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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.11.2003
Aktenzeichen: C-311/01
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern Art. 1 Buchst. o
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern Art. 69
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern Art. 70 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern Art. 71
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Ein Mitgliedstaat verstößt dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 69 und 71 der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 geänderten und aktualisierten Fassung, dass er vollarbeitslosen Grenzgängern verwehrt, von der in Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen, sich unter den dort genannten Bedingungen unter Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

Der Wohnstaat ist nämlich allein für die - nach seinen Rechtsvorschriften und durch seine Träger erfolgende - Zahlung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit an Grenzgänger im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 verantwortlich. Folglich ist dieser Mitgliedstaat auch als Einziger in der Lage, sicherzustellen, dass diese Leistungen zugunsten der Arbeitnehmer aufrechterhalten werden, wenn diese sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

( vgl. Randnrn. 33, 48, Tenor 1 )


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 6. November 2003. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich der Niederlande. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Soziale Sicherheit - Artikel 69 und 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 - Leistungen bei Arbeitslosigkeit - Grenzgänger - Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs im Fall der Beschäftigungssuche in einem anderen Mitgliedstaat. - Rechtssache C-311/01.

Parteien:

In der Rechtssache C-311/01

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Michard und H. van Vliet als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich der Niederlande, vertreten durch H. G. Sevenster und I. van der Steen als Bevollmächtigte,

eklagter,

wegen Feststellung, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 69 und 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung verstoßen hat, dass es vollarbeitslosen Grenzgängern verwehrt hat, von der in Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen, sich unter den dort genannten Bedingungen unter Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. La Pergola (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter P. Jann und S. von Bahr,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 12. Dezember 2002, in der die Kommission durch H. van Vliet und das Königreich der Niederlande durch N. A. J. Bel als Bevollmächtigten vertreten war,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. Februar 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission hat mit Klageschrift, die am 7. August 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 69 und 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) verstoßen hat, dass es vollarbeitslosen Grenzgängern verwehrt hat, von der in Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen, sich unter den dort genannten Bedingungen unter Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

Rechtlicher Rahmen

2 In den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 1408/71 heißt es:

[U]m die Arbeitssuche in den einzelnen Mitgliedstaaten zu erleichtern, ist es... vor allem angebracht, dem arbeitslosen Arbeitnehmer für eine begrenzte Zeit die Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats zu gewähren, die für ihn zuletzt gegolten haben."

3 Nach Artikel 1 Buchstabe o der Verordnung Nr. 1408/71 wird für die Anwendung der Verordnung der Begriff Zuständige Träger" definiert als:

i) der Träger, bei dem die in Betracht kommende Person im Zeitpunkt des Antrags auf Leistungen versichert ist, oder

ii) der Träger, gegen den eine Person einen Anspruch auf Leistungen hat oder hätte, wenn sie selbst oder ihr Familienangehöriger beziehungsweise ihre Familienangehörigen im Gebiet des Mitgliedstaats wohnten, in dem dieser Träger seinen Sitz hat, oder

iii) der von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats bezeichnete Träger,...

..."

4 Gemäß Artikel 1 Buchstabe q der Verordnung Nr. 1408/71 bezeichnet der Begriff Zuständiger Staat" den Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der zuständige Träger seinen Sitz hat".

5 Artikel 69 Absätze 1 und 2, der sich in Abschnitt 2 - Arbeitslose, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als den zuständigen Staat begeben - des Titels III, Kapitel 6, der Verordnung Nr. 1408/71 findet, bestimmt:

Bedingungen und Grenzen der Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs

