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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.03.1996
Aktenzeichen: C-299/94
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 3665/87


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 Art. 33 Abs. 5
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Nach Artikel 33 Absatz 5 der Verordnung Nr. 3665/87 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der Fassung der Verordnung Nr. 354/90 ist die verfallene Sicherheit gleich dem Unterschied zwischen der vorfinanzierten Erstattung und der tatsächlich fälligen Erstattung, wenn die Waren als Folge höherer Gewalt ihr Bestimmungsland nicht erreichen, sondern in andere Drittländer ausgeführt werden, für die die Ausfuhrerstattung niedriger ist oder entfällt.

Würde die Verordnung dahin ausgelegt, daß sie unter solchen Umständen den Verfall der Sicherheit verbietet, so würde dies nämlich dazu führen, daß dem Exporteur ein höherer Erstattungssatz gewährt würde, als er für die Länder gilt, in die die Waren tatsächlich eingeführt worden sind; dies soll Artikel 33 Absatz 5 offensichtlich ausschließen.

Die Verordnung verstösst im übrigen dadurch, daß sie eine Freigabe der gesamten Sicherheit in Fällen höherer Gewalt nicht zulässt, nicht gegen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und des Vertrauensschutzes.

Im Hinblick auf den Zweck des Systems der differenzierten Ausfuhrerstattung ist es nämlich wesentlich, daß die durch die Gewährung einer Erstattung subventionierten Waren tatsächlich den Bestimmungsmarkt erreichen und auf diesem in den Verkehr gebracht werden, so daß es angesichts des vom Gesetzgeber angestrebten Zweckes verhältnismässig ist, daß der Teil der Sicherheit verfällt, der dem Unterschied zwischen der vorfinanzierten Erstattung der tatsächlich fälligen Erstattung ohne Strafzuschlag entspricht. Ferner kann der klare Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der fraglichen Verordnung eine berechtigte Hoffnung nur darauf begründen, daß der Erstattungsanspruch in den vorgesehenen Grenzen gewährt wird.


Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 28. März 1996. - Anglo-Irish Beef Processors International und andere gegen Minister for Agriculture, Food and Forestry. - Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court - Irland. - Differenzierte Ausfuhrerstattungen - Höhere Gewalt - Zuschlag - Freigabe einer Sicherheit - Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. - Rechtssache C-299/94.

Entscheidungsgründe:

1 Der High Court of Ireland hat mit Beschluß vom 25. Juli 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 7. November 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit der Verordnung (EWG) Nr. 2340/90 des Rates vom 8. August 1990 zur Verhinderung des Irak und Kuwait betreffenden Handelsverkehrs der Gemeinschaft (ABl. L 213, S. 1) und der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 354/90 des Kommission vom 9. Februar 1990 (ABl. L 38, S. 34) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Anglo Irish Beef Processors International u. a. (im folgenden: Klägerinnen), einer Gruppe von acht irischen Unternehmen, die gewerblich Rindfleisch verarbeiten und ausführen, und dem Minister for Agriculture, Food and Forestry (im folgenden: Beklagter).

3 Die Klägerinnen schlossen am 28. März 1990 zwei Verträge mit der staatlichen Einkaufsstelle des Irak über den Verkauf bestimmter Mengen von Rindfleisch ohne Knochen, das cf Bagdad, Basrah und Mosul geliefert werden sollte.

4 Der Beklagte leistete gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 565/80 des Rates vom 4. März 1980 über die Vorauszahlung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. L 62, S. 5) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2026/83 des Rates vom 18. Juli 1983 (ABl. L 199, S. 12) und gemäß der Verordnung Nr. 3665/87 Vorauszahlungen auf die Ausfuhrerstattung.

5 Die Klägerinnen stellten gemäß diesen Verordnungen zugunsten des Beklagten eine Bankbürgschaft in Höhe von 120 % der im voraus gezahlten Ausfuhrerstattungen.

