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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.05.1993
Aktenzeichen: C-33/92
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Kombinierte Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der Fassung des Anhangs I der Verordnung Nr. 2587/91 der Kommission vom 26.07.1991


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
Kombinierte Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der Fassung des Anhangs I der Verordnung Nr. 2587/91 der Kommission vom 26.07.1991 Position 0210
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Rindfleisch fällt nur dann als gesalzen unter die Position 0210 des Gemeinsamen Zolltarifs ° Kombinierte Nomenklatur °, wenn es tiefgehend und in allen Teilen gleichmässig zum Zweck der langfristigen Haltbarmachung so gesalzen ist, daß ein Gesamtsalzgehalt von mindestens 1,2 Gewichtshundertteilen erreicht wird. Rindfleisch, dem zum Zweck der Haltbarmachung so viel Salz zugesetzt worden ist, daß der Gesamtsalzgehalt mehr als das Dreifache (ungefähr 0,5 %) des natürlichen Salzgehalts (0,15 %) beträgt, ist nicht als gesalzen in die Position 0210 einzureihen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 27. MAI 1993. - GAUSEPOHL-FLEISCH GMBH GEGEN OBERFINANZDIREKTION HAMBURG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESFINANZHOF - DEUTSCHLAND. - GEMEINSAMER ZOLLTARIF - GESALZENES FLEISCH. - RECHTSSACHE C-33/92.

Entscheidungsgründe:

1 Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 22. Oktober 1991, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Februar 1992, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Position 0210 der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der Fassung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2587/91 der Kommission vom 26. Juli 1991 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 7. September 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 259, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Gausepohl-Fleisch GmbH (im folgenden: Klägerin) und der Oberfinanzdirektion Hamburg (im folgenden: OFD) um die Tarifierung von als "Fleisch von Rindern, gesalzen" bezeichneten Waren.

3 Nach den Akten des Ausgangsverfahrens geht es in dem Rechtsstreit um zwei Partien Rindfleisch mit einem Gesamtsalzgehalt von 0,71 % bzw. 1,2 %.

4 1989 erteilte die OFD der Klägerin zwei Zolltarifauskünfte, mit denen sie die in Rede stehenden Waren in die Position 0202 ("Fleisch von Rindern, gefroren") der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) einreihte, während die Klägerin demgegenüber die Ansicht vertrat, daß die Waren der Position 0210 ("Fleisch von Rindern, gesalzen") des GZT zuzuweisen seien.

5 Zur Begründung ihrer Klage beim Bundesfinanzhof machte die Klägerin geltend, daß ein Gesamtsalzgehalt von mindestens 0,5 %, also mehr als dem Dreifachen des natürlichen Kochsalzgehalts von 0,15 %, gewährleiste, daß die Haltbarmachung des Fleisches über die Zeit des Transports hinausgehe; daher sei Rindfleisch mit einem solchen Salzgehalt der Position 0210 des GZT zuzuweisen.

6 Nach Ansicht der OFD hätte das Fleisch nur dann als gesalzenes Fleisch der Position 0210 des GZT zugewiesen werden dürfen, wenn es tiefgreifend gesalzen gewesen wäre und somit einen Gesamtsalzgehalt von mindestens 2 % aufgewiesen hätte.

7 Der Bundesfinanzhof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Ist der Gemeinsame Zolltarif ° Kombinierte Nomenklatur ° dahin auszulegen, daß Rindfleisch, dem zur Haltbarmachung so viel Salz zugesetzt worden ist, daß der festgestellte Gesamtsalzgehalt mehr als das Dreifache (ca. 0,5 %) des natürlichen Salzgehalts (ca. 0,15 %) beträgt, als gesalzen in die Position 0210 einzureihen ist?

2) Bei Verneinung der Frage zu 1: Wie hoch muß der Salzgehalt sein und welche anderen Umstände (z. B. tiefgehende Salzung, Dauer der Haltbarkeit im Vergleich zur Transportdauer) müssen gegebenenfalls erfuellt sein, damit Rindfleisch als gesalzen in die Position 0210 eingereiht werden kann?