(1) Ein vollarbeitsloser Arbeitnehmer oder Selbständiger, der die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats erfuellt und sich in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten begibt, um dort eine Beschäftigung zu suchen, behält den Anspruch auf diese Leistungen unter folgenden Voraussetzungen und innerhalb der folgenden Grenzen:

a) Der Arbeitslose muss vor seiner Abreise während mindestens vier Wochen nach Beginn der Arbeitslosigkeit bei der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates als Arbeitsuchender gemeldet gewesen sein und dieser zur Verfügung gestanden haben. Die zuständige Arbeitsverwaltung oder der zuständige Träger kann jedoch seine Abreise vor Ablauf dieser Frist genehmigen;

b) der Arbeitslose muss sich bei der Arbeitsverwaltung jedes Mitgliedstaats, in den er sich begibt, als Arbeitsuchender melden und sich der dortigen Kontrolle unterwerfen. Für den Zeitraum vor der Anmeldung gilt diese Bedingung als erfuellt, wenn die Anmeldung innerhalb von sieben Tagen nach dem Zeitpunkt erfolgt, von dem ab der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung des Staates, den er verlassen hat, nicht mehr zur Verfügung stand. In außergewöhnlichen Fällen kann diese Frist von der zuständigen Arbeitsverwaltung oder dem zuständigen Träger verlängert werden;

c) der Leistungsanspruch wird während höchstens drei Monaten von dem Zeitpunkt an aufrechterhalten, von dem ab der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung des Staates, den er verlassen hat, nicht mehr zur Verfügung stand; dabei darf die Gesamtdauer der Leistungsgewährung den Zeitraum nicht überschreiten, für den nach den Rechtsvorschriften dieses Staates Anspruch auf Leistungen besteht. Bei einem Saisonarbeiter ist die Dauer der Leistungsgewährung außerdem durch den Ablauf der Saison begrenzt, für die er eingestellt worden ist.

(2) Der Arbeitslose hat weiterhin Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates, wenn er vor Ablauf des Zeitraums, in dem er nach Absatz 1 Buchstabe c) Anspruch auf Leistungen hat, in den zuständigen Staat zurückkehrt; er verliert jedoch jeden Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates, wenn er nicht vor Ablauf dieses Zeitraums dorthin zurückkehrt. In Ausnahmefällen kann die zuständige Arbeitsverwaltung oder der zuständige Träger diese Frist verlängern."

6 Artikel 70 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 sieht vor:

In den in Artikel 69 Absatz 1 bezeichneten Fällen werden die Leistungen vom Träger des Staates gezahlt, in dem der Arbeitslose eine Beschäftigung sucht.

Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften der Arbeitnehmer oder Selbständige während seiner letzten Beschäftigung unterlegen hat, hat diese Leistungen zu erstatten."

7 In Artikel 71, der sich in Abschnitt 3 - Arbeitslose, die während ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnten - des Titels III, Kapitel 6, der Verordnung Nr. 1408/71 findet, heißt es:

(1) Für die Gewährung der Leistungen an einen Arbeitslosen, der während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen als des zuständigen Mitgliedstaats wohnte, gilt Folgendes:

a)...

ii) Grenzgänger erhalten bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für sie gegolten hätten; diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnorts zu seinen Lasten."

Sachverhalt und Vorverfahren

8 Der Betroffene Lorenz, der in den Niederlanden wohnt und als Grenzgänger eine Beschäftigung in Deutschland ausgeübt hat, erhielt bei Eintritt der Vollarbeitslosigkeit gemäß Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 Leistungen bei Arbeitslosigkeit, die von niederländischen Trägern zu ihren Lasten gewährt wurden.

9 Der Betroffene beabsichtigte, sich nach Frankreich zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen. Er erkundigte sich beim Nederlandse Gemeenschappelijk Administratiekantoor (Verwaltungsorgan der Sozialversicherung, im Folgenden: GAK), ob er während seines Aufenthaltes in Frankreich weiterhin Leistungen bei Arbeitslosigkeit erhalten würde. Er bekam zur Antwort, dass auf ihn als Grenzgänger Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 keine Anwendung finde.

10 Die Kommission, an die sich der Betroffene mit einer Beschwerde wandte, bat das niederländische Ministerium für Arbeit und Soziales um Auskunft; dieses erklärte, es teile die vom GAK vertretene Auslegung von Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71.

11 Die Kommission beschloss, ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 226 EG einzuleiten, und richtete am 29. Mai 1998 eine schriftliche Aufforderung zur Äußerung an das Königreich der Niederlande. Dieses antwortete am 2. Oktober 1998, dass es die Vorwürfe der Kommission bestreite.