6 Die Klägerinnen begannen im Mai 1990 mit dem Versand des Rindfleischs in den Irak. Etwa um diese Zeit verlangten die irakischen Behörden aufgrund einer unzutreffenden Information der Weltgesundheitsorganisation über eine "BSE"-Epidemie im Vereinigten Königreich und in Irland, daß die Klägerinnen bestimmte Kontrollbescheinigungen zum Nachweis dafür vorlegten, daß das Rindfleisch frei von dieser Krankheit sei. Das Rindfleisch befand sich zu dieser Zeit kühlgelagert an Bord zweier Schiffe im Hafen von Mersin (Türkei). Die irakischen Behörden erteilten schließlich am 3. August 1990 die Genehmigung für die Beförderung des Rindfleischs in den Irak.

7 Am 2. August 1990 griff der Irak Kuwait an. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nahm am selben Tag die Resolution 660 an, mit der die Invasion verurteilt wurde. Am 4. August 1990 veröffentlichten die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten eine Erklärung, mit der die Invasion verurteilt und bekanntgegeben wurde, daß eine Reihe von Maßnahmen erlassen worden sei, darunter ein Embargo für bestimmte Einfuhren aus dem Irak und Kuwait, ein Embargo für Verkäufe von Waffen und sonstiger militärischer Ausrüstung an den Irak und die Aussetzung einiger sonstiger Maßnahmen der Zusammenarbeit.

8 Am 6. August 1990 erließ der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 661, mit der ein Handelsembargo gegen den Irak und Kuwait verhängt wurde. Am 8. August 1990 erließ der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften die Verordnung Nr. 2340/90, die rückwirkend ab dem 7. August 1990 galt. Diese Verordnung verbot die Ausfuhr aller Erzeugnisse mit Ursprung in oder Herkunft aus der Gemeinschaft in den Irak oder nach Kuwait.

9 Wegen des Handelsembargos verweigerte die Türkei die Durchfuhr der Waren durch ihr Hoheitsgebiet. Das Fleisch wurde statt dessen dennoch in andere Drittländer ausgeführt, die sich sämtlich in Gegenden befanden, für die die Ausfuhrerstattung niedriger als für den Irak oder für die überhaupt keine Erstattung vorgesehen war.

10 Gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. L 205, S. 5) verlangte der Beklagte die Rückzahlung der Differenz zwischen der Vorauszahlung und der tatsächlich fälligen Erstattung und verweigerte die Freigabe der Bankbürgschaft bis zur Zahlung dieses Betrages durch die Klägerinnen. Da die Umstände, aufgrund deren die Klägerinnen das Fleisch nicht in den Irak ausführten, unstreitig einen Fall höherer Gewalt darstellten, verlangte der Beklagte jedoch gemäß der Verordnung Nr. 3665/87 den Zuschlag von 20 % nicht.

11 Die Klägerinnen sind der Auffassung, sie könnten die gesamte Vorauszahlung behalten und die Freigabe der Bürgschaft verlangen. Da der Beklagte diese Ansicht nicht teilt, haben die Klägerinnen beim High Court of Ireland Klage erhoben.

12 Das vorlegende Gericht hat den Sachverhalt wie folgt zusammengefasst und dem Gerichtshof die im Anschluß daran wiedergegebenen Fragen gestellt:

° Ein Exporteur der Gemeinschaft beantragt eine Ausfuhrerstattung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission.

° Ein Mitgliedstaat gewährt dem Exporteur eine Vorauszahlung; der Exporteur leistet gemäß der genannten Verordnung der Kommission eine Sicherheit in Höhe der Vorauszahlung zuzueglich eines Zuschlags in Höhe von 20 %.

° Die Waren, für die die Ausfuhrerstattung beantragt wird, befinden sich auf dem Transport in den Irak, ihr Bestimmungsland im Sinne des Ausfuhrerstattungsantrags, als der EG-Ministerrat die Verordnung (EWG) Nr. 2340/90 erlässt, durch die u. a. Gemeinschaftsbürgern die Ausfuhr in den Irak verboten wird.

° Der Exporteur kann aufgrund der Verordnung Nr. 2340/90 eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung der fraglichen Ausfuhrerstattung, nämlich die Ausfuhr der Waren in den Irak, nicht erfuellen.

° Angemessene Bemühungen werden unternommen, die fraglichen Waren in Ländern zu veräussern, für die eine ähnliche Ausfuhrerstattungsregelung wie für den Irak gilt; diese Bemühungen bleiben jedoch weitgehend erfolglos.

