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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 03.07.2001
Aktenzeichen: C-297/00
Rechtsgebiete: Richtlinie 98/35/EG


Vorschriften:

Richtlinie 98/35/EG Art. 249
Richtlinie 98/35/EG Art. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 3. Juli 2001. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Grossherzogtum Luxemburg. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 98/35/EG - Ausbildung von Seeleuten - Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist. - Rechtssache C-297/00.

Parteien:

In der Rechtssache C-297/00

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Mongin als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Großherzogtum Luxemburg, zunächst vertreten durch P. Steinmetz, sodann durch J. Faltz als Bevollmächtigte,

eklagter,

wegen Feststellung, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 249 EG und Artikel 2 der Richtlinie 98/35/EG des Rates vom 25. Mai 1998 zur Änderung der Richtlinie 94/58/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten (ABl. L 172, S. 1) verstoßen hat, dass es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eventuelle Sanktionen umfassen, erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter J.-P. Puissochet und J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl

Kanzler: R. Grass

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. Mai 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 3. August 2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 249 EG und Artikel 2 der Richtlinie 98/35/EG des Rates vom 25. Mai 1998 zur Änderung der Richtlinie 94/58/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten (ABl. L 172, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eventuelle Sanktionen umfassen, erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

2 Artikel 2 der Richtlinie bestimmt:

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, spätestens zum 1. Juli 1999 oder binnen eines Jahres nach Annahme dieser Richtlinie in Kraft, je nachdem, welcher Termin früher liegt.

(2) Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(3) Die Mitgliedstaaten legen fest, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen die nach Maßgabe dieser Richtlinie festgelegten einzelstaatlichen Vorschriften verhängt werden, und sie treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Sanktionen Anwendung finden. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam und angemessen sein und abschreckende Wirkung haben.

(4) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut aller Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Die Kommission setzt die anderen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis."

3 Da die Richtlinie am 25. Mai 1998 erlassen wurde, mussten die zu ihrer Umsetzung erforderlichen Maßnahmen spätestens am 25. Mai 1999 in Kraft getreten sein.

4 Nachdem die Kommission keine Mitteilung über Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie von der luxemburgischen Regierung erhalten hatte, forderte sie das Großherzogtum Luxemburg mit Schreiben vom 20. August 1999 auf, sich binnen zwei Monaten dazu zu äußern.

5 Da dieses Schreiben unbeantwortet blieb, gab die Kommission am 24. Januar 2000 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie feststellte, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen habe, dass es nicht die erforderlichen Maßnahmen erlassen habe, um der Richtlinie nachzukommen. Die Kommission forderte das Großherzogtum Luxemburg auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um der Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen.

6 In ihrem Antwortschreiben vom 13. April 2000 gab die luxemburgische Regierung an, dass sowohl das internationale Übereinkommen von 1978 über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (im Folgenden: STCW-Übereinkommen) als auch der Code für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (im Folgenden: STCW-Code) und seine technischen Anhänge im luxemburgischen Recht anwendbar seien und dass die Maßnahmen zur Durchführung dieser Texte auf Verwaltungsebene der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (im Folgenden: IMO) mitgeteilt worden seien. Nach Ansicht der Regierung hat das Großherzogtum Luxemburg bereits weitgehend die Verpflichtungen aus der Richtlinie erfuellt, da diese den Inhalt des STCW-Codes und seiner technischen Anhänge weitgehend übernehme. Die luxemburgische Regierung räumte jedoch ein, dass die nationalen Maßnahmen nicht auf die Richtlinie Bezug nähmen und diese einer förmlichen Umsetzung bedürfe, um die Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht zu erfuellen. Sie wies darauf hin, dass dem Parlament demnächst ein Gesetzentwurf in diesem Sinne vorgelegt werde.

7 Bei einer Sitzung des Ausschusses nach Artikel 13 der Richtlinie 94/58/EG des Rates vom 22. November 1994 über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten (ABl. L 319, S. 28), die am 12. Juli 2000 stattfand, bestätigte die luxemburgische Delegation, dass die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie in luxemburgisches Recht in Kürze erlassen würden.

8 In ihrer Klageschrift trägt die Kommission vor, dass nach den Artikeln 249 Absatz 3 und 10 Absatz 1 EG die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinien in ihre innerstaatliche Rechtsordnung vor Ablauf der vorgeschriebenen Frist ergreifen und ihr diese Maßnahmen mitteilen müssten. An diese Verpflichtungen werde in Artikel 2 der Richtlinie erinnert.

9 Die luxemburgische Regierung habe ihr jedoch nicht die Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts mitgeteilt, die in den von der Richtlinie erfassten Bereichen erlassen worden seien. Außerdem verfüge die Kommission nicht über sonstige Informationen, aus denen sie schließen könnte, dass das Großherzogtum Luxemburg der Richtlinie und insbesondere ihrem Artikel 2 nachgekommen sei. Folglich habe das Großherzogtum Luxemburg gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht verstoßen.