12 Da die Erklärungen des Königreichs der Niederlande aus Sicht der Kommission nicht zufrieden stellend waren, sandte sie diesem am 30. Juli 1999 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie es aufforderte, der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nachzukommen. Das Königreich der Niederlande teilte mit Schreiben vom 8. Oktober 1999 mit, dass es an seinem Standpunkt festhalte. Daraufhin hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

Zur Klage

Vorbringen der Parteien

13 Die Kommission ist der Auffassung, die niederländische Verwaltungspraxis, nach der auf einen vollarbeitslosen Grenzgänger im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71, der in den Niederlanden wohne und sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben wolle, um dort eine Beschäftigung zu suchen, Artikel 69 dieser Verordnung keine Anwendung finde, verstoße gegen die genannten Bestimmungen.

14 Nach dem Wortlaut von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 erhalte nämlich ein Grenzgänger Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaats, als ob sie während der letzten Beschäftigung für ihn gegolten hätten, und würden die betreffenden Leistungen vom Träger des Wohnstaats zu dessen Lasten gewährt, so dass dieser Träger und der betreffende Mitgliedstaat zuständiger Träger" bzw. zuständiger Staat" im Sinne von Artikel 1 Buchstaben o und q sowie Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 seien. Daraus folge, dass sich ein Grenzgänger zu Lasten des Wohnstaats auf Artikel 69 berufen könne.

15 Diese Auslegung entspreche auch den Zielen, die mit den genannten Bestimmungen verfolgt würden.

16 Wie der Gerichtshof nämlich bereits festgestellt habe, solle Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii sicherstellen, dass dem Wanderarbeitnehmer einschließlich des Grenzgängers die Leistungen bei Arbeitslosigkeit unter den für die Arbeitssuche günstigsten Voraussetzungen gewährt würden, indem die Regelung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit für Grenzgänger derjenigen für Arbeitnehmer, die ihre letzte Beschäftigung im Wohnstaat ausgeübt hätten, angeglichen werde.

17 Zu Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 führt die Kommission aus, sowohl aus der in Randnummer 2 dieses Urteils wiedergegebenen Begründungserwägung als auch aus der Überschrift des Abschnitts 2 des Titels III, Kapitel 6, in dem sich diese Bestimmung befinde, gehe hervor, dass der Gesetzgeber die Arbeitssuche in anderen Mitgliedstaaten ohne Unterschied für alle Arbeitslosen habe erleichtern wollen. Wie der Gerichtshof ausgeführt habe, solle Artikel 69 auf diese Weise zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer beitragen.

18 Die vom Königreich der Niederlande vertretene Auffassung hätte dagegen zur Folge, dass die Grenzgänger nur dann in den Genuss der betreffenden Regelung kommen könnten, wenn sie ihren Wohnsitz in den Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung verlegten. Diese Auslegung führte außerdem zu einer diskriminierenden Unterscheidung zwischen dem Arbeitslosen, der im Staat der letzten Beschäftigung wohne und unter Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 falle, und dem Grenzgänger, bei dem dies nicht der Fall sei. Sie liefe sowohl dem Erfordernis, die Verordnung so auszulegen, dass sie nicht von der Beschäftigung als Grenzgänger abschrecke, als auch deren Ziel zuwider, für alle Angehörigen der Mitgliedstaaten die Gleichbehandlung in Bezug auf die verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften und für die Arbeitnehmer den Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit zu gewährleisten, wo auch immer ihr Beschäftigungs- und Wohnort sei.

19 In ihrer Klagebeantwortung macht die niederländische Regierung, erstens, geltend, wie schon aus dem Wortlaut des Artikels 69 der Verordnung Nr. 1408/71 hervorgehe, sei diese Vorschrift nur anwendbar, wenn sich der Anspruch des Arbeitslosen auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit aus den nationalen Rechtsvorschriften selbst unter deren Voraussetzungen, nicht aber aus einer anderen Bestimmung der Verordnung Nr. 1408/71 ergebe, die, wie Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii, den Betroffenen mit Hilfe einer Fiktion mit den nationalen Vorschriften in Verbindung bringe.

