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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.06.1991
Aktenzeichen: C-348/89
Rechtsgebiete: EG, EWG


Vorschriften:

EG Art. 234
EWG Art. 177
EWG Art. 59
EWG Art. 9
EWG Art. 30
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Nach Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1697/79 können die zuständigen Behörden von einer Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat.

Diese Vorschrift räumt den zuständigen innerstaatlichen Behörden bezueglich der Entscheidung, von der Nacherhebung abzusehen, wenn die dort aufgestellten Voraussetzungen erfuellt sind, eine gebundene Befugnis ein.

Ein Irrtum im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Irrtum bei der Auslegung oder Anwendung der Vorschriften über Eingangs- oder Ausfuhrabgaben, der von einem verständigen Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte, falls er auf ein Handeln der für die Nacherhebung zuständigen Behörden oder der Behörden des Mitgliedstaats der Ausfuhr zurückzuführen ist; das schließt einen Irrtum aus, der auf unrichtige Erklärungen des Abgabenschuldners

zurückgeht, es sei denn, deren Unrichtigkeit ist nur die Folge unrichtiger Auskünfte, die von zuständigen Behörden erteilt wurden und diese binden.

Der Abgabenschuldner hat im Sinne dieser Vorschrift allen Anforderungen sowohl der Gemeinschaftsvorschriften betreffend die Zollerklärung als auch der nationalen Regelungen, die diese Vorschriften gegebenenfalls ergänzen oder umsetzen, auch dann genügt, wenn er gegenüber der zuständigen Behörde gutgläubig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, sofern er vernünftigerweise nur diese Angaben kennen oder sich beschaffen konnte.

2. Die Zuständigkeit der Kommission nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 1573/80 zur Durchführung von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 betreffend die Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben erstreckt sich nur auf die Entscheidung, von der Nacherhebung von Abgaben in Höhe von 2 000 ECU oder darüber abzusehen; dies gilt auch dann, wenn ein mit Gründen versehener Antrag eines Abgabenschuldners gegen eine Nacherhebungsentscheidung der zuständigen innerstaatlichen Behörde vorliegt.

Über einen mit Gründen versehenen Antrag eines Abgabenschuldners, von der Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben abzusehen, entscheiden folglich die innerstaatlichen Behörden; sie haben den Fall nur dann der Kommission vorzulegen, wenn sie beabsichtigen, von einer Nacherhebung von Abgaben in der Höhe von 2 000 ECU oder darüber abzusehen.

3. Ein innerstaatliches Gericht, bei dem ein das Gemeinschaftsrecht betreffender Rechtsstreit anhängig ist und das die Verfassungswidrigkeit einer innerstaatlichen Vorschrift feststellt, ist auch dann, wenn gegen diese Feststellung ein Rechtsbehelf zum Verfassungsgericht zwingend vorgeschrieben ist, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag befugt beziehungsweise

verpflichtet, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts vorzulegen.

4. Gemäß Artikel 177 Absatz 2 EWG-Vertrag ist es Sache des innerstaatlichen Gerichts, die Erheblichkeit der in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen und die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlaß seiner eigenen Entscheidung sowie die Frage zu beurteilen, in welchem Verfahrensabschnitt dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen ist.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 27. JUNI 1991. - MECANARTE - METALURGICA DE LAGOA LDA GEGEN CHEFE DO SERVICO DA CONFERENCIA FINAL DA ALFANDEGA DO PORTO. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNAL FISCAL ADUANEIRO DO PORTO - PORTUGAL. - NACHERHEBUNG VON ZOELLEN. - RECHTSSACHE C-348/89.

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal Fiscal Aduaneiro Porto hat mit Beschluß vom 16. Oktober 1989, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 14. November 1989, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag acht Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben (ABl. L 197, S. 1) und nach der Auslegung des Artikels 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1573/80 der Kommission vom 20. Juni 1980 zur Durchführung von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 (ABl. L 161, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellen sich in einem Rechtsstreit, in dem die Importgesellschaft Mecanarte - Metalúrgica da Lagoa Lda. (im folgenden: Klägerin) die Aufhebung eines Zollnacherhebungsbescheids der Zollstelle Porto begehrt.