1. Kann die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission dahin ausgelegt werden, daß sie die Inanspruchnahme der vom Exporteur geleisteten Sicherheit in der oben beschriebenen Situation verbietet, weil entweder ein Fall höherer Gewalt vorliegt, weil der Zugriff auf die Sicherheit im Hinblick auf die zu seiner Rechtfertigung angeführten Umstände unverhältnismässig wäre, oder weil andere Gründe vorliegen?

2. Ist die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission, falls sie nicht im obigen Sinn ausgelegt werden kann, aus diesem Grund ganz oder teilweise ungültig?

3. Kann die Verordnung (EWG) Nr. 2340/90 des Rates dahin ausgelegt werden, daß sie Waren auf dem Transport in den Irak erfasst, und wenn ja, ist sie wegen der Art und Weise, in der sie solche Waren in der vorliegenden Situation behandelt, ganz oder teilweise ungültig?

Zur ersten Frage

13 Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 3665/87 es ° weil die Inanspruchnahme der Sicherheit im Hinblick auf die im Vorlagebeschluß zu ihrer Rechtfertigung angeführten Umstände unverhältnismässig wäre, oder weil andere Gründe vorliegen ° der Interventionsstelle verbietet, den Teil der Sicherheit einzubehalten, der dem Betrag entspricht, der dem Begünstigten mit Rücksicht darauf nicht zusteht, daß die Waren infolge höherer Gewalt in ein anderes Bestimmungsland ausgeführt worden sind als ursprünglich beabsichtigt.

14 Zunächst sind die im vorliegenden Fall erheblichen Merkmale der Regelung der vorfinanzierten Ausfuhrerstattung darzustellen.

15 Gemäß der Verordnung Nr. 565/80 können die Mitgliedstaaten die Ausfuhrerstattung ganz oder teilweise vor der Ausfuhr des Rindfleischs zahlen, sofern eine Sicherheit gestellt wird, durch die die Rückzahlung des gewährten Betrages sichergestellt wird, wenn sich herausstellt, daß der Wirtschaftsteilnehmer keinen Erstattungsanspruch hat.

16 Die Verordnung Nr. 3665/87 enthält gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen, u. a. bei Rindfleisch. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 dieser Verordnung ist die Zahlung der differenzierten oder nichtdifferenzierten Erstattung ° ausser von der Voraussetzung, daß das Erzeugnis das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat ° davon abhängig, daß das Erzeugnis innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in ein Drittland eingeführt wurde, es sei denn, daß es im Laufe der Beförderung infolge höherer Gewalt untergegangen ist.

17 Gemäß Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 ist diese Zahlung der Erstattung bei je nach Bestimmung unterschiedlichen Erstattungssätzen von den zusätzlichen Bedingungen abhängig, die in den Artikeln 17 und 18 dieser Verordnung festgelegt sind. Nach Artikel 17 Absatz 1 muß das Erzeugnis innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in unverändertem Zustand in das Drittland oder in eines der Drittländer, für welche die Erstattung vorgesehen ist, eingeführt worden sein.

18 Ist als Folge eines Falles höherer Gewalt der Erstattungsbetrag niedriger als die vorfinanzierte Erstattung, so ist gemäß Artikel 33 Absatz 5 dieser Verordnung die verfallene Sicherheit gleich dem Unterschied zwischen der vorfinanzierten Erstattung und der tatsächlich fälligen Erstattung. Liegt dagegen kein Fall höherer Gewalt vor, so ist, falls der Erstattungsbetrag niedriger ist als die vorfinanzierte Erstattung, gemäß Artikel 33 Absatz 3 Buchstabe d dieser Verordnung die verfallene Sicherheit gleich dem um 20 % erhöhten Unterschied zwischen dem vorfinanzierten Betrag und der tatsächlichen Erstattung.

19 In einem Fall der vorliegenden Art, in dem die Umstände, aufgrund deren die Klägerinnen das Fleisch nicht in den Irak ausführen konnten, unstreitig einen Fall höherer Gewalt darstellen, kann die Interventionsstelle folglich die Sicherheit unter den in Artikel 33 Absatz 5 der Verordnung Nr. 3665/87 geregelten Voraussetzungen behalten.

