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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.11.1992
Aktenzeichen: C-337/89
Rechtsgebiete: Richtlinie 80/778


Vorschriften:

Richtlinie 80/778 Art. 7
Richtlinie 80/778 Art. 7 Abs. 5
Richtlinie 80/778 Art. 9
Richtlinie 80/778 Art. 10
Richtlinie 80/778 Art. 19
Richtlinie 80/778 Art. 20
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Nach Artikel 7 Absatz 6 der Richtlinie 80/778 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch müssen die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit das fragliche Wasser zumindest den in Anhang I festgelegten Anforderungen entspricht. Nur die Artikel 9, 10 und 20 der Richtlinie enthalten Ausnahmen von dieser Verpflichtung. Die Richtlinie verpflichtet somit die Mitgliedstaaten, so zu handeln, daß bestimmte Ergebnisse erreicht werden, ohne daß sie sich ° abgesehen von den vorgesehenen Abweichungen ° auf besondere Umstände berufen könnten, um die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung zu rechtfertigen. Der Umstand, daß alle durchführbaren Maßnahmen getroffen worden sind, kann somit nicht den Verstoß gegen die vorgenannte Verpflichtung rechtfertigen.

2. Die den Mitgliedstaaten in Artikel 20 der Richtlinie 80/778 eingeräumte Befugnis, bei der Kommission einen Antrag auf eine zusätzliche Frist für die Erfuellung der in Anhang I der Richtlinie festgelegten qualitativen Anforderungen zu stellen, die das für den menschlichen Gebrauch bestimmte Wasser erfuellen muß, konnte nur innerhalb der in Artikel 19 der Richtlinie festgesetzten Frist für die Durchführung der Richtlinie gestellt werden.

3. Gemäß Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie 80/778 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch sind bei der Interpretation der zu respektierenden Werte die Bemerkungen in Anhang I zu beachten, der die genannten Werte festsetzt.

Was den Bleigehalt betrifft, sehen diese Erklärungen eine Sonderregelung für den Fall vor, daß das Wasser durch Bleileitungen verteilt wird. Die Einhaltung der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Durchführung der Richtlinie ist anhand dieser Regelung zu prüfen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 25. NOVEMBER 1992. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN VEREINIGTES KOENIGREICH. - RICHTLINIE 80/778/EWG - WASSER FUER DEN MENSCHLICHEN GEBRAUCH - NICHT UEBEREINSTIMMENDE NATIONALE RECHTSVORSCHRIFTEN. - RECHTSSACHE C-337/89.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 31. Oktober 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage auf Feststellung erhoben, daß das Vereinigte Königreich dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, daß es die Richtlinie 80/778/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L 229, S. 11) nicht in sein nationales Recht umgesetzt und ordnungsgemäß angewendet hat.

2 Artikel 18 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt, daß die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, um der Richtlinie und ihren Anhängen binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen, und daß sie die Kommission davon unverzueglich in Kenntnis setzen. Ausserdem müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 19 alle erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch binnen fünf Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie dieser entspricht. Diese Fristen sind in bezug auf das Vereinigte Königreich am 18. Juli 1982 und 18. Juli 1985 abgelaufen.

3 Die Kommission rügt, daß die Richtlinie in den einzelnen Regionen des Staatsgebiets des Vereinigten Königreichs entweder überhaupt nicht oder nur zum Teil fristgemäß in das nationale britische Recht umgesetzt worden sei und daß in bestimmten Zonen dieses Staatsgebiets die in der Richtlinie vorgesehene zulässige Hoechstkonzentration für Nitrate und Blei nicht eingehalten worden sei.

4 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zulässigkeit

5 Das Vereinigte Königreich macht geltend, daß die Rüge der fehlenden Umsetzung der Richtlinie sowohl in dem förmlichen Aufforderungsschreiben als auch in der mit Gründen versehenen Stellungnahme ausschließlich Wasser aus Privatbrunnen betroffen habe. Der Gerichtshof habe aber im Urteil vom 5. Juli 1990 in der Rechtssache C-42/89 (Kommission/Belgien, Slg. 1990, I-2821) in bezug auf diese Richtlinie 80/778 entschieden, daß sie nicht für Wasser aus Privatbrunnen gelte. Deshalb sei die Rüge der fehlenden Umsetzung der Richtlinie insgesamt unzulässig.

