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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.04.1995
Aktenzeichen: C-325/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Verordnung Nr.1408/71 vom 17.06.1971


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
Verordnung Nr.1408/71 vom 17.06.1971 Art. 46 Abs. 1
Verordnung Nr.1408/71 vom 17.06.1971 Art. 12 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Unter "selbständiger Leistung" ist eine gemäß Artikel 46 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 berechnete Leistung zu verstehen, also eine Leistung, deren Betrag allen allein nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats des zuständigen Trägers zu berücksichtigenden Versicherungs- oder Wohnzeiten entspricht, ohne daß Zeiten berücksichtigt werden, die der Betroffene nach auf ihn anwendbaren Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten zurückgelegt hat. Dies trifft nicht zu auf eine Leistung bei Invalidität, die in Anwendung des Systems der Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Proratisierung der Leistungen berechnet wird.

2. Leistungen der sozialen Sicherheit sind als gleichartig im Sinne von Artikel 12 Absatz 2 letzter Satz der Verordnung Nr. 1408/71 zu betrachten, wenn ihr Sinn und Zweck sowie ihre Berechnungsgrundlage und die Voraussetzungen für ihre Gewährung identisch sind. Diese Anforderung ist nicht erfuellt bei einem Wanderarbeitnehmer, der in einem Mitgliedstaat Leistungen zum Ausgleich eines Einkommensausfalls, den er durch auf Erkrankung beruhende Arbeitsunfähigkeit erleidet, und in einem anderen Mitgliedstaat eine Invaliditätsleistung bezieht, die durch Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und Proratisierung der Leistungen berechnet und durch einen Rentenzuschlag aufgestockt worden ist, durch den ihm der Betrag der nationalen Mindestrente garantiert werden soll. Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung steht daher der Anwendung einer Antikumulierungsvorschrift auf solche Leistungen nicht entgegen.

3. Die Qualifizierung einer in einem anderen Mitgliedstaat gewährten Leistung der sozialen Sicherheit hat im Hinblick auf die Antikumulierungsvorschriften eines Mitgliedstaats nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht unter Berücksichtigung der Normen des Kollisionsrechts zu erfolgen, da die Gemeinschaftsvorschriften nicht einschlägig sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 6. APRIL 1995. - UNION NATIONALE DES MUTUALITES SOCIALISTES GEGEN ALDO DEL GROSSO. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNAL DU TRAVAIL DE BRUXELLES - BELGIEN. - ZUSAMMENTREFFEN VON SOZIALLEISTUNGEN - AUSLEGUNG DER VERORDNUNG (EWG) NR. 1408/71. - RECHTSSACHE C-325/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal du travail Brüssel hat mit Urteil vom 17. Juni 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 24. Juni 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149, S. 2), zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Union nationale des mutualités socialistes und dem italienischen Staatsangehörigen Aldo Del Grosso (im folgenden: Beklagter).

3 Der Beklagte war von 1938 bis 1946 in Italien beschäftigt und versichert. Anschließend arbeitete er in Belgien, wo er dem belgischen System der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer angeschlossen war.

4 Nachdem er am 10. Januar 1977 arbeitsunfähig geworden war, erhielt er in Belgien zunächst ein Jahr lang Leistungen wegen Krankheit, die sogenannten "indemnités d' incapacité primaire" (Leistungen während der ersten Zeit der Arbeitsunfähigkeit), danach "indemnités d' invalidité" (Invaliditätsleistungen).

5 Da der Beklagte in Italien versichert gewesen war, beantragte der zuständige belgische Träger, das Institut national d' assurance maladie-invalidité (Staatliche Anstalt für Kranken- und Invaliditätsversicherung; im folgenden: INAMI), bei dem zuständigen italienischen Träger, dem Istituto nazionale della previdenza sociale (Staatliche Anstalt für soziale Vorsorge; im folgenden: INPS) die Gewährung einer Invaliditätsrente. Auf diesen Antrag hin bewilligte das INPS dem Beklagten mit Wirkung vom 1. Februar 1978 eine gemäß Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1408/71 berechnete Invaliditätsrente.

6 Vom 1. November 1978 bis zum 8. März 1979 versuchte der Beklagte seine Tätigkeit wiederaufzunehmen, was die belgischen Behörden veranlasste, für diesen Zeitraum keine Invalidität anzuerkennen und folglich die Zahlung der darauf beruhenden Leistungen aussetzten.

