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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 26.04.1989
Aktenzeichen: C-32/89 R
Rechtsgebiete: EWGV, VerfOEuGH, VO Nr. 2776/88


Vorschriften:

EWGV Art. 173
EWGV Art. 185
EWGV Art. 186
VerfOEuGH Art. 83
VerfOEuGH Art. 84
VO Nr. 2776/88 Art. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTSHOFES VOM 26. APRIL 1989. - REPUBLIK GRIECHENLAND GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - EAGFL - ABTEILUNG GARANTIE - RECHNUNGSABSCHLUSS. - RECHTSSACHE C-32/89 R.

Entscheidungsgründe:

1 Die Griechische Republik hat mit Klageschrift, die am 6. Februar 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag Klage auf Aufhebung der Entscheidung 88/630 der Kommission vom 29. November 1988 über den Rechnungsabschluß der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft ( EAGFL ), Abteilung Garantie, im Haushaltsjahr 1986 finanzierten Ausgaben ( ABl. L 353, S. 30 ) erhoben.

2 Aus Artikel 1 und dem Anhang der genannten Entscheidung ergibt sich, daß die Kommission die von den griechischen Behörden gemeldeten Ausgaben von insgesamt 168 406 791 240 DR, die Gegenstand des Rechnungsabschlusses waren, nur in Höhe von 161 532 024 085 DR als zu Lasten desEAGFL gehend anerkannte und so einen Betrag von 6 874 767 155 DR zu Lasten der Griechischen Republik gehen ließ.

3 Gemäß Artikel 2 der Entscheidung ist der so zu Lasten des Mitgliedstaats gehende Betrag binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung auf das Konto einzuzahlen, das in Artikel 1 der Verordnung Nr. 2776/88 der Kommission vom 7. September 1988 über die von den Mitgliedstaaten zu übermittelnden Angaben im Hinblick auf die Übernahme der vom Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie ( EAGFL ), finanzierten Ausgaben ( ABl. L 249, S. 9 ) genannt ist; dabei handelt es sich um das von dem Mitgliedstaat beim Schatzamt oder einem anderen Finanzinstitut unterhaltene Konto, auf das die Kommission dem Mitgliedstaat gemäß der genannten Verordnung die zur Deckung der vom EAGFL zu übernehmenden Ausgaben notwendigen Mittel überweist.

4 Die streitige Entscheidung wurde der Ständigen Vertretung der Griechischen Republik am 30. November 1988 bekanntgegeben.

5 Die Griechische Republik hat mit getrenntem Schriftsatz, der ebenfalls am 6. Februar 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß den Artikeln 185 und 186 EWG-Vertrag und den Artikeln 83 und 84 der Verfahrensordnung im Verfahren der einstweiligen Anordnung beantragt, den Vollzug der Entscheidung während eines Jahres ab Erlaß des Beschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung auszusetzen sowie diese Aussetzung sofortig bis zum Erlaß des Beschlusses im Verfahren der einstweiligen Anordnung anzuordnen.

6 Mit Fernschreiben vom 7. Februar 1989 hat der Präsident des Gerichtshofes die Kommission aufgefordert, ihm mitzuteilen, ob sie beabsichtige, ihre Zahlungen an die Griechische Republik in Vollzug der streitigen Entscheidung um den Betrag von 6 874 767 155 DR zu kürzen.