6 Hierzu ist festzustellen, daß die Kommission sowohl in dem förmlichen Aufforderungsschreiben als auch in der mit Gründen versehenen Stellungnahme die fehlende Umsetzung der Richtlinie allgemein gerügt und die Privatbrunnen nur als Beispiel genannt hat. Sie hat nämlich diese Rüge damit begründet, daß die Verwaltungsrundschreiben, die nach Angaben der Regierung des Vereinigten Königreichs zur Durchführung der Richtlinie ergangen seien, insbesondere für die privaten Lieferer nicht bindend gewesen seien und daß dieser Umstand hinreichend beweise, daß die Richtlinie nicht in das nationale Recht umgesetzt worden sei.

7 In der Klage hat die Kommission den Gegenstand der angeblichen Vertragsverletzung nicht erweitert, sondern vielmehr die in der vorprozessualen Phase erhobene allgemeine Rüge auf bestimmte Bereiche beschränkt, in denen die Richtlinie im Vereinigten Königreich nicht umgesetzt worden sei.

8 Die Einrede des Vereinigten Königreichs ist deshalb zurückzuweisen.

Begründetheit

Zur fehlenden Umsetzung der Richtlinie

9 Die Kommission wirft dem Vereinigten Königreich vor, es habe die Vorschriften der Richtlinie, die das in der Lebensmittelindustrie verwendete Wasser betreffen, nicht in die in England und Wales geltende Regelung umgesetzt und keine Maßnahme zur Umsetzung der gesamten Richtlinie in Schottland und Nordirland getroffen. Die Kommission räumt zwar ein, daß die Water Supply Regulations 1990 eine "zufriedenstellende formale Durchführung" der Richtlinie in Schottland darstellten, erhält aber insgesamt ihre Rüge für diesen Teil des britischen Staatsgebiets aufrecht.

10 Der Beklagte macht geltend, daß das zur Lebensmittelherstellung verwendete Wasser in fast allen Fällen aus derselben Quelle wie das zu Haushaltszwecken verwendete Wasser stamme und daß dieses den Anforderungen der Richtlinie entspreche.

11 Hierzu genügt die Feststellung, daß, wie der Beklagte selbst einräumt, zur Lebensmittelherstellung verwendetes Wasser in einigen Fällen aus anderen Versorgungsquellen stammt als das zur Verwendung im Haushalt bestimmte Wasser.

12 Der Beklagte führt sodann in bezug auf Schottland aus, das für den fraglichen Sektor zuständige Mitglied der Kommission der Europäischen Gemeinschaften habe in einem Schreiben vom 13. April 1989 angegeben, daß der Erlaß geeigneter Regelungen zur Durchführung des Water Act 1973 zur Rücknahme der Klage führen werde, soweit sich diese auf die Durchführung der Richtlinie in diesem Teil des Vereinigten Königreichs beziehe. Da diese Regelungen erlassen worden seien, verletze die Kommission mit der Aufrechterhaltung ihrer Rüge die Kooperationspflicht des Artikels 5 EWG-Vertrag.

13 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Ohne daß die rechtliche Bedeutung des genannten Schreibens zu prüfen wäre, ist nämlich festzustellen, daß der Unterzeichner des Schreibens die Möglichkeit einer Klagerücknahme nur für den Fall ins Auge gefasst hatte, daß das britische Recht nicht nur eine formale Durchführung der Richtlinie, sondern auch eine vollständige Umsetzung aller ihrer Vorschriften aufweise. Die Kommission hatte somit keine Zusage gemacht.

14 Der Beklagte macht schließlich zu Nordirland geltend, daß Schwierigkeiten, die mit der Organisation der öffentlichen Stellen in diesem Teil des Vereinigten Königreichs verbunden seien, die Verspätung bei der Durchführung der Richtlinie in diesem Gebiet erklärten.