20 Diese Auslegung sei zwingend, da Artikel 69, der den Betroffenen einen im innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten nicht vorgesehenen Anspruch verleihe, eng auszulegen sei (Urteil vom 19. Juni 1980 in den Rechtssachen 41/79, 121/79 und 796/79, Testa u. a., Slg. 1980, 1979, Randnrn. 4 und 5) und da jemand, dessen Leistungsanspruch nur aufgrund der Verordnung Nr. 1408/71 bestehe, diesen Anspruch nicht geltend machen könne, um Leistungen zu verlangen, die nach dem Wortlaut dieser Verordnung den innerstaatlichen Rechtsvorschriften selbst entnommen werden müssten (Urteil vom 27. Februar 1997 in der Rechtssache C-59/95, Bastos Moriana u. a., Slg. 1997, I-1071, Randnr. 19).

21 Der Wohnstaat könne, zweitens, nicht als zuständiger Staat" im Sinne von Artikel 69 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 angesehen werden.

22 Zum einen sei sowohl der Überschrift des Abschnitts 3 des Titels III, Kapitel 6, der Verordnung Nr. 1408/71 als auch der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu entnehmen, dass der Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung der zuständige Staat bleibe, da dessen Verpflichtungen nur ruhten, nicht jedoch erloschen seien (Urteile vom 7. März 1985 in der Rechtssache 145/84, Cochet, Slg. 1985, 801, Randnrn. 15 und 24, und vom 13. März 1997 in der Rechtssache C-131/95, Huijbrechts, Slg. 1997, I-1409, Randnrn. 24 bis 26). Die Leistungen würden lediglich nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaats berechnet, fänden aber ihre Rechtsgrundlage nicht in diesen Vorschriften.

23 Zum anderen gebe es keine Bestimmung, in der der Träger des Wohnstaats ausdrücklich als zuständiger Träger im Sinne von Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 bezeichnet werde, so dass der Wohnstaat erst recht nicht als zuständiger Staat" im Sinne von Artikel 1 Buchstabe q dieser Verordnung angesehen werden könne.

24 Die Auffassung der Kommission sei, drittens, mit Artikel 70 der Verordnung Nr. 1408/71 unvereinbar, dem zufolge der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften der Arbeitnehmer während seiner letzten Beschäftigung unterlegen habe, die in Artikel 69 dieser Verordnung vorgesehene Leistung dem Träger des Mitgliedstaats zu erstatten habe, in den sich der Arbeitslose auf der Suche nach einer Beschäftigung begeben habe.

25 Der Rechtsprechung, die sich ausschließlich auf Artikel 71 der Verordnung Nr. 1408/71 beziehe, könne, viertens, nicht entnommen werden, dass nach Ansicht des Gerichtshofes Titel III Kapitel 6 der Verordnung Nr. 1408/71 in seiner Gesamtheit sicherstellen solle, dass dem Wanderarbeitnehmer die Leistungen bei Arbeitslosigkeit unter den für die Arbeitssuche günstigsten Voraussetzungen gewährt würden. Vielmehr entfiele einer der Gründe für Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii, dass nämlich ein Arbeitsloser in seinem Wohnstaat größere Chancen habe, eine Beschäftigung zu finden, im Falle seiner Abreise aus diesem Staat, so dass man von dem betreffenden Staat nicht verlangen könne, die Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu exportieren", zumal der Betroffene während der Ausübung seiner letzten Beschäftigung keine Beiträge in diesem Staat entrichtet habe.

26 Zu der in Randnummer 2 dieses Urteils wiedergegebenen Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1408/71 führt die niederländische Regierung aus, auch aus ihr folge nicht, dass Grenzgänger über einen Anspruch verfügten, der ihnen nicht ausdrücklich in dieser Verordnung eingeräumt werde; das gelte umso mehr, als der Wortlaut dieser Begründungserwägung, der auf die Ausfuhr von Leistungen Bezug nehme, die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats zu gewähren seien, die für den Arbeitslosen zuletzt gegolten hätten, eher zugunsten der Auffassung der niederländischen Regierung spreche.