3 Die Klägerin führte eine Partie von 42 Warmwälzblechrollen nach Portugal ein, die sie bei ihrem Lieferanten in der Bundesrepublik Deutschland, der Firma Schmolz & Bickenbach, gekauft hatten, und legte den portugiesischen Zollbehörden eine am 18. Februar 1986 in

Düsseldorf ausgestellte Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 Nr. D 790072 vor, in der angegeben war, daß diese Waren aus der Bundesrepublik Deutschland stammten.

4 Die portugiesische Zollbehörde ging davon aus, daß als Ursprungsland der Ware die Bundesrepublik Deutschland angegeben war; sie stufte sie deshalb nach der Gemeinschaftsregelung in die Positionen 73.13.230.100 j und 73.13.260.000 t des Gemeinsamen Zolltarifs ein und befreite sie von den Einfuhrabgaben.

5 Mit Schreiben vom 29. März 1988 teilte die Zollüberwachung Düsseldorf der Generaldirektion der portugiesischen Zollbehörde mit, die Bescheinigung EUR 1 Nr. D 790072 sei für ungültig erklärt worden, weil sie von der Firma Schmolz & Bickenbach zu Unrecht ausgestellt worden sei und die in der Bescheinigung genannten Blecherzeugnisse aus der Deutschen Demokratischen Republik und nicht aus der Bundesrepublik Deutschland stammten.

6 Auf diese Mitteilung hin verfügte die Zollstelle Porto unter Einschaltung ihres Serviço de Conferência Final die Nacherhebung von Abgaben in Höhe von 3 611 599 ESC bei der Klägerin.

7 Der Direktor der Zollstelle Porto wies einen Antrag der Klägerin, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Akten zur Entscheidung über das Absehen von der Nacherhebung der betreffenden Abgaben zu übersenden, zurück und bestätigte die Zahlungsverfügung, gegen die die Klägerin sodann beim Tribunal Fiscal Aduaneiro Porto Anfechtungsklage erhob.

8 Das Tribunal Fiscal Aduaneiro Porto hegt Zweifel sowohl bezueglich der Auslegung und der Gültigkeit des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 als auch bezueglich der Auslegung des Artikels 4 der Verordnung Nr. 1573/80; es hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gericht die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Räumt Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 mit der Wendung "Die zuständigen Behörden können von einer Nacherhebung... absehen" diesen Behörden ein Ermessen ein oder verpflichtet er sie zu einer bestimmten Entscheidung?

b) Ist dieser Teil der Verordnung, wenn er für den Bereich der Zollfestsetzung ein Ermessen einräumt, wegen Verstosses gegen die Grundsätze der Rechtmässigkeit der Abgabenerhebung, der Gleichheit der Wirtschaftsteilnehmer, der Nichtdiskriminierung und des Willkürverbots (Artikel 7 und 28 EWG-Vertrag und Artikel 4 EGKS-Vertrag) nichtig?

c) Sind unter "Irrtum" im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 nur Schreib- oder Rechenfehler zu verstehen oder auch Irrtümer, die auf das Verhalten des Abgabenschuldners zurückzuführen sind?

d) Ist nur ein Irrtum der für die Nacherhebung zuständigen Behörden relevant oder darf der Irrtum auch bei den Behörden des Ausfuhrstaats der Ware entstanden sein, falls dieser den Europäischen Gemeinschaften angehört?

e) Beachtet der Abgabenschuldner, wenn er den Zollbehörden gutgläubig unrichtige oder unvollständige Angaben zu Bemessungsgrundlagen - zum Beispiel hinsichtlich des Ursprungs der Ware - unterbreitet, gleichwohl "alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung", wie es Artikel 5 Absatz 2 verlangt?