15 Hierzu genügt die Feststellung, daß sich nach ständiger Rechtsprechung ein Mitgliedstaat nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen kann, um die Nichtbeachtung der in den Richtlinien festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (vgl. insbesondere Urteil vom 3. Oktober 1984 in der Rechtssache 279/83, Kommission/Italien, Slg. 1984, 3403).

16 Demnach ist die Rüge der Kommission begründet.

Zu den Nitratgehalten

17 Die Kommission führt aus, das in England in 28 Versorgungszonen gelieferte Wasser entspreche nicht der in der Richtlinie vorgesehenen zulässigen Hoechstkonzentration (im folgenden: ZHK) von 50 mg/l für Nitrate und diese Überschreitungen seien nicht als Abweichungen gemäß Artikel 9 der Richtlinie gerechtfertigt.

18 Der Beklagte macht zunächst geltend, daß die Richtlinie keine Verpflichtung aufstelle, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen, sondern von den Mitgliedstaaten nur verlange, alle praktikablen Maßnahmen zu treffen, um die vorgeschriebenen Standards zu erfuellen. Dies habe das Vereinigte Königreich im vorliegenden Fall getan. Wenn das angestrebte Ziel nicht erreicht worden sei, beruhe das auf äusseren Faktoren wie vor allem den in der Landwirtschaft angewendeten Techniken.

19 Der Beklagte führt weiter aus, die Ansicht der Kommission, daß ein Staat gegen die Richtlinie verstosse, sobald die erwähnte ZHK nicht eingehalten sei, auch wenn dieser Staat insoweit sein Möglichstes getan habe, führte dazu, daß jede Überschreitung einer ZHK nach dem 18. Juli 1985 einen Verstoß gegen die Richtlinie darstellte, selbst wenn die Überschreitung bei den gemäß der Richtlinie durchgeführten Kontrollen unbemerkt geblieben wäre. Der Staat beginge demnach einen Verstoß, ehe er dessen Vorhandensein hätte überprüfen und die Lage bereinigen können.

20 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

21 Nach Artikel 7 Absatz 6 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten nämlich alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit das für den menschlichen Gebrauch bestimmte Wasser zumindest den in Anhang I festgelegten Anforderungen entspricht.

22 Ein solches Ergebnis war binnen fünf Jahren nach der Bekanntgabe der Richtlinie zu erreichen (Artikel 19), wobei diese Frist länger war als die Frist für die Umsetzung der Richtlinie, nämlich zwei Jahre nach deren Bekanntgabe (Artikel 18), damit die Mitgliedstaaten die erwähnten Anforderungen erfuellen konnten.

23 Der Gerichtshof hat im Urteil vom 22. September 1988 in der Rechtssache 228/87 (X, Slg. 1988, 5099, Randnr. 10) ausgeführt, daß nur die Artikel 9, 10 und 20 der Richtlinie Ausnahmen von der Verpflichtung der Mitgliedstaaten enthalten, dafür zu sorgen, daß das Wasser für den menschlichen Gebrauch den Anforderungen der Richtlinie entspricht. Nach der erstgenannten Vorschrift sind Abweichungen zulässig, um der besonderen Beschaffenheit und Struktur des Geländes des geographischen Bereichs, von dem die betreffende Quelle abhängt, sowie aussergewöhnlichen Wetterverhältnissen Rechnung zu tragen; die zweite Vorschrift erlaubt Abweichungen in Notfällen, und die dritte gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, in aussergewöhnlichen Fällen für geographisch abgegrenzte Bevölkerungsgruppen bei der Kommission einen besonderen Antrag zu stellen, um eine zusätzliche Frist für die Einhaltung des Anhangs I zu erhalten.

24 Die Richtlinie verpflichtet somit die Mitgliedstaaten, so zu handeln, daß bestimmte Ergebnisse erreicht werden, ohne daß sie sich ° abgesehen von den vorgesehenen Abweichungen ° auf besondere Umstände berufen könnten, um die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung zu rechtfertigen.