27 Ihre Auffassung werde, fünftens, dadurch bestätigt, dass die Kommission seinerzeit einen Vorschlag formuliert habe, nach dem u. a. ein vierter Absatz in Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 hätte eingefügt werden sollen, um den Kreis der von dieser Vorschrift Begünstigten um vollarbeitslose Grenzgänger zu erweitern, die Leistungen bei Arbeitslosigkeit vom Wohnstaat beziehen (vgl. KOM [80] 312 endg., ABl. C 169 vom 9. Juli 1980, S. 22).

28 Die Regelung des Artikels 69 der Verordnung Nr. 1408/71 enthalte nach alledem Lücken in einem solchen Ausmaß, dass die Rechtssicherheit ihrer Schließung durch die Rechtsprechung entgegen stehe; hierfür sei ein Tätigwerden des Gemeinschaftsgesetzgebers erforderlich.

Würdigung durch den Gerichtshof

29 Wie die Kommission zu Recht festgestellt hat, heißt es in Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich, dass Grenzgänger bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats erhalten, in dessen Gebiet sie wohnen. Aus dieser Vorschrift ergibt sich außerdem, dass für die Gewährung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit der Träger im Wohnstaat zuständig ist (Urteil vom 28. November 1980 in der Rechtssache 67/79, Fellinger, Slg. 1980, 535, Randnr. 5).

30 Wie die Kommission zutreffend bemerkt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass diese Vorschrift abweichend von der allgemeinen Regel der Anknüpfung an die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats für Leistungen bei Arbeitslosigkeit eine besondere Anknüpfung an das System der sozialen Sicherheit des Wohnstaats vorgenommen hat, und zwar aus Gründen der praktischen Wirksamkeit, die eine solche Anknüpfung als sachgerechter und den Interesssen der Grenzgänger eher entsprechend erscheinen lassen (vgl. Urteile vom 29. Juni 1988 in der Rechtssache 58/87, Rebmann, Slg. 1988, 3467, Randnrn. 13 bis 15, und vom 8. Juli 1992 in der Rechtssache C-102/91, Knoch, Slg. 1992, I-4341, Randnr. 32). Der Gerichtshof hat zudem klargestellt, dass die betreffende Bestimmung eindeutig die alleinige Anwendung der Vorschriften des Wohnstaats vorschreibt und damit die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats ausschließt (Urteil vom 1. Oktober 1992 in der Rechtssache C-201/91, Grisvard und Kreitz, Slg. 1992, I-5009, Randnr. 16), so dass der betroffene Grenzgänger nur Anspruch auf die vom Wohnstaat gewährten Leistungen bei Arbeitslosigkeit hat (vgl. Urteil vom 12. Juni 1986 in der Rechtssache 1/85, Miethe, Slg. 1986, 1837, Randnr. 12).

31 Dass die Anwendung der Rechtsvorschriften des Wohnstaats auf vollarbeitslose Grenzgänger, die unter Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 fallen, auf einer juristischen Fiktion beruht, nach der diese Grenzgänger für die Anwendung dieser Vorschriften so zu behandeln sind, als ob diese Bestimmungen während ihrer letzten Beschäftigung für sie gegolten hätten, ändert entgegen dem Vortrag des Königreichs der Niederlande somit nichts an dem Ergebnis, dass für Grenzgänger insoweit allein der Wohnstaat zuständig ist.

32 Diesem Ergebnis steht weiter nicht entgegen, dass der Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung, dessen Verpflichtungen so lange, wie der Arbeitslose in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, ruhen, aber nicht erloschen sind, seine auf diesem Gebiet grundsätzlich bestehende Zuständigkeit wieder erlangt, falls der betreffende Arbeitnehmer dort seinen Wohnsitz nimmt (Urteile Cochet, Randnrn. 15 und 16, und Huijbrechts, Randnr. 24). Im übrigen ist in einem solchen Fall das für die Anwendung von Artikel 71 der Verordnung Nr. 1408/71 insgesamt bestimmende Merkmal, dass der Betroffene in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen wohnt, dessen Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung gegolten haben (vgl. u. a. Urteil vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache C-454/93, Van Gestel, Slg. 1995, I-1707, Randnr. 24), eben entfallen, so dass Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii dieser Vorschrift nicht mehr anwendbar ist (Urteil Huijbrechts, Randnr. 28).

