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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.05.1991
Aktenzeichen: C-338/89
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 3183/80/EWG vom 3.12.1980


Vorschriften:

Verordnung Nr. 3183/80/EWG vom 3.12.1980
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Artikel 36 und 37 der Verordnung (EWG) Nr. 3183/80 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind dahin auszulegen, daß kein Fall höherer Gewalt vorliegt, wenn die Rohstoffversorgung eines Unternehmens, dem eine Vorausfestsetzungsbescheinigung erteilt worden ist, aufgrund eines rechtmässigen Streiks in einem anderen Unternehmen zum Stillstand kommt und wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seinen Antrag auf Erteilung der Bescheinigung gestellt hatte, die Durchführung des Streiks während der Gültigkeitsdauer der Bescheinigung angekündigt worden war, jedoch Möglichkeiten bestanden, daß der Streik nicht ausbrechen oder sich nicht auf das Unternehmen auswirken würde.

Im speziellen Zusammenhang dieser Artikel ist nämlich der Begriff der höheren Gewalt zwar nicht auf eine absolute Unmöglichkeit beschränkt, verlangt jedoch, daß der Nichteintritt der in Rede stehenden Tatsache auf Umstände zurückzuführen ist, die derjenige, der sich darauf beruft, nicht zu vertreten hat, die ungewöhnlich und unvorhersehbar sind und deren Folgen trotz aller aufgewandten Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 7. MAI 1991. - ORGANISATIONEN DANSKE SLAGTERIER GEGEN LANDBRUGSMINISTERIET. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: OESTRE LANDSRET - DAENEMARK. - HOEHERE GEWALT - UNTERBRECHUNG DER BELIEFERUNG AUFGRUND EINES STREIKS - RECHTSSACHE C-338/89.

Entscheidungsgründe:

1 Das Östre Landsret hat mit Beschluß vom 8. September 1989, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Oktober 1989, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung der Artikel 36 und 37 der Verordnung (EWG) Nr. 3183/80 der Kommission vom 3. Dezember 1980 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABl. L 338, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Organisationen Danske Slagterier (nachstehend: ODS) als Mandatar der dänischen Gesellschaft Jydske Andelßlagteriers Konservesfabrik AmbA (nachstehend: Jaka) und dem dänischen Landwirtschaftsministerium (nachstehend: Ministerium) wegen dessen Weigerung, die Gültigkeitsdauer einer Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung zu verlängern.

3 Artikel 36 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3183/80 lautet wie folgt:

"Kann die Einfuhr oder Ausfuhr infolge höherer Gewalt während der Gültigkeitsdauer der Lizenz nicht durchgeführt werden, so beantragt der Lizenzinhaber bei der zuständigen Stelle in dem Mitgliedstaat, in dem die Lizenz erteilt worden ist, entweder die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Lizenz oder die Löschung der Verpflichtung zur Einfuhr oder Ausfuhr und weist die als höhere Gewalt angesehenen Umstände nach."

Nach Absatz 4 des gleichen Artikels entscheidet die in Absatz 1 genannte Stelle, ob ein als Fall höherer Gewalt angesehener Umstand vorliegt.

4 Artikel 37 Absatz 1 der genannten Verordnung bestimmt folgendes:

"Wird ein als höhere Gewalt angesehener Umstand geltend gemacht, so entscheidet die zuständige Stelle des Mitgliedstaats, in dem die Lizenz erteilt worden ist, daß entweder die Verpflichtung zur Einfuhr oder Ausfuhr erlischt und die Kaution freigestellt wird oder daß die Gültigkeitsdauer der Lizenz um den Zeitraum verlängert wird, der infolge des geltend gemachten Umstandes erforderlich ist; die Verlängerung ist auch nach Ablauf der ursprünglichen Gültigkeitsdauer möglich. Die Entscheidung der zuständigen Stelle kann von dem Antrag des Lizenzinhabers abweichen. Wird der Antrag auf Löschung der Verpflichtung zur Einfuhr oder Ausfuhr einer Lizenz mit Vorausfestsetzung oder einer Vorausfestsetzungsbescheinigung später als 30 Tage nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gestellt, so kann die zuständige Stelle anstelle der Löschung der Verpflichtung zur Einfuhr oder Ausfuhr die Gültigkeitsdauer dieser Lizenz oder der Vorausfestsetzungsbescheinigung verlängern, wenn der vorausfestgesetzte Satz einschließlich etwaiger Anpassungen bei einem zu gewährenden Betrag geringer ist als der Tagessatz oder bei einem zu erhebenden Betrag höher ist als der Tagessatz."