10 In ihrer Erwiderung bemerkt die Kommission, es sei nicht ausgeschlossen, dass die Umsetzung einer Richtlinie in Form der Ratifikation eines internationalen Übereinkommens erfolge, dessen Bestimmungen mit denen dieser Richtlinie identisch seien. Allerdings müssten in diesem Fall die Ratifikation und das Übereinkommen in der Weise bekannt gemacht werden, dass die Voraussetzungen der Klarheit und Sicherheit der Rechtsverhältnisse erfuellt seien, wie es die Rechtsprechung verlange (Urteil vom 6. Mai 1980 in der Rechtssache 102/79, Kommission/Belgien, Slg. 1980, 1473). Insoweit müsse der Mitgliedstaat einen genauen normativen Rahmen schaffen, der die vollständige Anwendung des Übereinkommens insbesondere zugunsten der Einzelnen, sofern es Rechte für sie begründe, gewährleiste. Im Übrigen müssten die Wirtschaftsteilnehmer darüber informiert werden, dass das Übereinkommen über die Richtlinie in das Gemeinschaftsrecht integriert worden sei und dass es demzufolge mittelbar in die Zuständigkeit des Gerichtshofes falle.

11 Nach Ansicht der Kommission steht fest, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfuellt seien, wie dies die Absicht des Großherzogtums Luxemburg bezeuge, die Richtlinie förmlich durch eine Änderung des Gesetzes vom 9. November 1990 über die Errichtung eines luxemburgischen öffentlichen Seeschiffsregisters (im Folgenden: Gesetz vom 9. November 1990) und des Gesetzes vom 14. April 1992 über die Einführung eines Strafgesetzes der Handelsmarine (im Folgenden: Gesetz vom 14. April 1992) umzusetzen.

12 Die luxemburgische Regierung trägt vor, dass das Gesetz vom 9. November 1990 in der geänderten Fassung das STCW-Übereinkommen als Bestandteil dieses Gesetzes aufführe. Außerdem seien der STCW-Code und die Änderungen der technischen Anhänge durch die großherzoglichen Verordnungen vom 29. Januar 1997 und 13. September 1999 im Mémorial (Journal officiel du grand-duché de Luxembourg) bekannt gegeben worden, um ihnen so Wirkung zu verschaffen. Daher seien sowohl das STCW-Übereinkommen als auch der STCW-Code und die technischen Anhänge im luxemburgischen Recht anwendbar. Darüber hinaus seien die Maßnahmen zur Umsetzung auf Verwaltungsebene der IMO mitgeteilt worden.

13 Da die Richtlinie weitgehend den Inhalt des STCW-Codes und der technischen Anhänge übernehme, erfuelle das Großherzogtum Luxemburg bereits zum großen Teil die Verpflichtungen aus der Richtlinie. Doch habe die luxemburgische Regierung, um ihre gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen vollständig zu erfuellen, einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Richtlinien 98/35 und 94/58 durch eine Änderung der Gesetze vom 9. November 1990 und 14. April 1992 umsetzen solle.

14 In ihrer Gegenerwiderung trägt die luxemburgische Regierung vor, dass der Entwurf einer großherzoglichen Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie dem Conseil de gouvernement übermittelt worden sei, der ihn binnen kürzester Zeit verabschieden dürfte. Sie fordert daher die Kommission auf, die Klage zurückzunehmen, und beantragt, die Klage abzuweisen oder das Verfahren bis zur Klagerücknahme durch die Kommission auszusetzen.

15 Vorab ist festzustellen, dass für den Gerichtshof kein Anlass besteht, das Verfahren auszusetzen (vgl. insbesondere Urteil vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache C-47/99, Kommission/Luxemburg, Slg. 1999, I-8999, Randnr. 12).

16 Hinsichtlich der Begründetheit bestreitet das Großherzogtum Luxemburg nicht, dass es nicht innerhalb der gesetzten Frist die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen erlassen hat, um der Richtlinie nachzukommen. Unter diesen Umständen ist der Vorwurf der Vertragverletzung als begründet anzusehen.

17 Demzufolge ist festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 2 der Richtlinie verstoßen hat, dass es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eventuelle Sanktionen umfassen, erlassen hat, um der Richtlinie nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

18 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission beantragt hat, das Großherzogtum Luxemburg zur Tragung der Kosten zu verurteilen, und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 2 der Richtlinie 98/35/EG des Rates vom 25. Mai 1998 zur Änderung der Richtlinie 94/58/EG über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten verstoßen, dass es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eventuelle Sanktionen umfassen, erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

2. Das Großherzogtum Luxemburg trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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