f) Umfasst die Zuständigkeit der Kommission gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1573/80 der Kommission vom

20. Juni 1980 hinsichtlich der Beträge von 2 000 ECU oder mehr als Entscheidungen (über Erhebung oder Nichterhebung) oder nur die Entscheidungen über die Nichterhebung?

g) Stellt die Verletzung des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts durch das nationale Recht in einer Verfassungsordnung, die wie die Portugals den Grundsatz des Vorrangs des Völkerrechts gegenüber dem innerstaatlichen Recht enthält, einen Fall der Verfassungswidrigkeit dar, der von der unmittelbaren Vorlage zur Vorabentscheidung über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts entbindet?

h) Gehört, wenn davon auszugehen ist, daß die Entscheidung über die Nacherhebung den nationalen Zollbehörden obliegt, ein mit Gründen versehener Antrag des Abgabenschuldners auf Nichterhebung vor die Kommission, damit sie über Erhebung oder Nichterhebung entscheidet, oder können die nationalen Zollbehörden selbst über diesen Antrag entscheiden?

9 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

10 In der vorliegenden Rechtssache geht es im wesentlichen um zwei Vorschriften:

- Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979:

"Die zuständigen Behörden können von einer Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben absehen, deren Nichterhebung auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen ist, sofern dieser Irrtum vom

Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte und letzterer gutgläubig gehandelt und alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet hat."

- Artikel 4 der Verordnung Nr. 1573/80 der Kommission vom 20. Juni 1980:

"Ist die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Irrtum begangen worden ist, nicht in der Lage, selbst festzustellen, ob alle in Artikel 5 Absatz 2 der Grundverordnung aufgeführten Voraussetzungen erfuellt sind, oder belaufen sich die betreffenden Angaben auf 2 000 ECU oder mehr, so stellt die Behörde bei der Kommission einen Antrag auf Entscheidung und übermittelt ihr alle dafür erforderlichen Angaben."

Zur ersten und zur zweiten Frage

11 Die erste und die zweite Frage gehen dahin, ob Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 den zuständigen Behörden ein Ermessen für die Entscheidung darüber einräumt, Zollabgaben nachzuerheben oder von der Nacherhebung abzusehen, und, falls dies zu bejahen ist, ob diese Vorschrift mit Rücksicht auf die tragenden Grundsätze des Vertrages gültig ist.

12 Zur ersten Frage ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes so auszulegen ist, daß der Abgabenschuldner einen Anspruch darauf hat, daß von einer Nacherhebung abgesehen wird, wenn alle Voraussetzungen dieser Vorschrift erfuellt sind (vgl. Urteile

vom 22. Oktober 1987 in der Rechtssache 314/85, Foto-Frost, Slg. 1987, 4199, Randnr. 22, vom 23. Mai 1989 in der Rechtssache 378/87, Top Hit, Slg. 1989, 1359, Randnr. 18 und vom 12. Juli 1989 in der Rechtssache 161/88, Binder, Slg. 1989, 2415, Randnr. 16).

13 Soweit dem Abgabenschuldner ein solcher Anspruch zusteht, sind die innerstaatlichen Behörden verpflichtet, von der Nacherhebung abzusehen, weil andernfalls dieser Anspruch jeglichen Wert verlöre.

14 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 dahin auszulegen ist, daß er den zuständigen innerstaatlichen Behörden bezueglich der Entscheidung, von der Nacherhebung abzusehen, wenn die dort aufgestellten Voraussetzungen erfuellt sind, eine gebundene Befugnis einräumt.

15 Die zweite Frage hat das vorlegende Gericht lediglich für den Fall gestellt, daß sich aus der Beantwortung der ersten Frage ergeben sollte, daß Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1697/79 den innerstaatlichen Behörden ein Ermessen einräumt.

16 Angesichts der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage somit gegenstandslos.

Zur dritten und zur vierten Frage

17 Mit der dritten und der vierten Frage, die zusammen zu behandeln sind, ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Erläuterung der Wendung "Irrtum der zuständigen Behörden..., sofern

dieser... vom Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte" in Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79.