5 Jaka erzeugt und exportiert unter anderem Konserven mit gekochtem Schinken; diese werden auf der Grundlage von Rohstoffen hergestellt, die ihr normalerweise von drei dänischen Schlachthäusern geliefert werden, die gleichzeitig Gesellschafter von Jaka sind. Für ihre Ausfuhr in Länder ausserhalb der Gemeinschaft verwendet die Firma regelmässig Vorausfestsetzungsbescheinigungen.

6 Am 25. Februar 1985 beantragte Jaka beim Ministerium eine Vorausfestsetzungsbescheinigung für 700 Tonnen Schinkenerzeugnisse. Die Bescheinigung wurde ihr am 4. März 1985 erteilt und war bis zum 31. Mai 1985 gültig.

7 Bevor der Antrag auf Erteilung dieser Bescheinigung gestellt worden war, nämlich am 13. und 21. Februar 1985, hatte die dänische Landsorganisation [Gewerkschaftsbund] im Hinblick auf die Verhandlungen über die Erneuerung der Tarifverträge, die am 1. März 1985 abliefen und ungefähr 80 % aller dänischen Arbeitnehmer

betrafen, die erste und die zweite Ankündigung der rechtmässigen Ingangsetzung eines Streiks am 4. März 1985 abgegeben.

8 Der staatliche Schlichter setzte den Streik aus und führte bis zum 21. März Verhandlungen mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen. Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, wurde der Streik am 24. März 1985 begonnen. Zwar waren Jaka und die Schlachthäuser weder von den Verhandlungen noch vom Streik betroffen; jedoch erfasste die Arbeitsniederlegung den Transport zu und von den Schlachthäusern sowie die Reinigung der Schlachthäuser, was zur Folge hatte, daß diese schließen mussten und ihre Lieferungen zum Stillstand kamen. Jaka musste daher ihre Arbeit am 1. April 1985 einstellen und konnte die Erzeugung erst ab 15. April schrittweise wieder aufnehmen.

9 In der Zeit nach dem 15. April konnte Jaka nicht rechtzeitig die Konservenmenge herstellen, die für die Erfuellung der sich aus der am 31. Mai 1985 ablaufenden Bescheinigung ergebenden Ausfuhrverpflichtungen notwendig war. Aus einem Gutachten, das für die Zwecke des Ausgangsverfahrens eingeholt worden war, geht hervor, daß die Produktionskapazität von Jaka hierfür ausgereicht hätte, wenn der Streik nicht ausgebrochen wäre, daß es der Firma aber, nachdem der Streik stattgefunden hatte, sowie mit Rücksicht auf ihre übrigen Verkaufsverpflichtungen, frühestens bis zum 5. Juli 1985 gelingen konnte, die Konservenmenge zu erzeugen, für die die genannte Bescheinigung galt.

10 Am 3. Juni 1985 beantragte Jaka, die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung bis zum 12. Juli zu verlängern. Das Ministerium lehnte den Antrag am 14. Juni mit der Begründung ab, daß der Streik nicht derart lang andauernde Folgen gehabt haben könne. Infolge eines Irrtums, wie später eingeräumt wurde, wurden jedoch die sich aus der Bescheinigung ergebenden Verpflichtungen aufgehoben und wurde die Kaution freigegeben. Am 26. Juli 1985 beendete Jaka die Ausfuhr der Konservenmengen, auf die sich die Bescheinigung erstreckte.