7 Mit Schreiben vom 9. Februar 1989, das dem Gerichtshof am gleichen Tag zugegangen ist, hat die Kommission erklärt, die in Artikel 2 der streitigen Entscheidung vorgesehene Zahlung sei in der Weise erfolgt, daß die griechischen Behörden in der Mitteilung, die sie gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 2776/88 der Kommission am 26. Januar 1989 zum Zweck der Festlegung des Vorschusses auf die für diesen Monat zu übernehmenden Ausgaben hätten zukommen lassen, den Betrag von 6 874 767 155 DR von den Ausgaben des Monats Dezember 1988 abgezogen hätten. Die von ihr am 31. Januar 1989 getroffene Entscheidung über die an die Mitgliedstaaten zu zahlenden Vorschüsse auf die für den Monat Dezember 1988 zu übernehmenden Ausgaben, die der Ständigen Vertretung der Griechischen Republik am 2. Februar 1989 bekanntgegeben worden sei, habe demgemäß hinsichtlich der Griechischen Republik diesen Abzug berücksichtigt, und die Zahlung des so festgelegten Vorschusses sei gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr. 2776 am 3. Februar 1989 erfolgt.

8 Aufgefordert, zu den Angaben der Kommission Stellung zu nehmen, hat die griechische Regierung unter Verweis auf den ständigen förmlichen Widerspruch der zuständigen griechischen Dienststellen gegen jede Kürzung des finanziellen Ergebnisses des streitigen Rechnungsabschlusses ihren Antrag auf einstweilige Anordnung aufrechterhalten und hilfsweise beantragt, die Kommission durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, ihr den abgezogenen und weiter geschuldeten Betrag als Vorschuß auszuzahlen.

9 Die Antragsgegnerin hat ihre schriftlichen Erklärungen am 6. März 1989 eingereicht. Die Parteien haben am 17. April 1989 mündliche Ausführungen gemacht, nachdem eine hierzu auf den 13. März 1989 terminierte Sitzung auf Antrag der Antragstellerin vertagt worden war.

10 Es ist zunächst daran zu erinnern, daß die Entscheidungen der Kommission gemäß Artikel 189 Absatz 4 EWG-Vertrag in allen ihren Teilen für diejenigen, die sie bezeichnen, verbindlich sind und gemäß Artikel 191 Absatz 2 EWG-Vertrag durch ihre Bekanntgabe an diejenigen, für die sie bestimmt sind, wirksam werden.

11 Weiter ist daran zu erinnern, daß gemäß Artikel 185 EWG-Vertrag Klagen beim Gerichtshof keine aufschiebende Wirkung haben, der Gerichtshof jedoch, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen kann, so wie er auch gemäß Artikel 186 EWG-Vertrag in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen kann.

12 Gemäß Artikel 83 § 2 der Verfahrensordnung setzt ein Beschluß, durch den eine solche Aussetzung oder solche einstweiligen Maßnahmen angeordnet werden, das Vorliegen von Umständen voraus, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner muß die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht sein.

13 Schließlich ist daran zu erinnern, daß die Dringlichkeit einer beantragten Aussetzung oder sonstigen einstweiligen Anordnung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes danach zu beurteilen ist, ob eine einstweilige Entscheidung notwendig ist, um zu verhindern, daß dem Antragsteller ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht, und daß es dieser Partei obliegt, nachzuweisen, daß sie den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache nicht abwarten kann, ohne persönlich einen Schaden zu erleiden, der für sie schwere und nicht wiedergutzumachende Folgen haben würde.

14 In diesem Zusammenhang macht die Griechische Republik geltend, die Nichtzahlung der 6 874 767 155 DR würde ihr aussergewöhnlich schwere Probleme bei der Haushaltsdurchführung im Agrarsektor verursachen. Es bestehe die Gefahr, daß die nationalen Behörden den griechischen Erzeugern und Exporteuren nicht mehr die Beihilfen, Erstattungen und Ausgleichsbeträge zahlen könnten, die diese erwarteten. Dies würde für diese Erzeuger oder Exporteure, die dann gezwungen wären, bestimmte Winter - oder Frühjahrskulturen oder traditionelle Ausfuhrmärkte aufzugeben, einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden bedeuten. Die nationalen Behörden müssten, um dies zu vermeiden, die erforderlichen Geldbeträge aufnehmen, was nicht einfach wäre, da sich der Kreditbedarf zur Deckung des Haushaltsdefizits von 1989 gemäß dem Haushaltsgesetz für dieses Haushaltsjahr schon auf 1 051 800 000 000 DR belaufe, und wodurch jedenfalls der griechischen Staatskasse, die hohe Zinsen für einen solchen zusätzlichen Kredit zu zahlen hätte, ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen würde.