8 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

9 Nach ständiger Rechtsprechung ist das entscheidende Kriterium für die Tarifierung der Waren nach dem GZT generell in den objektiven Merkmalen und Eigenschaften der Erzeugnisse in dem Zustand, in dem sie zur Zollabfertigung gestellt werden, zu suchen (Urteil vom 17. März 1983 in der Rechtssache 175/82, Dinter, Slg. 1983, 969).

10 Kapitel 2 des GZT umfasst die drei Gruppen "Fleisch von Rindern, frisch oder gekühlt" (Position 0201), "Fleisch von Rindern, gefroren" (Position 0202) und "Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, gesalzen, in Salzlake, getrocknet oder geräuchert; genießbares Mehl von Fleisch oder von Schlachtnebenerzeugnissen" (Position 0210). Nach der Systematik dieses Kapitels geht es also für die Zwecke der Tarifierung darum, ob es sich um frisches oder gekühltes Rindfleisch oder um Fleisch handelt, das einem Verfahren zur langfristigen Haltbarmachung unterzogen wurde.

11 Daher kann Rindfleisch, dem Salz nur für die Zwecke des Transports zugesetzt worden ist, nicht als gesalzenes Fleisch der Position 0210 betrachtet werden. Hingegen muß die Salzung als Mittel zur langfristigen Haltbarmachung gleichmässig vorgenommen werden und das Rindfleisch in allen Teilen erfassen.

12 Dieses Ergebnis wird durch die Erläuterungen des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens zu den Unterpositionen 0210 11 11 und 0210 11 19 betreffend Schweinefleisch bestätigt. Danach muß die Salzung als Mittel zur Haltbarmachung tiefgehend erfolgen und die Dauer der Haltbarmachung weit über die des Transports hinausgehen. Obwohl diese Erläuterung rechtlich nicht verbindlich ist und im übrigen nur Schweinefleisch betrifft, ist sie dennoch ein sachdienlicher Anhaltspunkt für die objektiven Kriterien, die mindestens erfuellt sein müssen, damit Rindfleisch als "gesalzen" tarifiert werden kann.

13 Es bleibt zu bestimmen, welcher Gesamtsalzgehalt als Mindestsalzgehalt für die Einreihung von Fleisch in die Position 0210 anzusehen ist.

14 Aus den Akten ergibt sich, daß die Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Gehalte zugrunde legen. Gleichwohl erlauben es die Akten, den Gesamtsalzgehalt für die langfristige Haltbarmachung von Fleisch mit mindestens 1,2 Gewichtshundertteilen zu beziffern.

15 Somit ist dieser Salzgehalt, wie die belgische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen und die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagen haben, der für die Einreihung von Fleisch in die Position 0210 maßgebliche Mindestsalzgehalt.

16 Deshalb ist auf die von dem nationalen Gericht gestellten Fragen zu antworten, daß Rindfleisch nur dann als gesalzen unter die Position 0210 des Gemeinsamen Zolltarifs ° Kombinierte Nomenklatur ° fällt, wenn es tiefgehend und in allen Teilen gleichmässig zum Zweck der langfristigen Haltbarmachung so gesalzen ist, daß ein Gesamtsalzgehalt von mindestens 1,2 Gewichtshundertteilen erreicht wird. Rindfleisch, dem zum Zweck der Haltbarmachung so viel Salz zugesetzt worden ist, daß der Gesamtsalzgehalt mehr als das Dreifache (ungefähr 0,5 %) des natürlichen Salzgehalts (0,15 %) beträgt, ist nicht als gesalzen in die Position 0210 einzureihen.

Kostenentscheidung:

Kosten

17 Die Auslagen des Königreichs Belgien und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluß vom 22. Oktober 1991 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Rindfleisch fällt nur dann als gesalzen unter die Position 0210 des Gemeinsamen Zolltarifs ° Kombinierte Nomenklatur °, wenn es tiefgehend und in allen Teilen gleichmässig zum Zweck der langfristigen Haltbarmachung so gesalzen ist, daß ein Gesamtsalzgehalt von mindestens 1,2 Gewichtshundertteilen erreicht wird. Rindfleisch, dem zum Zweck der Haltbarmachung so viel Salz zugesetzt worden ist, daß der Gesamtsalzgehalt mehr als das Dreifache (ungefähr 0,5 %) des natürlichen Salzgehalts (0,15 %) beträgt, ist nicht als gesalzen in die Position 0210 einzureihen.

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