18 Diese Fragen werfen drei verschiedene Probleme auf:

- Erstens: Umfasst der Begriff "Irrtum" lediglich Schreib- und Rechenfehler?

- Zweitens: Sind unter "zuständigen Behörden" lediglich die für die Nacherhebung zuständigen Behörden oder auch die innerstaatlichen Behörden des Mitgliedstaats zu verstehen, aus dem die Waren ausgeführt wurden?

- Drittens: Sind als Irrtümer im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 alle Irrtümer der zuständigen Behörden oder nur solche anzusehen, die diesen zugerechnet werden können?

19 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 das berechtigte Vertrauen des Abgabenschuldners in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte schützen soll, die bei der Entscheidung darüber, ob Zölle nacherhoben werden oder nicht, Berücksichtigung finden.

20 Hieraus ergibt sich erstens, daß der Begriff des Irrtums nicht auf blosse Schreib- oder Rechenfehler beschränkt werden kann, sondern jedweden Irrtum erfasst, der die getroffene Entscheidung fehlerhaft macht, was insbesondere bei einer unrichtigen Auslegung oder Anwendung der anwendbaren Rechtsvorschriften der Fall ist.

21 Insoweit ist der in den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 1697/79 zu findende Hinweis auf Schreib- oder Rechenfehler als blosses Beispiel anzusehen, das die denkbaren Fälle der im Rahmen des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 zu berücksichtigenden Irrtümer nicht erschöpft.

22 Hieraus folgt zweitens, daß angesichts des Fehlens einer genauen und erschöpfenden Begriffsbestimmung der "zuständigen Behörden" in der Verordnung Nr. 1697/79 oder in der zu ihrer Durchführung erlassenen Verordnung Nr. 1573/80, die zum Zeitpunkt der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Tatsachen galt, jede Behörde, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Gesichtspunkte beiträgt, die bei der Erhebung von Zöllen zu berücksichtigen sind und so beim Abgabenschuldner ein berechtigtes Vertrauen entstehen lassen können, als "zuständige Behörde" im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 anzusehen ist. Dies gilt insbesondere für die Zollbehörden des Ausfuhrmitgliedstaats, die bei der Zollanmeldung tätig werden.

23 Hieraus ergibt sich drittens, daß das berechtigte Vertrauen des Abgabenschuldners schutzwürdig im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 nur dann ist, wenn es, wie dies der Wortlaut der Verordnung ausdrücklich vorsieht, gerade die zuständigen Behörden waren, die die Grundlage für das Vertrauen des Abgabenschuldners geschaffen haben. Somit begründen lediglich solche Irrtümer, die auf ein Handeln der zuständigen Behörden zurückzuführen sind und von einem verständigen Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnten, einen Anspruch darauf, daß von der Nacherhebung abgesehen wird.

24 Diese Voraussetzung kann nicht als erfuellt angesehen werden,

wenn die zuständigen Behörden durch unrichtige Erklärungen des Abgabenschuldners namentlich zum Warenursprung, deren Gültigkeit sie nicht festzustellen oder zu überprüfen haben, irregeführt werden. In einem solchen Fall trägt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Abgabenschuldner das Risiko, daß sich ein Handelsdokument bei einer späteren Prüfung als falsch erweist (Urteil vom 13. November 1984 in den verbundenen Rechtssachen 98/83 und 230/83, Van Gend & Loos, Slg. 1984, 3763, Randnr. 20).

25 Ist hingegen die Unrichtigkeit der Erklärungen des Abgabenschuldners selbst nur die Folge falscher Auskünfte, die von den zuständigen Behörden erteilt wurden und diese Behörden binden, so steht Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1697/79 der Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben entgegen.