20 Das vorlegende Gericht möchte ferner wissen, ob die Verordnung Nr. 3665/87 dahin ausgelegt werden kann, daß sie in der im Vorlagebeschluß beschriebenen Situation die Inanspruchnahme der Sicherheit verbietet, weil sie für den Exporteur unverhältnismässige Wirkungen hätte oder weil andere Gründe vorliegen.

21 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. Juli 1984 in der Rechtssache 89/83 (Dimex, Slg. 1984, 2815, Randnr. 8) entschieden hat, hat das System differenzierter Ausfuhrerstattungen das Ziel, die Märkte der in Betracht kommenden Drittländer für den Gemeinschaftsexport zu erschließen oder zu erhalten; mit der Differenzierung des Erstattungsbetrags soll den Besonderheiten der jeweiligen Einfuhrmärkte, auf denen die Gemeinschaft eine Rolle spielen will, Rechnung getragen werden.

22 Nach dem Urteil Dimex (a. a. O., Randnr. 9) würde ferner der Zweck des Differenzierungssystems bei der Erstattung verkannt, wenn es für die Zahlung eines höheren Erstattungssatzes ausreichte, daß die Ware lediglich abgeladen worden ist, ohne den Markt des Bestimmungsgebiets zu erreichen.

23 Da der tatsächliche Zugang zum Bestimmungsmarkt grundsätzlich voraussetzt, daß die Formalitäten des Inverkehrbringens im Bestimmungsland erledigt worden sind, kann ein Erzeugnis, das infolge höherer Gewalt dieses Land nicht erreicht hat und in andere Bestimmungsländer ausgeführt werden musste, für die Zahlung der differenzierten Erstattung nicht als eingeführt im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 angesehen werden.

24 Jede andere Auslegung der Verordnung würde dazu führen, daß dem Exporteur ein höherer Erstattungssatz gewährt würde, als er für die Länder gilt, in die die Waren tatsächlich eingeführt worden sind; dies soll Artikel 33 Absatz 5 der Verordnung Nr. 3665/87 offensichtlich ausschließen.

25 Somit ist auf die erste Frage zu antworten, daß die verfallene Sicherheit nach Artikel 33 Absatz 5 der Verordnung Nr. 3665/87 gleich dem Unterschied zwischen der vorfinanzierten Erstattung und der tatsächlich fälligen Erstattung ist, wenn die Waren als Folge höherer Gewalt ihr Bestimmungsland nicht erreichen, sondern in andere Drittländer ausgeführt werden, für die die Ausfuhrerstattung niedriger ist oder entfällt.

Zur zweiten Frage

26 Die zweite Frage geht dahin, ob die Verordnung Nr. 3665/87 insofern ungültig ist, als sie eine Freigabe der gesamten Sicherheit in Fällen höherer Gewalt nicht zulässt.

27 Die Klägerinnen machen hierfür geltend, das Verbot der Freigabe der Sicherheit verstosse gegen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und des Vertrauensschutzes.

28 Im Hinblick auf den geltend gemachten Verstoß gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz ist der Zweck des Systems der differenzierten Ausfuhrerstattungen zu berücksichtigen, die Märkte der in Betracht kommenden Drittländer für den Gemeinschaftsexport zu erschließen oder zu erhalten; mit der Differenzierung des Erstattungsbetrags soll den Besonderheiten der jeweiligen Einfuhrmärkte, auf denen die Gemeinschaft eine Rolle spielen will, Rechnung getragen werden (vgl. Urteil Dimex, a. a. O., Randnr. 8). Hierfür ist wesentlich, daß die durch die Gewährung einer Erstattung subventionierten Waren tatsächlich den Bestimmungsmarkt erreichen und auf diesem in den Verkehr gebracht werden.

29 Es ist daher im Hinblick auf den vom Gesetzgeber angestrebten Zweck verhältnismässig, daß der Teil der Sicherheit verfällt, der dem Unterschied zwischen der vorfinanzierten Erstattung und der tatsächlich fälligen Erstattung ohne Strafzuschlag entspricht.