7 Ab dem 9. März 1979 bezog der Beklagte erneut Leistungen der belgischen Kranken- und Invaliditätsversicherung. Es ist streitig, wann er aus dem System für die erste Zeit der Arbeitsunfähigkeit ausgeschieden ist, um erneut Invaliditätsleistungen zu erhalten. Der Beklagte ist der Auffassung, er habe erst ab 1. April 1980 Invaliditätsleistungen bezogen, während das INAMI meint, dies sei ab 9. März 1980 der Fall gewesen.

8 Das INPS erließ, nachdem das INAMI nach diesem zweiten Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit erneut einen Rentenantrag gestellt hatte, am 12. November 1980 eine Entscheidung, aus der sich ergibt, daß die italienische Invaliditätsrente ohne Unterbrechung, auch während der Zeit, in der der Beklagte wieder seiner Arbeit in Belgien nachging, gezahlt wurde und daß zu dieser Rente vom 1. November 1978 bis zum 31. März 1980 ein Zuschlag gewährt wurde, mit dem für den Betroffenen Leistungen in Höhe der italienischen Mindestrente sichergestellt werden sollten.

9 Auf der Grundlage der übermittelten Informationen nahm das INAMI mit Entscheidung vom 23. Dezember 1980 unter Berücksichtigung der Antikumulierungsvorschriften des belgischen Gesetzes vom 9. August 1963 (Artikel 70 § 2) eine Neuberechnung der verschiedenen zu gewährenden Leistungen vor, die ergab, daß dem Beklagten ein Betrag von 67 921 FB zu Unrecht gezahlt worden war.

10 Da ein Zugriff auf fällige italienische Rentenbeträge nicht möglich war, erhob die Versicherungseinrichtung, die Union nationale des mutualités socialistes, beim Tribunal du travail Brüssel Klage auf Erstattung von zu Unrecht gezahlten Beträgen.

11 Der Beklagte bestreitet seine Schuld der Höhe nach und macht insbesondere geltend, die belgischen Antikumulierungsvorschriften könnten nicht auf den Zuschlag angewendet werden, den er erhalten habe, während er zum zweiten Mal eine "erste Zeit der Arbeitsunfähigkeit" durchlaufen habe. Es seien nicht die belgischen Antikumulierungsvorschriften anwendbar, sondern Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1408/71.

12 Da das nationale Gericht der Auffassung ist, daß der bei ihm anhängige Rechtsstreit Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aufwerfe, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

1) Ist die als "Invaliditätsrente" bezeichnete italienische Sozialleistung als "selbständige Leistung" zu qualifizieren?

2) Ist Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer..., die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, anwendbar, wenn eine solche Leistung ° die nach dem System der Zusammenrechnung und Proratisierung berechnet worden ist und mittels eines Zuschlags die Höhe der im Rahmen der Pflichtversicherung der Arbeitnehmer für den Fall der Invalidität und des Alters vorgesehenen monatlichen Mindestrente erreicht ° mit einer Leistung (sogenannte "Leistung während der ersten Zeit") der belgischen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Invalidität zusammentrifft?

3) Stellt dieser "Zuschlag" zur italienischen Invaliditätsrente im Sinne des Artikels 70 § 2, nunmehr gemäß Artikel 30 Absatz 3 des belgischen Gesetzes vom 30. Dezember 1988 Artikel 76 quater § 2, des Gesetzes vom 9. August 1963 über die Errichtung und Organisation eines Pflichtversicherungssystems für Krankheit und Invalidität, in der durch Artikel 1 Absatz 1 der Königlichen Verordnung Nr. 19 vom 4. Dezember 1978 geänderten Fassung einen Ersatz desselben Schadens dar, und ist der Zuschlag deshalb von gleicher Art wie diese Leistung (und daher mit ihr kumulierbar)?

Zur ersten Frage

13 Das vorlegende Gericht möchte mit der ersten Frage wissen, ob die als "Invaliditätsrente" bezeichnete italienische Sozialleistung eine selbständige Leistung im Sinne von Artikel 46 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ist.

14 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (siehe insbesondere Urteile vom 17. Dezember 1987 in der Rechtssache 323/86, Collini, Slg. 1987, 5489, Randnrn. 10 und 15, und vom 11. Juni 1992 in den Rechtssachen C-90/91 und C-91/91, Di Crescenzo und Casagrande, Slg. 1992, I-3851, Randnr. 20) ist unter "selbständiger Leistung" eine gemäß Artikel 46 Absatz 1 berechnete Leistung zu verstehen, also eine Leistung, deren Betrag allen allein nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats des zuständigen Trägers zu berücksichtigenden Versicherungs- oder Wohnzeiten entspricht, ohne daß Zeiten berücksichtigt werden, die der Betroffene nach auf ihn anwendbaren Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten zurückgelegt hat.