15 Zunächst ist festzustellen, daß die aufgrund der Gemeinschaftsverordnungen zu leistende Zahlung von Beihilfen, Erstattungen und Ausgleichsbeträgen an die Wirtschaftsteilnehmer den nationalen griechischen Behörden obliegt, da diese Verordnungen gemäß Artikel 189 Absatz 2 EWG-Vertrag in allen ihren Teilen verbindlich sind und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelten. Die Behörden eines Mitgliedstaats können sich der Verpflichtung zur Vornahme solcher Zahlungen nicht unter Hinweis auf Liquiditätsprobleme entziehen.

16 Der den Wirtschaftsteilnehmern angeblich drohende Schaden kann im übrigen weder als ein Schaden angesehen werden, den die Antragstellerin als Staat "persönlich" erleiden würde, noch als ein nicht wiedergutzumachender Schaden, da weder bewiesen ist noch auch nur geltend gemacht wird, daß diese Wirtschaftsteilnehmer nicht mit innerstaatlichen Rechtsbehelfen eine vollständige Wiedergutmachung des gegebenenfalls erlittenen Schadens erreichen könnten.

17 Was den Schaden betrifft, den die griechische Staatskasse angeblich erleiden würde, ist dessen Schwere durch Vergleich des streitigen Betrags mit bestimmten anderen in den Akten genannten Beträgen zu beurteilen. So belaufen sich die für das betreffende Haushaltsjahr anerkannten Ausgaben auf über 161 Milliarden DR, während der die nicht anerkannten Ausgaben darstellende streitige Betrag sich nur auf 7 Milliarden beläuft. Ferner betrug der von der Kommission für den Monat Dezember 1988, also für nur einen Monat, gezahlte Vorschuß selbst nach Abzug des streitigen Betrages fast 16 Milliarden DR. Schließlich sieht das Gesetz zur Feststellung des allgemeinen Haushaltsplans der Griechischen Republik für das Haushaltsjahr 1989 ein Haushaltsdefizit von insgesamt fast 1 052 Milliarden DR vor. Unter diesen Umständen kann der streitige Betrag nicht als ein Schaden angesehen werden, der so schwer wäre, daß die beantragten einstweiligen Anordnungen gerechtfertigt wären.

18 Die Tatsache, daß der streitige Betrag zu einem schon erheblichen Haushaltsdefizit, das durch zu verzinsende Kredite gedeckt werden muß, hinzukommt, kann ebenfalls nicht als ein einstweilige Anordnungen rechtfertigender Schaden angesehen werden.

19 Ausserdem könnte, wie sich aus der ständigen Rechtssprechung des Gerichtshofes ( siehe zuletzt den Beschluß vom 24. September 1986 in der Rechtssache 214/86 R, Griechenland/Kommission, Slg. 1986, 2631 ) ergibt, der Schaden, der der Antragstellerin durch die Nichtzahlung eines solchen Betrages entstuende, nicht als irreparabel angesehen werden, da die Kommission den Betrag vollständig auszahlen müsste, wenn der Gerichtshof der Klage stattgeben sollte.

20 Da die Antragstellerin somit keine Umstände dargetan hat, aus denen sich die Dringlichkeit einer einstweiligen Anordnung ergibt, erübrigt sich die Untersuchung der von der Kommission angeführten spezifischeren Argumente, wonach der Antrag, so wie er ursprünglich von der Antragstellerin gestellt worden ist, gegenstandslos ist und der hilfsweise gestellte Antrag der Entscheidung in der Hauptsache vorgreift.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

Der Präsident

im Verfahren der einstweiligen Anordnung

beschlossen :

1)Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2)Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 26. April 1989.

Ende der Entscheidung

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