11 Nachdem das Ministerium eine von Jaka erhobene Beschwerde abgewiesen hatte, erhob die ODS als Mandatar von Jaka Klage beim Östre Landsret mit dem Antrag, festzustellen, daß das Ministerium verpflichtet ist, anzuerkennen, daß Jaka aufgrund höherer Gewalt daran gehindert war, die vorgenannte Ausfuhr vorzunehmen, daß das Ministerium verpflichtet war, die Gültigkeitsdauer der streitigen Bescheinigung zu verlängern, und schließlich daß die von Jaka im Juli 1985 vorgenommene Ausfuhr dem Unternehmen einen Anspruch auf Auszahlung der im voraus festgesetzten Erstattung verliehen hat.

12 Aufgrund dieses Sachverhalts hat das Östre Landsret das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Sind die Artikel 36 und 37 der Verordnung (EWG) Nr. 3183/80 des Rates dahin auszulegen, daß ein Fall höherer Gewalt vorliegt, wenn die Rohstoffversorgung eines Unternehmens, dem eine Vorausfestsetzungsbescheinigung erteilt worden ist, aufgrund eines rechtmässigen Streiks in einem anderen Unternehmen zum Stillstand kommt und zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seinen Antrag auf Erteilung der Bescheinigung gestellt hatte, die Durchführung des Streiks während der Gültigkeitsdauer der Bescheinigung angekündigt worden war, jedoch Möglichkeiten bestanden, daß sich der Streik auf das Unternehmen nicht auswirken würde? Solche Möglichkeiten waren zum Beispiel neue Verhandlungen mit dem Ergebnis des Abschlusses eines Vertrags, die Aussetzung der Streiks, der Verzicht auf Streik bezueglich des Transports der Tiere zum und des Abtransports der Erzeugnisse vom Unternehmen sowie rechtmässige Maßnahmen gegen den Streik.

2) Gibt es in bezug auf die Artikel 36 und 37 zeitliche Grenzen dafür, wie lange einem beendeten Streik für den Fall, daß die Kapazität des Unternehmens bei Streikbeginn und in der Zeit danach voll ausgelastet war, die Wirkung höherer Gewalt beigemessen werden kann, wenn Deckungskäufe für die Produktion des Unternehmens während des Streiks ausgeschlossen und Deckungskäufe in bezug auf Fertigwaren während des Streiks in der Zeit danach ebensowenig möglich waren?

3) Enthalten die einschlägigen EWG-Bestimmungen Anhaltspunkte für die Klärung der Frage, welchen Aspekten die zuständigen Behörden Gewicht beimessen müssen, wenn sie in einem Fall höherer Gewalt nach Artikel 37 zu entscheiden haben, ob die Ausfuhrverpflichtung erlöschen und die Kaution freigegeben werden oder aber die Gültigkeitsdauer der Vorausfestsetzungsbescheinigung gemäß dem entsprechenden Antrag des Exporteurs verlängert werden soll?

4) Steht den zuständigen Behörden ein Ermessen bei der Abwägung der einzelnen Aspekte zu, denen nach der Antwort auf die Frage 3 der Entscheidung Gewicht beizumessen ist?

13 Wegen weiterer Einzelheiten des rechtlichen Rahmens und Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

14 Zunächst ist zu bemerken, daß, wie aus den Akten hervorgeht, die von Jaka gestellte Kaution aufgrund eines Irrtums der dänischen Behörden freigegeben wurde und daß das dänische Recht nach den in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erklärungen die Änderung eines auf Ermessensausübung beruhenden Verwaltungsakts zuungunsten des einzelnen nicht zulässt, so daß die Entscheidung, die Kaution freizugeben, nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Da jedoch weder nach den Wirkungen der Freigabe der Kaution noch danach gefragt wurde, ob das Gemeinschaftsrecht einer nationalen Bestimmung, wie sie in der mündlichen Verhandlung beschrieben wurde, entgegensteht, braucht hierzu nicht Stellung genommen zu werden.

Zur ersten Frage

15 Für die Beantwortung der ersten Frage ist darauf hinzuweisen, daß der Begriff der höheren Gewalt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht in allen Anwendungsbereichen des Gemeinschaftsrechts den gleichen Inhalt hat. Die Bedeutung dieses Begriffes ist daher nach dem rechtlichen Rahmen zu bestimmen, in dem er seine Wirkungen entfalten soll.

