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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 03.05.1994
Aktenzeichen: C-328/92
Rechtsgebiete: Richtlinie 77/62/EWG, EWGV


Vorschriften:

Richtlinie 77/62/EWG
EWGV Art. 169
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben b und d der Richtlinie 77/62 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, die Ausnahmen von den Vorschriften zulassen, die die Wirksamkeit der durch den EWG-Vertrag im Bereich der öffentlichen Lieferaufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, sind eng auszulegen, und die Beweislast dafür, daß die aussergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, obliegt demjenigen, der sich auf sie berufen will. Sie können es keinesfalls rechtfertigen, daß allgemein und unterschiedslos für alle Lieferungen von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten an die Einrichtungen der sozialen Sicherheit auf das Verfahren der freihändigen Vergabe zurückgegriffen wird.

Zum einen genügt es für die Erfuellung des Tatbestands von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b nämlich nicht, daß die Arzneimittel und Arzneispezialitäten durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt sind, sondern es ist auch erforderlich, daß sie nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden können, da diese Voraussetzung nur bei denjenigen Arzneimitteln und Arzneispezialitäten vorliegt, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gibt.

Zum anderen ist es, soweit es um die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d aufgestellte Voraussetzung der Dringlichkeit geht, zwar nicht ausgeschlossen, daß angesichts der ärztlichen Verschreibungsfreiheit in der Apotheke eines Krankenhauses ein dringender Bedarf an einer bestimmten Arzneispezialität entsteht; dies kann es jedoch nicht rechtfertigen, daß systematisch bei allen Lieferungen von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten an Krankenhäuser auf das Verfahren der freihändigen Vergabe zurückgegriffen wird, und in jedem Fall kann selbst dann, wenn die Dringlichkeit in einem bestimmten Fall nachgewiesen ist, die in dieser Vorschrift vorgesehene Ausnahmebestimmung nur dann angewandt werden, wenn sämtliche darin festgelegten Voraussetzungen kumulativ erfuellt sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 3. MAI 1994. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN KOENIGREICH SPANIEN. - VERTRAGSVERLETZUNG EINES MITGLIEDSTAATS - OEFFENTLICHE LIEFERAUFTRAEGE - ARZNEIMITTEL UND ARZNEISPEZIALITAETEN. - RECHTSSACHE C-328/92.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 30. Juli 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. 1977, L 13, S. 1; im folgenden: Richtlinie) verstossen hat, indem es in den gesetzlichen Bestimmungen über die Soziale Sicherheit vorschreibt, daß die Verwaltung öffentliche Aufträge über die Lieferung von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten an die Einrichtungen der Sozialen Sicherheit freihändig vergibt, und indem es praktisch alle diese Lieferungen freihändig vergibt, ohne eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichen.

2 In Spanien sind öffentliche Ausschreibungen durch die Ley de Contratos del Estado (Gesetz über die Verträge des Staates; im folgenden: LCE) und das Reglamento General de Contratación del Estado (Allgemeine Verordnung über Vertragsabschlüsse des Staates; im folgenden: RGCE) in der zur Anpassung an die Richtlinien der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch das Real Decreto Legislativo Nr. 931/86 vom 2. Mai 1986 (BÖ Nr. 114 vom 13. Mai 1986, S. 16920) und das Real Decreto Nr. 2528/86 vom 28. November 1986 (BÖ Nr. 297 vom 12. Dezember 1986, S. 40546) geänderten Fassung geregelt. Nach der ersten Schlußbestimmung dieser beiden Dekrete gelten die Bestimmungen der LCE und des RGCE auch für die von den Verwaltungsorganen der Sozialen Sicherheit vergebenen öffentlichen Aufträge.

3 In Artikel 2 Nrn. 3 und 8 LCE ist bestimmt:

"Unbeschadet der Bestimmungen des vorangehenden Artikels gilt dieses Gesetz nicht für folgende öffentliche Aufträge und Rechtshandlungen der Verwaltung:

...

