die niederländische Regierung übermittelte der Kommission am 16. Januar 1992 gemäß Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der WABM. Die niederländische Regierung wollte mit den geplanten Änderungen die Steuern auf fossile Brennstoffe derart anpassen, daß sie sich zu gleichen Teilen nach deren Heizwert und nach deren Kohlenstoffgehalt richteten und damit einerseits eine wirksamere Energieausnutzung und andererseits den Einsatz von Energiequellen mit niedrigerem Kohlenstoffgehalt begünstigten.

3 Der Gesetzentwurf sieht jedoch eine Reihe von Ausnahmen von der geplanten Steuerregelung vor. Erstens wird bei der Berechnung der Steuer auf bei bestimmten Produktionsverfahren anfallende Restgase nur der Kohlenstoffgehalt berücksichtigt, was eine Verringerung der Steuer auf den Verbrauch dieser Gase bedeutet. Zweitens gilt für Kohlekraftwerke unter der Voraussetzung, daß sie bestimmte Investitionen zur Rauchgasentschwefelung vornehmen, eine Erstattungsregelung. Drittens gilt für Großverbraucher von Erdgas für den 10 000 000 m3 pro Jahr übersteigenden Verbrauch eine Steuerermässigung.

4 Mit Schreiben vom 4. Februar 1992 forderte die Kommission die niederländischen Stellen zur Erteilung zusätzlicher Auskünfte auf, die sie für die Beurteilung des fraglichen Gesetzentwurfs für erforderlich hielt. Die niederländischen Stellen kamen dieser Aufforderung mit Schreiben vom 27. Februar 1992 nach.

5 Nach Beendigung der Überprüfung des Gesetzentwurfs kam die Kommission zu dem Ergebnis, der Vorzugstarif für Restgas und für den 10 000 000 m3 pro Jahr übersteigenden Verbrauch von Erdgas sowie die Erstattungsregelung für Kohlekraftwerke stellten staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag dar. Sie hat diese Beihilfen jedoch gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EWG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen und am 29. April 1992 beschlossen, keine Einwände zu erheben.

6 Die Kommission setzte die niederländische Regierung mit Schreiben vom 5. Mai 1992 von ihrer Entscheidung vom 29. April 1992 in Kenntnis.

7 Gegen diese Entscheidung, die die Kommission mit ihrem Schreiben vom 5. Mai 1992 an die niederländische Regierung richtete, hat die Klägerin die vorliegende Nichtigkeitsklage erhoben.

8 Die Klägerin ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, deren Aufgabe es ist, die Interessen der niederländischen Landwirtschaft zu fördern. Die Klägerin hat demgemäß eine besondere Verantwortung für den Bereich Gartenbau in Gewächshäusern. Sie trifft Entscheidungen in diesem Bereich, vertritt die entsprechende Organisation hinsichtlich der Tarife für Erdgas und verhandelt seit September 1991 mit den niederländischen Behörden über den Abschluß eines mehrjährigen Abkommens über die Einsparung von Energie im Bereich des Gartenbaus in Gewächshäusern.

9 Zur Begründung ihrer Nichtigkeitsklage führt die Klägerin aus, die Kommission habe bei ihrer Entscheidung wesentliche Umstände verkannt, sie habe folglich nicht annehmen dürfen, daß keine Einwände gegen die geplante niederländische Regelung erhoben zu werden bräuchten; zu Unrecht habe sie kein Untersuchungsverfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag eingeleitet. Die Klägerin wendet sich insbesondere gegen das bei der Beihilfemaßnahme zugunsten der Großverbraucher von Erdgas zugrunde gelegte Kriterium der 10 000 000 m3 pro Jahr. Ferner habe die Kommission, indem sie die niederländische Regierung mit Schreiben vom 4. Februar 1992 zur Erteilung bestimmter zusätzlicher Auskünfte über die geplanten Maßnahmen aufgefordert habe, gegen die durch Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag begründeten Verfahrensgarantien verstossen.

10 Wenn eine Klage offensichtlich unzulässig ist, kann der Gerichtshof gemäß Artikel 92 Absatz 1 der Verfahrensordnung nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluß entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist, ohne das Verfahren fortzusetzen.

11 Was die Zulässigkeit der vorliegenden Nichtigkeitsklage betrifft, kann gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag eine natürliche oder juristische Person unter den in Artikel 173 Absatz 1 genannten Voraussetzungen eine Klage gegen eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung nur erheben, wenn diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betrifft. Ob die Klägerin ein Klagerecht besitzt, hängt damit davon ab, ob die von der Kommission an die niederländische Regierung gerichtete Entscheidung, mit der diese beschlossen hat, keine Einwände gegen die in dem Gesetzentwurf zur Änderung der WABM enthaltenen Beihilfeelemente zu erheben, sie unmittelbar und individuell betrifft.

12 Insoweit genügt die Feststellung, daß die streitigen Beihilfen ausweislich der Akten ausschließlich einer Gruppe grosser Industrieunternehmen zugute kommen, mit denen weder die Klägerin noch die von ihr vertretenen Gärtnereien im Wettbewerb stehen. Die Aufrechterhaltung oder Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, mit der die Kommission die Gewährung dieser Beihilfen an die fraglichen Industrieunternehmen gestattet hat, kann folglich ihre Interessen in keiner Weise beeinträchtigen. Demgemäß ist die Klägerin durch die angefochtene Entscheidung nicht betroffen.

13 Die Klägerin hat im übrigen in ihrer Klageschrift nichts dafür vorgebracht, daß sie durch die angefochtene Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen wäre.

14 Unter diesen Umständen ist die gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag erhobene Klage nach Artikel 92 § 1 der Verfahrensordnung als offensichtlich unzulässig abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

15 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

beschlossen:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Luxemburg, den 30. September 1992.

Ende der Entscheidung

Zurück