16 Was im besonderen die Bestimmungen der Artikel 36 und 37 der vorgenannten Verordnung Nr. 3183/80 angeht, so hat der Gerichtshof bereits entschieden, daß der Begriff der höheren Gewalt zwar nicht auf eine absolute Unmöglichkeit beschränkt ist, jedoch verlangt, daß der Nichteintritt der in Rede stehenden Tatsache auf Umstände zurückzuführen ist, die derjenige, der sich darauf beruft, nicht zu vertreten hat, die ungewöhnlich und unvorhersehbar sind und deren Folgen trotz aller aufgewandten Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (vgl. insb. Urteil vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache C-334/87, Griechenland/Kommission, Slg. 1990, I-2849).

17 Ein Streik, der bei anderen Unternehmen als dem des Inhabers der Einfuhrlizenz stattgefunden hat, ist als ein Umstand anzusehen, den der Betroffene nicht zu vertreten hat, da er keinen Einfluß auf die Ereignisse nehmen konnte, die zur Arbeitsniederlegung geführt haben.

18 Was dagegen die anderen in der Rechtsprechung des Gerichtshofes genannten Voraussetzungen betrifft, so ist zu bemerken, daß ein rechtmässig angekündigter Streik, der sich nach den abgegebenen Erklärungen auch auf Bereiche erstrecken konnte, die die Tätigkeit des Lizenzinhabers berühren würden, kein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignis darstellt.

19 Die ODS macht im Hinblick auf den dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt geltend, die Abgabe einer ersten und einer zweiten Streikankündigung im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Erneuerung der Tarifverträge in Dänemark reiche nicht aus, um einen Streik als wahrscheinlich zu erachten, da die Abgabe der Streikankündigung rein routinemässig erfolge und dadurch notwendig werde, daß die Verhandlungen selten vor dem allerletzten Augenblick vor Ablauf des geltenden Vertrags beendet würden.

20 Angesichts der in der mündlichen Verhandlung erteilten Informationen ist dieser Umstand indessen nicht geeignet, dem Ausbruch eines Streiks, der weite Bereiche des Wirtschaftslebens betrifft, oder seinen Folgen für den Lizenzinhaber einen ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Charakter zu verleihen. Denn bei den letzten dreizehn Verhandlungen über die Erneuerung der Tarifverträge in Dänemark haben die Gewerkschaften stets eine Streikankündigung abgegeben, und in drei von diesen dreizehn Fällen ist ihr tatsächlich eine Arbeitsniederlegung gefolgt.

21 Auch die vom vorlegenden Gericht aufgezeigte Möglichkeit, daß sich der Streik aufgrund einer Wiederaufnahme der Verhandlungen, einer Vertagung des Streiks oder eines Verzichts auf die Bestreikung von Tier- oder Lebensmitteltransporten nicht auf das betroffene Unternehmen auswirken würde, ist nicht ausschlaggebend. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. Juli 1968 in der Rechtssache 4/68 (Schwarzwaldmilch, Slg. 1968, 561) entschieden hat, ist als ungewöhnlich ein Ereignis zu betrachten, das von einem umsichtigen und mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelnden Unternehmer als unwahrscheinlich angesehen werden musste. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn die Wirkungen eines an sich vorhersehbaren Streiks nur dann abgewendet werden können, wenn andere

Ereignisse eintreten, die vom Willen des betroffenen Unternehmers unabhängig sind und die Zufallscharakter haben, wie dies nach den im vorliegenden Verfahren gegebenen Schilderungen für die dänische Gewerkschaftspraxis zutrifft.

22 Im übrigen ist, wie der Generalanwalt in den Nummern 23 und 24 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, festzustellen, daß der Unternehmer in einem Fall wie demjenigen, der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, in der Lage war, den Auswirkungen des Streiks dadurch zu entgehen, daß er keine Ausfuhrlizenz mit Vorausfestsetzung der Erstattung beantragte, sondern sich die Erstattungen zu dem am Tag der Ausfuhr geltenden Satz auszahlen ließ.