25 Demnach kann die Behauptung des Beklagten, er habe alle praktikablen Maßnahmen getroffen, nicht den Verstoß gegen die Verpflichtung rechtfertigen, dafür zu sorgen, daß das für den menschlichen Gebrauch bestimmte Wasser ° abgesehen von den ausdrücklich vorgesehenen Abweichungen ° zumindest Anhang I der Richtlinie entspricht.

26 Der Beklagte macht schließlich geltend, daß er für die Zonen, in denen die für Nitrate festgesetzte ZHK überschritten worden sei, gemäß Artikel 9 der Richtlinie Abweichungen zugelassen und diese der Kommission am 9. Oktober 1985 mitgeteilt habe. Die Kommission habe sich aber zu diesen Abweichungen erst in dem förmlichen Aufforderungsschreiben vom 11. August 1987 geäussert, in dem sie erklärt habe, daß Artikel 9 im Hinblick auf die Überschreitungen der für Nitrate geltenden ZHK für die mitgeteilten Abweichungen nicht als Grundlage dienen könne. Unter diesen Umständen hätte die Kommission, statt ihre Rüge zu erheben, dem Beklagten ungeachtet des Ablaufs der in Artikel 20 für die Stellung eines solchen Antrags vorgesehenen Frist automatisch eine zusätzliche Frist einräumen müssen.

27 Hierzu genügt die Feststellung, daß, wie der Gerichtshof in dem erwähnten Urteil Kommission/Belgien (Randnr. 23) entschieden hat, der in Artikel 20 der Richtlinie erwähnte Antrag auf eine zusätzliche Frist für die Einhaltung des Anhangs I innerhalb der in Artikel 19 für die Umsetzung der Richtlinie vorgesehenen Frist gestellt werden muß. Die in Artikel 9 der Richtlinie vorgesehene Mitteilung der Abweichungen erfolgte aber erst nach dem 18. Juli 1985, d. h. nach Ablauf dieser Frist. Unter diesen Umständen brauchte auf den Antrag der Regierung des Vereinigten Königreichs nicht eingegangen zu werden.

28 Folglich ist die zweite Rüge ebenfalls begründet.

Zu den Bleigehalten

29 Die Kommission meint, daß die Einhaltung der ZHK für Blei (Parameter 51) in Schottland in 17 Versorgungszonen, die etwa 52 000 Einwohner versorgten, nicht gewährleistet sei. Die Richtlinie sei dahin auszulegen, daß bei Wasser, das durch Bleileitungen verteilt werde, die Proben, die nach dem Abfließen des Wassers, d. h. in fließendem Wasser, entnommen worden seien, die für den Parameter 51 vorgesehene ZHK von 50 *g/l einhalten müssten, während die unmittelbar entnommenen Wasserproben nicht häufig oder erheblich 100 *g/l überschreiten dürften. Nach der vom Beklagten als Anlage zur Klagebeantwortung eingereichten Tabelle wiesen jedoch von 204 nach dem Abfließen des Wassers entnommenen Proben neun einen Bleigehalt zwischen 51 und 100 *g/l auf, und vier überschritten 100 *g/l. Den Zahlen, die seit der Erhebung der vorliegenden Klage bekannt geworden seien, sei zu entnehmen, daß von 151 Proben vier einen Bleigehalt zwischen 51 und 100 *g/l aufgewiesen und zwei 100 *g/l überschritten hätten, was im übrigen zeige, daß die Lage sich seit Klageerhebung verschlechtert habe.

30 Die Bemerkungen zum Parameter 51 lauten wie folgt:

"Bei Bleileitungen sollte der Bleigehalt in einer nach dem Abfließen des Wassers entnommenen Probe nicht mehr als 50 *g/l betragen. Wird eine Wasserprobe unmittelbar oder nach dem Abfließen entnommen und überschreitet der Bleigehalt häufig oder erheblich 100 *g/l, müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die Risiken einer Bleiaufnahme durch den Verbraucher zu verringern."