33 Da der Wohnstaat somit allein für die - nach seinen Rechtsvorschriften und durch seine Träger erfolgende - Zahlung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit an Grenzgänger im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 verantwortlich ist, ist dieser Mitgliedstaat folglich auch als einziger in der Lage, sicherzustellen, dass diese Leistungen zugunsten der Arbeitnehmer aufrechterhalten werden, wenn diese sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

34 Hierzu ist weiter festzustellen, dass entgegen den Ausführungen der niederländischen Regierung nichts darauf hindeutet, dass Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht für Grenzgänger gelten soll.

35 Eine solche Auslegung verstieße zum einen gegen das mit Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 verfolgte Ziel, das, wie die Kommission zu Recht bemerkt, insbesondere darin besteht, die Regelung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit für Grenzgänger derjenigen für Arbeitnehmer, die ihre letzte Beschäftigung im Wohnstaat ausgeübt haben, anzugleichen (Urteil Grisvard und Kreitz, Randnr. 17).

36 Zum anderen lassen weder der Wortlaut noch der Geist des Artikels 69 der Verordnung Nr. 1408/71 erkennen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Grenzgänger vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausschließen wollte.

37 Artikel 69 gilt nämlich seinem Wortlaut nach für jeden vollarbeitslose[n] Arbeitnehmer oder Selbständige[n], der die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats erfuellt"; dies ist bei Grenzgängern im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 der Fall, die, wie sich aus den Randnummern 29 bis 33 dieses Urteils ergibt, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie wohnen, und zu Lasten des zuständigen Trägers dieses Mitgliedstaats erhalten.

38 Auch die in Randnummer 2 dieses Urteils wiedergegebene Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1408/71 unterscheidet nicht etwa zwischen Grenzgängern und Nichtgrenzgängern, sondern lässt vielmehr das Bestreben des Gemeinschaftsgesetzgebers erkennen, dem arbeitslosen Arbeitnehmer" den fortdauernden Bezug von Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu sichern, um ihm die Arbeitssuche in den einzelnen Mitgliedstaaten zu erleichtern.

39 Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, hat Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 demgemäß zum Ziel, die Mobilität der Arbeitsuchenden zu fördern und zur Verwirklichung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß Artikel 42 EG beizutragen (Urteile vom 10. Mai 1990 in der Rechtssache C-163/89, Di Conti, Slg. 1990, I-1829, Randnr. 13, und vom 21. Februar 2002 in der Rechtssache C-215/00, Rydergård, Slg. 2002, I-1817, Randnr. 25).

40 Hierzu ist festzustellen, dass eine Auslegung von Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71, nach der vollarbeitslose Grenzgänger im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii von den in Artikel 69 vorgesehenen Leistungen ausgeschlossen wären, mit diesem Ziel unvereinbar wäre. Denn durch eine solche Behandlung in Bezug auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit würden Grenzgänger gegenüber den übrigen Arbeitnehmern benachteiligt, für die regelmäßig der Beschäftigungsstaat, in dem sie wohnen oder sich aufhalten, zuständig ist, so dass die betreffende Behandlung nicht den Anforderungen an die Freizügigkeit der Arbeitnehmer entspräche (vgl. sinngemäß Urteil Fellinger, Randnr. 6). Die Grenzgänger würden nicht nur davon abgehalten oder sogar daran gehindert, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu finden, da sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit in diesem Fall nicht weiter beziehen könnten, sondern auch noch für die Ausübung des ihnen im EG-Vertrag garantierten Rechts auf Freizügigkeit bestraft, denn anders als Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung in dem Mitgliedstaat ausgeübt haben, in dem sie wohnen, könnten sie nicht die Ansprüche aus Artikel 69 geltend machen.