23 Das Vorbringen der ODS, wonach die dänischen Exporteure auf diese Weise daran gehindert würden, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Lizenzen mit Vorausfestsetzung der Erstattung zu beantragen, kann nicht durchgreifen. Wie aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgeht (vgl. Urteil vom 26. April 1988 in der Rechtssache 316/86, Krücken, Slg. 1988, 2213), wurde diese Möglichkeit im Interesse der Rechtssicherheit bei Handelsgeschäften eingeführt, die auf Grundlagen, die dem Wirtschaftsteilnehmer bekannt sind, durchführbar sein und ihm die Garantie geben müssen, daß der Gemeinschaftspreis dem Weltmarktpreis entspricht. Eine solche umfassende Garantie soll den Wirtschaftsteilnehmer vor einer ungünstigen Entwicklung, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar war, schützen, ohne ihm jedoch - ausser in Ausnahmefällen - die Möglichkeit zu verschaffen, sich eine günstige Entwicklung zunutze zu machen. Wenn die Wirtschaftsteilnehmer somit aus dem System der Vorausfestsetzungen erhebliche Vorteile ziehen, ist es gerechtfertigt, daß sie auch die sich daraus ergebenden Nachteile in Kauf nehmen.

24 Von einem Kaufmann, der angesichts der besonderen Situation seines Unternehmens, der Marktlage oder sogar wirtschaftlicher oder sozialer Ereignisse, auf die er keinen Einfluß hat, nicht dafür einstehen kann, daß er die geplante Ausfuhr durchführt, kann deshalb erwartet werden, daß er keine Vorausfestsetzung der Erstattung beantragt. Beschließt er jedoch, diesen Vorteil in Anspruch zu nehmen, so setzt er sich, falls die Ausfuhr nicht durchgeführt werden kann, den in der Gemeinschaftsregelung vorgesehenen Folgen, insbesondere dem Verlust der Kaution, aus. Dem gesamten System der Ausfuhrlizenzen für landwirtschaftliche Erzeugnisse liegt somit der Gedanke zugrunde, daß sich die Wirtschaftsteilnehmer aufgrund von Umständen, die sie nicht zu vertreten haben, in bestimmten Fällen daran gehindert sehen können, die Vorausfestsetzung zu beantragen, sofern diese Umstände nicht ungewöhnlich und unvorhersehbar sind.

25 Auf die erste Frage des Östre Landsret ist daher zu antworten, daß die Artikel 36 und 37 der Verordnung Nr. 3183/80 dahin auszulegen sind, daß kein Fall höherer Gewalt vorliegt, wenn die Rohstoffversorgung eines Unternehmens, dem eine Vorausfestsetzungsbescheinigung erteilt worden ist, aufgrund eines rechtmässigen Streiks in einem anderen Unternehmen zum Stillstand kommt und wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seinen Antrag auf Erteilung der Bescheinigung gestellt hatte, die Durchführung des Streiks während der Gültigkeitsdauer der Bescheinigung angekündigt worden war, jedoch Möglichkeiten bestanden, daß der Streik nicht ausbrechen oder sich nicht auf das Unternehmen auswirken würde.

26 Angesichts der Antwort auf die erste Frage sind die anderen Fragen des vorlegenden Gerichts gegenstandslos.

Kostenentscheidung:

Kosten

27 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Östre Landsret mit Beschluß vom 8. September 1989 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Die Artikel 36 und 37 der Verordnung (EWG) Nr. 3183/80 der Kommission vom 3. Dezember 1980 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind dahin auszulegen, daß kein Fall höherer Gewalt vorliegt, wenn die Rohstoffversorgung eines Unternehmens, dem eine Vorausfestsetzungsbescheinigung erteilt worden ist, aufgrund eines rechtmässigen Streiks in einem anderen Unternehmen zum Stillstand kommt und wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seinen Antrag auf Erteilung der Bescheinigung gestellt hatte, die Durchführung des Streiks während der Gültigkeitsdauer der Bescheinigung angekündigt worden war, jedoch Möglichkeiten bestanden, daß der Streik nicht ausbrechen oder sich nicht auf das Unternehmen auswirken würde.

Ende der Entscheidung

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