15 Der Beklagte erwarb jedoch, wie er selbst in seinen beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen eingeräumt hat, seinen Anspruch auf die italienische Invaliditätsleistung aufgrund des Umstands, daß er nacheinander dem italienischen und dem belgischen System angeschlossen war, und damit in Anwendung des Systems der Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Proratisierung der Leistungen.

16 Daß diese Leistung nachträglich durch einen Zuschlag aufgestockt wurde, damit sie den Betrag der Mindestleistung nach den italienischen Rechtsvorschriften erreichte, wirkt sich auf die Methode ihrer Berechnung und damit auf ihre Qualifizierung nicht aus.

17 Somit ist auf die erste Frage zu antworten, daß eine Leistung bei Invalidität wie die italienische Invaliditätsrente, keine selbständige Leistung im Sinne von Artikel 46 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ist, wenn sie in Anwendung des Systems der Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Proratisierung der Leistungen berechnet wird.

Zur zweiten Frage

18 Wie sich aus den Akten ergibt, möchte das vorlegende Gericht mit der zweiten Frage im Kern wissen, ob das Gemeinschaftsrecht der Anwendung einer nationalen Antikumulierungsvorschrift auf einen Wanderarbeitnehmer entgegensteht, der in einem Mitgliedstaat Leistungen wegen auf Erkrankung beruhender Arbeitsunfähigkeit und in einem anderen Mitgliedstaat eine Invaliditätsleistung bezieht, die durch Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und Proratisierung der Leistungen berechnet und durch einen Zuschlag aufgestockt worden ist, durch den ihm der Betrag der nationalen Mindestrente garantiert werden soll.

19 Ob die nationalen Antikumulierungsvorschriften anwendbar sind, richtet sich nach Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71.

20 Nach dieser Bestimmung sind Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, in denen für den Fall des Zusammentreffens einer Leistung mit anderen Leistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats erworben wurden, oder mit Einkünften, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats bezogen werden, vorgesehen ist, daß die Leistung gekürzt, zum Ruhen gebracht oder entzogen wird, dem zum Bezug dieser Leistung Berechtigten gegenüber anwendbar.

21 Es gibt jedoch bestimmte Ausnahmen von diesem Grundsatz der Anwendbarkeit. So gilt er nicht, wenn der Betroffene Leistungen gleicher Art bei Invalidität, Alter, Tod oder Berufskrankheit bezieht, die von den Trägern von zwei oder mehr Mitgliedstaaten gemäß den Artikeln 46, 50 und 51 oder gemäß Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe b festgestellt werden.

22 Im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, ob die Antikumulierungsvorschrift des Artikels 70 § 2 des belgischen Gesetzes vom 9. August 1963 anwendbar ist, ist daher zu prüfen, ob die in Rede stehenden Leistungen gleichartig sind, ob jede von ihnen einer Leistung "bei Invalidität, Alter, Tod (Renten) oder Berufskrankheit" entspricht und ob sie schließlich gemäß den Artikeln 46, 50 und 51 oder gemäß Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1408/71 festgestellt werden.

23 Es ist demnach zunächst zu untersuchen, ob die belgische Leistung während der ersten Zeit der Arbeitsunfähigkeit und die italienischen Leistungen gleichartig sind.

24 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sind Leistungen der sozialen Sicherheit als gleichartig zu betrachten, wenn ihr Sinn und Zweck sowie ihre Berechnungsgrundlage und die Voraussetzungen für ihre Gewährung identisch sind (siehe insbesondere Urteil vom 6. Oktober 1987 in der Rechtssache 197/85, Stefanutti, Slg. 1987, 3855, Randnr. 12).

25 Zu der belgischen Leistung ist festzustellen, daß sie auf dem Eintritt eines Risikos beruht und daß mit ihr der durch eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit verursachte wirtschaftliche Schaden ausgeglichen werden soll. Sie entspricht einem Prozentsatz des dem Arbeitnehmer infolge seiner Arbeitsunfähigkeit entgehenden Arbeitsentgelts für jeden Werktag eines Jahres, das mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers beginnt, und wird unter Zugrundelegung der in Belgien zurückgelegten Versicherungszeiten berechnet.