26 Demnach ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, daß ein Irrtum im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 jeder Irrtum bei der Auslegung oder Anwendung der Vorschriften über Eingangs- oder Ausfuhrabgaben ist, der von einem verständigen Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte, falls er auf ein Handeln der für die Nacherhebung zuständigen Behörden oder der Behörden des Mitgliedstaats der Ausfuhr zurückzuführen ist; das schließt einen Irrtum aus, der auf unrichtige Erklärungen des Abgabenschuldners zurückgeht, es sei denn, deren Unrichtigkeit ist nur die Folge unrichtiger Auskünfte, die von zuständigen Behörden erteilt wurden und diese binden.

Zur fünften Frage

27 Die fünfte Frage geht dahin, ob ein Abgabenschuldner, der den

Zollbehörden gutgläubig unrichtige oder unvollständige Angaben zu Bemessungsgrundlagen unterbreitet, gleichwohl alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1697/79 beachtet.

28 Wie der Gerichtshof in dem Urteil in der Rechtssache Top Hit (a. a. O., Randnrn. 22 und 26) entschieden hat, setzt die Beachtung der geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung voraus, daß der Zollanmelder den Zollbehörden alle Angaben macht, die nach den Gemeinschaftsvorschriften oder den nationalen Regelungen, die diese Vorschriften gegebenenfalls ergänzen oder umsetzen, für die beantragte Zollbehandlung der fraglichen Ware erforderlich sind.

29 Diese Verpflichtung kann indessen nicht über die Vorlage von Daten und Dokumenten hinausgehen, die der Abgabenschuldner vernünftigerweise kennen und sich beschaffen kann. Daraus ergibt sich, daß die Voraussetzung der Beachtung der geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung als erfuellt anzusehen ist, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer gutgläubig Angaben macht, die zwar unrichtig oder unvollständig, gleichwohl aber die einzigen sind, die er vernünftigerweise kennen oder sich beschaffen und damit in der Zollerklärung verwenden konnte.

30 Auf die fünfte Frage ist daher zu antworten, daß der Abgabenschuldner im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 a. E. der Verordnung Nr. 1697/79 allen Anforderungen sowohl der Gemeinschaftsvorschriften betreffend die Zollerklärung als auch der nationalen Regelungen, die diese Vorschriften gegebenenfalls ergänzen oder umsetzen, auch dann genügt hat, wenn er gegenüber den

zuständigen Behörden gutgläubig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, sofern er vernünftigerweise nur diese Angaben kennen oder sich beschaffen konnte.

Zur sechsten Frage

31 Mit der sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Kommission gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr. 1573/80 nur für die Entscheidung zuständig ist, von der Nacherhebung von Zöllen abzusehen, oder ob ihre Zuständigkeit auch die Entscheidung über die Nacherhebung umfasst, wenn der nicht erhobene Abgabenbetrag 2 000 ECU beträgt oder mehr.

32 Wie sich bereits aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-64/89 (Deutsche Fernsprecher GmbH, Slg. 1990, I-2535, Randnrn. 12 und 13) ergibt, betrifft die Entscheidungsbefugnis der Kommission nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 1573/80 nur die Fälle, in denen die zuständigen nationalen Behörden zu der Überzeugung gelangt sind, daß die Voraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 vorliegen und sie daher von einer Nacherhebung abzusehen haben.

33 Diese Auslegung entspricht, wie der Gerichtshof in diesem Urteil festgestellt hat, der Zielsetzung der Verordnung Nr. 1573/80, die die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts sicherstellen soll. Diese ist in den Fällen gefährdet, in denen einem Antrag auf Absehen von der Nacherhebung stattgegeben wird, weil die Beurteilung, die ein Mitgliedstaat seiner stattgebenden Entscheidung zugrundelegt, wahrscheinlich nicht vor Gericht ausgefochten wird und damit praktisch einer Kontrolle, die eine einheitliche Handhabung der gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen sicherstellen könnte, zu

entgehen droht. Anders liegt der Fall hingegen, wenn die nationalen Behörden eine Nacherhebung vornehmen, gleichgültig, wie hoch der Betrag im Einzelfall ist. Hier kann der Betroffene eine solche Entscheidung vor den einzelstaatlichen Gerichten anfechten. Infolgedessen kann die Einheitlichkeit der Anwendung des Gemeinschaftsrechts vom Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens sichergestellt werden.