30 Was den geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes anbelangt, so ist gemäß Artikel 33 Absatz 5 der Verordnung Nr. 3665/87 die verfallene Sicherheit gleich dem Unterschied zwischen der vorfinanzierten Erstattung und der tatsächlich fälligen Erstattung, wenn der Erstattungsbetrag als Folge höherer Gewalt niedriger als die vorfinanzierte Erstattung ist.

31 Nach Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 3665/87 ist zur Freigabe der Sicherheit in voller Höhe nachzuweisen, daß bei den betreffenden Erzeugnissen oder Waren ein Anspruch auf eine Erstattung in Höhe des gemäß Artikel 29 Absatz 3 dieser Verordnung festgesetzten oder eines höheren Betrages besteht.

32 Wie der Generalanwalt in Nummer 7 seiner Schlussanträge ausführt, heisst es im übrigen in der fünften Begründungserwägung der Verordnung Nr. 565/80 ausdrücklich, daß die Stellung einer Sicherheit gewährleisten soll, daß ein Betrag, der zumindest gleich dem gezahlten Betrag ist, zurückerstattet wird, falls später kein Anspruch auf eine Ausfuhrerstattung festgestellt wird oder die Erzeugnisse oder Waren nicht tatsächlich innerhalb der vorgeschriebenen Frist aus der Gemeinschaft ausgeführt werden.

33 Diese Bestimmungen können eine berechtigte Hoffnung nur darauf begründen, daß der Erstattungsanspruch in den vorgesehenen Grenzen gewährt wird.

34 Die Klägerinnen machen ferner geltend, der Vertrauensschutz verlange die Rückzahlung der Sicherheit, wenn die Waren wie im vorliegenden Fall aufgrund des Erlasses einer Gemeinschaftshandlung nicht in ihrem Bestimmungsland angelangt seien.

35 Ob sich eine solche Konsequenz aus dem Vertrauensschutz ergeben würde, braucht nicht geprüft zu werden, da nach dem Vorlagebeschluß die Durchfuhr der Waren durch das Hoheitsgebiet der Türkei von den Behörden dieses Landes wegen des von den Vereinten Nationen beschlossenen Handelsembargos verweigert wurde. Der Grund dafür, daß die Waren im vorliegenden Fall ihre Bestimmung nicht erreichten, war daher kein den Gemeinschaftsorganen zuzurechnendes Verhalten.

36 Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, daß die Prüfung der Verordnung Nr. 3665/87 nichts ergeben hat, was ihre Gültigkeit beeinträchtigen könnte.

Zur dritten Frage

37 Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 2340/90 auch bereits abgesandte Waren auf dem Transport in den Irak erfasst, und ob sie, falls dies zu bejahen ist, wegen der Art und Weise, in der sie solche Waren in der im Vorlagebeschluß beschriebenen Situation behandelt, ganz oder teilweise ungültig ist.

38 Wie in Randnummer 35 ausgeführt, langten die Waren ° ausweislich des Vorlagebeschlusses ° aufgrund von Maßnahmen der türkischen Behörden nicht in ihrem Bestimmungsland an, die deren Durchfuhr im Hinblick auf das von den Vereinten Nationen beschlossene Handelsembargo verweigerten.

39 Die Frage der Gültigkeit der Verordnung Nr. 2340/90 steht folglich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C-415/93, Bosman, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 61) kann der Gerichtshof in einem solchen Fall nicht über die Frage des nationalen Gerichts befinden. Die dritte Frage ist daher nicht zu beantworten.

Kostenentscheidung:

Kosten

40 Die Auslagen Irlands, der Regierung des Vereinigten Königreichs, des Rates der Europäischen Union und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom High Court of Ireland mit Beschluß vom 25. Juli 1994 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1. Nach Artikel 33 Absatz 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 354/90 der Kommission vom 9. Februar 1990 ist die verfallene Sicherheit gleich dem Unterschied zwischen der vorfinanzierten Erstattung und der tatsächlich fälligen Erstattung, wenn die Waren als Folge höherer Gewalt ihr Bestimmungsland nicht erreichen, sondern in andere Drittländer ausgeführt werden, für die die Ausfuhrerstattung niedriger ist oder entfällt.

2. Die Prüfung der Verordnung Nr. 3665/87 hat nichts ergeben, was ihre Gültigkeit beeinträchtigen könnte.

Ende der Entscheidung

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