26 Die italienische Hauptleistung stellt unstreitig eine Invaliditätsrente dar, die in Anwendung des Systems der Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Proratisierung der Leistungen berechnet wird. Sie kann daher nicht als der erwähnten belgischen Leistung gleichartig angesehen werden.

27 Ebenso ist festzustellen, daß der italienische Rentenzuschlag, für den der Beklagte die Geltung der belgischen Antikumulierungsvorschriften insbesondere in Abrede stellt, dem Bezieher ein monatliches Einkommen in Höhe der durch die italienischen Rechtsvorschriften geregelten Mindestrenten sichern soll. Er entspricht daher der mathematischen Differenz zwischen der vom Betroffenen bezogenen proratisierten Rente und der in Italien garantierten Mindestrente. Er wird ferner unabhängig von den vom Bezieher zurückgelegten Versicherungszeiten gewährt. Er kann folglich ebenfalls keine Leistung von gleicher Art wie die belgische Leistung darstellen.

28 Im Hinblick auf die beiden weiteren zuvor angeführten Voraussetzungen ist festzustellen, daß die vom Beklagten bezogene belgische Leistung während der ersten Zeit der Arbeitsunfähigkeit ein Krankengeld von der Art der "Geldleistungen" im Sinne der Artikel 19 ff. des Titels III Kapitel 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ist und daß sie gemäß Artikel 23 dieser Verordnung berechnet wird. Sie ist also keine Leistung bei Invalidität, Alter, Tod oder Berufskrankheit, die gemäß den Artikeln 46, 50 und 51 oder gemäß Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe b festgestellt wird.

29 Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 steht demnach der Anwendung einer nationalen Antikumulierungsvorschrift auf einen Wanderarbeitnehmer nicht entgegen, der in einem Mitgliedstaat Leistungen zum Ausgleich eines Einkommensausfalls, den er durch auf Erkrankung beruhende Arbeitsunfähigkeit erleidet, und in einem anderen Mitgliedstaat eine Invaliditätsleistung bezieht, die durch Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und Proratisierung der Leistungen berechnet und durch einen Rentenzuschlag aufgestockt worden ist, durch den ihm der Betrag der nationalen Mindestrente garantiert werden soll.

Zur dritten Frage

30 Mit der dritten Frage wird der Gerichtshof ersucht, die italienische Leistung im Hinblick auf Artikel 70 § 2 des belgischen Gesetzes vom 9. August 1963 zu qualifizieren.

31 Insoweit genügt der Hinweis, daß der Gerichtshof in seinem Urteil vom 5. Oktober 1978 in der Rechtssache 26/78 (Viola, Slg. 1978, 1771) entschieden hat, daß das vorlegende Gericht bei der Anwendung der nationalen Antikumulierungsvorschriften, da die Gemeinschaftsvorschriften nicht einschlägig sind, die genannten Leistungen nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht unter Berücksichtigung der Normen des Kollisionsrechts zu qualifizieren hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

32 Die Auslagen der italienischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

auf die ihm vom Tribunal du travail Brüssel mit Urteil vom 17. Juni 1993 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Eine Leistung bei Invalidität wie die italienische Invaliditätsrente ist keine selbständige Leistung im Sinne von Artikel 46 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, wenn sie in Anwendung des Systems der Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und der Proratisierung der Leistungen berechnet wird.

2) Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 steht der Anwendung einer nationalen Antikumulierungsvorschrift auf einen Wanderarbeitnehmer nicht entgegen, der in einem Mitgliedstaat Leistungen zum Ausgleich eines Einkommensausfalls, den er durch auf Erkrankung beruhende Arbeitsunfähigkeit erleidet, und in einem anderen Mitgliedstaat eine Invaliditätsleistung bezieht, die durch Zusammenrechnung der Versicherungszeiten und Proratisierung der Leistungen berechnet und durch einen Rentenzuschlag aufgestockt worden ist, durch den ihm der Betrag der nationalen Mindestrente garantiert werden soll.

3) Bei der Anwendung der nationalen Antikumulierungsvorschriften hat das vorlegende Gericht, da die Gemeinschaftsvorschriften nicht einschlägig sind, die genannten Leistungen nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht unter Berücksichtigung der Normen des Kollisionsrechts zu qualifizieren.

Ende der Entscheidung

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