3. Geschäfte, die die Verwaltung mit Privatpersonen in bezug auf Gegenstände oder Rechte tätigt, die einer Handelsbeschränkung aufgrund gesetzlicher Vorschriften unterliegen [' mediatizado' ], oder für bewirtschaftete bzw. verbotene Erzeugnisse [' productos intervenidos, estancados o prohibidos' ];

...

8. öffentliche Aufträge, für die ein Gesetz eine ausdrückliche Ausnahme vorsieht."

4 Der Kauf von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten durch die Krankenhäuser der Sozialen Sicherheit ist durch Artikel 107 der Ley General de la Seguridad Social (Allgemeines Gesetz über die Soziale Sicherheit; im folgenden: LGSS) in der Fassung des Dekrets Nr. 2065/74 vom 30. Mai 1974 zur Billigung des kodifizierten Wortlauts dieses Gesetzes (BÖ Nr. 174 vom 20. Juli 1974, S. 1482) geregelt. In diesem Artikel, der die Überschrift "Kauf und Vertrieb von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten" trägt, ist folgendes bestimmt:

"...

2. Die Soziale Sicherheit kauft unmittelbar in den Herstellungszentren die Arzneimittel, die in ihren offenen oder geschlossenen Einrichtungen verwendet werden sollen, und wählt zu diesem Zweck nach streng wissenschaftlichen Gesichtspunkten die für die in den genannten Einrichtungen durchgeführte Heilbehandlung erforderlichen Arzneimittel aus...

3. In jedem Fall erfolgt der Vertrieb der zur Verwendung ausserhalb der Einrichtungen im Sinne des Absatzes 2 bestimmten Arzneimittel durch kraft Gesetzes eingerichtete amtliche Apotheken, die zu diesem Vertrieb verpflichtet sind...

4. Die Soziale Sicherheit vereinbart mit den pharmazeutischen Laboratorien und Apotheken durch ihre Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter die Preise und die übrigen finanziellen Konditionen, die beim Kauf und beim Vertrieb der in den Absätzen 2 und 3 aufgeführten Arzneimittel und Arzneispezialitäten gelten."

5 Gemäß Artikel 107 Absatz 4 LGSS schloß die Staatsverwaltung am 5. Juni 1986 mit der nationalen Vereinigung der pharmazeutischen Industrie Farmaindustria eine Vereinbarung über die Preise und die übrigen Konditionen für den unmittelbaren Ankauf von Arzneispezialitäten, die zur Verwendung in den offenen oder geschlossenen Einrichtungen der Sozialen Sicherheit bestimmt sind, und für deren mittelbaren Kauf zur Verwendung ausserhalb der genannten Einrichtungen (im folgenden: Vereinbarung).

6 Die Kommission, die im Rahmen eines dem Gerichtshof vorgelegten Vorabentscheidungsersuchens von der Vereinbarung und den ihr als Rechtsgrundlage dienenden Rechtsvorschriften Kenntnis erlangt hatte, vertrat die Ansicht, daß die durch die Vereinbarung und diese Rechtsvorschriften eingeführte Regelung über die Vergabe öffentlicher Aufträge für Arzneimittellieferungen sowohl gegen die Richtlinie 77/62 als auch gegen Artikel 30 EWG-Vertrag verstosse. Nachdem das Vorabentscheidungsverfahren nicht durch Urteil abgeschlossen werden konnte, weil die Klägerin des Ausgangsverfahrens die Klage zurücknahm, leitete die Kommission gegen das Königreich Spanien das Verfahren nach Artikel 169 EWG-Vertrag ein und übersandte der spanischen Regierung am 6. Juli 1990 ein Aufforderungsschreiben sowie am 18. März 1991 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, mit der sie sie aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen eines Monats nach ihrem Zugang nachzukommen. Diese Frist wurde später bis zum 18. Juni 1991 verlängert.