41 Daher kann die Aussage in der vorerwähnten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1408/71, der zufolge es sich bei den weiter zu gewährenden Leistungen um diejenigen handelt, die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, die zuletzt für [den Arbeitnehmer] gegolten haben", nicht dahin verstanden werden, dass damit zwangsläufig die Vorschriften des Mitgliedstaats der letzten Beschäftigung gemeint sind. Vielmehr ist darin, wie die Kommission zu Recht ausführt, eine allgemeinere Verweisung auf die Bestimmungen zu sehen, aufgrund deren die Leistungen bei Arbeitslosigkeit dem betreffenden Arbeitnehmer geschuldet wurden, bevor dieser sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben hat, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

42 Nach alledem ist Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen, dass er auf vollarbeitslose Grenzgänger im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 anwendbar ist, so dass der Mitgliedstaat, in dem sie wohnen, dafür Sorge zu tragen hat, dass sie unter den in Artikel 69 vorgesehenen Voraussetzungen weiterhin Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen können.

43 Wie die Generalanwältin in Nummer 50 ihrer Schlussanträge bemerkt hat, hat es keinen Einfluss auf diese Auslegung, dass die Kommission Änderungsvorschläge zu Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 gemacht hat.

44 Entgegen den Ausführungen der niederländischen Regierung ändert es an dieser Auslegung auch nichts, dass nach Artikel 70 der Verordnung Nr. 1408/71 die Leistungen in den in Artikel 69 Absatz 1 bezeichneten Fällen vom Träger des Mitgliedstaats gezahlt werden, in dem der Arbeitslose eine Beschäftigung sucht, und vom zuständigen Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften der Arbeitnehmer während seiner letzten Beschäftigung unterlegen hat, zu erstatten sind.

45 Nach den obigen Erwägungen und insbesondere der Fiktion, nach der vollarbeitslose Grenzgänger im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 für die Anwendung der Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie wohnen, so zu behandeln sind, als ob diese Bestimmungen während ihrer letzten Beschäftigung für sie gegolten hätten, ist nämlich Artikel 70 der Verordnung Nr. 1408/71 in Bezug auf Grenzgänger, die sich auf Artikel 69 berufen, dahin auszulegen, dass es dem zuständigen Träger des Mitgliedstaats, indem sie wohnen, obliegt, die Leistungen zu erstatten, die vom zuständigen Träger des Mitgliedstaats gewährt wurden, in dem die Arbeitssuche stattfindet.

46 Bei dem von der niederländischen Regierung hervorgehobenen Umstand, dass die in Randnummer 42 dieses Urteils vertretene Auslegung es einem Grenzgänger ermöglicht, Leistungen bei Arbeitslosigkeit in einem Mitgliedstaat zu erhalten, an den er während seiner letzten Beschäftigung keine Beiträge entrichtet hat, handelt es sich um eine Auswirkung, die der Gemeinschaftsgesetzgeber in seinem Bestreben, die Chancen für die berufliche Wiedereingliederung der Arbeitnehmer zu erhöhen, gewollt hat.

47 Nach alledem hat die Kommission zu Recht geltend gemacht, dass die niederländische Verwaltungspraxis, nach der auf einen vollarbeitslosen Grenzgänger im Sinne von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71, der in den Niederlanden wohnt und sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben will, um dort eine Beschäftigung zu suchen, Artikel 69 dieser Verordnung keine Anwendung findet, gegen die genannten Bestimmungen verstößt.

48 Daher ist der Klage stattzugeben und festzustellen, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 69 und 71 der Verordnung Nr. 1408/71 verstoßen hat, dass es vollarbeitslosen Grenzgängern verwehrt hat, von der in Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen, sich unter den dort genannten Bedingungen unter Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

Kostenentscheidung:

Kosten

49 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs der Niederlande beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 69 und 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung verstoßen, dass es vollarbeitslosen Grenzgängern verwehrt hat, von der in Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Befugnis Gebrauch zu machen, sich unter den dort genannten Bedingungen unter Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten zu begeben, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

2. Das Königreich der Niederlande trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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