34 Auf die sechste Frage ist daher zu antworten, daß sich die Zuständigkeit der Kommission nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 1573/80 nur auf die Entscheidung erstreckt, von der Nacherhebung von Abgaben in Höhe von 2 000 ECU oder darüber abzusehen.

Zur achten Frage

35 Mit der achten Frage, die eng mit der sechsten Frage zusammenhängt und daher unmittelbar nach dieser zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob ein mit Gründen versehener Antrag des Abgabenschuldners auf Nichterhebung der Kommission vorzulegen oder von den nationalen Zollbehörden zu bescheiden ist, wenn die Entscheidung über die Nacherhebung den nationalen Behörden obliegt.

36 Wie der Gerichtshof in dem Urteil vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache Deutsche Fernsprecher GmbH (a. a. O.) entschieden hat, ist die Nacherhebung von Eingangs- und Ausfuhrabgaben ohne Rücksicht auf den jeweiligen Betrag Sache der innerstaatlichen Behörden. Im Hinblick auf die Zielsetzung der Verordnung Nr. 1573/80, die, wie der Gerichtshof in diesem Urteil dargelegt hat, der Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts gilt, haben daher die innerstaatlichen Behörden auch über einen mit Gründen

versehenen Antrag eines Abgabenschuldners auf Absehen von der Nacherhebung zu entscheiden. Eine Pflicht zur Vorlage an die Kommission besteht, wie vorstehend in Randnummer 34 ausgeführt wurde, nur dann, wenn die innerstaatlichen Behörden bei einem Betrag von 2 000 ECU oder darüber von der Nacherhebung absehen wollen.

37 Auf die achte Frage ist daher zu antworten, daß über einen mit Gründen versehenen Antrag eines Abgabenschuldners, von der Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben abzusehen, die innerstaatlichen Behörden entscheiden und daß sie den Fall nur dann der Kommission vorzulegen haben, wenn sie beabsichtigen, von einer Nacherhebung von Abgaben in Höhe von 2 000 ECU oder darüber abzusehen.

Zur siebten Frage

38 Mit der siebten Frage wirft das Tribunal Fiscal Aduaneiro Porto Probleme verfahrensrechtlicher Art im Zusammenhang mit der Anwendung des Artikels 177 EWG-Vertrag auf.

39 Wie der Begründung der Vorlageentscheidung zu entnehmen ist, geht das vorlegende Gericht von dem Gedanken aus, daß die beiden vorliegend anzuwendenden Vorschriften der portugiesischen Zollverordnung nicht nur gegen das Gemeinschaftsrecht verstießen, sondern darüber hinaus formell wie inhaltlich verfassungswidrig seien, weil sie zum einen im Verwaltungswege und nicht im Wege der -vorliegend dem Parlament obliegenden - Gesetzgebung erlassen worden seien und zum anderen gegen den Grundsatz des Vorrangs des Völkerrechts vor dem innerstaatlichen Recht verstießen.

40 Hiervon ausgehend wirft das Tribunal Fiscal Aduaneiro Porto zunächst die Frage auf, ob es bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit der betreffenden innerstaatlichen Vorschriften zu einer Vorlageentscheidung befugt sei, da gegen die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer innerstaatlichen Rechtsnorm gemäß

Artikel 280 Absatz 3 der portugiesischen Verfassung ein Rechtsbehelf zum portugiesischen Verfassungsgericht gegeben und daher möglicherweise nur dieser befugt sei, in solchen Fällen eine Vorlage zur Vorabentscheidung zu beschließen. Fraglich sei weiter, ob die Vorlage zur Vorabentscheidung nicht überfluessig sei, soweit den Mängeln einer einzelstaatlichen Vorschrift innerhalb der staatlichen Rechtsordnung abgeholfen werden kann.