7 Nachdem die spanische Regierung in ihrer Antwort vom 17. Juni 1991 ausgeführt hatte, daß die Vereinbarung am 31. Dezember 1990 ausgelaufen sei, gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, daß zumindest bis zu diesem Zeitpunkt die Richtlinie 77/62 in Spanien nicht beachtet worden sei, und entschied im Einvernehmen mit den spanischen Behörden, die Situation von diesem Zeitpunkt an zu untersuchen und gleichzeitig die Lage in dem betroffenen Sektor in den anderen Mitgliedstaaten zu prüfen. Da diese Untersuchungen nach Ansicht der Kommission zeigten, daß die zuständigen spanischen Einrichtungen im Haushaltsjahr 1991 und in den ersten beiden Monaten des Jahres 1992 im Unterschied zu den zuständigen Einrichtungen mehrerer anderer Mitgliedstaaten mit wenigen Ausnahmen wie bei Impfstoffen keine Bekanntmachungen über öffentliche Ausschreibungen für Lieferungen von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht hatten, hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

8 Aus den Anträgen in der Klageschrift, wie sie in Randnummer 1 dieses Urteils wiedergegeben sind, ergibt sich zunächst, daß die Klage der Kommission Artikel 30 EWG-Vertrag nicht betrifft und daß sie sich nicht auf die Vereinbarung zwischen der Verwaltung und Farmaindustria als solche bezieht. Wie die Kommission selbst in ihrer Klageschrift hervorhebt, bezieht sich ihre Klage auf das gesetzliche Verfahren beim Kauf von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten, wie es durch Artikel 2 LCE in Verbindung mit Artikel 107 LGSS festgelegt ist und von den Krankenhäusern der Sozialen Sicherheit angewandt wird, und zwar unabhängig von der Form und der Rechtsnatur der von der Verwaltung verwendeten Vertragsart, also unabhängig davon, ob während der Geltungsdauer der Vereinbarung oder danach vom Verfahren der freihändigen Vergabe Gebrauch gemacht wurde.

9 Ferner wird nicht bestritten, daß während der Geltungsdauer der Vereinbarung und auch seit dem 1. Januar 1991 praktisch alle öffentlichen Aufträge über die Lieferung von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten an die Einrichtungen der Sozialen Sicherheit freihändig vergeben wurden und daß sich darunter einige Aufträge befanden, deren Wert 200 000 ECU, Mehrwertsteuer nicht inbegriffen, als Voraussetzung für die Anwendung der Richtlinie 77/62 nach deren Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a erreichte.

10 Soweit Artikel 107 LGSS den Kauf von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten durch die Krankenhäuser der Sozialen Sicherheit regelt, gelten die einschlägigen Bestimmungen der LCE und somit die Bestimmungen der Richtlinie 77/62, deren Umsetzung in das nationale Recht die LCE gewährleistet, gemäß Artikel 2 Nr. 3 LCE nicht für Lieferaufträge, die zu diesem Zweck von den zuständigen Einrichtungen der Sozialen Sicherheit vergeben werden.

11 Die spanische Regierung weist die Ansicht zurück, daß die Richtlinie 77/62 in vollem Umfang und unbedingt auf Lieferungen von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten an Einrichtungen der Sozialen Sicherheit anwendbar sei. Erstens sei der Markt für Arzneimittel nach dem Gemeinschaftsrecht selbst ein stark reglementierter Markt, und die spanischen Rechtsvorschriften dienten letztlich nur der Durchsetzung der entsprechenden Beschränkungen. Insbesondere sei auf die Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (ABl. 1989, L 40, S. 8) hinzuweisen, deren Ziel es nach ihrer fünften Begründungserwägung sei, "einen Überblick über die einzelstaatlichen Vereinbarungen zur Preisfestsetzung zu erhalten", und die nicht in die in diesem Bereich geltenden einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften eingreife.

12 Hierzu genügt der Hinweis, daß der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. November 1993 in der Rechtssache C-71/92 (Kommission/Spanien, Slg. 1993, I-5923, Randnr. 10) entschieden hat, daß Ausnahmen von der Anwendung der Richtlinie 77/62 nur insoweit erlaubt sind, als sie in dieser Richtlinie abschließend und ausdrücklich aufgeführt sind.

13 Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 3 der Richtlinie 77/62, in denen die öffentlichen Lieferaufträge aufgeführt sind, auf die diese Richtlinie keine Anwendung findet, erwähnen nicht die Lieferungen von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten. Im übrigen wird, wie der Gerichtshof in dem genannten Urteil (Randnr. 11) ausgeführt hat, bei der Definition der nach der Richtlinie zulässigen Ausnahmen nicht auf die Art des betreffenden Erzeugnisses oder der dafür geltenden rechtlichen Regelung abgestellt.