31 Wie der Beklagte zu Recht dargelegt hat, wären diese Bemerkungen überfluessig, wenn sie so ausgelegt werden müssten, wie die Kommission es vorschlägt. Die Verpflichtung zur Einhaltung der ZHK von 50 *g/l in fließendem Wasser ergibt sich nämlich schon aus den für den Parameter 51 angegebenen Werten.

32 Die Bemerkungen zu diesem Parameter sind somit dahin auszulegen, daß sie sich auf die Werte beziehen, die bei Bleileitungen zu beachten sind, für die eine Sonderregelung vorgesehen ist. Der Wert von 50 *g/l hat in diesem Fall nur Richtcharakter, und geeignete Maßnahmen werden nur verlangt, wenn es sich um unmittelbar oder nach dem Abfließen entnommene Wasserproben handelt und der Bleigehalt häufig oder erheblich 100 *g/l überschreitet.

33 Gemäß Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie, wonach bei der Interpretation der Werte in Anhang I die Bemerkungen zu beachten sind, gilt diese Sonderregelung bei Bleileitungen.

34 Der Beklagte macht geltend, entgegen der Ansicht der Kommission sei diese Regelung in den 17 fraglichen Zonen eingehalten worden. Hierzu beruft er sich auf die Ergebnisse der Analysen von Proben, die nach einem von der Kommission und dem Vereinigten Königreich gemeinsam beschlossenen Verfahren durchgeführt worden seien; nach diesen Ergebnissen, die in der erwähnten Tabelle aufgeführt seien, hätten 4 % der entnommenen Proben einen Bleigehalt von mehr als 50 *g/l und 2 % von mehr als 100 *g/l gehabt.

35 Die Kommission hält dem entgegen, daß die Ergebnisse solcher Analysen nicht geeignet seien, die Einhaltung des fraglichen Parameters nachzuweisen. Das Vereinigte Königreich müsse die Anzahl der nach dem Abfließen des Wassers entnommenen Proben für jeden mit Bleileitungen versorgten Haushalt, den Prozentsatz dieser Proben, die nicht die Grenze von 100 *g/l eingehalten hätten, sowie den Umfang der Überschreitung dieser Grenze in jedem Fall angeben. Erst auf der Grundlage dieser Angaben könne das Vereinigte Königreich erfolgreich geltend machen, daß der Bleigehalt nicht häufig oder erheblich 100 *g/l überschritten habe.

36 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs nämlich unwidersprochen dargelegt hat, wurden die fraglichen Analysen gemäß Anhang II der Richtlinie durchgeführt, und die Kommission hat jedenfalls nicht nachgewiesen, daß die Analysen eine häufige oder erhebliche Überschreitung der Grenze von 100 *g/l ergeben hätten, wenn sie nach der von ihr angegebenen Methode durchgeführt worden wären.

37 Diese Rüge ist somit zurückzuweisen.

38 Nach allem ist festzustellen, daß das Vereinigte Königreich dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen hat, daß es erstens die Richtlinie 80/778/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 nicht in seine in Schottland und Nordirland und, was das in der Lebensmittelindustrie verwendete Wasser betrifft, auch in England und Wales geltenden Rechtsvorschriften umgesetzt hat und zweitens nicht sichergestellt hat, daß die Qualität des in 28 Versorgungszonen in England gelieferten Wassers die Anforderungen der Richtlinie in bezug auf die Nitrate erfuellt.

Kostenentscheidung:

Kosten

39 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Vereinigte Königreich mit seinem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Das Vereinigte Königreich hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EWG-Vertrag verstossen, daß es erstens die Richtlinie 80/778/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch nicht in seine in Schottland und Nordirland und, was das in der Lebensmittelindustrie verwendete Wasser betrifft, auch in England und Wales geltenden Rechtsvorschriften umgesetzt hat und zweitens nicht sichergestellt hat, daß die Qualität des in 28 Versorgungszonen in England gelieferten Wassers die Anforderungen der Richtlinie in bezug auf die Nitrate erfuellt.

2) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3) Das Vereinigte Königreich trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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