41 Die siebte Vorlagefrage wirft somit zwei unterschiedliche Probleme bezueglich der Einzelheiten der Anwendung des Artikels 177 EWG-Vertrag auf:

- Erstens: Ist dem innerstaatlichen Gericht, das die Verfassungswidrigkeit einer innerstaatlichen Vorschrift feststellt, die Befugnis, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht vorzulegen, deshalb genommen, weil gegen diese Feststellung ein Rechtsbehelf zum Verfassungsgericht zwingend vorgeschrieben ist?

- Zweitens: Kann das innerstaatliche Gericht von einer Vorlage zur Vorabentscheidung absehen, wenn die innerstaatliche Rechtsordnung die Mittel bereitstellt, um den Mängeln einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift abzuhelfen?

42 Zum ersten Problem ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag sowohl über die Auslegung der Verträge und der Handlungen der Gemeinschaftsorgane als auch über deren Gültigkeit zu entscheiden hat. Nach Artikel 177 Absatz 2 können die Gerichte der Mitgliedstaaten solche Fragen dem Gerichtshof vorlegen; gemäß Artikel 177 Absatz 3 müssen sie vorlegen, wenn ihre Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können.

43 Durch die dem Gerichtshof in Artikel 177 eingeräumten Befugnisse soll im wesentlichen eine einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die innerstaatlichen Gerichte sichergestellt werden. Zu diesem Zweck gibt Artikel 177 dem innerstaatlichen Gericht ein Mittel zur Bewältigung der Schwierigkeiten, die das Erfordernis, dem Gemeinschaftsrecht im Rahmen der Gerichtbarkeit der Mitgliedstaaten volle Wirkung zu verschaffen, mit sich bringen könnte.

44 Die praktische Wirksamkeit des mit Artikel 177 EWG-Vertrag geschaffenen Systems setzt voraus, daß die innerstaatlichen Gerichte im weitestmöglichen Umfang zur Anrufung des Gerichtshofes befugt sind, wenn sie der Auffassung sind, daß ein bei ihnen anhängiger Rechtsstreit Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften aufwirft, die zur Entscheidung dieses Rechtsstreits erforderlich sind.

45 Darüber hinaus wäre die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts gefährdet, wenn der Umstand, daß ein Rechtsbehelf zum Verfassungsgericht zwingend vorgeschrieben ist, das innerstaatliche Gericht, bei dem ein nach Gemeinschaftsrecht zu entscheidender Rechtsstreit anhängig ist, daran hindern könnte, von der ihm durch Artikel 177 EWG-Vertrag eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, dem Gerichtshof Fragen vorzulegen, die die Auslegung

und die Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts betreffen, um darüber entscheiden zu können, ob eine innerstaatliche Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist oder nicht.

46 Auf den ersten Teil der siebten Frage ist daher zu antworten, daß ein innerstaatliches Gericht, bei dem ein das Gemeinschaftsrecht betreffender Rechtsstreit anhängig ist und das die Verfassungswidrigkeit einer innerstaatlichen Vorschrift feststellt, auch dann, wenn gegen diese Feststellung ein Rechtsbehelf zum Verfassungsgericht zwingend vorgeschrieben ist, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag befugt beziehungsweise verpflichtet ist, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts vorzulegen.

47 Zum zweiten Problem genügt der Hinweis darauf, daß nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der durch Artikel 177 bewirkten Verteilung der Rechtsprechungsaufgaben auf die innerstaatlichen Gerichte und den Gerichtshof die innerstaatlichen Gerichte die Frage, ob für den Erlaß ihrer eigenen Entscheidung eine Entscheidung über eine gemeinschaftsrechtliche Frage erforderlich ist, in eigener Zuständigkeit beurteilen (vgl. insbesondere das Urteil vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 283/81, Cilfit, Slg. 1982, 3415, Randnr. 10).