14 Zweitens macht die spanische Regierung geltend, der Rückgriff auf das Verfahren der freihändigen Vergabe für öffentliche Aufträge über die Lieferung von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten sei durch Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben b und d der Richtlinie 77/62 gerechtfertigt, nach denen die öffentlichen Auftraggeber ihre Lieferaufträge vergeben könnten, ohne die in Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verfahren der offenen oder beschränkten Ausschreibung anzuwenden, also ohne eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichen, "wenn der Gegenstand der Lieferung... auf Grund des Schutzes des Ausschließlichkeitsrechts nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden kann" und "soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Fristen einzuhalten, die nach den in Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verfahren vorgeschrieben sind".

15 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 6 der Richtlinie 77/62, der Ausnahmen von den Vorschriften zulässt, die die Wirksamkeit der durch den EWG-Vertrag im Bereich der öffentlichen Lieferaufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, eng auszulegen ist (vgl. Urteil Kommission/Spanien, a. a. O., Randnr. 36).

16 Im übrigen obliegt die Beweislast dafür, daß die aussergewöhnlichen Umstände, die die Ausnahme rechtfertigen, tatsächlich vorliegen, demjenigen, der sich auf sie berufen will (vgl. für öffentliche Bauaufträge Urteil vom 10. März 1987 in der Rechtssache 199/85, Kommission/Italien, Slg. 1987, 1039, Randnr. 14).

17 Für die Anwendbarkeit von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b genügt es nicht, daß die in Rede stehenden Arzneimittel und Arzneispezialitäten durch Ausschließlichkeitsrechte geschützt sind, sondern es ist auch erforderlich, daß sie nur von einem bestimmten Unternehmer hergestellt oder geliefert werden können. Da diese Voraussetzung nur bei denjenigen Arzneimitteln und Arzneispezialitäten vorliegt, für die es auf dem Markt keinen Wettbewerb gibt, kann es Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b keinesfalls rechtfertigen, daß allgemein und unterschiedslos für alle Lieferungen sämtlicher Arzneimittel und Arzneispezialitäten auf das Verfahren der freihändigen Vergabe zurückgegriffen wird.

18 Das gleiche gilt für Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, daß angesichts der ärztlichen Verschreibungsfreiheit, auf die sich die spanische Regierung beruft, in der Apotheke eines Krankenhauses ein dringender Bedarf an einer bestimmten Arzneispezialität entsteht; diese Verschreibungsfreiheit kann es jedoch nicht von vornherein rechtfertigen, daß systematisch bei allen Lieferungen von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten an Krankenhäuser auf das Verfahren der freihändigen Vergabe zurückgegriffen wird. Zudem würde Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d selbst dann, wenn die Voraussetzung der Dringlichkeit in einem Fall der vorliegenden Art als erfuellt angesehen werden könnte, nicht notwendig Anwendung finden. Nach ständiger Rechtsprechung sind für die Anwendung einer Ausnahmebestimmung sämtliche darin festgelegten Voraussetzungen kumulativ zu erfuellen (vgl. für die entsprechende Bestimmung über öffentliche Bauaufträge Urteil vom 18. März 1992 in der Rechtssache 24/91, Kommission/Spanien, Slg. 1992, 1989, Randnr. 13).

19 Aus alldem ergibt sich, daß die Klage der Kommission begründet und die Vertragsverletzung des Königreichs Spanien in dem in der Klageschrift umschriebenen Umfang festzustellen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

20 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Spanien unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Das Königreich Spanien hat gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 77/62/EWG des Rates vom 21. Dezember 1976 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. 1977, L 13, S. 1) verstossen, indem es in den gesetzlichen Bestimmungen über die Soziale Sicherheit vorschreibt, daß die Verwaltung öffentliche Aufträge über die Lieferung von Arzneimitteln und Arzneispezialitäten an die Einrichtungen der Sozialen Sicherheit freihändig vergibt, und indem es praktisch alle diese Lieferungen freihändig vergibt, ohne eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichen.

2) Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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