48 Die Beurteilungsbefugnis des innerstaatlichen Gerichts im Sinne von Artikel 177 Absatz 2 EWG-Vertrag erstreckt sich auch auf die Frage, in welchem Abschnitt des Verfahrens dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen ist.

49 Der zweite Teil der siebten Frage ist daher so zu beantworten, daß es gemäß Artikel 177 Absatz 2 EWG-Vertrag Sache des innerstaatlichen Gerichts ist, die Erheblichkeit der in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen und die

Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlaß seiner eigenen Entscheidung sowie die Frage zu beurteilen, in welchem Verfahrensabschnitt dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

50 Die Auslagen der portugiesischen Regierung, des portugiesischen Ministério Público, des Rates der Europäischen Gemeinschaften und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

auf die ihm vom Tribunal Fiscal Aduaneiro Porto mit Beschluß vom 16. Oktober 1989 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben ist dahin auszulegen, daß er den zuständigen innerstaatlichen Behörden bezueglich der

Entscheidung, von der Nacherhebung abzusehen, wenn die dort aufgestellten Voraussetzungen erfuellt sind, eine gebundene Befugnis einräumt.

2) Ein Irrtum im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1697/79 ist jeder Irrtum bei der Auslegung oder Anwendung der Vorschriften über Eingangs- oder Ausfuhrabgaben, der von einem verständigen Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte, falls er auf ein Handeln der für die Nacherhebung zuständigen Behörden oder der Behörden des Mitgliedstaats der Ausfuhr zurückzuführen ist; das schließt einen Irrtum aus, der auf unrichtige Erklärungen des Abgabenschuldners zurückgeht, es sei denn, deren Unrichtigkeit ist nur die Folge unrichtiger Auskünfte, die von zuständigen Behörden erteilt wurden und diese binden.

3) Der Abgabenschuldner hat im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 a. E. der Verordnung Nr. 1697/79 allen Anforderungen sowohl der Gemeinschaftsvorschriften betreffend die Zollerklärung als auch der nationalen Regelungen, die diese Vorschriften gegebenenfalls ergänzen oder umsetzen, auch dann genügt, wenn er gegenüber den zuständigen Behörden gutgläubig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, sofern er vernünftigerweise nur diese Angaben kennen oder sich beschaffen konnte.

4) Die Zuständigkeit der Kommission nach Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1573/80 der Kommission vom 20. Juni 1980 zur Durchführung von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 erstreckt sich nur auf die Entscheidung, von der Nacherhebung von Abgaben in Höhe von 2 000 ECU oder darüber abzusehen; dies gilt auch dann, wenn ein mit Gründen versehener Antrag eines Abgabenschuldners gegen eine Nacherhebungsentscheidung der zuständigen innerstaatlichen Behörden vorliegt.

5) Über einen mit Gründen versehenen Antrag eines Abgabenschuldners, von der Nacherhebung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben abzusehen, entscheiden die innerstaatlichen Behörden; sie haben den Fall nur dann der Kommission vorzulegen, wenn sie beabsichtigen, von einer Nacherhebung von Abgaben in Höhe von 2 000 ECU oder mehr abzusehen.

6) Ein innerstaatliches Gericht, bei dem ein das Gemeinschaftsrecht betreffender Rechtsstreit anhängig ist und das die Verfassungswidrigkeit einer innerstaatlichen Vorschrift feststellt, ist auch dann, wenn gegen diese Feststellung ein Rechtsbehelf zum Verfassungsgericht zwingend vorgeschrieben ist, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag befugt beziehungsweise verpflichtet, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts vorzulegen. Gemäß Artikel 177 Absatz 2 EWG-Vertrag ist es Sache des innerstaatlichen Gerichts, die Erheblichkeit der in dem bei

ihm anhängigen Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfragen und die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlaß seiner eigenen Entscheidung sowie die Frage zu beurteilen, in welchem Verfahrensabschnitt dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen ist.

Ende der Entscheidung

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